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Willy wollte der Mutter seine Liebe zu Mignon gestehen. Das Geheimnis quälte ihn. Allein das junge Mädchen wollte es nicht zugeben.
Sie fürchtete sich, – denn sie zweifelte nicht daran, daß Frau Anna noch immer eine uneingestandene Abneigung gegen sie hegte, die bei seiner Erklärung zum Ausbruche kommen konnte und ihr Glück mit einem Schlage vernichten würde.
Die Versuchung, jetzt an dem Kinde der Frau, die sie einst aus dem Herzen Reinhold Petris vertrieben hatte, Vergeltung zu üben, lag zu nahe.
Mignon bettelte fast darum, daß er schweigen solle. Allein dieses fortwährende Verheimlichen einer Neigung, an der nichts Unrechtes haftete, machte ihn nervös.
Und trotz ihres Flehens wollte er nur den günstigen Augenblick abpassen, um der Mutter alles zu gestehen.
Allein jetzt, wo er wieder seine Wohnung in der Mauerstraße hatte, wollte sich die Gelegenheit nicht so leicht bieten, und Tag um Tag verstrich, ehe es so weit kam. –
Es war Mitte November geworden.
Das Wetter rauh und unfreundlich.
Die kahlen Bäume streckten ihre schwarzen Aeste trostlos zum Himmel, als wollten sie dem gleichmäßig fallenden Regen wehren.
Die ersten Winterstürme brausten über das Land und brachten zuweilen schmutzigen Schlickerschnee, der zu tauen anfing, ehe er noch den Boden berührte.
Schon in den frühen Nachmittagsstunden brach die Dämmerung ein, grau und lebensfeindlich, daß sich die ganze Welt trübe und neblig gestaltete und nasse Schleier sich vor das Licht des Tages hingen.
Der Garten stand jetzt völlig kahl und verlassen leer. Die beiden jungen Leute mußten ihre gewohnten Spaziergänge aufgeben, denn kaum, daß der Landregen sich für eine Zeit unterbrach und die Feuchtigkeit tiefer in die Erde eindrang, stürzten auch schon wieder endlose Regenmassen von dem gleichmäßig grauumwölkten Himmel und überschwemmten alle Wege.
So saßen sie denn meist daheim, zuweilen bei der Mutter, wo Willy ihnen beim mattverschleierten Scheine der Lampen vorlas. Stets lag im Zimmer eine halbe Dämmerung, denn der Vater konnte das helle Licht nicht ertragen. Es tat seinen Augen weh. –
Eines Abends traf Willy die Mutter allein.
Der Vater hatte sich hingelegt, und Mignon war zu einer Freundin in der Stadt.
Er war herausgekommen in der sicheren Erwartung, sie daheim zu treffen, denn sie hatte sonst keinen Verkehr; deshalb war er anfangs unmutig, sie nicht zu finden, weil er ihr ein Buch mitgebracht hatte, um das sie ihn gebeten.
Jetzt war er mit der Mutter allein im Zimmer.
Ein gleichmäßig feiner Regen stickerte gegen die Scheiben der Fenster, vor die, mit Ausnahme des einen, dichte Vorhänge gezogen waren.
Die Nacht war windstill und man hörte nur das einförmige Fallen des Regens.
Das Zimmer war leicht durchwärmt, denn eine unangenehme Feuchtigkeit drang kalt in die Häuser.
Frau Anna lag auf eine Chaiselongue gestreckt und schützte sich die Augen mit der auf die Lehne gestützten Hand.
Ein Buch lag aufgeschlagen in ihrem Schoße, aber sie träumte darüber hin, wie gewöhnlich.
Sie regte sich nicht, fast als ob sie schlief.
Willy wagte es nicht, die Stille zu unterbrechen.
Er dachte an Mignon und versuchte, sich das Bild des jungen Mädchens in all seinen Einzelheiten vorzustellen.
Und er sah sie mit ihrem mattgelben Teint, den großen geheimnisvollen Kinderaugen und den leichtgewellten Haaren, die ihr pagenartig auf die Schulter fielen.
