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Siebentes Kapitel

Das Märchen des Herrn Steuerperäquators

Der Herr Steuerperäquator Heinzelmann – Steuerperquater lautete sein Titel in der Hinterwinkler Sprache – hat kaum je, soviel mir bewußt, ein Haus in Hinterwinkel betreten außer dem des Nepomuk Rotermund. Diesem machte er öfter abends in der Dämmerstunde einen kürzeren oder längeren Besuch. Dazu warf er sich nicht erst in Besuchskleider, sondern im langen blumigen Schlafrock, die perlengestickte Samtmütze mit der goldenen Troddel auf dem dichten weißen Haarschopf über dem roten Gesicht, aus der langen Weichselrohrpfeife den Rauch in die Luft blasend, sah ich ihn oft genug über die Brücke kommen und dem Rotermundschen Hause zustreben. Dann schlich ich ihm oft nach und drückte mich hinter ihm her in Rotermunds Stube. Oder ich war auch schon dort, wenn er kam. Mit großer Spannung hörte ich wohl hundertmal dem Gespräch der beiden Männer, von dem ich wenig genug verstand, als daß oft die Rede war von musikalischen Dingen.

Und oftmals bat die Olga – ich selber hätte nie den Mut und das Wort dazu gefunden – den Onkel Heinzelmann, uns eine Geschichte zu erzählen.

So erzählte er einmal das folgende Märchen:

Der fremde Vogel.

Das war ein seltsames Land. Da waren die Wiesen grün im Sommer, und in den Gärten die Blumen waren von allerhand Farben. Der Himmel war blau, wenn die Sonne schien. Oft aber war er nicht blau. Oft tröpfelte Wasser herunter und alles wurde naß. Und manchmal kam es wie Federn aus der Luft. Da ward alles Land schneeweiß.

Und viel seltsames Getier lebte in dem Lande. Da gab es Esel mit langen Ohren und die Menschen hatten die Nase mitten im Gesicht. Die Ochsen flogen nicht mit Flügeln in der Luft herum. Sie gingen gemütlich auf vieren. Die Frösche badeten ohne Schwimmhosen, und die Enten und Gänse watschelten barfüßig durch die Gassen.

Den Gockelhahn fand man dort nicht in goldenen Käfigen. Man sah ihn aber manchmal hoch auf der Spitze des Kirchturms, und die Düngerstätte des Hofes war sein liebster Aufenthalt. Denn der Mist ist des Bauern höchste Weisheit, und der Mann mit der phrygischen Mütze auf dem Kopf und dem Federbusch im Steiß galt dortzuland für einen großen Propheten und Philosophen. Er prophezeite gutes und schlechtes Wetter. Das Wetter aber ist des Bauern Religion. Und er forschte unaufhörlich auf seiner Düngerstätte und grübelte und grub nach des Düngers tief verborgenem Kern. Und er fand wirklich von Zeit zu Zeit ein Korn, das ein Ochs oder Esel, trotz allen Wiederkäuens, nicht verdaut hatte. Da ließ er dann einen lauten Ruf erschallen und versammelte um sich seine Gemeinde, alle Hühner des Hofes, und legte ihnen seinen Fund vor zur Begutachtung. Und ward da vor Liebe und Bewunderung weithin ein groß Gegacker.

In dem Lande lebte noch ein anderes großes Tier. Eigentlich war es ein vornehmer Herr. Seine Kleidung schien absonderlich. Er trug immer dieselben roten Hosen, dieselbe weiße Weste, denselben schwarzen Frack. Man begegnete ihm aber selten auf der Promenade; öfter sah man ihn mit all seinem Staat draußen in den Sümpfen herumwaten. Er studierte dann Amphibiologie, Auch bekleidete er verschiedene Ämtchen, er war Stadttrommler, Turmwächter, Schieferdecker. Er deckte die Dächer, die schon gedeckt waren. Er deckte die blauen meist weiß und die roten manchmal schwarzweiß.

