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Achtzehntes Kapitel

Das goldene Dach

Diese Stadt liegt jenseits des Instroms, hat sehr schöne Häuser und breite Straßen. Das merkwürdigste in dieser Stadt ist das am Rathause angebrachte goldene Dach. Viele wollen zweifeln, daß es wirklich Gold sei; allein man sieht sehr deutlich, daß die metallenen Ziegeln noch mit einem andern eines Messerrücken Dickes überzogen sind; sollte nun die obere Lage der Ziegeln kein Gold sein, so ist wenigstens nicht abzusehen, warum man Metall auf Metall gelegt haben sollte; es ist freilich ein wenig zu hoch, um es recht zu betrachten, doch hat es die wahre Goldfarbe. Es fehlen seit vielen Jahren einige Ziegeln daran, ohne daß solche ergänzt worden wären, vielleicht deswegen, weil man jetzt das Gold besser als zum Ziegeln brauchen kann. In der Barfüßerkirche stehen einige dreißig Statuen von Bronze, welche alle über Lebensgröße sind; sie stellen Prinzessinnen, Kaiser, Erz- und Herzoge für und sollen von dem nämlichen Grafen herrühren, der das goldene Dach hatte machen lassen und Friedrich mit der leeren Tasche geheißen hat. Als wir auch hier vier Wochen gelegen hatten, gingen wir nach dem nur einige Stunden von hier entfernten Städtchen Halle, wo der Instrom schiffbar wird, und seiner Salzwerke wegen berühmt ist und wo wir uns einschifften.

Wir kamen also über Kufstein (ohnweit welcher Stadt auf dem In eine weit gefährlichere Passage ist als der Wirbel auf der Donau), Wasserburg Schärnitz nach Passau und von da auf der Donau nach Linz und Wien. Was den Wirbel und Strudel betrifft, welche man zwischen diesen beiden Städten passieren muß, so sind solche bei weitem nicht so gefährlich, als man gewöhnlich glaubt. Auf letzterem hört man bloß ein kleines Getöse, welches das auf den Felsen hingleitende Schiff verursacht, und den Wirbel kann man bei großem Wasser gar umfahren, weil alsdann der Arm, der um den zur Rechten liegenden Felsen fließt, Wasser genug hat, um mittelmäßige Schiffe zu tragen.

Nachdem wir uns einige Tage in Wien aufgehalten hatten, setzten wir unsern Weg über Preßburg, Comorn, Gran, Waitzen, Ofen und Peterwardein nach Hobila fort. Bei Szankamen gingen wir in die Theiß, aus dieser ohnweit Titul in den Beg, jenseits Groß-Becskerek auf den Schiffahrtskanal und auf demselben über Szakelhaz und Utibin nach Temiswar.

Sobald wir hier ankamen, bat ich den Herrn Obristlieutenant Fleischmann, mich zu einer dem Bade nah liegenden Compagnie zu tun, welches er auch tat und mich zu der de la Rivierschen schickte, so in Mehadia selbst lag. Nur wenige Wochen blieben wir in Temiswar, worauf wir unsern Weg antraten und über Belenz nach Lugosch, wo die von den Türken ruinierten prächtigen Güter des Grafen von Soro liegen, und von da über Szacul nach Karansebes gingen. Als wir Temiswar verließen, wurde ich gewarnet, mich des Wassertrinkens zu enthalten, welches ich aber ohnmöglich halten konnte, weil ich mich nie an den Wein gewöhnt hatte; ich trank es daher in Zukunft mit 1/8 Weinessig vermischt. Ohnweit Teregowa bekam ich Durst, und weil ich keinen Essig hatte, nahm ich ein Glas Quellwasser zu mir, wovon ich den Augenblick das Fieber bekam. Als wir in jetzt benanntem Dorf ankamen, wollte ich gerne ein Bette haben, allein es wollte sich kein Walache dazu bereden lassen, mir eins zu geben, und alles, was ich erhielt, war ein Lager von Kukuruzblättern, dabei mußte mein Mantel des Deckbettes Stelle vertreten; überhaupt weiß ich nicht, wie einige Leute behaupten können, daß die Walachen gastfreie Leute sind; ich, der ich doch beinahe zehn Jahr unter ihnen zugebracht habe, könnte ihnen in diesem Punkte eben keine Eloge machen. Weil ich unterweges gar keine Arznei bekommen konnte und meinem Magen nicht zutraute, vier Drachmen von pulverisiertem Hundskraut (Solanum dulcamara), welche mir eine alte Frau anbot, zu vertragen, so mußte ich mich auf einem Wagen über Slatina und Cornia ins Mehadier Spital fahren lassen.

siehe Bildunterschrift

Trient

Welcher Unterschied von Spital! In Gremona hatte man die besten Doctores, vortreffliche Arznei, gute Kost und Aufwartung nebst einer nachahmungswürdigen Reinlichkeit; hier machte ein Feldscher, so zugleich den Weinschank besorgte und den Faulfiebrikanten, so kein Geld hatten, den Wein verbot, aber ihn den im hitzigen Fieber Liegenden, so damit versehen waren, ohne alle Schwierigkeit verkaufte, nebst einem als Krankenwärter ins Spital geschickten Praktikanten das ganze Corpus Medicorum aus, und es war schwer zu entscheiden, welcher von ihnen der größte Ignorant oder Trunkenbold sein mochte; dabei bestand sämtliche Arznei in China, Brust- und Bittertee, welcher oft durch die Dummheit des Praktikanten verwechselt wurde. Weil ich noch nicht zur Compagnie gekommen war, mithin nicht die geringste Kenntnis von Mehadia hatte, so war es mir sehr lieb, daß mich unser Feldscher, bei dem ich mich wegen der schlechten Pflege beschwerte, benachrichtete, daß in der Kaserne ein Bataillonfeldscher vom illyrischen Grenzregimente sei, bei dem ich mich könnte kurieren lassen, welche Gelegenheit ich benutzte und mich mit Erlaubnis meines Hauptmanns nach der Kaserne bringen ließ. Unter den Händen dieses geschickten Mannes, der Körner hieß und von Erfurt gebürtig war, nahm meine Gesundheit von Tag zu Tag zu, so daß ich in Zeit von sechs Wochen ins Bad reisen und die Kur daselbst anfangen konnte.

siehe Bildunterschrift

Donaulandschaft


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