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Erster Teil. Die Herzogin

1

Vor dem Kuppelbau der neuen Madrider Kathedrale und zu beiden Seiten der vom Königsschloß herüberführenden Straße drängte sich das Volk. Es war ein strahlender Dezembersonntag, warm in der Sonne, kalt im Schatten – einer der gefährlichen Tage des kastilischen Klimas.

Der König hatte die Kirche zu Ehren des heiligen Franziskus bauen lassen, der in Spanien der Große heißt, heute sollte sie mit allem Prunk des Hofes eingeweiht werden: Karosse um Karosse rollte heran, und wer einen günstigen Platz am Portal hatte, konnte die Granden, Offiziere, Hidalgos mit ihren Damen aussteigen und in das Gotteshaus eintreten sehen. Einige Gäste erschienen in Mietkutschen, diesen weniger Vornehmen hatte ihre Mitarbeit am Bau und der Ausgestaltung der Kirche die Ehre der Einladung eingebracht. Ein zweirädriger Wagen fiel ein wenig aus dem Rahmen, ihn lenkte in hoffähiger Festkleidung, einen in neuem Mantel prunkenden Diener neben sich, der Besitzer: Francisco Goya.

Viele der Gaffer kannten den Maler und wußten mancherlei Geschichtchen über ihn und auch über sein lackiertes und vergoldetes Fahrzeug, das in ganz Madrid nur zwei Geschwister besaß. Man erzählte sich, er sei sehr stolz darauf, habe aber, bei der wackligen Bauart nicht weiter verwunderlich, viel Mißgeschick damit, einige waren noch vor wenigen Tagen Zeuge gewesen, wie der etwas bockige Gaul den Wagen umgeworfen und Don Francisco, glücklicherweise sanft, auf die Erde abgeladen hatte. So gab es während der ganzen Vorüberfahrt Lächeln.

Francisco, am Eingang angekommen, war selbst froh, daß die Fahrt mit einigem Anstand vorübergegangen war. Er hieß den Diener unter den andern Kutschern warten, nahm den Empfang durch einen Höfling mit Würde entgegen und wurde auf den Platz der Künstler geführt, der sich, außerhalb der Rangordnung, an einer Seitenwand befand. Er kam allein: der beschränkte Raum ließ die Zuziehung der Künstlergattinnen nicht zu.

Francisco konnte den Altar sehen, dessen Bild er gemalt hatte, natürlich war es nicht der Hochaltar – den hatte der Schwager Bayeu für sich und seine Schüler mit Beschlag belegt. Das Bild war verhängt wie alle andern, er wußte kaum mehr, wie es aussah, denn er hatte es vor drei Jahren gemalt und abgeliefert. Wäre es nach ihm gegangen, hätte man die Kirche schon damals einweihen können, aber die Kollegen brauchten Zeit, um mit ihren Meisterwerken fertigzuwerden.

Er hatte sich sehr angestrengt und war auch mit sich einigermaßen zufrieden gewesen, obwohl ihn der Stoff, eine Predigt des heiligen Bernhardin von Siena, nicht eben reizte – die verfluchten Staats- und Kirchenaufträge hatten immer solche blödsinnigen, zum Gähnen langweiligen Inhalte ... Zufrieden – was bedeutet das nach drei Jahren? Schreitet man in drei Jahren nicht weiter? Zum Teufel – diese saumseligen Burschen, diese tüpfligen Hofanstreicher wußten nicht einmal, welche Chance sie ihm durch ihren Schneckentrott nahmen ... Heute würde er diese Sache ganz anders malen, noch weiter weg vom Üblichen, Akademischen – lebendiger noch, ein bißchen frech, ein bißchen schmissig. Jeder müßte sagen: Donnerwetter, dieser Goya ...

Aber schließlich konnte ein wenig Zahmheit doch seine Vorteile bringen. Auf die Meinung der Hofschranzen kam es an, auf die Meinung des Königs. Ob der überhaupt eine Meinung hatte?

