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Tod des Helden von Akra

Humbert von Ronnay hatte von den Gefahren gehört, welche die Befreier von Akra auf ihrem Wege vorgefunden hatten; dieses bewog ihn, sich selbst an die Spitze des Entsatzes zu stellen, und ihnen zu Hülfe zu eilen. Das Geschrei des Siegs kam ihm entgegen. Die Mauern von Akra hatten sich geöffnet, ihre Helfer einzulassen. Der Feind war geflohen: die Gegend rund umher war sicher. Das Volk strömte ein und aus, die Siegesstätte zu besehen, und die Beute zu teilen.

Humbert fragte bald nach dem, der bei diesem herrlichen Siege die Hauptrolle gespielt hatte, nach seinem so genannten Neffen, oder vielmehr nach dem, den meine Leser nun besser zu nennen wissen, und der nur darum Humberts Namen angenommen, um unter demselben seinen Verfolgern desto unentdeckbarer zu sein. Humbert von Ronnay liebte Hermannen, und sorgte für seine Sicherheit; selbst die Rauhigkeit, mit welcher er des vorigen Tages Conraden von sich gewiesen hatte, zeigte es; ach, er dachte nicht, daß er durch diese gut gemeinte Strenge zwei Brüder trennte!

Jetzt wies man den alten Ritter, den bei der Abwesenheit seines Lieblings zu mißdünken begann, mit seinen Nachfragen an diejenigen, welche zunächst beim Anführer gefochten hatten, und so leitete ihn endlich einer, der ihm aus dem Zustande des Helden von Akra kein Geheimnis machen durfte, auf die Stelle, wo Conrad sich eben erholt hatte, seinen sterbenden Bruder von neuem zu umfassen, und neue Versuche zu machen, um seine scheidende Seele aufzuhalten. – Es war vergebens; die Freude, einen Bruder wieder gefunden zu haben, die auf den starken Conrad eine so gewaltsame Wirkung getan hatte, erschütterte den verwundeten Hermann noch heftiger. Er war eine Zeit lang ohne alles Lebenszeichen, und sein Bewusstsein kehrte ihm nur auf Minuten zurück, um durch abgebrochene Worte, durch Blicke voll Liebe und einige Tränen zu verstehen zu geben, daß er fühle, glaube, zu schätzen wisse, was er aus Conrads Munde vernahm.

Conrad sprach zu ihm von seiner Liebe, seiner Freude, seinem Kummer, seinen langen fruchtlosen Nachsuchungen, die sich nun mit dem Tode endigten. Hermanns brechendes Auge hing an seinem Munde; der Ton der brüderlichen Stimme war Musik in seinem Ohre: vielleicht verstand er nicht völlig, was er hörte; aber ganz gingen diese im Drange der Empfindungen ausgesprochenen Worte doch nicht für ihn verloren.

»O Conrad!«, flüsterte er – »diese zwanzig Jahre! – Ich glaubte mich vergessen! – Und nun! – Meine Gemahlin! meinen Sohn! – Ich sandte sie dir! – sie sind dein! – Sei der Vater Siegfrieds von Feuchtwangen!«

Mit diesen gebrochenen Worten hauchte der so spät Wiedergefundene seine letzten Kräfte aus. – Als Ritter Humbert von Ronnay sich an die Stelle leiten ließ, wo sein sterbender Liebling lag, und Conrad neben ihm kniete, vermochte er nur noch die Hand des letzten an sein Herz zu drücken, und mit einem Blicke auf den alten Herrn von Ronnay, kaum hörbar zu sagen: »Es ist mein Bruder.«

 

Ende des ersten Teils.


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