Sie war schlank und schmiegsam wie eine Weide und dabei so jugendlich voll, mit ihren runden starken Armen und den feinen zierlichen Gelenken der kleinen Hand, deren Finger die seinen so energisch umklammern konnten, die sich um seinen Nacken ineinander schlangen, wenn sie sich an ihn schmiegte und ihm die vollen Lippen zum Kusse bot.
Er warf einen Blick zur Mutter hinüber, und er mußte darüber lächeln, daß er früher so oft behauptet hatte, er wolle immer nur sie lieben.
Jetzt war ein kleines siebzehnjähriges Mädchen gekommen und hatte ihn mit Leib und Seele gefangen. Sie entzog ihn seiner Mutter mehr und mehr. –
Frau Anna machte eine Bewegung. Willy erhob sich, rückte einen Puff neben die Chaiselongue und ließ sich an der Seite der Mutter nieder, indem er ihre Hand ergriff.
Dann, indem er sie wieder losließ, sagte er:
»Ma, darf ich Dir ein Geständnis machen?«
Seine Stimme bebte doch etwas, trotzdem er sich die größte Mühe gab, recht ruhig zu bleiben.
Anna richtete sich auf, indem sie sich auf die linke Hand stützte, und indem sie ihm das Gesicht zukehrte, fragte sie lächelnd:
»Ein Geständnis, Du – mir?«
»Ja,« sagte er. »Ich habe Dir schon seit langem etwas verheimlicht.«
Sie sah ihn verwundert an. Er stockte und fuhr endlich fort:
»Du hast also gar nichts bemerkt?«
»Nein, nichts! – Ich verstehe Dich nicht.«
Er sah sie an und starrte dann auf den Teppich; denn wenn sie wirklich gar nichts ahnte, war es besser, er schwieg noch und wartete.
Ihm war mit einem Male aller Mut genommen.
»Hast Du Schulden?« fragte sie endlich, als er noch immer schwieg.
Er mußte doch lachen, indem er den Kopf schüttelte.
Dann sagte er ohne Uebergang:
»Weißt Du eigentlich schon, daß Adolf Wurm sich verlobt hat? – Ich hab' es Dir neulich gesagt, nicht wahr?«
Sie sah ihn an, wich aber dann seinen Blicken aus.
»Er ist jetzt dreiundzwanzig. Findest Du nicht, daß das eigentlich sehr jung ist?«
»Gewiß! …«
Jetzt wußte sie, auf was er hinauswollte, aber sie sagte kein Wort weiter.
Dann, wie im Scherz, aber mit dem Gefühl, wie ungeschickt es war, fuhr er fort:
»Ich bin eigentlich alt genug, auch einmal daran denken zu können.«
Sie schwieg noch immer.
»Ich meine nur: daran denken, nicht wahr?«
»Nein!« sagte sie, und ihre Stimme klang härter als gewöhnlich. »Du bist viel zu jung. – Früher sagtest Du, Du wollest nie heiraten.«
»Ach! was sagt man nicht alles.«
»So, hast Du Deine Meinung geändert?«
Er lachte etwas gezwungen, während sie hastiger atmete. Er sah sie noch immer nicht an, sonst hätte er geschwiegen vor dem Ausdrucke ihrer Augen.
»Will!« sagte sie jetzt, wie mit einem im Augenblick gefaßten energischen Entschlusse, »Will! sei einmal ehrlich!«
»Weißt Du es denn wirklich nicht?« fragte er scheu.
»Was denn?«
»Daß ich Mignon liebe …«
Sie zuckte doch zusammen, als sie aus seinem Munde hörte, was sie schon seit langem befürchtet hatte.
»Du hast nichts geahnt?« fragte er scheu.
Dann schwiegen sie beide.
»Du sagst nichts dazu?«
»Was soll ich dazu sagen? …«
»Mama!«
»Aber das ist ja kindisch!«
»Kindisch?«
»Ja! Ihr seid beide ein paar Kinder, und ich hätte das nie von Dir erwartet …«
Er stand langsam auf, mit einem Blicke, in dem sie las, daß er kein Kind mehr war, daß, wenn sie das noch glaubte, er imstande war, sie vom Gegenteile zu überzeugen.