Ist es nicht eigentlich eine Niedertracht, so als Höflingsanwärter dazustehen und auf das Urteil dieser Hohlköpfe demütig zu warten, statt ihnen die Rückseite zu zeigen und nach dem eigenen Geschmack zu malen? Gemach, gemach – das hat alles seinen guten Sinn! Ein wenig Geduld noch – bald ist man oben, muß man oben sein, und dann ... Er phantasierte sich noch gar keine Einzelheiten vor, was dann sein würde – wußte nur dumpf: Ihr dünkt euch alle höher zu stehen als ich, und ich will euch zeigen, wie sehr ihr euch täuscht – aber um es euch zeigen zu können, müssen diese kleinen Äußerlichkeiten erledigt werden. Wir müssen einander vom gleichen Boden aus in die Augen sehen!

Für heute ließ sich ein hübscher Nebenerfolg denken: vielleicht gelingt es, diesen Schwager mitsamt seinen Küchlein auszustechen. Man ist zwar notdürftig versöhnt, Pepa hat eine Rührszene veranstaltet ... Aber daß sie einander hassen, das wissen sie beide. Da drüben steht er, bleich, mit seinem gallig süßen Lächeln, und tänzelt nervös von einem Bein aufs andere. Mein Gott, welche Verbeugung vor dem breiten Ordensband ...

In diesem Augenblick ging der Minister Graf Floridablanca vorüber, wurde auf Francisco aufmerksam und nickte ihm freundlich zu. Francisco bückte sich tief. Und diese Verneigung unmittelbar nach jenem spöttischen Gedanken kam ihm durchaus zum Bewußtsein ...

 

Draußen vor der Kirche nahm die Spannung zu. Militär zog auf. Die Wagen der Infanten und Infantinnen, von Leibgardisten geleitet ... der des Prinzen und der Prinzessin von Asturien, dieses in den Dreißigern stehenden, aber schon seit bald zwanzig Jahren vermählten Paares: er leeren Gesichts und ein wenig feist, sie, die Tochter des Königs von Neapel aus dem Hause Parma, mit stechenden Augen und hochmütigen Mienen, denen ihre Feinde das Warten auf die Verwaisung des Königsthrones anzusehen behaupteten. Das Volk schaute ohne viel Respekt durch die Glasscheiben dieser Kutsche.

Jetzt mußte der König kommen. Seit zwei Tagen befand er sich in Madrid, jedes Jahr, so viele er schon regierte, kehrte er am zehnten Dezember vom Escorial in die Hauptstadt zurück – das wußte allmählich jeder Bürger.

Und er kam. Zuerst Vorreiter. Dann der achtspännige Galawagen mit einem Hofbeamten auf dem Bock neben dem Kutscher und zwei andern auf den Trittbrettern, von berittenen Leibgardisten ganz umgeben, so daß niemand den Insassen zu Gesicht bekam. Nur die dem Portal zunächst Stehenden erblickten für kurze Zeit die lange, etwas gebückte Gestalt des Aussteigenden, seinen schmalen, dünn lächelnden Kopf.

Gewiß gab es in Madrid allerlei Personen, die, mehr oder minder heimlich, über Carlos den Dritten und sogar über sein Amt ihre eigenen, sehr freien Gedanken hegten. Aber hätte man hier aus diesen nicht ohne ehrfürchtige Schauer Gaffenden wahllos einige herausgegriffen und sie gefragt, ob sie den König liebten oder wenigstens mit ihm zufrieden seien – sie wären, außerhalb der gewohnten, an der Zustimmung des Nachbars sich ermutigenden Gassen- und Schenkengespräche, um eine Antwort verlegen gewesen. Daran, daß ein König sein müsse, zweifelte kaum einer, sowenig wie an den Heilslehren der Kirche, und dafür, ob dies ein guter oder ein schlechter sei, fehlte im Grunde die Möglichkeit des Vergleichs.

