Theodor Mügge
Afraja
Theodor Mügge

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14.

Am nächsten Morgen befand sich Paul allein in der Rechenstube seines Schwiegervaters, die mit dem Kramladen zusammenhing. Er saß vor dem alten Schreibpulte, hatte die Rechenbücher vor sich und während er behaglich rauchte, sah er aufmerksam die Seiten und die Zahlen an, welche darauf standen.

Was solch ein zerklüfteter, zerbröckelter Felsen nicht einbringt, murmelte er vor sich hin. Wer ihn nicht kennt, möchte ihn schwerlich geschenkt nehmen, aber da steht es geschrieben: Loppen, an Federn auf den Markt gebracht: 2340 Speciesthaler – Loppen im nächsten Jahre: 3785 Speciesthaler – Loppen im dritten Jahre 4512 Speciesthaler. Und so fort und so weiter, flüsterte er lachend, denn in diesem Jahre wird der Handel sich noch besser stellen. Loppen muß mein werden! Ueberhaupt aber – er warf seine Blicke über den großen Waarenraum und dann über den Vorplatz auf die Packhäuser und auf die Schiffe, ich wüßte nicht, sagte er, warum nicht Alles mein werden sollte, was der alte Narr sein Leben über für mich zusammengescharrt hat? – In diesem Augenblick sah er Marstrand draußen erscheinen, 314 der Ilda und Hannah begleitete und sich mit ihnen in das Gärtchen setzte, wo er aus einem Buche ihnen vorlas.

Paul Petersen's Gesicht nahm den Ausdruck des giftigsten Hohns an. Er lachte, indem er die Hand mit der Feder leise schüttelte. Wart, du edler Junker! rief er seine Stimme dämpfend, du sollst aus deinen verliebten Träumen erwachen. Lies ihr ein lustiges Gedicht vor, wo der Esel von Bräutigam geprellt wird, ich will dir ein ander Lied singen, das du niemals vergessen sollst. – Und diese tugendvolle Heilige, fuhr er fort, nachdem er eine Zeitlang hinter dem Fenster versteckt die Gesellschaft in dem Gärtchen beobachtet hatte, wie sie die Augen auf ihn richtet, während er liest, wie sie ihr Ohr ihm zuneigt, wie ihr Gesicht vor Vergnügen strahlt, und wie schmachtend und sehnsuchtsvoll sie lächeln kann. Der braune, stattliche Junker und der rothhaarige Schreiber von Tromsöe, das ist freilich ein Unterschied. Aber du sollst diesen Unterschied kennen lernen, strenge Jungfrau, Musterbild der Weiber, sanft und geduldig, sittlich und wahrhaftig, wie du bist. Ich will dich zu meinen Füßen liegen und um Barmherzigkeit bitten sehen; ich will dir den christlichen, frommen Sinn lohnen, will dir die Verachtung lohnen, denn er hat Recht, der dänische Schelm, sie verachtet mich! Ist es nicht lustig, sie verachtet mich noch mehr als er selbst, und doch soll ich Leib und Seele haben.

Während er dies vor sich hin sprach, trat Björnarne herein. Paul drehte sich um und nickte ihm zu. – Mach' die Augen hell auf und sieh nicht so finster aus, mein Junge, sagte er, ich habe dir allerlei gute Dinge mitzutheilen. Wäre ich wie du, hätte ich da draußen ein schönes Mädchen sitzen, die bis über die Ohren in mich verliebt wäre, ich würde so vergnügt sein, wie ein Zobelkätzchen.

Björnarne zog die Stirne zusammen und warf einen wilden Blick durch das Fenster. Wenn ich das Gesicht nicht mehr sähe, murmelte er.

Geduld, mein Sohn, Geduld! sprach Paul. Wir werden diese Gesichter los werden, wenn du klug bist und mir folgst. Nimm allen Verstand, den der Herr dir gegeben hat, zusammen und begreife, was ich dir sagen werde. Was diesen hochnäsigen, steifbeinigen Junker betrifft, so denke ich, daß er zum letzten Male in Oerenäes sich breit gemacht hat. Sobald dein Vater zurückkommt, werde ich mit ihm ein Wort reden und bin 315 überzeugt, er wird calculiren, daß ich ein gescheuter Bursch bin. Was aber die ehrsame Jungfrau aus Bergen angeht, so kannst du sie dir am Besten vom Halse schaffen, wenn du zärtlich bist wie ein junger Affe.

Es schnürt mir den Hals zu, Paul, wenn ich ihr ein freundliches Wort sagen soll.

Und wenn du sie ansehen sollst, verdrehst du deine eigenen hübschen Augen, rief Paul lachend, als hättest du Rhabarber eingenommen. Aber ich sage dir, mein Junge, es geht nicht anders. Du bist so ein kreuzbraver ehrlicher Michel, von dem der Allerdümmste glaubt, er könne ihn bis auf den Grund durchschauen; laß die pfiffigen Leute einmal sehen daß du auch pfiffig sein kannst. Höre Björnarne, fuhr er ernsthafter fort; wenn du ein Tölpel sein willst, so sei es meinetwegen, wenn du aber meinen Beistand ferner verlangst, so handle wie ein Mann, der seinen Plan zu verfolgen weiß.

Was soll ich denn thun? fragte Björnarne den Kopf senkend.

Du sollst es machen wie der Fuchs, lachte Paul Petersen, als er mit den Hühnern zusammen Messe hörte. Er las mit ihnen aus einem Buche und schlug so andächtig sein Kreuz, daß sie den frommen Pilger voller Vertrauen in ihre Nester führten und ihn baten mit ihnen zu Mittag zu speisen, was er so gut that, daß nichts von ihnen übrig blieb, als die Federn. Sieh um dich, Björnarne, denke an deinen Vater. Weiß ein Mensch was der im Sinne hat, wenn er Einem die Hand schüttelt und so ehrlich aussieht, als könne er kein Wasser trüben? Oder sieh mich an, wenn es dir besser gefällt. Glaube mir, mein guter Junge, die Menschen wollen betrogen sein, das ist ein Gottesgesetz. Der Eine betrügt den Anderen, und wer nicht betrogen sein will, muß zu den Betrügern gehören. Was du willst, ist kühn und gewagt. Du mußt schlau und verschlagen sein, mußt mit jedem Wind segeln. Bringst du das nicht zu Stande, so laß Alles liegen und fallen und ergieb dich in den Willen des Schicksals und deines Vaters. Sei ein guter Sohn, laß dich von Hannah Fandrem küssen und dir die Nachtmütze über die Ohren ziehen.

Ich weiß nicht was du willst, murmelte der junge Mann. Ich kann nicht lügen und nicht heucheln.

Das ist leicht gesagt, erwiderte Paul. Weißt du, weßhalb der alte Klaus gekommen ist? Weißt du, was er will? – Er kommt 316 gerade von Gula her und hat seine ganze Ledertasche voll Grüße und Seufzer, nur keine für dich.

Björnarne's Gesicht war dunkelroth geworden. Seine heißen Augen glänzten den Schreiber an.

Nicht einen zärtlichen Seufzer für dich! wiederholte Paul, ein Gelächter aufschlagend, aber zehntausend für den treulosen Junker dort.

Björnarne ballte wüthend die Faust. Woher weißt du das? fragte er.

Ich habe gestern Abend etwas von ihrem Gespräch gehört, als sie sich allein glaubten. Heut wird Klaus dich in's Gebet nehmen und dir die Würmer aus der Nase ziehen. Die kleine schwarzäugige Hexe hat ihm erzählt, daß sie deiner tollen Leidenschaft wegen geflohen sei. Jetzt sitzt sie, wo Afraja sie eingesperrt hat, windet Kränze und weint nach dem lieben Johann, der sie von Mortuno, dem garstigen Thiere, befreien soll.

Wo ist sie? Wo hält er sie gefangen? rief Björnarne heftig aufgeregt.

Ich weiß es nicht, aber ich werde es erfahren, verlaß dich darauf, war Paul's Antwort.

Der Priester soll es mir bekennen, fiel Björnarne ein.

Du bist ein Narr, sagte Paul. Sprich kein Wort darüber, laß dir nichts merken, wenn nicht Alles für immer vorbei sein soll. Du mußt dein Gesicht bezwingen, mußt lachen können, wenn er von ihr spricht, mußt ihm sagen, es sei eine Thorheit, ein augenblickliches Vergessen gewesen, und daß die alberne Lappendirne sich nicht einbilden solle, du dächtest mit einem Gedanken noch an sie.

O! Das kann ich nimmermehr! rief Björnarne, seine Hände an die Stirne drückend.

Nicht? sagte Paul, das thut mir leid, denn ich will dir sagen, was die Folge sein wird. Die Folge wird sein, daß Klaus Hornemann es für seine Pflicht hält, deinem Vater Alles mitzutheilen, was er weiß, und was dann kommen muß, mein guter Junge, kannst du dir leicht selbst erzählen. Dein Vater wird dich behandeln wie einen Verrückten. Er wird dich allenfalls eher erdrosseln, ehe er dir verzeiht, und frage dich selbst, ob du widerstehen kannst, wenn seine gewaltige Hand auf dir liegt.

317 Björnarne biß grimmig die Zähne zusammen, bei alledem aber hatte der boshafte Schreiber vollkommen Recht, schon der Name des Vaters übte eine schreckende Wirkung auf den Sohn aus.

Willst du jetzt meinen Rath hören? fragte Paul, nachdem er ihn ein Weilchen mit kaum unterdrücktem Spott betrachtet hatte.

Sprich denn, murmelte Björnarne.