Und ganz ruhig sagte er:
»Wenn Du das wirklich glaubst, so irrst Du. Von einer Kinderei ist zwischen uns nicht die Rede.«
»Um so schlimmer! … Und kurz und gut: die Geschichte ist mehr als lächerlich, so daß wir am besten tun, nicht darüber zu reden.«
Er sah sie zweifelnd an, und sie fügte rascher hinzu:
»Ich bitte Dich, reden wir nicht davon. Du regst Dich und mich unnötig auf. Es hat keinen Zweck.«
Es quoll in ihm auf, ein Angstgefühl, wie eine Flut von Tränen, die sich lösen wollten, und er wandte sich ab, um an das Fenster zu treten und hinaus zu sehen in die eintönige Nacht.
Es war lautlos still im Zimmer.
Aber deutlich, erschreckend deutlich hörte er das hastige Atmen der Mutter, und ihm war, als ob er sein eigenes Herz schlagen hörte.
So stand er am Fenster, unschlüssig, was er jetzt tun sollte, und krampfte die Hand in den dichten braunen Stoff des Vorhanges.
Endlich, ohne daß er sich dabei nach ihr umwandte, sagte sie langsam, wie suchend:
»Das Ganze ist ja eine Kinderei, Will! .. Ihr seid beide ein paar Kinder. So habt Ihr miteinander verkehrt, und wir haben Euch gewähren lassen. Nun wollt Ihr uns das doch nicht so lohnen? – Du hast Deine Studien eben erst angefangen, Du kennst nichts von der Welt, so gut wie nichts. Niemals, soviel ich weiß, bist Du mit einem Mädchen zusammengekommen, und deshalb bildest Du Dir nun ein, Mignon zu lieben. Das ganze ist nur eine vorübergehende Aufwallung. In acht Tagen lachst Du Dich vielleicht schon selber aus.«
Er gab keine Antwort und blieb am Fenster stehen wie zuvor.
Sie hatte das alles sehr ruhig gesagt. Sie wollte sich selbst beruhigen und beschwichtigen.
»Ich sage Dir das vielleicht hart und kalt, aber ich kann nicht anders. Du brauchst Dich jetzt nicht zu entscheiden. Ich weiß, Du bist zu verständig, als daß Du nicht selbst zu meiner Ueberzeugung kommen solltest. Du bist eben in dem Alter, wo die Liebe zu mir allein Dir nicht mehr genügen kann.«
Willy machte eine Bewegung, aber er schwieg.
»Nein,« sagte sie. »Ich weiß das sehr wohl. Ich habe Deine Illusionen vom Leben nie geteilt, aber ich habe sie Dir nicht nehmen wollen. Aber deshalb braucht man nicht gleich der ersten Neigung blind nachzugeben. Und wenn Du Mignon wirklich lieben solltest, so wäre das unter diesen Verhältnissen eben eine Torheit. Ueberwinde Dein Gefühl, und binnen kurzem werdet ihr wieder ebenso freundschaftlich miteinander verkehren können wie zuvor.«
Er zuckte mit den Achseln.
Diese schweigende Nichtachtung ihrer Worte tat ihr weh, und sie fuhr fort:
»Muß denn immer gleich geheiratet werden um so ein bißchen Liebe? … Glaubst Du, man verlobt sich sofort, wenn man zum ersten Male liebt, ja? …«
Er wußte, wie sie jetzt auf sich selbst anspielte, ohne daß sie ahnen konnte, daß er es fühlte.
»Du wolltest Dich doch mit Mignon verloben, nicht wahr? und sie einmal heiraten? – Es ist ja sehr hübsch von Dir, gleich so ernsthaft zu denken. Allein in Eurem Falle ist das eine große Torheit. Glaube mir, es ist eine Torheit. Sonst hast Du doch so viel auf den Rat Deiner Mama gegeben. Tu es vor allem jetzt und glaube mir, daß ich Dir nur zu Deinem Besten rate.«
Sie war aufgestanden und hinter ihn getreten.