Die Bürger fühlten sich durch jene kleinlichen Vorschriften, die in ihren täglichen Wandel eingriffen, kaum mehr beschwert, weil sie nun seit langem nichts anderes gewöhnt waren. Was man besonderes von Carlos wußte: daß er den Mönchen und Inquisitoren das Privileg der Befreiung vom Militärdienst genommen und gar die Jesuiten vertrieben hatte – das hätte den Klerus zu einer Hetze gegen ihn veranlaßt, würde der König nicht jeden derartigen Versuch scharf bestraft haben. Ein Übergriff des Großinquisitors selbst wurde mit der Verbannung beantwortet. Und da also die Geistlichkeit ruhig blieb, blieb es nicht weniger das in seinen Meinungen von ihr abhängige Volk. Auch hatte der Papst inzwischen den Jesuitenorden aufgehoben, den spanischen Schritt also sanktioniert, und gegen die Strenggläubigkeit und Frömmigkeit des Königs ließ sich nicht der geringste Einwand erheben ...

Um die lange gebückte Gestalt entwickelte sich ein großer Empfang: Uniformen, Dreispitze, Perücken, Federbüsche, Feströcke und Ordensbänder in allen Farben des Regenbogens, Ordenssterne in allen Formaten, klirrende Degen, rote und violette Prälatensoutanen, funkelnde Kreuze, priesterliche Hermelinpelerinen, goldgestickte Mitren, dazwischen die dunklen Seidenkleider der Damen und ihre auf hohen Kämmen aufgesteckten schwarzen Mantillas ... Der pralle Knäuel all dieser im unmittelbaren Abglanz des Monarchen sich Sonnenden, platzend fast von der Gewalt und Herrlichkeit der Würden und Großwürden, die aus ihren Trägern wie ein Duft ausströmten und wie ein Gewimmel ineinander überfließender Heiligenscheine über ihnen schwebten – dieser aristokratische Knäuel also schob sich unter plötzlich und laut einsetzenden Orchesterklängen hinter der vom Kardinalprimas von Spanien geleiteten Majestät in das von gedämpftem Tageslicht und tausend Kerzen erleuchtete Haus des Dreieinigen Gottes und des Großen Bräutigams der Armut – so gut wie ungeordnet trotz den zappelnden Bemühungen des Oberhofmarschalls, dann aber durch eine unabweisliche Sitzordnung gleich den Engelscharen hierarchisch-gerecht sich staffelnd.

Weihrauch dampfte auf, die Hüllen fielen von den Bildern, die Musik verstummte. Umrahmt von den Spitzen der Geistlichkeit begannen der Primas und seine Gehilfen ein feierliches Hochamt zu zelebrieren, Stufen auf und nieder steigend, kniend, sich verneigend, aus alten prächtigen Büchern rezitierend und singend. Schwere Meßgewänder und Stolen wurden dem Kirchenfürsten übergelegt, abgenommen, mit anderen vertauscht. Brokat, Gold, Silber, edle Steine schimmerten unter den zitternden Flammen der Kerzen. Die Orchestermusik hob wieder an, mischte sich mit Chören, brach ab, der priesterlichen Stimme allein Raum lassend, brauste von neuem auf.

Manche Klangwelle drang hinaus zum Volk, das, von der Feier ausgeschlossen, neugierig lauschend verharrte und an den gehörigen Stellen sich bekreuzigte ...

 

Nach Schluß der gottesdienstlichen Handlung und nachdem auch die Seitenaltäre geweiht waren, trat der König mit Gefolge einen Rundgang zur Besichtigung der von ihm in Auftrag gegebenen Bilder an. Die Maler wurden durch einen Kammerherrn angewiesen, sich in der Nähe ihrer Arbeiten aufzustellen.

Francisco sah seinem Altarbild ins Auge wie einem nach ein paar Jahren der Abwesenheit wiederkehrenden Freund.

Da war eigentlich gar nicht viel auszusetzen ... er hatte sich doch verdammt angestrengt. Feurig, begeistert der heilige Prediger, lebendig, von seiner Rede angefüllt der kleine Kreis der erlauchten Zuhörer – besonders dieser König von Aragôn, Alfonso, wurde gebührend ernst genommen. Nein, nein, kein Spott: das war ein wirklicher, ein weiser König ... Ein Werk, zu dem man in jeder Weise stehen kann. Wenn sie das nicht gut finden, sind sie eben Dummköpfe – da braucht man sich nicht weiter aufzuregen.