Daneben trieb er heimliche Geschäfte. Im Winter reiste er nach Afrika. Die Kinder nannten ihn Herr Adebar. Sie sahen ihn verwundert an, wenn er auf der Wiese spazierenging mit seinen roten Hosen, seiner weißen Weste, seinem schwarzen Frack; denn er mit seinem langen Schnabel hatte sie ins Land gebracht, alle samt und sonders.

Auch den kleinen Wendelin hatte er gebracht an einem Sonntagmorgen im Monat Mai.

In einem grünen einsamen Tale zwischen Apfelbäumen und Weißdornhecken lag eine alte Wassermühle. In ihrer Nähe wuchs der kleine Wendelin auf. Er war nicht umsonst ein Sonntagskind. Seine Augen waren so hell und blau wie der Himmel blau ist, wenn die Sonne scheint. Und immer stand er am Rand des Baches, wo das Rad sich drehte. Das schien ihm so geheimnisvoll. Das Rad war ganz bedeckt mit seinem nassen Moos, und wenn die Sonne darauf schien, da schimmerte es goldgrün und braun, und die Wassertropfen rannen daran nieder wie flüssige Diamanten.

Von oben, aus einer moosigen Rinne, fiel das Wasser silbern herab auf die Speichen, und unten in der Tiefe lag es still wie ein schwarzer toter See. Reglos lag es da drunten. Nur manchmal quirlte es blasig herauf aus der Tiefe, und schluckende, schluchzende Töne drangen an das Ohr des Knaben.

Wo man zur Mühlenscheuer fuhr, schwang sich ein Brücklein über den Bach, ein altes, hochgewölbtes, morsches Gemäuer. Aus seinen Fugen wuchsen ganze Büschel blutroter Nelken und blauer Glockenblumen. Der Steinbrech trieb weiße Blüten hervor und der Mauerpfeffer Millionen goldener Sterne. Und das Rotschwänzchen und die weißbrüstige Wasseramsel bauten dazwischen ihr Nest. Weiches, goldbraunes Moos wuchs auf der Brüstung.

Das war ein Lieblingsplatz des kleinen Wendelin. Tagelang lag er auf der wackeligen Mauerbrüstung, auf dem weichen, goldbraunen Moos und blickte voll Begierde hinunter in die Tiefe des Wassers, wo ein Weidenbaum heraufwuchs und ein alter Holunder, die ihn fast zudeckten mit ihren Zweigen.

Wendelin sollte eigentlich zur Schule gehen. Aber über seinem Brücklein und seinem Wasser vergaß er Schule und Schulmeister und vergaß seine Tante, die Frau Welte, und lag und lag und blickte voll Begierde hinunter in die Tiefe.

An Sonntagen manchmal saß der treue Veit bei ihm, der alte Mühlenknappe, dem ein Auge blind war und hinkend ein Bein. Der erzählte ihm von den Wasserweibern. Die sind schlohweiß am Leib. Auf dem Haupte tragen sie goldene Kronen. Sie wohnen tief unter dem Wasser in kristallenen Palästen. Sie spinnen goldenen Flachs von goldenen Rocken. Die Fäden drehen sie auf goldene Spindeln. Sieben Spechte sind ihre Diener, die bringen ihnen Kunde von der Welt der Menschen. Im Winter aber, wenn es weiße Flocken stiebt, in der Zeit der heiligen zwölf Nächte, kommen die Wasserfeen herauf an die Oberwelt. Mit ihren goldenen Rocken kommen sie in die Mühle, in die warme Stube. Sie müssen einmal wieder die menschliche Stimme hören, sie würden sonst vergehn vor Traurigkeit in ihren kalten, glitzernden Sälen. Durch die zwölf Nächte hindurch kommen sie jeden Abend, aber nur Sonntagskinder können sie sehen.

So erzählte Veit, der hinkende Knappe.

Und Wendelin sperrte Mund und Augen auf.

Und als der Winter kam und die Zeit der heiligen zwölf Nächte und weiße Flocken vom Himmel stiebten, da erinnerte sich Wendelin getreulich an alles, was ihm Veit erzählt hatte. Und in der Stube kauerte er hinter dem Ofen und wartete, denn er wußte, er war ein Sonntagskind. Klopfenden Herzens wartete er, Abend für Abend.