Und willst auch befolgen, was ich dir dringend empfehle, fuhr Paul fort; denn nur wenn du dies thust, kannst du auf Erfolg hoffen.

Ich will es thun, so viel ich kann.

Ein Mensch kann Alles was er will! rief der Schreiber; und glaube mir, hast du erst den Anfang gemacht, so werden die Fortschritte auch nicht ausbleiben. – Was heißt lügen, sich verstellen oder heucheln, wovor Dummköpfe so großen, edlen Abscheu hegen? Es heißt nichts anderes, als lebensklug und vorsichtig sein, die Umstände benutzen und danach handeln. Und glaubst du etwa, daß die Tugendhaften dies nicht thun? Der alte weißhaarige Priester weiß genau, wo Gula verborgen ist, eben so gut weiß es unser Mann von Ehre und Gewissen, der Junker. Frage sie wo das Mädchen steckt, sie werden mit den ehrlichsten Gesichtern von der Welt versichern, daß sie nichts davon wissen. Der dänische Landläufer hat mehr als einmal ohne Zweifel den alten Teufelskerl Afraja gesprochen, mir hat er in's Gesicht hinein gelogen, daß er ihn nie gesehen habe, ich merkte es aber dennoch auf der Stelle. Sieh, Björnarne, das ist die Sache. Mag ein Mensch thun, was er will, aber ertappen muß er sich nicht lassen. Beginne was dir gefällt, aber mache es nicht so, daß du ausgelacht wirst, oder daß man mit Fingern auf dich zeigt, ober daß man dich aufhängt. Verfolge deinen Zweck, sei es was es sei; gebrauche alle Mittel, lüge, verläumde, heuchle, wenn es nothwendig ist, aber sei ein Mann, von dem man nicht sagt: Wie ein Schuljunge hat er sich bei seinen Streichen benommen.

Björnarne hatte mit größerer Aufmerksamkeit zugehört. Er schämte sich vor den spöttischen Ermahnungen des Schreibers. Glaube doch nicht, sagte er, daß ich mich so leicht fangen lasse.

So beweise es, erwiderte Paul. Ein roher Mensch gibt sich wie er ist, ein gebildeter braucht seinen Verstand. Du darfst dein 318 Benehmen gegen Hannah nicht länger fortsetzen, du mußt höflich und gefällig sein, sie ist ja hübsch genug dazu. Täuschen mußt du sie Alle, sonst gieb sie auf. Sage zu Allem ja, lache und entschuldige dich, sei munter und denke du lägst in Gula's Armen, wenn du Hannah küssest. Der Priester hat vor, dich zum liebenswürdigen Bräutigam zu machen, das ist ein sehr löbliches Unternehmen. Er will dich auch mit deinem Freund Johann versöhnen, laß es dir gefallen und schlage ein.

Den hasse ich zumeist, murmelte Björnarne grollend.

Glaubst du denn, ich liebe ihn? lachte Paul; aber was heißt hassen, wenn der Haß ohne Rache bleibt! Der Tag wird kommen, wo wir uns rächen können, wo er wie ein Hund gestoßen, davonlaufen soll, Hohn und Schande an seinen Sohlen, wo er sich zeigt.

Und endlich, Paul Petersen, endlich?

Sei ohne Sorge. Spiele deine Rolle gut, mache die Verräther ganz sicher, so will ich dir helfen. In wenigen Tagen weiß ich, wo Gula steckt. Wir befreien sie von dem spitzbübischen Mortuno; du sollst dein Schätzchen haben, das Uebrige wird sich finden. Sieh da, rief er, zum Fenster hinaus sehend, da schleicht der ehrwürdige Klaus über den Platz und schnüffelt an dem Waarenhause umher. Er sucht dich, Björnarne. Alle Wetter! wäre ich doch an deiner Stelle. Ich spüre eine erhabene Lust in mir, dem alten Burschen ein prächtiges Stückchen aufzuspielen. Geh, mein Junge, und wenn du wirklich der Sohn deines Vaters bist, wenn ein Fünkchen von seinem Geist in deinem dicken Kopfe sitzt, wirst du eine köstliche Stunde erleben.

Er stieß seinen Zögling mit lustigem Gelächter und einigen Abschiedsanweisungen zur Thüre hinaus und rieb sich zufrieden die Hände, als er ihn bald darauf, Beil und Säge in der Hand, dem Packhause zuwandern sah.

Er ist doch nicht ganz so dumm wie gewöhnlich, wenn er den richtigen Stoß erhält, flüsterte er ihm nachschauend. Ich möchte wetten, daß er den alten gottseligen Klaus zu Thränen rührt, wozu freilich nicht viel gehört.

Björnarne warf inzwischen sein Geräth bei Fässern und Kasten nieder, öffnete die Wasserthür des großen Packhauses und sah über den Fjord hinaus. Es war ein thauiger, sonnenheller Morgen, die 319 Luft so rein und frisch, der Himmel so glänzend und Alles so still und klar bis in die fernsten Weiten. – Da lagen die unermeßlichen Alpen über einander gethürmt, in warmen, lichten Dunst gewickelt. Die nahen Berge rauchten und strahlten und unten plätscherten kleine Wellen kühl an das Pfahlwerk. Schwermüthig ernsthaft blickte der arme Knabe in das tiefe Wasser und mit leiser, trauriger Stimme sagte er in sich hinein: Ich wollte, daß ich dort tief auf dem Grunde läge, mein Gesicht im langen Seetang, der auf meine heiße Stirne schlüge, daß ich nichts mehr empfände und nichts mehr sähe und hörte. Gott weiß es, wie es gekommen ist, aber ich habe weder Rast noch Ruh' und werde sie auch niemals wieder finden. Ich kann's nicht ausdenken.

Plötzlich drehte er sich um, hob das Beil auf und fing ein Lied zu pfeifen an, denn draußen stand Klaus Hornemann und sah herein. Nach einem Weilchen, als Björnarne hämmerte und klopfte, trat er näher und redete ihn an. – Ei, sagte der Greis lächelnd, bist früh bei deiner Arbeit, lieber Björnarne, und wie es scheint ist deine Laune auch danach.

Warum sollte ich nicht froh sein, rief der junge Mann, so lustig er es konnte. Ich bin ja jung, stark und gesund.

Der Missionär nahm seine Hand, führte ihn hinaus auf die Gallerie und setzte sich mit ihm auf die Bank. – Was das wohl thut, sagte er, an einem Platz zu sitzen, wo man viel und oft gesessen hat und dann zurück zu denken an alte Tage und alte Freuden. Sieh, mein liebes Kind, auf derselben Bank, an derselben Stelle habe ich mit deiner Mutter gesessen und manche Stunde verplaudert, manch herzliches gutes Wort gehört. Du hast deine Mutter kaum gekannt, wenigstens warst du zu jung dazu, um ihr Wesen zu verstehen und zu begreifen. Das war eine Frau voll großer reiner Herzensgüte, voll Mitleid für fremdes Leid, treuherzig, wacker und verständig in allen Dingen und voll heißer Liebe für ihre Kinder. Jetzt denke ich daran, wie ich einst mit ihr hier saß, und du lagst, ein kleiner frischer Bube, in ihrem Schooß. Dein Vater war weit in die See hinaus und über der Kilpisjaure hingen düstre, schwere Wolken. – Es war eine schwüle Stille und wir sprachen von der Vergänglichkeit alles irdischen Glücks und was Gottes unerforschlicher 320 Wille über den Menschen verhängen könne; da faßte Frau Ingeborg plötzlich meine Hand und ihre großen, klaren Augen sahen mich an, ihr Finger deutete auf dich. Wenn ich nicht mehr sein werde, sagte sie, so seht nach dem Knaben. Duldet es nicht, wenn er auf bösen Wegen wandelt, redet zu ihm, sein Gemüth ist gut, er wird Euch verstehen. Versprecht es mir, wie ein rechter Diener Gottes und wie mein Freund, daß Ihr das Kind behüten wollt, so viel Ihr könnt. Da sagte ich: Verlaßt Euch darauf, Frau, so lange ich lebe, soll es geschehen.

Björnarne hörte unruhig zu, das Andenken an seine Mutter machte ihn weich, aber er dachte auch an Paul's Rath, und als Klaus aufgehört hatte zu sprechen, erwiderte er lächelnd: Meine Mutter soll, wie ich denke, niemals Böses von mir erfahren.

Der Priester schlug die Augen zu ihm auf und sah ihn so fest an, daß er den Blick nicht aushalten konnte. – Was habt Ihr denn mit mir? fragte er trotzig, um seine Verlegenheit zu verbergen.

Ich sehe dich an, Björnarne, antwortete Klaus, und finde dich blaß und verändert seit ich zuletzt hier war, und weil ich meine, ich weiß, was dich bedrückt und weil ich deiner Mutter mein Wort gab, mit dir zu reden, wenn etwas an dir nicht recht sei; weil ich für dich fürchte, mein gutes Kind, darum habe ich dich aufgesucht.

Fürchtet nichts – nein, fürchtet nichts für mich! rief Björnarne. Die Sommerhitze bekommt mir nicht gut, in Loppen habe ich ein Fieber gehabt, schlechtes Wasser getrunken und mich hart angestrengt. Das Alles hat mich heruntergebracht.

Das ist nicht Alles, fiel der Greis mit seiner liebenswürdigen Sanftmuth ein, du sagst nicht ganz die Wahrheit. Ich weiß mehr wie du denkst, Björnarne, denn noch sind nicht drei Tage vergangen, seit mir Gula erzählte, was sie aus deiner Nähe getrieben hat.