Noch verweilte die königliche Gruppe beim Hochaltar. Wie der Schwager scharwenzelte! Das wird noch eine ganze Zeit dauern ... Es ist ein Warten wie damals bei der Preisverteilung in Parma. War das eine lächerliche Sache! Und heute? Ist dies vielleicht nicht lächerlich? Eigentlich wäre immer noch Zeit, davonzulaufen ...

Schließlich kommt der König an der Spitze seines Gefolges. Graf Floridablanca stellt Francisco vor, der zum Handkuß zugelassen wird. Auch dem Kardinal wird er vorgestellt. Ein feiner, selbstbewußter Kopf, aber trauen würde ich ihm nicht, denkt er und muß sich auch hier schon zum Handkuß neigen. Den König hat er nicht so genau anschauen können; vielleicht war doch etwas Befangenheit dabei.

Jetzt wendet sich alles dem Bild zu. Francisco tritt ein wenig beiseite und beobachtet fünf, sechs Höflinge: sie tragen eine neutrale Miene zur Schau, die sich aber im Zustand einer gespannten Spiralfeder befindet, nämlich jeden Moment losschnellen kann, vorwärts oder rückwärts, in Lob oder Ablehnung hinein, gegebenenfalls auch in betonte Uninteressiertheit – je nachdem der Monarch das Zeichen gibt.

Carlos schweigt ziemlich lange. Dann wendet er sich zu Francisco. »Ausgezeichnet«, sagt er und betont jede Silbe mit einem Nicken seines bäurischen Kopfes. »Ausgezeichnet«, wiederholt er. Und nach einer kleinen Pause spricht er das Wort ein drittes Mal, da er offenbar gerade kein anderes zur Hand hat Schon nehmen die Gesichter aller Umstehenden einen sanften Sonnenglanz an, der dazu bestimmt ist, dem bevorzugten Maler zuzuströmen – einen Glanz, der zugleich genug Intimität in sich trägt, um anzudeuten: Dieser große Künstler ist ja eigentlich seit langem mein persönlicher Freund ... Und die Köpfe, Würdenträgerköpfe allesamt, beginnen ganz leise ein zustimmendes Nicken anzudeuten; ein ungehemmtes Schwingen der Pendel würde die Etikette verbieten.

Die Majestät fragte: »Stellen diese Zuhörer bestimmte Personen dar?«

Francisco stutzt einen Augenblick, denn daß der aragonische König auf dem Bild zu sehen sei, hatte man ihm seinerzeit als besonderen Wunsch des Monarchen bezeichnet. Das hat er inzwischen vergessen, schießt ihm durch den Kopf, kein Wunder bei diesem Tempo meiner Kollegen ... Und er antwortet, was zu antworten ist.

»Ah so: ein Ahn, auch auf Umwegen«, nickt Don Carlos und nimmt seinen Urvorgänger mit Jägerblick aufs Korn. »Ja, ja, so mag er ausgesehen haben ... Ich bin ganz besonders zufrieden.«

Freundlich lächelnd geht er weiter, während der Kardinal, um zu betonen, daß er auch in des Königs Gegenwart Fürst ist, sich gleichfalls an Francisco wendet. »Ein wertvolles Werk«, sagt er mit der Miene des Richters letzter Instanz.

Das übrige Gefolge hat sich mit Don Carlos entfernt, doch drängen sich andere Hofbeamte heran – es sind wirklich so viele, daß sie sich ein wenig drängen müssen – und beglückwünschen den vom König ausgezeichneten Künstler. Es sind solche darunter, die er nie gesehen hat. Doch nun weichen sie mit Bücklingen zur Seite ...

Francisco hat nicht bemerkt, daß hinter der königlichen Gruppe eine zweite von Bild zu Bild gegangen ist. Sie bewegt sich jetzt auf ihn zu, an der Spitze eine junge, schöngewachsene Dame, die den Stern eines hohen Ordens am Mieder trägt, die Mantilla ist zurückgeschlagen: ein Gesicht ist zu sehen, das mit seinem kleinen Mund und den auffallend hohen Brauenbögen preziös zu nennen wäre, blickten die Augen nicht so frisch und natürlich. Die Herzogin von Alba.