Aber nur das Gesinde der Mühle kam in die Stube und Bauernmädchen aus dem Dorfe. Sie sponnen gewöhnlichen blonden Flachs auf gewöhnlichen hölzernen Rädchen, gelben, grünen und blauen. Auch einige junge Frauen kamen, die waren dick und rundlich. Nichts Wunderbares war an ihnen.

Auch die Knechte kamen und viele Burschen aus dem Dorf. Sie spielten Karten und würfelten um dürre Nüsse.

Und manchmal neckten sie die Dirnen. Und die lustigen Dirnen gaben ihnen Rätsel auf, aber sie konnten sie nicht lösen. Da sprach wohl einer: das müßt ihr den Wendel fragen. Der hört das Gras wachsen und versteht, was die Vögel reden untereinander. So spotteten sie über den Wendelin, der in der Ofenecke saß und kein Wörtlein zu sagen wußte.

Und Abend um Abend verging. Und Wendelin wartete und wartete. Aber kein einziges Wasserfräulein kam.

Und Wendelin wurde traurig in seinem Herzen. Man hatte ihm gesagt, er sei ein Sonntagskind, er glaubte es nicht mehr, man mußte ihn angelogen haben.

Dann kam von neuem der Frühling. Aus den Fugen der Brückenmauer hingen wieder ganze Büschel blutroter Nelken und blauer Glockenblumen. Der Steinbrech trieb weiße Blüten hervor und der Mauerpfeffer Millionen goldener Sterne, und das Rotschwänzchen und die weißbrüstige Wasseramsel bauten ihr Nest dazwischen.

Und Wendelin vergaß wieder die Schule und lag auf der Mauerbrüstung, auf dem braunen Moos, Tag für Tag, und schaute mit großer Begierde hinunter in die Tiefe. Drunten am Bachrand, an den wilden Dornen, brächen tausend zarte Rosen hervor; jeder nickende Zweig war ein Kranz von Rosen. Zu Häupten Wendelins aber blühte der Holunder. Er umspann den Knaben ganz mit seinen weißen Fächerdolden und berauschte ihn mit süßem Duft. Da ward es Wendelin ahnungsvoll ums Herz, da gedachte er der schlohweißen Feen, die da drunten wohnen in kristallenen Palästen.

Und einmal erschrak er. Drunten in der Rosenhecke sah er einen fremden Vogel. Der hatte einen langen blutroten Schnabel und goldgrün schimmerndes Gefieder. Nur einen Augenblick sah er ihn, dann war er in der dunkeln Tiefe verschwunden wie ein grünflammender Blitz, den das schwarze Wasser verschluckte.

Wendelin zuckte am ganzen Körper. Lange konnte er sich nicht von der Stelle rühren. Endlich tat er sich Gewalt an und raffte sich auf und lief fort zu den Leuten. Und fragte alle Welt, was das für ein Vogel sei mit dem blutroten Schnabel und mit Flügeln wie ein grüner Blitz.

Aber die Leute schüttelten die Köpfe. Einen solchen Vogel kannten sie nicht. Der Junge war wohl nicht recht gescheit.

Veit selber machte ein ungläubiges Gesicht. Es konnte ein grüner Specht sein; aber der hatte keinen roten Schnabel.

Da kehrte Wendelin zurück zu seiner Brücke und ließ die Leute die Köpfe schütteln, so lang sie wollten. Er war mit sich im reinen. Er wußte es nun, was das für ein Vogel war, den er gesehen hatte. Nichts anderes war's als einer von den sieben Spechten, die die Springwurzel kennen und die bei den Wasserfräulein wohnen und ihnen Kunde bringen von dieser Welt.

Und Wendelin lag auf der Brücke, Tag für Tag, und wartete hoffend auf ein Wunder. Doch Wochen um Wochen vergingen, der grüne Vogel kam nicht wieder.