Jetzt legte sie ihm beide Hände auf die Schultern, und während er unter dieser leisen, schmeichelnden Berührung zusammenzuckte, fragte sie bittend, indem sie versuchte in sein Gesicht zu sehen:
»Willst Du meinem Rate und meiner Bitte folgen, Will?« –
Sie erschrak vor der Blässe seines Gesichtes und vor der herben Entschlossenheit, die darin lag, während er den Kopf schüttelnd antwortete:
»Du irrst Dich. Ich kann es nicht, denn ich liebe Mignon, liebe sie mehr als mein Leben. Ich weiß, Du wirst mir grollen, daß diese Liebe zwischen uns getreten ist.«
»Nein Will, das ist nicht der Fall. Ich spreche einzig so, weil ich Dein Bestes im Auge habe.«
»Wenn das wäre, würdest Du nicht so sprechen. Du weißt ja nicht, wie ich Mignon liebe.«
Und nun, ohne Halten, wie ein aufgebrochener Quell sprudelte es hervor, all seine Liebe vom ersten Tage an, als er sie im Garten gefunden hatte. Er konnte und wollte der Mutter nichts mehr verheimlichen; er malte es aus, all die kleinen Szenen, die sie schon miteinander erlebt hatten, all ihre Zweifel und all ihre bunten Hoffnungen.
Das erzwungene Lächeln war von ihrem Gesichte geschwunden, und je weiter er sprach, je beredter er wurde, um so deutlicher spiegelte sich der Schreck und das Entsetzen in ihren Augen.
Sie starrte ihn an, als ob er irre rede, als ob ein anderer, den sie nicht kannte, vor ihr stehe.
Darauf war sie nicht vorbereitet, darauf nicht! Und sie zitterte vor der Gewalt dieser schrankenlosen Leidenschaft.
Als er zu Ende war und ausrief:
»Glaubst Du nun noch immer, all dies sei eine flüchtige Schülerliebe, nur die Einbildung der Liebe, ein Rausch augenblicklicher Verliebtheit? – Glaubst Du das wirklich?«
Da starrte sie ihn an und fand keine Antwort …
Er hatte sich wieder dem Fenster zugewandt und sah in den Regen hinaus.
Und sie stand ratlos hinter ihm und wußte nichts zu erwidern.
»Ist denn das wahr, Will? .. wirklich wahr?« fragte sie tonlos, mit bebender Stimme.
Er bestätigte die Frage nur mit dem Kopfe nickend.
Einen Augenblick wollten ihr die Kräfte versagen.
Sie drohte zusammenzubrechen, sie wollte die Hände vor das Gesicht schlagen, um nichts zu sehen, sich die Ohren zuhalten, um nicht hören zu müssen.
Dann raffte sie sich auf, schüttelte mit dem Kopfe, als wollte sie etwas Unangenehmes abwerfen, und sagte unerbittlich entschlossen:
»Nein, Will! Niemals! .. Es geht nicht! Hörst Du: niemals! … Es ist ein Traum für Dich gewesen, der nun zu Ende ist. Du wirst nicht mehr daran denken!«
»Das ist nicht möglich.«
»Nicht möglich, sagst Du? – Es ist alles möglich, wenn man nur ernstlich will! Du mußt das alles vergessen und überwinden, weil es sein muß.«
»Und weshalb? ..«
Sie stockte einen Augenblick, in tödlicher Verlegenheit, weil sie keine Antwort hatte.