Doña Maria Teresa Cayetana de Silva, Duquesa de Alba, Marquesa de Villafranca, trägt den hohen Titel des Ersten Granden von Spanien: sie ist eine Alba von Geburt, nicht durch Heirat. Vielmehr steht ihrem Gatten, der sich während dieses Rundganges immer wieder vergebens bemüht, sich neben ihr zu halten, weil er nicht zur Begleitung zählen will, die Herzogswürde gar nicht zu. Warum übrigens Doña Cayetana den kränklichen, melancholischen Don José Alvarez de Toledo, Marqués de Villafranca, geheiratet hat, weiß niemand ...

Francisco wird vorgestellt, küßt die behandschuhte Hand der Duquesa, schüttelt die des Marqués.

»Ich besitze zwei Wandteppiche Ihres Entwurfs«, sagte Doña Cayetana, »lustige Szenen, und dachte mir, Sie müßten auch ein lustiger Mensch sein.«

Er kann nichts tun als verblüfft lachen und sieht nicht sehr gescheit aus in diesem Augenblick.

»Malen Sie auch Stierkampfszenen?« Der Marqués, ihr Gatte, versucht sich anmerken zu lassen, daß er das Gespräch für eine Kirche nicht so recht passend findet.

»Nur einmal habe ich bisher dergleichen versucht, Eure Exzellenz – gleichfalls für einen Teppich.«

»Ich würde mir Stierkampfszenen für einen Maler interessant denken. Sie lieben doch die Corrida?«

»Über alles!«

»Ach ja – man hat mir erzählt, daß Sie selbst ...« Sie lächelt anerkennend, unterbricht sich. »Ihre Porträts des Infanten Don Luis Anton haben mir sehr gefallen.«

Er fühlt sich geschmeichelt, daß sie von diesen Bildern weiß, der Infant, ein nicht ganz standesgemäß verheirateter Bruder des Königs, ist seine höchste Beziehung.

Die Duquesa hat sich mit ihrem Gatten und den ihr huldigenden Kavalieren schon entfernt, als ihm zum Bewußtsein kommt, daß sie kein Wort über sein Altarbild gesagt, ja es überhaupt keines Blickes gewürdigt hat. Sie hat, er weiß es nicht, auch keines der übrigen Gemälde besichtigt, sondern mit allen Malern über andere Dinge gesprochen: nur um dieser Kaprice willen geht sie hinter dem König her.

Francisco ist verstimmt. Was erlaubt sie sich? brennt der Ärger in ihm auf, weshalb kommt sie hierher, wenn sie das Bild nicht sehen will? Er vergißt, daß sie eine Frau ist, die seinen Augen wohlgetan hat, und vergißt ihre Worte über die Teppiche und Porträts. Heute geht es um den heiligen Bernhardin!

Sieh da: der Schwager ... »Was hast du Glück gehabt!« flüstert Bayeu hastig und heftig. Sein Essiggesicht ist gesüßt, als wolle er sich für alle Fälle sogleich die Protektion des Glückskindes sichern.

»Manchmal verdient man sogar sein Glück«, sagt ihm Francisco kühl in das Händeschütteln hinein – und die Freude über diese halbwegs schlagfertige Antwort bringt ihm die strahlende Laune zurück.

 

Kaum denkt er, während er sein Pferd heimwärts lenkt, noch daran, ob er den König vorher für einen Kunstkenner gehalten, welche Betrachtungen er vorher über den Beifall der Höflinge angestellt hat. Nur noch an seinen Sieg denkt er, er würde sich wahrhaftig nicht wundern, wenn ihm das Volk applaudierte ... Doch dann bläht er sich scherzhaft auf, nennt sich den Schwerpunkt des königlichen Interesses, den Brennpunkt des Hofes, den Nabel von Spanien. Und beschließt, sogleich einen Brief zu verfassen, der in Zaragoza einschlagen soll, einen Brief an Martin Zapater. Der wichtigste Satz steht schon fest: »Der König ist ganz verrückt auf mich.«


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