Nun war es um die Erntezeit. Die Menschen und alles Gesinde waren in den Kornfeldern hinter dem großen Wald.

Nur Frau Welte saß strickend am Scheuerrain.

Und Wendelin lag auf seiner Brücke. Das Kinn gestützt auf die Ellenbogen, so lag er bäuchlings auf der schmalen, wackeligen Brüstung, auf der goldbraunen Decke von Moos. Der Holunder deckte ihn liebreich zu mit seinem Schatten.

Unverwandt blickte er hinunter nach der blühenden Rosenhecke und nach den Weiden am Wasser. Aber kein grüner Vogel zeigte sich. Nur Schwalben durchsegelten die Luft. Und auf den braunen Ufersteinen hüpften gelbe und blaue Bachstelzen schwanzwippend hin und wider. Um die wilden Rosen summten goldene Käfer. Große braunrote Schmetterlinge gaukelten um blühende Geißblattranken und Engelwurzdolden, und über den Wasserlinsen und Teichlilien schaukelten sich glasflügelige blaue Libellen.

An einer Ausbuchtung des Baches, zwischen Binsen und himmelblauem Vergißmeinnicht, tummelten sich drei graue Gänse. Sie schlugen die Luft mit den Flügeln, sie schwenkten die Schwänze, sie tauchten den Kopf unter und warfen sich Wasser auf den Rücken, daß es nach allen Seiten herunterrann in silbernen Tropfen. Und sie schnatterten mit den Enten, die am Ufer auf dem Rasen lagen. Sie schienen auf kein Wunder zu warten.

Indessen lag es in der Luft wie Gewitterschwüle. Und wurde immer dumpfer und drückender. Am Scheuerrain Frau Welte strickte längst nicht mehr. Ihr Strickzeug war ihr entfallen, und ihre spitze Nase berührte fast die Knie, so war sie zusammengeknickt. Auch die Gänse waren ruhig geworden. Sie hatten den Kopf unter die Flügel gesteckt und standen auf einem Bein ohne Regung. Die Schwalben saßen müd auf der Dachrinne, sie piepsten nicht. Alle Stimmen des Lebens waren verstummt. Die Weiden selber ließen ihre Zweige schlaff herabhängen. Der Hahn auf dem Miste war eingeschlafen, und das Mühlrad drehte sich wie im Traum, träg und schläfrig. Und wie Fetzen eines zerflatternden Traums taumelten Falter und Libellen über dem Spiegel des schlafenden Wassers.

Da überfiel es auch Wendelin. Und sein Kopf sank ihm nieder ins Moos, in den duftenden Thymian. Seine Augenlider wurden schwerer und schwerer ... aber, siehe, was war das?

Das war das erhoffte Wunder. Aus dem Wasser stieg der grüne Vogel. Dann saß er auf einem Zweig des Holunders in funkelnder Pracht. Und mit menschlicher Stimme redete er zu Wendelin. »Du begehrst meine Königin zu schauen,« sprach er, »dein Wunsch soll dir erfüllt werden, die Königin schickt dir Gruß und Pferd.«

Der grüne Vogel hatte kaum also gesprochen, da schwang sich ein Heupferd auf die Brücke, ein gewaltig großes, mit zwei himmelblauen und zwei hochroten Flügeln, ein wundersames Tier. Wendelin erzitterte. Das Flügeltier sah ihn an mit großen, kugelrunden Augen. Und in seiner Ungeduld rieb es die langen stacheligen Beine aneinander, und ein seltsames Tönen ging davon aus wie von Glas.

Wendelin wußte selber nicht, wie es geschah, er saß auf einmal dem Ungeheuer auf dem Rücken, zwischen den himmelblauen, und den hochroten Flügeln. Als Zügel dienten ihm die Fühler. Das Pferd rieb seine stacheligen Beine aneinander, ein wundersames Tönen und Klingen zitterte durch die Luft, und fort ging's in sausendem Flug.

