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Fünfundzwanzigstes Kapitel

Handel mit den Türken

Da auf unserer Seite der sechs Stunden von hier gelegene Ort Mehadia der nächste ist, wo wir etwas von Lebensmitteln erhalten konnten, Orsowa aber nur eine halbe Stunde von hier entfernt liegt, so bekamen wir deren sehr viel von türkischer Seite. Wenn schon gehandeltes Kaufmannsgut herüberkommt, so wird solches, wie schon gedacht, sogleich in die Kontumaz gebracht und daselbst visitieret, wo es 21 Tage liegenbleibt und dann erst nach erhaltenem Paß des Kontumazdirektors weiterversendet werden darf. Will man aber bei der Unterredung selbst etwas kaufen, so legt es der Türk in schon erwähntes Viereck nieder und tritt dann auf seine Seite zurück; hierauf geht der Käufer hin und besieht es, doch ohne es anrühren zu dürfen; nach dem Besehen tritt er auf seine Seite zurück. Nun legt sich der Türk auf den jenseitigen und der Christ auf den diesseitigen Zaun, fordern und bieten so lange, bis sie des Handels einig werden. Sind es Dinge, die Kontumaz machen müssen, so werden sie hineingebracht, und nach verflossenen 21 Tagen erhält man es wieder; sind es aber Sachen, die davon frei sind, als Wein, Milch, Essig, Obst und dergleichen, so läßt man solche auf der Erde liegen, ruft sodann einen Reinigungsknecht, um sie zu reinigen. Diese Reinigung besteht darinne, daß sie eine mit Essig angefüllte Schale nehmen und von demselben etwas drüber her spritzen. Ohngeachtet ich mehrmals gesehen habe, daß sie ihren Essig aus der Szerna geschöpft haben, so darf doch niemand vor dieser Reinigung das mindeste davon nehmen oder anrühren. Nun zählt man das Geld für die erkauften Waren entweder im Wege hin oder wirft es dem Türken, in etwas eingewickelt, über den Zaun hinüber. Wenn die türkischen Untertanen etwas von uns kaufen, so wird in Ansehung des Handelns ebenso verfahren, nur daß sie ihre erhandelten Sachen sogleich nehmen und Gebrauch davon machen können, weil sie auf ihrer Seite keine Kontumaz haben und auch keine brauchen; denn teils können sie voraussetzen, daß sie die Pest von uns nicht hinüberbekommen, und wenn auch dieses geschehen sollte, so weiß beinahe jedermann, wie wenig sie gewohnt sind, sich davor in acht zu nehmen. Das Geld aber für die erhandelten Dinge dürfen sie uns nicht in den Weg hinlegen, weil, obgleich das Geld keine Kontumaz macht, man es doch nicht so nehmen darf, sondern man hält ihnen eine Schale mit Essig hin, in die sie das Geld zählen, welches man nachgehends herausnimmt. Viele Leute stehen in dem Gedanken, daß die Türken sowohl in Ansehung ihrer Kleidung als körperlichen Gestalt sehr von uns verschieden und halbe Ungeheuer wären, bei denen weder Treue noch Glauben anzutreffen sei, und wundern sich oft, warum sie Gott nicht von der Erde vertilge. Weil ich nun Gelegenheit gehabt habe, mehr Jahre mit diesen Leuten umzugehen, so kann ich nicht allein versichern, daß sie, überhaupt genommen, ebenso gebildet sind als wir, daß die meisten unter ihnen recht gute Leute sind, welches man unter andern daraus abnehmen kann, daß sie alle ein dickes und fettes Ansehen haben, und daß ihre Kleidung weit beständiger und dem Körper angemessener ist als die unsrige; sondern daß sie auch, was Treue und Glauben betrifft, die Christen oftmals beschämen, denn ich habe es nicht etwa vom Hörensagen, sondern oftmals selbst erfahren, wie pünktlich sie ihr Wort halten; und ich kann nicht umhin, den Türken auf Kosten der Christen hiermit ein Kompliment zu machen, daß ich von ihnen oft besser als von meinen eigenen Religionsverwandten behandelt worden bin. Wenn man von einem Türken etwas kaufen will, das er nicht hat, und eine Zeit bestimmt, in welcher er es bringen will, so kann man ohne Besorgnis eines Betrugs den Handel berichtigen und allenfalls das Geld vorausbezahlen, weil sie nie ermangeln, es auf die bestimmte Zeit zu bringen, ohne sich durch Wind, Regen oder Schnee davon abhalten zu lassen. Dieses ist um soviel mehr zu loben, weil sie wissen, daß wir im entstehenden Falle durchaus nicht hinüber auf ihre Seite gehen dürfen, und ich glaube, daß, wenn wir unsere Butter und Käse unbekannten Bauersleuten im voraus bezahlen wollten, wir trotz aller so hoch gepriesener deutschen Redlichkeit oft lange genug warten müßten oder gar nichts bekommen würden, welches um soviel schlechter wäre, weil sie wissen, daß es uns freistehen würde, sie selbst aufzusuchen und sie an ihr Versprechen zu erinnern.

Also nicht die Furcht für den Türken, sondern Krankheit und das Verlangen nach gutem Wasser war die Ursache, daß ich von Schuppaneck weg und wenigstens wieder nach Mehadia zu gehen wünschte; denn die ganze Zeit, die ich hier zubrachte, hatte ich keine gesunde Stunde, und hätte ich nicht zuweilen etwas Medizin von erwähntem Kontumazfeldscher Jäger erhalten, so würde ich wahrscheinlich auch mein Grab daselbst gefunden haben. Wenn der Mehadier Feldscher die Kranken vernachlässigte, so geschah es nicht aus Unwissenheit, sondern (welches freilich dem, der unter seinen Händen verderben muß, einerlei sein kann) aus Nachlässigkeit; denn hätte er seine Talente anwenden wollen, so hätte er der beste Feldscher sein können; allein der Schuppanecker war, als solcher betrachtet, ganz unter aller Prüfung, wenn er gleich sonst der beste Mann von der Welt war. Man denke sich nun eine ungesunde Station, und das wird Schuppaneck immer für die Deutschen sein, und einen solchen Feldscher, wozu noch kam, nicht daß man daselbst gar kein Spital hatte, sondern daß diejenigen, so nicht bei der Compagnie genesen konnten, nach Mehadia in das gemeinschaftliche Spital geschafft werden mußten, so kann man sich leicht denken, daß ich sehnlich wünschte, nach Temiswar oder Mehadia zu gehen. Da man von Schuppaneck nach Mehadia sechs gute Stunden und nichts als Ochsenwagen hat, so mußte ein Kranker von des Morgens früh bis auf den Abend auf dem Wege sein; und es ist mehrmals geschehen, daß die Kranken im Sommer erstickt und im Winter erfroren sind, ehe sie das Spital erreichten. Was mir aber in Schuppaneck am meisten mangelte, war das Wasser, denn außer der Szerna hatten wir kein anderes als dasjenige, so auf einer Wiese hervorquillt; ein anderer würde sich sehr leicht durch den Wein entschädigt haben, denn derselbe ist nicht allein gut, sondern auch so wohlfeil, daß man die Ocka, hiesige drei Nösel, für zwei Kreuzer haben konnte; allein es war mir nie gegeben, mich an denselben zu gewöhnen. Unter solchen Umständen schrieb ich an den Hauptmann Oberling nach Mehadia, welches der Liebling des Generals M – s war, und bat solchen, sich für mich zu verwenden, welches er auch tat und mich sogar zu seiner Compagnie nahm.

siehe Bildunterschrift

Die Veteranische Höhle


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