»Weil … und wenn Du Dich nun täuschst? Du hast ja kein Urteil. – Wie kannst Du Dich binden? Mit welchem Rechte das Leben eines andern Menschen an Dich ketten! Du weißt nicht, was es heißt: seine Freiheit hingeben für alle, alle Zeit. Du bist ja noch so kindlich jung.«
»Ich liebe Mignon!«
»Wenn Du sie liebst, wirst Du nicht ein Versprechen geben wollen, dessen Erfüllung nicht in Deiner Macht liegt. Mignon ist eben aus der Pension gekommen. Du sagst, sie liebe Dich. Ich zweifle nicht daran, daß sie Dich gern hat, aber gern, wie zwei Freunde sich haben.«
»Ich kann nicht anders.«
»Will, ich bitte Dich; Du hast mir so oft beteuert, daß Du mich über alles lieb hast, daß Du bereit bist, für mich alles zu tun …«
»Ja, Mama!«
»Und nun richte ich die erste wirkliche Bitte an Dich, und Du verweigerst sie mir.«
»Martere mich doch nicht mit einer Bitte, die ich nicht erfüllen kann.«
»Und Du quälst mich mit Wünschen, die nie zum Glück führen können.«
Sie hatten sich nichts mehr zu sagen. Sie fühlten es beide, wie das Band zerrissen war zwischen ihnen. Wie sie sich fremd gegenüber standen.
Er warf sich in einen Sessel und spielte unruhig zupfend mit der Quaste, während er nur mit halbem Ohre den Auseinandersetzungen der Mutter folgte.
Alles in ihm empörte sich gegen den Widerstand, dem er bei ihr begegnete.
Sie hatte keinen stichhaltigen Grund. Wie suchend ging sie im Zimmer hin und her, und endlich fing sie wieder an … immer dieselben Worte, dieselben Gedanken. Aber Will hörte nicht darauf, er dachte nur immer an Mignon.
Sollte sie mit ihrer Vermutung doch recht behalten? –
Sie hatte es geahnt. Allein zu einer Umkehr war es jetzt zu spät, er hatte den Kampf angefangen.
Aber er hoffte noch immer, er hoffte auf seine Mutter. Sie würde doch einwilligen, und als sie ihn jetzt bat, dem Vater gegenüber kein Wort zu erwähnen, da gab er dies Versprechen ohne Zaudern.
Als er fortging, küßte sie ihn bittend auf den Mund.
»Nicht wahr, Du wirst mein kluger Junge sein?«
Er machte sich von ihr los, ganz sanft, und murmelte:
»Ich kann ja nicht.«
Sie blickte ihm wie gebrochen nach, als er trotz ihrer Bitten ging. Er mußte allein sein, allein mit sich und seinen Gedanken.
Und auch sie blieb allein mit ihren Gedanken. –
Es durfte, es konnte ja nicht sein! …
Und sie hatte bisher nichts geahnt. Sie hatte nichts anderes als einen freundschaftlichen Verkehr bei ihnen vorausgesetzt.
Der Kopf war ihr heiß zum Zerspringen, und je mehr die Stunde vorrückte, um so erregter wurde sie.
Sie setzte sich an den Schreibtisch und wollte an Petri schreiben.
Aber nein! – was sie bewegte, konnte sie dem Papier nicht anvertrauen.
Einen Augenblick war sie versucht gewesen, noch jetzt hinüberzugehen. Vielleicht, daß sie ihn daheim traf.
Aber sie durfte es nicht wagen. Es blieb ja nicht unbemerkt. Und was konnte es in den Augen der anderen so Wichtiges geben, daß sie es in so später Stunde noch mit dem Professor bereden mußte.
Und dabei immer der Gedanke, daß er morgen nach Kopenhagen fuhr und sie ihn vielleicht vorher nicht mehr sprechen würde.
Sie sah keinen Ausweg. Sie fühlte, daß der Widerstand ihres Sohnes nicht leicht zu brechen war. Mit einem einzigen Worte konnte sie ihn brechen. –
Aber dieses Wort wagte sie sich nicht einmal im geheimen zu sagen. Sie durfte es nicht aussprechen.
Und es gab ja auch noch andere Mittel, um ihn wieder zur Vernunft zu bringen.
Wenn man ihm nur Zeit zur Ueberlegung ließ.
Sie war ja noch immer seine Mutter, und sie gab die Hoffnung nicht auf, ihn sich wieder zu gewinnen.