In den Weiden kamen sie an eine Höhle. Zwei blaue Ottern bewachten den Eingang. Dann ging die Reise im Finstern. Nur hier und da flackerte ein Irrlichtlein am Wege und leuchtete ein runder Klumpen von Glühwürmern. In der Ferne sahen sie sieben Karfunkel wie rote Sterne schimmern.

Zwei Torflügel öffneten sich. Wendelin mußte die Augen schließen. Der Glanz blendete ihn. Die Wände waren von Kristall und alles funkelte und blitzte. Durch die Wände hörte man die Wasser rauschen und singen. So ging es fort durch weite Hallen. Endlich kamen sie in einen runden Saal. Hier saßen im Kreis die Wasserfräulein. Ihre Leiber, weiß wie Schlehenblust, schimmerten durch goldene Schleier. Auf dem Haupte trugen sie goldene Kronen. Sie spannen goldenen Flachs von goldenen Rocken. Den Faden drehten sie auf goldene Spindeln.

In der Mitte saß die Königin. Sie winkte Wendelin zu sich her, sie nahm ihn auf ihr weißes Knie. Sie faßte sein Gesicht mit ihren kühlen, lilienweißen Händen. Sie bog ihren roten Mund zu seinem Mund. Ein süßer Schauer durchrieselte ihn ... da ... was war das? Das war ein dumpfes Aufplumpsen ...

Und verschwunden war alle Herrlichkeit.

Und Wendelin lag mitten im Bach. Die Gänse fuhren erschrocken aus dem Schlaf und reckten die Hälse. Frau Welte war auch erwacht. Sie erhob ein lautes Geschrei. Sie ballte die Faust. »Der Taugenichts, der Tagedieb«, schrie sie. Und Veit kam herzu, der treue Knappe, und sah, was geschehen. Er zog den Wendelin aus dem Bach.

Der arme Wendel bot einen jämmerlichen Anblick dar. Er hatte keinen trockenen Faden am Leib. Er triefte wie eine ersäufte Maus. Frau Welte zerrte ihn sofort in die Stube. Sie schalt: »Dich lachen die Gänse aus.«

In der Tat erhoben die Gänse ein lautes Geschnatter. Auch die Enten kamen herbei und alle Hühner. Denn so was ereignete sich nicht alle Tage. Und das Geschnatter und Gegacker wollte kein Ende nehmen.

Nur der Hahn hielt sich fern in stolzer Vornehmheit. Er verließ seine hohe Stätte nicht, nämlich seine Düngerstätte, und unermüdlich forschte er und grübelte und grub nach des Düngers tief verborgenem Kern. Er fand auch eben wieder ein Körnlein, das trotz Wiederkäuens ein Ochs oder Esel nicht verdaut hatte. Und er ließ einen lauten Ruf ertönen. Aber seine Hühner hörten ihn diesmal nicht. Kein einziges sah sich nach ihm um. Ihr Gegacker war ihnen im Augenblick wichtiger. Da ärgerte sich der Hahn gar sehr über den dummen Wendel ...

»Oh, Onkel Heinzelmann,« rief hier die kleine Olga, »das ist ja gar kein richtiges Märchen, das ist nichts als die Geschichte mit dem Alexander, wie der drüben von der Brücke gefallen ist, weil er eingeschlafen war. Ich war damals noch ein ganz kleines Ding, aber ich weiß noch sehr gut, wie die Hexe vom kleinen Dörfle, die Hanne Strohmelker, ihn herausgezogen hat, weil sie grad' vom Steinklopfen heimging.«

»So so, das weißt du noch«, sprach scheinbar mit großer Verwunderung der Herr Steuerperäquator, indem sein Mund eine mächtige Rauchwolke ausstieß, »ja, ja, du bist eben auch ein allzu gescheit's Frauenzimmerchen. Du hast am End' gar mitgeschnattert mit den andern Gänsen.«

So der Herr Steuerperäquator. Ich aber, ganz stumm geblieben, wurde nun rot vor Verlegenheit, denn wahrlich, ich hatte es gar nicht bemerkt, daß das Märchen meine eigene Geschichte war.


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