Was hat die Närrin erzählt? rief Björnarne. Daß ich ihr Vorwürfe machte, als ich sie in Johann Marstrand's Armen traf, und daß ich davon erhitzt, ebenfalls mein Heil bei ihr versuchte? – Ich habe Unrecht gethan, ich war selbst närrisch geworden, allein ich bin jung und habe heißes Blut. Was will sie jetzt noch? Weßhalb klagt sie mich an? Sie ist fortgelaufen aus diesem Hause, sie gehört nicht mehr zu uns. Ich bin hier, habe eine Braut, werde bald eine 321 Frau haben. Glaubt die Dirne, daß ich noch an sie denke? Was kann ein Lappenmädchen mir sein? Was, zum Henker! könnte ich mit ihr wollen?

Der gute Priester hörte erstaunt zu, wie der junge Verläumder diese kurzen Sätze rauh und beleidigt hervorstieß. Er hatte etwas ganz Anderes erwartet, hatte sich darauf gefaßt gemacht, alle Ueberredungskunst anwenden zu müssen, um seinen Schützling zur Vernunft zu bringen und fand nun plötzlich, daß dieser jeden Verdacht von sich abwies.

Alles ist wahr, was du sprichst, lieber Björnarne, sagte er erfreut, und Alles ist gut, wenn du dein Unrecht eingesehen hast.

Es ist vorbei damit, murmelte Björnarne.

Ach, sie vergibt dir gern, erwiderte Klaus, und wenn dein Herz sich zu dem guten, freundlichen Kinde wandte, so ist nichts verzeihlicher. Ihr seid beisammen aufgewachsen, du hast sie unter deinen Augen schön und fein aufblühen sehen, und wäre Gula eines reichen, edlen Mannes Tochter, er könnte stolz darauf sein. Leicht und zierlich ist ihre Gestalt und ihre Augen sind so klar und rein, wie ihre Seele. Der alte Priester lächelte, indem er dies sagte. – Ich liebe sie ja auch, sagte er, wie könnte ich also deine Liebe verdammen und wie ich von ihr rede und sie mir erscheint, begreife ich, daß Mortuno zum Dichter wird, und Abends ihr seine Lieder singt, die ganz poetisch klingen.

Björnarne hatte still zugehört, in seinen Zügen und seinen feurigen tiefen Blicken malte sich ein hoher Grad von Leidenschaft, den Klaus nicht bemerkte oder nicht verstand; als aber Mortuno's Name genannt wurde, wandte sich Helgestad's Sohn ab, denn alles Blut stieg in seinen Kopf und wüthend ballte er die Fäuste zusammen.

Liebe sie, wie ein Bruder, fuhr der Greis fort, indem er des jungen Mannes Hand ergriff, sie verdient es, deine Schwester zu sein. Schütze sie, wenn ihr Unglück droht, und höre ihre Bitte an. Ich bitte meinen lieben, theuern Freund, so sagte sie mir, der armen Gula nicht zu zürnen. Um sein Glück bete ich zu Gott, und wenn er glücklich ist in Treue und Liebe mit der Frau, die ihm gegeben wurde, dann wird er mir die Hand reichen, wenn ich an seine Thür klopfe und wird mich aufnehmen, wenn ich verfolgt bin.

322 Das will ich! rief Björnarne und seine Augen strahlten. Ja, so wahr ich ein Mann bin, das will ich. – Aber, ist sie glücklich, mein Vater? Liebt sie den dänischen Junker noch?

Marstrand, erwiderte der Priester ausweichend, kann eben so wenig wie du selbst diese Liebe erwidern.

Er hat sie in seine Arme geschlossen, hat ihr Liebesworte gesagt, hat ihre Lippen geküßt und jetzt verräth er sie! – Ich – er schüttelte mit feindlicher Heftigkeit den Kopf.

Du, mein Sohn, fiel der Missionär ein, würdest nichts Anderes thun können, wie dieser edle, verständige Mann, dessen Freundschaft du werther halten mußt, wie viele andere.

Er liebt sie nicht, aber sie hängt noch an ihm und dafür will er, daß sie den elenden Burschen Mortuno heirathen soll, murmelte Björnarne in sich hinein. Er verläßt sie, ich will sie nicht verlassen. – Wo, fragte er laut, hält denn Afraja das arme Ding verborgen? Ich kann mir denken, daß es ihr übel genug ergeht.

Sie ist traurig in ihrem Herzen, sagte Klaus, aber übel geht es ihr nicht und das Thal, in welchem sie lebt, gehört zu den schönsten, die es dort oben gibt.

Dort oben! rief Björnarne mit einem raschen Blick zu den hohen Bergen. Sie will nicht, daß ich es wissen soll?

Was könnte es helfen, erwiderte der Greis. Ihr müßt beide erfüllen, was Gott über Euch bestimmt hat. Du, lieber Björnarne, wirst hier einst friedlich und glücklich wohnen, sie wird mit Mortuno und ihren Heerden ein wanderndes Leben führen, aber auch glücklich sein, weil das ewige Wesen jedem seiner Geschöpfe Frieden und Glück gibt in seiner Weise. Du weißt ja, fuhr er fort, daß der Stamm der Lappen nirgend froher ist, als in seiner Felsenheimath, und selbst Gula hat die Sehnsucht nach der schwermüthigen einsamen Unermeßlichkeit dieser wilden Freiheit nicht ganz verloren. Sie wird sich wieder daran gewöhnen, ohne die edleren Keime in ihrem Herzen zu verlieren und wird dazu beitragen, diese Saaten auszusäen in andere Herzen. Laß sie ihren Schmerz überwinden, du aber, mein junger Freund, wende deine volle Liebe dem edlen Mädchen zu, das dich liebt und zeige ihm, daß du seine Zärtlichkeit und Treue verdienst.

323 Björnärne sah überlegend in die Weite. Sein Blut rann glühend durch alle Adern, er hätte hohnvoll auflachen und die Hand des alten Vermittlers von sich schleudern mögen, aber Paul hatte Recht. Auf dem Wege zum Guten wie zum Bösen ist der erste Schritt der schwerste. Ist die erste Lüge, die erste Heuchelei vollbracht, so folgen die anderen, wie die Glieder einer Kette, und entweder mußte er jetzt diesen Priester betrügen, den er schon halb betrogen hatte, oder er mußte ihn zum Ankläger und Richter machen, ohne auf Vergebung hoffen zu dürfen.

Klaus Hornemann sprach eindringlich weiter über Hannah's vortreffliche Eigenschaften und über sein rauhes und unpassendes Benehmen und während dieser Zeit hatte Björnarne Zeit, die Furchen von seiner Stirn zu bringen und seine Antwort zu bedenken.

Es ist wahr, sagte er aufblickend, ich bin nicht so freundlich gewesen, wie ich wohl sein sollte, allein glauben Sie nicht, mein Vater, daß ich Hannah Fandrem's Vorzüge nicht erkannt hatte. Ich bin auch daran gewöhnt, meines Vaters Befehlen zu folgen, dennoch empörte es mich, mich ohne Weiteres verkaufen zu lassen. An der Lyngenkirche, wo ich Hannah seit Jahren zum ersten Male wieder sah, wurde ich gezwungen, mich ihr zuzuschwören. Meine Freunde lachten mich aus, ich wurde wie ein Bube behandelt. Mein Vater schrie mir zu, auf meinen Knieen um Hannah's Huld zu bitten, und sie, die sich hätte sträuben und, wie es die Sitte fordert, Zeit verlangen sollen, sie sagte lachend ja und sah mich so voll Hohn und Bosheit an, daß ich es niemals vergessen konnte.

Das ist's also, was dich so närrisch und kalt macht! rief Klaus erfreut. Aber, mein Sohn, wenn dein Vater auch zu rasch nach seinem Willen handelte, wie kannst du auf Hannah zürnen, die doch nur ihrem guten Herzen folgte? Wäre es denn ein Glück für dich gewesen? wenn sie verdrießlich und spröde deines Vaters Wünsche vereitelt hätte und du auf deinen Knieen liegen geblieben wärst? Welch Gelächter würde dann entstanden sein, welche Neckereien wären über dich gekommen. Nein, du närrisches Kind, Hannah hat das Beste gethan, was geschehen konnte, und statt schmollend umherzugehen, hättest du sie doppelt lieben müssen.

324 Ich glaube beinahe, daß Sie Recht haben, murmelte Björnarne lächelnd.

Komm, du Wildfang! rief der Priester, sei freundlich und sie wird dir vergeben. Ich will kein Wort sagen, du mußt selbst dein Unrecht gut machen, was aber Johann Marstrand betrifft, so hat er mich ersucht, dir seine Bekümmerniß mitzutheilen, daß deine Freundschaft zu ihm sich in Abneigung verwandelt habe. Du weichst ihm aus und stößt seine Hand zurück.

Weil ich glaube, sagte der junge Mann, daß er meinem Vater den Rath gegeben hat, mich mit Hannah so übereilt zusammen zu thun.

Nein, nein! lachte der Greis, auch darin hast du Unrecht. Im Vertrauen kann ich dir sagen, daß Marstrand von dieser Heirath nichts wissen wollte, und daß er mich dringend bat, sie zu hindern, wenn ich es könnte.

That er das? frug Björnarne verwundert. Aus welchem Grunde?

Weil er sich allerlei Schreckliches einbildete, dein Unglück und Hannah's Elend. Laß uns gehen, mein Sohn, zeige ihnen Allen ein frohes Gesicht. Ich weiß Niemand, der so heiter sein könnte, wie du.

