Irene Forbes-Mosse
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Irene Forbes-Mosse

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À une femme qui fût tendrement aimée.

(Inschrift eines Grabsteins in F.)

        Wer in der Heimath Grund, wer in der Fremde ruht,
O weite Erdenbrust! Du bist den Müden gut.
—   —   —   —   —   —   —   —   —   —   —   —
Der kleine Hof ist ganz in weisse Gluth getaucht,
Die von der Lorbeerwand so schwül berauschend haucht.
Wenn hier der Mittag träumt, das Grillchen nur erwacht,
Ist es so geisterstill als wie daheim zur Nacht.
So manche ruhen hier, kenn' ihre Namen nicht,
Ob auch die Inschrift laut von ihren Thaten spricht:
Ein Spruch nur ist es, der mein tiefstes Herz bewegt
Wie ungestillter Gram, der leise Schwingen regt,
Auf unbekanntem Grab, aus Marmor rein gefügt,
Wo eine fremde Frau im letzten Schlummer liegt.
Kein Namen nennt sie mir und doch bin ich betrübt,
Als wär' sie Schwester mir, als hätt' ich sie geliebt!
—   —   —   —   —   —   —   —   —   —   —   —
Ging sie den Lebensweg mit frohem, leichten Schritt,
Nahm sie noch unverwelkt der Liebe Rosen mit?
Ging sie von ihrem Glück begnadet und gekrönt
Ein sel'ges Jahr dahin, von Hoffnung noch verschönt?
Hat sie ans matte Herz ihr Kindlein noch gepresst,
Das sie verwelkend nun als Trost dem Liebsten lässt?
—   —   —   —   —   —   —   —   —   —   —   —
Ach oder hatte sie vor Menschen schwer gefehlt
Und sich das fremde Land im Sonnenschein erwählt,
Wo sanft die Sprache tönt und weich die Winde wehn
Und an den Kirchen all die Thüren offen stehn,
Wo sie gesenkten Blicks geheime Qual verbarg
In stillen Gärten, ach, und dann im stillen Sarg?

O Marmor Du bist stumm, o Marmor Du bist kühl!
Ob wohl von ihrem Aug' manch heisser Tropfen fiel?
Ob sie an seiner Brust, um den sie sich verbannt
Für ihre Wunden Heil und süsse Tröstung fand?
Ach oder fand er erst, als es für sie zu spät,
Das liebevolle Wort, das hier gegraben steht,
Als sie schon schweigend lag und ledig allen Leids
Die Hände sanft verschränkt wie ein Andreaskreuz.

 


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