Irene Forbes-Mosse
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Irene Forbes-Mosse

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Südliche Heimath

    Une pomme douce
Pour mettre à ta bouche,
Un bouquet de fleurs
Pour mettre à ton cœur . . .

              (Vieille chanson.)

Die fremde Prinzessin.

(August Bertuch in Dankbarkeit zugeeignet.)

        In lichtes Grau thät sie sich kleiden,
Wie ihrer Heimath Silberweiden,
Die sanft zur Fluth geneigt an den Kanälen stehn:
Wie still die grossen Schiffe kamen
Mit ihren nord'schen Götternamen!
Sie beugt sich auf den Arbeitsrahmen
Und fühlt wie ihr so heiss die Augen übergehn.

Ihr muthigen Gallionsfiguren,
Wie zogt Ihr Eure Silberspuren
Von Ost nach West hinaus im grünen Ocean,
Wo Meerfraun mit geschuppten Schweifen
Neugierig Eure Bahn durchstreifen
Und an die glatte Holzwand greifen:
Wie glotzten sie im Schein des blassen Monds Euch an!

Wie durchs Gemach die Winde sausen!
Und um sie her in steifen Krausen,
In Goldbrocat ein Kranz von Edeldamen steht . . .
Wie schön sie sind, wie leis sie treten,
So steht in stolzen Tulpenbeeten
Ein wildes Blümchen mit Erröthen
Das launisch wohl der Sturm im Lenz dorthin verweht.

Wie freundlich sie sich um sie sorgen,
Wie ist in Demuth Stolz geborgen,
In jedes sanfte Wort ein blanker Hohn gelegt . . .
Sie sprechen laut von ihrer Reise
Und zischeln doch – o leise, leise –
Weil sie nach ihrer Heimath Weise
Ihr silberblondes Haar in langen Flechten trägt.

Und seufzend tritt sie an ein Fenster . . .
Des Südens starrende Gespenster,
Wenn heiss der Mittag träumt, dann schleichen sie einher,
Hier geht ja auch die alte Sage,
Dass an dem Sanct Johannistage
Zur Mittagszeit, wer's kühnlich wage,
Den fremden Reiter sieht mit schwerem Schild und Speer.

Der hatte Ruhm und Gold erworben
Derweil daheim sein Lieb gestorben,
Sein Glück wie früher Thau in Sonnengluth zerrann . . .
Und tief ergraut, mit schlaffen Zügeln,
Die staub'gen Füsse in den Bügeln,
Hin schwankt er zu den kahlen Hügeln
Wo ihn ihr süsser Gruss nicht mehr erreichen kann.

Und einmal nur mit düstern Mienen
Blickt er auf seines Glücks Ruinen,
Und dann kehrt er zurück, woher er kam – zum Meer.
—   —   —   —   —   —   —   —   —   —   —   —   —  
Ihr durstigen Olivenhaine,
Nach Wasser lechzen selbst die Steine
– Wie längst vertrocknete Gebeine –
Im grellen Sonnenlicht, im Flussbett wasserleer,

Wo zwischen Ziegen, magren Schafen
Die braunen Hirtenkinder schlafen,
Sanft eingelullt sind sie vom ew'gen Grillensang –
Lacerten huschen hin und wieder,
Der Epheu dehnt die zähen Glieder
Und zieht der Thurmuhr Zeiger nieder . . .
Vielleicht ist darum auch der Tag hier doppelt lang! . . .

O düstrer Reiter kehr' zurücke,
Du mit dem stillgesenkten Blicke,
Mit tiefgegrabnem Weh am festgeschlossnen Mund!
Dein schweres Haupt wollt' ich liebkosen,
All meine süssen Jugendrosen
Schenkt' ich dem Armen, Freudelosen
Und Perlen fändest Du auf meiner Augen Grund.

Und wenn ich auch kein Glück erbitte,
O Gott! so lass in uns'rer Mitte
Doch immer Güte sein mit süssem Opferrauch . . .
Lass Arme Aermere beschenken,
Lass Durst'ge ihre Brüder tränken,
Am Abend dann die Häupter senken
Und ohne Schuld vergehn in Deinem ew'gen Hauch.

 


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