Die Wirkung dieser Unterredung war, wie sie Paul Petersen nur wünschen konnte, denn ein anderer Geist schien über den jungen Helgestad gekommen zu sein. Er begleitete den Geistlichen, setzte sich an Hannah's Seite und hörte Marstrand zu, der noch immer Ludwig Holberg's Schriften vorlas. Er dachte jedoch an ganz andere Dinge, denn seine Gedanken schweiften weit über den Kranz kühner Klippen hinaus, die den Lyngenfjord umlagerten. Weit über die moosigen Decken der unermeßlichen Fjelder suchte er das verborgene Thal, wo Gula einsam verborgen war, wo Birken sanft rauschend über den Bach hingen, wo sie mit der sanften Stimme, die er kannte, Lieder der Sehnsucht und der Treue sang, und er ihre zarte Gestalt mit geöffneten Armen, mit blitzenden Augen ihm entgegen eilen sah, als er plötzlich vor ihr stand, um sie von Mortuno zu befreien. Ein glückliches, frohes Lächeln lief durch sein Gesicht, und eben hob er den Blick auf und sah, daß Hannah ihn betrachtete. Es überlief ihn kalt, seine Muskeln wollten erstarren, doch über Hannah's Schulter sah Klaus und nickte ihm winkend zu. Die ganze Wahrheit und der 325 ganze Trug fuhr wie scharfer Stahl durch seinen Kopf und mit fast übermenschlicher Willenskraft ergriff er Hannah's Hand, die sie ihm bot, drückte diese leise und sah sie freundlich an.

Das war eine seltsame unerwartete Ueberraschung. Eine jähe Röthe sammelte sich auf Hannah Fandrem's Stirne, ihre Augen öffneten sich weit, als wollten sie die Wahrheit erforschen, ein unwillkürliches Zittern bewegte ihre Finger; allein Björnarne hielt diese fest und legte seinen Arm über ihren Stuhl auf ihre Schulter. Es gewährte ihm geheime Lust, denn es kam ihm vor, als habe die Jungfrau Angst vor ihm bekommen, und diese Entdeckung machte ihn beherzt.

Im nächsten Augenblick war Hannah's Erschrecken jedoch vorüber. Sie warf einen langen, prüfenden und fragenden Blick auf ihn, und wandte sich dann zu dem guten Klaus um, der, die reinste Freude in seinem ehrwürdigen Gesicht, das junge Paar mit der Zärtlichkeit eines Vaters betrachtete.

Der ganze Tag war nun ein Freudentag, den Jeder in seiner Weise feiern half. Selbst Paul Petersen ließ es sich angelegen sein, liebenswürdig zu erscheinen und keinerlei Bosheit zu begehen. Nachdem er lange sich mit Helgestad's Büchern beschäftigt und Auszüge daraus gemacht hatte, fand er sich bei der Gesellschaft ein und erkannte mit einem Blicke, wie folgsam Björnarne gewesen sei. Er nahm ein nachdenkendes und bescheidenes Wesen an, setzte sich zu Ilda und sprach mit Marstrand über den neuen, unerwarteten Aufschwung der norwegischen Literatur, mit so vieler Kenntniß und Verständigkeit, daß Alle gern zuhörten.

Wir haben eine zu lange Ruhe im Reiche der Poesie gehabt, sagte er, und empfinden daher jetzt den Sturm um so besser, den Ludwig Holberg und seine Freunde anblasen. Kein Volk hat so viel Mittel zu einer wahren Volkspoesie, die naturwüchsig aus ihm hervorgehen kann. Unendlich sind unsere Schätze an alten Sagen und Liedern, es kommt nur darauf an, daß sie ausgebeutet werden, wie es die fortgeschrittene Entwickelung der Sprache und die verfeinerte, geistige Bildung verlangen. Bloße Naturdichter schaffen es nicht mehr; die ursprüngliche Kraft muß sich mit Geschmack und kunstvoller Gestaltung verbinden. Das aber tadle ich an Holberg, daß dessen Witz 326 in seinen Satyren oft zu derb und zu roh ist; allein seine Bücher bilden einen Schatz, der lange vorhalten wird, vielleicht für ein ganzes Jahrhundert. Er hat den Anfang zu einer neuen Literatur gegeben, nun werden Andere kommen, die darauf wurzeln können, die an Geist den Meister wahrscheinlich nicht erreichen, aber in Form und Gewandtheit ihm überlegen sind, um unsere rauhe Sprache so biegsam und schön zu machen, daß Keiner mehr Lateinisch schreibt, der verstanden werden will. Dann werden auch die Bücher sich mehr verbreiten und das Volk wird sie verstehen und sich daran bessern.

Ich sehe die Zeit kommen, fiel Hannah lachend ein, wo in Tromsöe eine Druckerei entsteht, und die Zeitung dieser weltberühmten Stadt in allen Fjorden gelesen wird.

Und warum sollte das nicht geschehen können? fragte Klaus. Paul hat Recht. Wenn die Bildung fortschreitet, Schulen entstehen, in denen das Volk unterrichtet wird, wenn Jeder erst lesen kann, was gedruckt wird, so werden auch die Druckereien und die Tagesblätter und Bücher viele Leser finden. Dann werden die Menschen der Aufklärung entgegenreifen, die Vorurtheile werden von ihnen abfallen.

Und sie werden neuen Vorurtheilen, neuen Plagen und Beschwerden überliefert werden, unterbrach ihn der Schreiber.

Gewiß, die Menschheit hat einen langen Weg zu machen, rief der Greis freundlich aus, aber die steigende Kultur macht wenigstens die Vorurtheile nicht mehr so blutig und grausam.

Jede Zeit wird darin erfinderisch sein, sagte Marstrand. Menschen werden Menschen quälen, Eigennutz und Habgier werden ihre Opfer schlachten und in jedem Zeitalter werden die Guten und Gerechten nach dem Erlöser seufzen, der den Duldenden und Geschlagenen versprochen ist.

Petersen warf ihm einen höhnenden Blick zu, aber der alte Geistliche erwiderte sanft: Endlich wird auch er kommen und die Palme des Friedens bringen. Ist es denn nicht ein Trost, daß wir in Erkenntniß vorwärts schreiten? Ich habe vor einigen Tagen erst gelesen, daß in Preußen, dem deutschen Lande, ein junger Fürst auf den Thron gekommen ist, der sogleich Gewissensfreiheit verkündigt und die Tortur der Verbrecher abgeschafft hat.

327 Ich habe von diesem jungen Schwärmer auch gehört, sagte der Schreiber. Er wird eine schöne Verwirrung in seinem Lande anrichten.

Wie? sagte der Priester, wünschen Sie nicht, daß dies edle Beispiel überall in der ganzen Welt nachgeahmt werde, wo Menschen und Christen sind?

Nein, erwiderte Paul, dagegen sträubt sich mein richterliches Gewissen. Wir haben kein anderes Mittel, um verstockte Bösewichte zum Geständniß zu bringen.

Geständnisse durch Qualen erpreßt, verwandeln die Gerechtigkeit in grausame Gewalt und Unrecht, fiel Marstrand ein. Wie viele Unschuldige sind als Hexen und Zauberer gemartert und gemordet worden.

Besteht denn auch bei uns noch die Tortur? fragte Ilda. Ich habe nie davon gehört.

Sie besteht, sagte Paul, aber seit langer Zeit ist sie nicht angewendet worden. Glücklicher Weise sind schwere Verbrechen selten hier im Lande und wird in vielen Jahren einmal eines begangen, so sind die verrosteten Daumschrauben und Marterkeile nicht nöthig, um die Wahrheit an den Tag zu bringen.

Und niemals werden sie jetzt noch nöthig werden! rief der gute Klaus. Ich habe gehört, daß in Kopenhagen daran gearbeitet wird, die Hexenprozesse gänzlich zu verbieten und die Tortur abzuschaffen. Der milde, gütige Monarch will nichts davon hören und wenn nicht einige Mitglieder seines Rathes ihm widerstrebten, würde es schon geschehen sein. Was meine schwache Stimme vermag, soll redlich geschehen, um den Abscheu zu verstärken, der gegen die alte, grausame Prozedur bei allen strebenden Menschen aufgeweckt ist.

Wenn es geschieht, sagte Paul, werde ich mich über den Sieg der Humanität freuen, als Richter jedoch würde ich fragen, was denn in verzweifelten Fällen geschehen soll?

Mögen lieber zehn Sünder der irdischen Strafe entgehen, erwiderte Klaus, ehe ein Unschuldiger sie erduldet.

Paul lachte auf. Man muß den Eifer nicht zu weit treiben, sprach er, und nicht zu viel von der neuen Aufklärung erwarten. Ihr wollt die Tortur abschaffen, dafür werdet ihr andere Tortur 328 einführen. Schwere Ketten, hartes und einsames Gefängniß, Hunger, Peitschenhiebe, allerlei sinnreiche Erfindungen, die in ihrer Art auch keine geringe Tortur sind. Die könnt ihr nicht abschaffen, man wird sie sogar ausdehnen und allgemeiner machen, bis man in der Aufklärung endlich dahin gekommen sein wird, dem Herrn Verbrecher, der gehängt oder verbrannt werden soll, die Hälfte der Kosten in die Hand zu drücken, mit der Weisung sich abthun zu lassen, wo er Lust hat.

Mit diesem Scherze machte der Schreiber sich los und eben kam ihm ein Umstand zu Statten, der die allgemeine Aufmerksamkeit auf einen anderen Gegenstand zog. Oben im Gebirge fiel in der Ferne ein Schuß, dessen Echo von allen Felsen widerhallte, und während Alle noch nach den klippigen Wänden hinsahen, erschien auf der Spitze ein Mann, der in vollem Laufe wie in wilder Flucht, von Stein zu Stein sprang und in athemloser Hast heruntereilte, bis er den Rand des Grundes erreicht hatte, wo der Gaard stand.

