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Zweiundzwanzigstes Kapitel.

Die Höflinge saßen in tiefem Schweigen. Tippu aber, auf dessen weißes Gewand ein paar Blutflecke gespritzt waren, hielt dieses furchtbare Zeichen der vollzogenen Hinrichtung, seinem Vater hin und rief:

»Vater, Vater, hältst du so dein Versprechen?«

»Wisse, schönster Knabe,« erwiderte Haidai Ali, »der dort als Leichnam liegt war beteiligt an einer Verschwörung, durch die Batigalur den Feringis ausgeliefert werden sollte. Die Begum hat uns davon in Kenntnis gesetzt, und nur deshalb mag ihr verziehen sein, daß sie im Anfang daran teilnahm. – Bringt diesen leblosen Klumpen weg.«

Dann wandte er sich an Hartley.

»Feringi,« sagte er, »kehre zurück mit der Entführten und sage deinem Volke, daß Haidar Ali gerecht ist.«

Hartley erreichte glücklich mit dem ihm anvertrauten teuern Gute die Küste. Er hatte seine Geliebte von einem furchtbaren Schicksal errettet, als schon keine Hoffnung mehr auf Rettung zu sein schien.

Aber Marie Grays Gesundheit hatte unter den Schrecknissen der letzten Tage zu sehr gelitten. Sie verfiel in eine Nervenkrankheit, an der sie lange Zeit darniederlag und von der sie sich nie wieder ganz erholte.

Was aus der Begum Montreville geworden ist, ist nicht bekannt. Ihr ganzes Besitztum würde von Haidar Ali konfisziert, sie soll Macht und Einfluß völlig verloren haben und später an Gift gestorben sein. Ob sie es sich selbst beibrachte oder ob ein andrer es ihr in mörderischer Absicht reichte, läßt sich nicht sagen.

Der Leser dürfte als natürlichen Schluß erwarten, daß Marie Gray ihren Retter Hartley heiratete, aber ihre Gesundheit war viel zu sehr erschüttert, als daß sie an eine eheliche Verbindung hätte denken können. Vielleicht hätte die Zeit alles wieder geheilt und zu diesem Ende geführt, aber zwei Jahre nach den Abenteuern in Maisur fiel der mutige und, uneigennützige Hartley seiner Unerschrockenheit als Arzt zum Opfer: er starb an der Pest.

Marie Gray ehrte sein Andenken und entsagte jedem Gedanken, jemals noch einem andern die Hand zu geben, die er so wohl verdient und – man kann wohl sagen – auch errungen hatte. Sie kehrte nach England zurück und lebte zurückgezogen und einsam. Ihr Dasein schien sich abzuspielen wie das der römischen Matronen, das in einer antiken Grabschrift mit den Worten gekennzeichnet wird:

Domi mansit – lanam fecit.


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