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7

Mr. Parrs Unterredung mit Harvey Froyant dauerte nur kurze Zeit. Bei dem Anblick des Inspektors wurde der hagere Mann bleich vor Schrecken; er kannte ihn schon, denn er hatte ihn bei der Untersuchung des Falles Beardmore gesehen.

»Was ist los?« fragte er zitternd. »Hat diese Verbrecherbande wieder etwas Neues unternommen?«

»Nein, so schlimm ist es nicht. Ich wollte Sie nur um einige Auskünfte bitten. Wie lange ist Thalia Drummond schon in Ihrem Hause?«

»Seit drei Monaten«, erwiderte Froyant mißtrauisch. »Warum wollen Sie das wissen?«

»Welches Gehalt zahlen Sie ihr?«

Mr. Froyant nannte eine vollständig unangemessene Summe.

»Sie hat ihr Essen und auch freie Abende.« Er hatte das Gefühl, daß er diesen Hungerlohn irgendwie rechtfertigen müßte.

»War sie in letzter Zeit knapp an Geld?«

»Ja – gewiß. Sie fragte mich gestern, ob ich ihr fünf Pfund Vorschuß geben könnte. Sie hätte eine Zahlung zu leisten. Selbstverständlich habe ich das nicht getan. Ich schieße niemals Geld vor für noch nicht geleistete Arbeit, das führt nur zur Verarmung.«

»Wie ich höre, besitzen Sie wertvolle Antiquitäten, Mr. Froyant? Haben Sie in der letzten Zeit vielleicht etwas vermißt?«

Froyant sprang auf. Nur der Gedanke daran, daß er beraubt sein könnte, jagte ihm einen panischen Schrecken ein. Er eilte sofort aus dem Zimmer, und als er drei Minuten später wiederkam, quollen ihm die Augen beinahe aus dem Kopfe.

»Mein Buddha!« keuchte er. »Er ist hundert Pfund wert! Heute morgen war er noch da –«

»Lassen Sie Miß Drummond rufen«, erwiderte der Detektiv kurz.

Thalia kam herein, kühl und selbstbewußt. Sie blieb am Schreibtisch ihres Chefs stehen und kreuzte die Hände auf dem Rücken. Den Detektiv schaute sie kaum an.

»Sie – Sie haben etwas von meinen Sachen gestohlen«, fuhr Froyant sie an. Seine Stimme klang kreischend, und seine erhobene Hand zitterte vor Erregung. »Sie – Sie sind eine Diebin!«

»Ich habe Sie um das Geld gebeten«, entgegnete Thalia gelassen. »Und wenn Sie nicht ein so schrecklicher Geizkragen wären, hätten Sie es mir auch gegeben.«

»Sie – Sie –« Froyant atmete schwer. »Inspektor, ich klage sie des Diebstahls an. Warten Sie – warten Sie!« Er erhob die Hand. »Ich muß erst sehen, ob noch mehr verschwunden ist.«

»Die Mühe können Sie sich ersparen«, erwiderte Miß Drummond. »Ich habe nur den Buddha genommen, und er war wirklich häßlich genug.«

»Geben Sie mir Ihre Schlüssel«, brüllte Froyant wütend. »Und Ihnen habe ich erlaubt, meine Geschäftsbriefe zu öffnen!«

»Ich habe einen aufgemacht, der nicht sehr angenehm für Sie sein wird«, sagte sie ruhig und reichte ihm einen Umschlag.

Mit starren Augen blickte er auf den roten Kreis. Die Worte, die darin standen, verschwammen und wurden undeutlich. Er ließ die Karte fallen und sank auf den nächsten Stuhl.


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