Noch ehe er dahin gelangte, wurde er erkannt. Es war Wingeborg, der Quäner, der unter dem linken Arm einen seiner kleinen Hunde trug und in der rechten Hand seinen Glanzhut hielt. Sein langes Haar flog ihm um das erhitzte, schweißbedeckte Gesicht und in diesem lagerte sich ein Gemisch der allerverschiedensten Empfindungen und Leidenschaften, Angst, Schrecken, Haß und eine unaussprechliche Wuth, die sich, als er die Entgegenkommenden erreicht hatte, in einzelnen Worten, Racheschwüren und heulenden, unverständlichen Tönen entlud, wie sie ein wildes Thier hören läßt.

Er warf seinen Hut und den Hund zu Boden, streckte seine unermeßlichen Arme aus, ballte die Fäuste zum Himmel, stampfte mit den kurzen Beinen und verdrehte seine Augen in so fürchterlicher Weise, daß Hannah entsetzt zurückwich und sich hinter Ilda versteckte. Der Schaum trat ihm vor den Mund, seine weißen, langen Zähne lagen wie ein Wolfsgebiß hinter den zurückgezogenen Lippen, und Marstrand fürchtete, daß ein plötzlicher Wahnsinn den grimmigen, halbwilden Burschen ergriffen habe.

Was ist dir geschehen? riefen Paul und Björnarne zugleich.

Da! da! schrie er, die Hand zu dem Fjeld aufhebend. O Herr! was ist geschehen? Todt liegt er, todt! – Er stieß einen fürchterlichen 329 Fluch aus, schlug sich vor die Stirn, daß es krachte und griff mit beiden Händen in seine Haare.

Wer ist todt? Wer liegt todt? – Er war mit einem Jungen, der zum Hause gehörte, fortgegangen, Björnarne dachte an diesen. Ist Feddersen verunglückt? fragte er.

Möchte er unter den Steinen verfaulen! schrie der Vogelfänger. Nein, nein! Verdammt sei seine Mutter! Keine Schlange ist so falsch? Es ist Gewürm, Herr, es kriecht umher, aber wenn ich es fasse, seine Gurgel fasse, ich will sie zertreten, mit meinen Nägeln zerreißen! – Er stammelte noch eine ganze Reihe halbsinnloser, unverständlicher Sätze, bis Paul ihn beim Arm ergriff und ihn heftig schüttelte. – Jetzt sprich endlich wie ein vernünftiger Mensch, sagte er im strengen Tone. Ich denke, daß ich weiß, was dir geschehen ist. Da ist dein einer Hund, du bist mit beiden fortgegangen – der andere ist todt.

Wingeborg nickte ihm zu.

Und der Schuß, den wir hörten, war auf deinen Hund gerichtet?

Dicht vor mir, keine zwanzig Schritte vor mir. O Herr, nie wird ein solcher Hund mehr geboren!

Wer hat ihn erschossen? fragte Björnarne.

Ein Dieb, ein Räuber, ein rothhaariger Schuft, der von Rennthierblut lebt! schrie der Quäner in einem neuen Wuthanfalle. Mit meinen Händen will ich ihn umbringen!

Also ein Lappe, sagte der Schreiber, ich dachte es wohl. Hast du ihn gesehen?

Keinen Schatten, keinen Mützensaum! Ich ging zwischen den Steinen fort, es liegen große Steine da und Rinnen laufen kreuz und quer, in denen Wasser fließt. Meine Hunde waren vorauf, sie rochen nichts. Riechen sonst jeden Lappen auf hundert Schritt, muß der helle Teufel dabei gewesen sein! Plötzlich seh ich den Hund auf ein solches Gerinn losspringen, ein lautes Gebell erheben und in demselben Augenblick kommt Blitz und Knall seitwärts hinter einem Block hervor, der wohl an achtzig Schritt davon lag. Bin ein Mann, der die Lappenschliche kennt und wußte jetzt woran ich war. Im Gerinn vor mir steckte Einer, hinter dem großen Stein ein Anderer und Gott weiß wie viele noch da waren. Gilf lag todt, er rührte 330 kein Glied. Ich stieß einen Schrei aus, haha! – einen Schrei, den sie kennen, die verdammten Schurken, nahm den Yern da auf, lief was ich konnte und hinter mir hörte ich ein Gelächter – sie lachten, die gelben Wölfe, die Schweine, aber sie sollen heulen, heulen wie Weiber, ich will sie zerstampfen!

Die Frechheit dieser Tagdiebe wird jeden Tag ärger, sagte Paul. Aus nichtswürdiger Bosheit haben sie Wingeborg's Hund erschossen. Wer kann es gewesen sein? Mortuno hat gestern den Herrn Hornemann hierher begleitet, sicher treibt das Scheusal sich noch dort oben umher, und frech genug ist er dazu, uns zum Hohn solche Streiche auszuführen.

Auch geschickt genug, sagte Hannah, denn wie ich höre, hat er einen Adler aus der Luft geschossen.

Bei dieser Erinnerung schleuderte ihr der Schreiber einen rachsüchtigen Blick zu. – Wenn wir den Schelm fassen könnten, sagte er, er sollte in Tromsöe an den Pfahl gebunden und gepeitscht werden, bis ihm das Fleisch von den Knochen fiele.

Eines elenden Hunds wegen, rief Hannah, schnitt ich ihm bloß die Nase ab und ließe ihn laufen, wenn ich ihn nämlich gefangen hätte.

Wer weiß denn auch, ob es Mortuno war? fiel Marstrand ein, und ob die Erzählung, welche wir hörten, sich genau so verhält.

Oder ob der Hund Gilf auch wirklich todt ist, sagte Ilda.

Was auch geschehen mag, erwiderte Paul ärgerlich, es wird dem Gesindel hier nie an Advokaten fehlen! Laß uns hinaufgehen, Björnarne, vielleicht gelingt es uns den Burschen zu fangen oder wenigstens Zeichen zu entdecken, daß wir ihn zur Rechenschaft ziehen können.

Von drei Fischern und dem Quäner begleitet, machten sie sich auf den Weg. Die Mädchen gingen in's Haus, Klaus und Marstrand folgten langsam nach.

Ich denke dieser Spaziergang wird vergebens sein, sagte dieser; denn wenn Mortuno wirklich den Hund erschossen hat, wird er nicht länger warten. Glauben Sie, daß er den Schuß abfeuerte?

Ich glaube es, antwortete Klaus.

Aber warum dieser Uebermuth, diese Lust zum Bösen? fragte der junge Mann. Haben diese verfolgten Kinder des Unglücks noch 331 nicht genug Haß und starke Feindschaft auf sich geladen? Müssen sie immer neuen Anlaß zu neuer Rachelust geben?

Bewundern Sie vielmehr den milden Sinn dieser rohen Hirten, erwiderte der Greis.

Mild nennen Sie das?

Ja, mild, fuhr Klaus Hornemann fort. Niemand hat so wie dieser Wingeborg die Lappen gequält, gemartert, Gewaltthaten an ihnen begangen, sogar seine Hände in ihr Blut getaucht. Vor mehr als zwanzig Jahren kam dieser Mann hierher und siedelte sich am Lyngenfjord an. Damals weideten die Lappen ihre Thiere hier überall noch, allein die Gaardbesitzer vertrieben sie aus ihrer Nähe, schossen in ihre Heerden, schlugen unbarmherzig Frauen und Männer, die Diebe sein sollten, und stahlen deren Kinder, um sie zu Knechten und Mägden zu machen. Sie steckten den Alten eine Flasche Branntwein in die Hand, machten sie sinnlos betrunken, schworen dann, daß sie das Gewürm gekauft hätten, um Christen daraus zu erziehen und der grausame Voigt von Tromsöe ließ jeden Lappen bis aufs Blut peitschen, der klagen wollte. Vom Lyngenfjord hat damals Wingeborg das unglückliche Volk vertrieben, für welches es kein Recht und keinen Richter gab. Er war Helgestad's Dienstmann und Pächter. Schon damals ein Vogelfänger von seltenem Geschick, hielt er Hunde, die nicht allein die Brütlöcher der Alken und Lummen spürten, sondern auch Lappen, gegen welche sie einen eigenthümlichen Widerwillen zeigten.

Wären diese Hunde groß und stark wie spanische Bluthunde, Wingeborg und Helgestad und leider viele Andere mit ihnen, würden sie auch zu indischen Hetzjagden benutzt haben, doch sie thaten dieselben Dienste. Sie fanden die Lappengamme in dem verborgensten Spalt, jede Spur eines Lappenfußes witterten sie, und hinter ihnen war Wingeborg mit seinen Gefährten, die niederschlugen, was sie fanden. Mehr als ein Unglücklicher ist auf diese Weise umgekommen und erst als die Gräuel, welche hier geschahen, nach Kopenhagen gelangten und die strengsten Befehle erfolgten, die Lappen fernerhin nicht anzutasten, hörte nach und nach die offene Gewalt auf. Von Untersuchung war freilich keine Rede. Helgestad schickte den Quäner nach Loppen, wo er seit zehn Jahren haust und seinem Herrn außerordentliche 332 Vortheile erwirbt. Am Lyngenfjord aber haben die Lappen keine Weiden mehr; sie kommen nur noch zu dem großen Herbstmarkte, der um die alte Kirche von Lyngen abgehalten wird, und kaufen von Helgestad, weil dies der mächtigste Kaufmann ist und seine Waaren die besten und billigsten sind. Doch unvergessen leben die Grausamkeiten fort, und wenn es zuweilen geschieht, daß Wingeborg mit einem Lappen zusammentrifft, wird dieser sich davon machen, so schnell er kann.

Nun denken Sie, fuhr der Priester fort, daß dieser Mann jetzt plötzlich hierher kommt und zwei seiner Hunde mit sich bringt, von denen die Lappen fest glauben, daß der Teufel selbst sie ihrem grimmigen Feinde gegeben hat. Denken Sie sich, daß dieser Mann mit seinen höllischen Kameraden die Fjelder durchsucht, gerade wie damals, als er jeden Lappen halb oder ganz todtschlug, den er erreichen konnte, und fragen Sie sich, ob es nicht von mildem Sinne zeugt, daß Mortuno's Kugel nur den Hund, nicht den gottlosen Herrn niederstreckte. So kurz die Zeit ist, seit dieser hier verweilt, bin ich doch überzeugt, daß die Lappen weit in's Land hinein es wissen; denn merkwürdig genug ist es, wie rasch sie Neuigkeiten erfahren, die sie angehen.

Wie ist das möglich? fragte Marstrand erstaunt.

Es ist nur erklärbar dadurch, daß Afraja eine gewisse Gemeinsamkeit unter sie gebracht hat und dieser merkwürdige Mann einen Einfluß bei seinen Landsleuten erlangte, der an Unterwürfigkeit grenzt.

Weiß er ihnen so viel Liebe und Ergebenheit beizubringen?

Nein, sagte der Priester, aber um so mehr Furcht und Scheu. Wenn viele abergläubige Normänner den schlauen reichen Hirten für einen Zauberer halten, so ist unter seinem eigenen Volke keiner, der ihm nicht übernatürliches Wesen und Umgang mit Geistern zugesteht. Ich habe nun auf meiner letzten Reise bemerkt, daß Afraja diesen Wahn und sein Ansehen zu vermehren versteht. Er macht Besuche bei allen Familien und da er obenein der Reichste ist, so vermehrt dies die allgemeine Achtung.

Also auch diese Söhne der fessellosen Wildniß haben Ehrfurcht vor dem Gelde! rief Marstrand lächelnd.

Alles vereint sich, erwiderte Klaus, Besitz, Geld und Klugheit. Afraja hat eine Anzahl junger Männer bei seinen Heerden, die man seine Hofleute und Leibgarden nennen könnte. Da seine acht oder 333 zehntausend Thiere auf verschiedenen entfernten Weideplätzen zerstreut sind, so schickt er häufig Boten aus, die Nachrichten bringen und holen. Seine Schwesterkinder und Vettern hängen von ihm ab, manche andere Familienhäupter hat er durch Unterstützungen sich verpflichtet und schwerlich dürfte es viele dieser Nomaden geben, die nicht in eine gewisse Abhängigkeit von ihm gerathen wären.

Marstrand hörte längere Zeit zu, was der Priester erzählte, der alle diese Verhältnisse so genau kannte. Er dachte daran, wie Afraja, wenn er dessen Hülfe annehmen müßte, ihm selbst eine Abhängigkeit aufnöthigte und die Worte des listigen Lappen fielen ihm ein, daß er seine Bedingungen zur Zeit hören solle. – Das sieht beinahe aus, wie ein System, um sich zum Oberhaupt zu machen, sagte er endlich, den Gedanken aussprechend, der sich ihm aufdrängte.

So meine ich es auch, versetzte Klaus. Von einer weltlichen Macht kann freilich nicht die Rede sein, aber eine geistige Oberherrlichkeit hat Afraja wirklich schon davon getragen, und diese ist ihm wohl zu gönnen, denn was er will, ist gut und gerecht.

Er hat Ihnen also seine Pläne mitgetheilt?

Wir haben öfter darüber gesprochen. Er arbeitet dem Untergange seines Volkes entgegen, damit nicht geschehe, was Paul Petersen einst sagte, damit es nicht aussterbe. Er will Mittel finden eine gemeinsamere Verbindung und Einheit zwischen den getrennten Stämmen und Familien zu schaffen, um allen eine gemeinsame Sprache zu geben, während jetzt wohl ein Dutzend so abweichende Dialekte gesprochen werden, daß der eine dem anderen schwer verständlich ist. Er ermuntert die jungen Leute, Dänisch zu lernen und treibt sie an zu allen nützlichen Dingen, zu gleicher Zeit aber hält er sie von üblen Gewohnheiten und Lastern ab, namentlich vom Fluche seines Volkes, vom Branntwein, diesem entsetzlichen Gifte, mit welchem die europäischen Entdecker und Eroberer so viele Völker entnervt, unterjocht und ermordet haben.

Aber er hat es trotz aller Mühe noch nicht weit gebracht! rief Marstrand aus, der an den elenden Zustand der Lappen dachte.

Oh! mein Sohn, erwiderte der Greis, wie schwer richtet sich ein einziger gesunkener Mensch auf, um wie viel schwerer ist es, ein Volk zu bessern und zu erheben. Afraja hat doch Manchen schon bekehrt; 334 es ist eine merkwürdige Kraft in ihm, eine geistige Kraft, vor der man Achtung haben muß. Wunder vermag er nicht zu thun, aber dennoch kann dieser Mann ein Wunderthäter sein. Und was ihm nicht gegeben wurde, das können die vollbringen, die nach ihm kommen. Gula ist mild und verständig und Mortuno – nein, lächeln Sie nicht so verächtlich – Mortuno hat etwas von dem Geiste seines Oheims und dabei ein junges, muthiges Herz.

Sie hatten inzwischen den Gaard erreicht, wo die beiden Mädchen sie erwarteten und nach einer Stunde kamen auch die Männer zurück, die nichts gefunden hatten, nicht einmal die Leiche des Hundes, dessen tragisches Ende nur einige blutbespritzte Steine bezeichneten.

Wir wollen ihm zu seiner Zeit ein Denkmal setzen, woran die Schufte sich lange erinnern sollen, sagte Paul. Ich gebe dir mein Wort Wingeborg, du sollst Genugthuung haben. Erlaubt sich das Gesindel dicht an unseren Thüren solche Frechheit, so thut es auch mehr. Mein Oheim sowohl wie ich selbst, wir werden streng nachforschen, und Lappen sind viel zu schwatzhaft um schweigen zu können. Nun aber laßt uns weggehen und fröhlich sein. Winken uns nicht schöne Augen und volle Gläser? Was können wir Besseres thun, als in Liebe und Wein schwelgen und die beklagen, denen beides fehlt.

Demgemäß bemühte sich Paul zu erfüllen, was er gelobt hatte, aber er war, was den Wein betraf, viel zu mäßig, um beim Glase große Dinge zu leisten. Um so mehr widmete er sich seiner Verlobten und es verursachte ihm das größte Vergnügen, Ilda mit zärtlichen Gesprächen und einsamen Spaziergängen zu unterhalten. Was er gehört hatte, bestätigte ihm das nur, was er wußte. – Sie haßt mich, sie verachtet mich, murmelte er vor sich hin, um so besser für mich, so werde ich mir einst keinen Zwang auflegen dürfen. Aber ich muß sie dafür belohnen, ich muß ihr zeigen, daß ich ein feuriger Liebhaber bin, und ich muß diesen dänischen Laffen von ihr abhalten, weil ich ihm damit einen Schlag auf den Kopf gebe, dem elenden Narren!

Morgen, liebe Ilda, sagte er, wird dein Vater hier sein. Die Fischer haben eine große Yacht vor Reenöen gesehen, und wie werde ich mich freuen, ihm endlich wieder die Hand zu drücken, denn diese Hand ist es ja, die nun bald unsere Hände vereinigen soll.

Gesegnet sei der Tag, wo mein Vater wiederkehrt, erwiderte Ilda.

335 Das Einzige was mich betrübt, fuhr Paul fort, ist, daß wir dann unseren Freund vom Balsfjord verlieren werden, der überhaupt voll Unruhe und geheimer Sorge zu sein scheint, und es auch wohl nöthig hat.

Ilda's Augen bewegten sich lebhafter. Warum sollte er sorgen? fragte sie.

Ei nun, lachte der Schreiber, dafür gibt es mancherlei Gründe. Erstens hat er ein gewagtes Unternehmen begonnen, zweitens hat er schlecht und unbesonnen gewirthschaftet und drittens ist er verliebt. Was sagst du dazu?

Eine leichte Röthe flog über Ilda's Stirn, aber sie hob den Kopf stolz auf, sah den boshaften Mann streng und scharf an und erwiderte dann mit strafender Stimme: Ich habe nichts dazu zu sagen, Paul Petersen, und eben so wenig davon zu hören.

Nicht? rief er höhnend, aber der edle Junker ist dein Freund und an seines Freundes Leiden und Freuden nimmt man Antheil. Du könntest doch wenigstens fragen, wer die zärtliche Geliebte dieses seinen Herren ist?

Ich werde nicht danach fragen, da er selbst mir nichts davon gesagt hat.

Hat er es nicht gethan? fragte der Schreiber, der sich an ihrer gewaltsamen Ruhe weidete, hat er nicht von seiner Liebe gesprochen? Ah! Es ist ein Geheimniß, Ilda, er verschließt es mit größter Sorgfalt, aber hast du denn nichts gemerkt und bist du nicht neugierig darauf? Soll ich es dir in's Ohr sagen, wem dieser galante Herr sein ritterliches Herz und Leben und Blut geschenkt hat?

Er lachte boshaft, als sie sich abwandte, um ihr Gesicht zu verbergen. – So höre doch, rief er, du wirst es nicht glauben wollen, wirst es bestreiten und doch kennst du das süße Schätzchen am Besten, kennst sie wie dich selbst, die hinter dem Rücken ihres Vaters und ihres Verlobten auf das Liebesgeflüster des verführerischen Dänen hört.

Ilda stand still und mit stolzer Verachtung blickte sie Paul an. Jetzt sprich, sagte sie, ich werde dir antworten.

Burr! rief Paul, was machst du für Augen?! So hast du doch vielleicht schon gehört, daß Gula, Prinzessin Gula, die Auserkorne ist.

336 Ilda athmete auf, aber sie bewegte keinen Zug. Das, erwiderte sie, das ist eine Lüge von deiner Fabrik.

Lüge! schrie er. Nun, wenn es eine Lüge wäre, was machte dich denn so bestürzt? An wen dachtest du denn, als ich dir sagte, daß ein Mädchen sich so weit herabwürdigen könnte, um heimlich aller Ehre baar, sich an diesen hochmüthigen Bettler zu hängen?

Nicht bestürzt, aber beleidigt im Namen der Beleidigten, empfand ich die Verläumdung, als sei sie mir selbst geschehen.

Dir geschehen! lachte er auf. Wer möchte das wagen oder nur denken? O! wenn ich eifersüchtig sein wollte, könnte ich mir einbilden, der schmachtende Junker, der zuweilen ganz starr in deinem Anschauen versunken scheint, hätte die Frechheit in meinem Walde zu jagen. Sei ruhig, süße Ilda, ich kenne dich ja. Du liebst mich und ich bete dich an. Du weißt wer du bist und wer ich bin. Du, Helgestad's Tochter, die erste Jungfrau im Lande, ich der Mann, der eines Tages, bald, Ilda, bald! – Amtmann in den Finnmarken sein wird. Du bist zu stolz, zu verständig, zu sittsam, um an diesen Landstreicher zu denken, der bald sein Ziel erreicht haben wird.

Du sprichst mit solchem Haß und in solchen Worten von einem Mann, den ich achte, daß ich es nicht länger hören will, sagte sie.

Warum denn so empfindsam? fragte er dagegen. In meinen Worten ist mehr Wahrheit, wie du denkst, was aber meine Lüge anbelangt, so kannst du die Probe machen. Ich habe zufällig ein geheimes Gespräch mit angehört, das dieser tugendhafte Herr Johann mit dem würdigen Hornemann, seinem Beichtvater führte. Gula sitzt in einer Höhle im Gebirg und weint sich die Augen aus. Afraja will den schönen Mortuno zu seinem Schwiegersohn erheben. Marstrand bekannte, daß er Gula aufs Innigste liebe, daß sie, als sie noch hier war, in seinen Armen gelegen und unter seinen Küssen halb toll vor Leidenschaft geworden sei. Seinetwegen sei sie entflohen, doch er schwor sich durch nichts abhalten zu lassen, sie in sein Haus zu führen, öffentlich vor aller Welt ihr seine Hand zu reichen. So weit ist er, das will er! Scham, Spott und Schande ist ihm gleichgültig. Für ein Lappenmädchen, die kein Fischer an seinen Herd setzen möchte, schlägt der verliebte Narr alle Achtung in die Schanze.

337 Du bist ja ganz blaß geworden, fügte er hinzu, indem er Ilda mit Hohn anblickte. Zweifelst du noch daran, so frage den Priester, er wird dir nicht verhehlen, was wahr, was falsch ist.

Paul war überzeugt, daß Ilda nicht fragen würde. Sie konnte ihre Bewegung nicht ganz verbergen, ein geheimer tiefer Schmerz erfüllte ihre Seele. Sie wagte auch nichts weiter zu sagen oder Einwendungen zu machen, als Paul fortfuhr, seine Sarkasmen auf den verliebten dänischen Abenteurer zu schleudern; nur auf seinen Spott über den Bettler, dem nächstens nichts übrig bleiben werde, als den Palast seines edlen Schwiegervaters zu beziehen und ein idyllisches Dasein mit der kleinen Gula zu führen, antwortete sie mit strafendem Ernst.

Du könntest dich täuschen, sagte sie, denn dieser Mann, den du einen Schwärmer und Narren nennst, und den du so bitter verhöhnst, wäre wohl im Stande, dennoch zuletzt zu lachen.

Es geht Nichts über treue Freundschaft, die auf felsenfestem Glauben wurzelt, erwiderte Paul. Du traust ihm viel Klugheit zu.

Weniger Klugheit, wie du es meinst, als Wahrheit, Unerschrockenheit und überlegenden Verstand.

Das sind gewiß sehr schöne Eigenschaften, und ich wünsche ihm allen möglichen Erfolg, zweifle jedoch daran, daß Verstand seine Sache ist, sonst, meine geliebte Ilda, würde er anders verfahren haben.

Was sollte er thun?

Er ist ganz in den Händen deines Vaters. Wenn der ihm kein Geld gegeben hätte, den Wunderbau im Walde an der Balself zu beginnen, so wäre Nichts daraus geworden. Hört jetzt das Geben auf, so wird überhaupt wenig daraus werden.

Und ich darf nicht fragen, sagte Ilda, welchen Rath du meinem Vater ertheilen wirst.

Darnach darfst du gewiß fragen, lachte Paul, indem er seinen Arm um sie schlang und sie küßte; denn was könnte Geheimniß zwischen uns sein, allein dein Vater wird ohne meinen Rath genau wissen, was er zu thun hat. Als dieser Däne mit seinem Königsbrief zuerst auf den Lofoden erschien, begann Helgestad sogleich die Jagd. Er nahm ihm sein Geld ab und gab ihm Fische dafür. Die Speculation konnte eben so gut fehlschlagen wie gut ausfallen. Dann führte er 338 ihn in dies Haus, um ihn ganz sicher zu wissen, denn er hatte es dahin gebracht, daß mein Oheim ohne Weiteres den Gnadenbrief registrirte, was sonst, wenn der Voigt von Tromsöe will, Jahre lang hinausgeschleppt werden kann. Ich, meine süße Ilda, hätte es dem Junker wenigstens etwas sauer gemacht. Aber Helgestad flüsterte meinem Oheim in's Ohr: Denke, kennst mich, weiß, was ich will. Wird es der Paul nicht übel nehmen, wenn er Ilda heimführt und den Brief da in ihrer Hochzeitstasche findet. Weiß ein mächtig Stück gut Land und Wald, was einem Manne wohl behagen mag.

Ich hoffe, meine Hochzeitstasche soll rein davon bleiben, fiel die Jungfrau ein.

Mag er denn in meine Tasche fallen, die groß genug ist, rief Paul belustigt. Genug, mein Oheim registrirte den Königsbrief und für einen klugen Mann ist das eine werthvolle Sache. Sechstausend Species, die der verständige Herr verschwendete, sind ein Bettel dagegen, und obendrein werden sie nicht ganz verloren sein. Kehrt jetzt dein Vater zurück, so mag er sich entscheiden, ob er dem Junker noch einen Sack hinwerfen will, oder ob er ihn selbst hineinsteckt. Zum Zuschnüren ist er jedenfalls fertig, denn was will der arme Schacher anfangen? Sein Geld ist fort, seine Waaren und Vorräthe, die der alte Fandrem geborgt und Helgestad verbürgt hat, sind ebenfalls verschleudert und verloren. Keine Ordnung herrscht in dem Hause, keine Fürsorge ist getroffen; in der ganzen, wilden Wirthschaft waltet keine einrichtende, sorgende Hand. Olaf wird seine Fäuste anstrengen, um Geschick hinein zu bringen, allein was er heute gut macht, wird der geistreiche Junker morgen wieder verwirren und dein Vater mit seinen scharfen Blicken wird wohl anstehen, noch mehr Geld für Das hinzuwerfen, was ihm jetzt schon gehört.

So rasch, meinst du, sei der Gaard zu haben?

Bah, rief der Schreiber, in zwei Wochen will ich es besorgt haben. Dein tief verständiger Freund hat sich ja nicht einmal das Geld auf eine gewisse Zeit gesichert. Wenn Helgestad es heute zurückfordert und er es nicht schaffen kann, wird er hinausgeworfen, der Verkauf rasch angesetzt und wem fällt es zu als Helgestad. Nun, mein Herzchen, wie gefällt dir das?

339 Es gefällt mir so wohl, daß ich Gott von ganzem Herzen bitte, er möge mir einen Weg zeigen, es verhindern zu können.

Ah! schrie Paul laut lachend, indem er sich nach dem Hause umsah, an dessen Thür Marstrand neben dem Geistlichen saß. Du wärst im Stande zu ihm hinzulaufen und ihm in deiner tugendhaften Aufregung zu erzählen, was ihm bevorsteht. Allein abgerechnet, daß dein Vater dir dies wenig danken würde und ich überhaupt nicht weiß, was er beschließen wird, könnte es auch Nichts helfen. Der edle Junker wird es nicht glauben und wenn er es glaubte, ließe sich doch Nichts daran ändern. Die Summen, welche er zahlen soll, lassen sich nirgend aufbringen. Wo wäre ein Mann, der sie ihm vorstreckte? Ueberall im Lande ist der Ruf seiner Narrheit verbreitet, überall ist man überzeugt, daß es ein schlechtes Ende mit ihm nehmen muß.

Es nimmt mit Denen ein schlechtes Ende, die Böses thun, erwiderte sie. Schäme dich über dein Thun und Rathen gegen einen schuldlosen Mann, der deines Beistandes bedurfte.

Den hat er zurückgewiesen, sagte Paul, und mich dafür verspottet. Mag er seine Weisheit genießen. Ich hasse ihn nicht, ich lache über ihn.

Du hassest ihn, weil du ihn beneidest.

Beneide ich ihn? Du kehrst die Sache um. Er beneidet mich.

Du beneidest ihn, weil du fühlst, daß ein besserer Mensch vor dir steht als du bist, antwortete sie.

Was du spaßhaft bist! flüsterte er mit einem zärtlichen Grinsen. Meine reizende Ilda wird doch Niemand besser finden, wie ich bin?

O! wahrlich Viele, erwiderte sie. Gott weiß es!

Dann muß ich mich ändern, sagte er demüthig seufzend. Wenn du meine Frau sein wirst, holde Jungfrau, wirst du mich erst ganz kennen lernen, Ich werde mich bemühen, dir die Grillen aus dem Köpfchen zu treiben, ich werde dir zeigen, was es heißt, mir zu gehören. O! wir werden so glücklich sein, daß du biegsam wirst wie das Weidenhälmchen dort, und ich werde tugendhaft werden unter deiner Leitung, so tugendhaft, daß du mich im tiefsten Herzen noch mehr anbetest, wie diesen tugendhaften Ritter dort auf der Bank, der uns sein schwermüthiges Angesicht segnend zuwendet. – Seine Augen 340 starrten boshaft Ilda an und während er mit freundlicher Geschmeidigkeit zu sprechen schien, war jedes Wort voll Hohn und Galle.

Paul Petersen, sagte Ilda, ich beuge mich vor meines Vaters Willen und habe dort oben an der Lyngenkirche vor allen Freunden und allem Volke gelobt, dir zu folgen. Das wird geschehen und in Treue werde ich dir anhängen, wie es mir geziemt. Höre auf mit deinem Spott und laß uns schweigen. Ich kenne dich und weiß, was ich zu erwarten habe, aber du wirst mich nicht erschrecken. Meine Pflichten werde ich erfüllen in Allem was sich schickt, meinen Weg werde ich gehen ohne Wanken und Der wird mir beistehen, der die Gerechten und Ungerechten in seiner Hand hält. Lache nicht und sinne nicht, wie du mich und Andere kränken willst. Es ist mir, als könnte ich bis tief in dich schauen und müßte dich warnen; denn was du aufbaust, wird zusammenstürzen. Hüte dich, daß das Gestein dich nicht todtschlägt, wie es deinen Großvater todtgeschlagen hat.

So kühn der Schreiber war, wagte er es doch nicht, die Verspottung weiter zu treiben. Ilda's scharfe, strenge Blicke hatten Etwas, was sich in ihn einbohrte. Sie stand vor ihm weiß, kalt und klar wie ein Bild von Eis. Er nahm daher eine traurige und bestürzte Miene an und sagte bittend: Ich hätte nicht geglaubt, theure Ilda, daß du mich so niedrig stellen würdest, allein ich hoffe, du sollst erkennen, wie Unrecht du mir thust. Du hast mich durch Widerspruch gereizt, durch deine Vertheidigung eines Mannes erbittert, dessen Benehmen mich aufbringt und dessen Thorheiten mich erzürnen müssen. Was ich von ihm sagte, ist jedoch Wahrheit. Warte noch kurze Zeit und du wirst erkennen, daß ich kein Verläumder bin. Jetzt gieb mir deine Hand und laß uns einig sein. Wo ich gefehlt habe, bitte ich gern ab. Laß uns so vertraut und fröhlich plaudern, wie dort Hannah und Björnarne. Ich freue mich auf's Innigste, daß es mir gelungen ist, deinen Bruder zu überzeugen, daß er endlich sein Betragen gegen seine Verlobte ändern muß.

Lautes Gelächter erscholl wirklich von der anderen Seite des Platzes, wo Björnarne neben Hannah saß und ihr die Wolle hielt, welche sie auf einen großen Knaul wickelte.

Herkules am Spinnrocken! sagte Hannah lachend. Wirst du auch ein so guter Ehemann werden, wie du plötzlich ein bekehrter Bräutigam geworden bist?

341 Ich denke, erwiderte Björnarne, du sollst niemals über mich zu klagen haben.

Aber ich werde eine verwöhnte Frau sein, fiel sie ein, und werde dir tüchtig zu schaffen machen. Nein, fürchte dich nicht, fuhr sie fort, als er erzwungen weiter lachte, mit uns wird es etwas anders aussehen, wie mit denen dort drüben. Ilda ist ernsten Sinnes, ich bin heiter gestimmt, und meine Aufgabe soll es sein, dir immer Freude zu machen. Heut erst hast du mir dein Herz gezeigt und mir gestanden, daß du mir Unrecht gethan hast, nun werden schöne Tage für uns kommen.

Schöne Tage! wiederholte Björnarne mechanisch.

Wenn dein Vater kömmt, soll er sehen, wie du bekehrt bist. Ich zweifle nicht, daß er meines Vaters Erlaubniß mitbringt, unsere Hochzeit hier zu feiern. Helgestad wird dazu treiben; ich denke, es werden wenige Wochen vergehen, bis wir Mann und Frau sind.

Nur wenige Wochen! Wenige Wochen! rief Björnarne.

Und bis dahin werden wir viel zu schaffen haben, fuhr sie fort. Vom Morgen bis zum Abend wollen wir unsere Einrichtungen bedenken. Wir wollen von der Zukunft träumen, von Liebe und Glück und Wiedersehen, wollen auf Ilda's Bank sitzen dort oben, wo die hohen Klippen gewachsen sind, wo du früher so gern gesessen hast, wenn Ilda und Gula dich begleiteten.

Auf den Lippen des jungen Mannes hing sein Lächeln wie erstarrt und seine Augen, die er auf Hannah's Gesicht richtete, sahen aus, als blickten sie in unendliche Fernen.

Und wenn unsere Blicke weit über das weite Meer schweifen, über Senjenöens spitze Tinden hinaus, sagte sie die Hand erhebend, dann wird Frieden über uns kommen und mit dem Frieden Sehnsucht und mit der Sehnsucht heißes Lieben. Hast du schon einmal geliebt, Björnarne?

Ich liebe jetzt! erwiderte er und in seinen Augen glühte ein so verzehrendes Feuer, daß Hannah plötzlich bleich wurde.

Du liebst, begann sie wieder. Doch wird deine Liebe niemals erkalten?

Nein, sagte er. Wenn auf mein Herz alle diese Felsen gewalzt würden, sie könnten meine Liebe nicht zermalmen. Wenn ich tief unten 342 im Meeresgrund läge, bei den eiskalten Trollen, ich würde ihre Demantringe schmelzen und wieder auftauchen.

Was da unten liegt, murmelte sie, kehrt niemals wieder. Keine Liebe erweicht den Tod, kein Wille bringt das Herz zurück, das wir verloren haben.

Was wir verloren haben, fuhr Björnarne fort, werden wir wiederfinden. Wenn Liebe Liebe ist, muß sie Todte wecken können. Was sagst du da, Mädchen? Kannst du zweifeln, wenn du liebst? – Wenn ich dich betrachte, wie schön du bist, fuhr er fort, indem seine Blicke über sie hinirrten, würde ich nicht Alles wagen, um dich zu besitzen? Was wäre mir denn zu schwer? Was könnten Riesen oder Teufel in meinen Weg schleudern? Was könnten mir Flüche schaden oder Rache und alle Plagen? – Ich liebe dich, liebe dich! Und wenn aus Luft und Erde Stimmen schrieen: Du bist verloren in alle Ewigkeit, ich würde lachen in deinen Armen!

Hannah Fandrem betrachtete den erregten Mann mit einem Gemisch von Mitleid und Furcht. Es kam ihr vor, als sei er plötzlich wahnsinnig geworden, so stier und wild sah er aus. Sein Gesicht war dunkel geröthet, und niemals hatte sie an ihm die Beredsamkeit bemerkt, von welcher er jetzt ergriffen war. Björnarne, so lange sie ihn kannte, war ein unbefangener, fröhlicher Gesell gewesen, der eben nicht viel dachte und nicht tief empfand. Dann hatte sie ihn mürrisch und einsilbig gesehen, er war blaß geworden, hatte aus hohlen Ringen sie finster angeblickt und ihre Freundlichkeit zurückgestoßen, jetzt schien er von einer Gluth erfüllt, als habe er einen Liebestrank aus einer Hexenküche bekommen. Sie hatte oft von solchen Zaubereien gehört, aber sie am wenigsten hatte daran geglaubt. Björnarne sprach wie in einer fremden Sprache, in Bildern und Gedanken, die seinen einfachen Vorstellungen sonst sehr fern gelegen hatten. Sie hörte mit Erstaunen seine Vergleiche und seine Liebesschwüre und stieß endlich halb gewaltsam seine Hände fort, als er sie an sich drückte und küßte.

Ich glaube, du bist krank! rief sie aus, indem sie zurückwich.

Er strich sein Haar von der Stirn und sah sie an, als erwache er.

Krank? fragte er sich besinnend. Warum nennst du mich krank? Liebst du mich nicht?

343 Zweifelst du daran? fragte sie.

Björnarne schüttelte den Kopf. Es ist Alles gut! rief er. Du siehst ja, wie es um mich steht, und da kommt mein Vater eben zur rechten Zeit, um das Glück mit uns zu genießen. – Holla! ich sehe die Wimpelspitzen der schönen Ilda flattern! Er bringt uns ein Hochzeitsband mit, das uns fest zusammenhalten wird!


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