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17. Die Rätsel der Nilquellen.

Als am nächsten Lagerplatz die Weißen, wie gewöhnlich, nach der Mahlzeit plaudernd und rauchend beieinandersaßen, entschloß sich Johann oder »John«, wie Flitmore seinen Diener nannte, sein andächtiges Zuhören durch eine Frage zu unterbrechen.

Er war, wie wir wissen, ein aufgeweckter Bursche, der sich zu belehren suchte, wo er konnte.

Da er nun über einige Dinge sich nicht klar werden konnte, wandte er sich an Schulze, den er für wissenschaftlich unfehlbar und nahezu allwissend hielt, weil er Professor und gar Berliner war.

»Entschuldigen der Herr Professor,« begann er, »wenn ich mich bei Ihnen über einige mir wissenschaftlich undeutliche Punkte orientalisieren möchte.«

»Bitte, bitte!« ermunterte Schulze lachend. »Nur immerzu gefragt; mein geringes Wissen steht völlig zu deiner Verfügung, und wenn du dich orientalisieren willst, so soll's an mir nicht fehlen.«

»Ich höre so viel von den Herren, was äußerst bildend auf mich wirkt und ich nicht alles verstehe, weil auf meinem Heimatdorfe kein Kimnasium war, daß ich Lateinisch gelernt hätte, was ich immer bedauere. Wie ist das zum Beispiel, daß Sie so viele verschiedene Namen sagen für das ganz Gleiche?«

»Ja, Freund, das ist so ein Fall in Afrika,« belehrte Schulze. »Die Eingeborenen haben hier gewöhnlich in jedem Stamme ihre besonderen Namen für ein und denselben Berg, Fluß oder See. Da schnappt der eine Reisende den einen auf, ein anderer den anderen, und niemand weiß mehr, wie man sagen soll.

»Auch sagen die einen immer R, wo andere L sagen, und selbst die Europäer haben ihr besonderes Gehör für die ungewohnten afrikanischen Laute. So schreiben die einen Suaheli, andere Suahili, wieder andere Sswahili. Der eine schreibt Askari, der andere Asikari. Namentlich verketzert Stanley alle Namen und setzt mit Vorliebe Vokale für Konsonanten, wie Ufumbiro für Mfumbiro, und wo zum Beispiel Wilson ein L schreibt, hat Stanley durchweg ein R, so beispielsweise sagt er Kamiera für Kalemela, Kigara für Kigalla, Morendo für Mlondo, Kaguru für Kagula und, noch schlimmer, Mdowra für Ndaula, Ankori für Mole, Wassedsche für Wassaya und Kikuruvi für Tschirukwe. Wer soll da noch draus kommen?«

»Ein bezeichnendes Beispiel bildet der Name des Araberhändlers und Sklavenjägers Tippu-Tip: Junker schreibt Tippo-Tip, ebenso Baumann; Stanley und Casati Tippu-Tib, Wißmann Tibbu-Tibb, Stuhlmann Tipu-Tip, und so fort.«

»Obgleich ich Ihnen danke für die schöne Belehrung,« sagte nun Johann wieder, »so meinte ich doch nicht eigentlich sowohl dieses, wie viel mehr noch etwas anderes. Wie ist nämlich zum Beispiel das: Sie sagen Suaheli und Kisuaheli und Wasuaheli, und ebenso, als wir bei den Urundileuten waren, sprachen Sie von Murundi und Warundi und Kirundi, und es scheint mir fast immer dasselbe, nämlich das Land oder die Leute, wo wir sind.«

»Vortrefflich beobachtet, guter Freund,« lobte Schulze. »Die Sache ist so: U ist das Land, M ist der Mann in der Einzahl, Wa sind die Leute in der Mehrzahl und Ki ist die Sprache. So ist Urundi das Land Rundi, Mrundi ist ein Bewohner dieses Landes, Warundi sind mehrere Bewohner oder die ganze Bevölkerung, Kirundi die Sprache dieser Leute, wie Kisuaheli die Sprache der Suahelis oder vielmehr Wasuaheli ist; so macht man es hier überall: in Unyamwesi beispielsweise wohnen die Wanyamwesi, die das Kinyamwesi sprechen.«

»Ach so! Ich danke Ihnen; das ist ja sehr praktisch.«

»Gewiß! Und du weißt jetzt mehr als mancher auf dem ›Kimnasium‹.«

»Wirklich wahr, Herr Professor?« fragte Rieger geschmeichelt.

»Wirklich wahr!«

»Noch einen Umstand möchte ich wissen,« begann der Diener von neuem. »Wie Sie sagen, wollen Sie nach den Mondbergen; das sind doch aber nicht die runden Berge, die auf dem Mond sind, aber vielleicht so ähnliche?«

»Ja, lieber Freund, auf den Mond wollen wir freilich nicht, sondern die Mondberge sollen hier unten in Afrika liegen; wie sie aber aussehen, weiß kein Mensch.«

»Warum wollen Sie denn hin?«

»Weil dort, nach Jahrtausende alten Berichten, der Nil entspringen soll. Wir würden sehr berühmt, wenn wir die Mondberge entdeckten.«

»Ich auch mit?«

»Du auch mit. Aber freilich, wo die Mondberge liegen, das weiß ebenfalls niemand als vielleicht dein Herr, Lord Flitmore.«

»Sie spotten, Professor,« mischte sich der Lord auf englisch ins Gespräch, »mit Unrecht, denn ich weiß vielleicht doch mehr, als Sie denken.«

»Nun,« meinte Schulze, »der Vizekönig von Ägypten, Ismael-Pascha, hat einst den famosen Witz gemacht, jeder Afrikareisende besitze seine Privatnilquelle. Nichts ist richtiger als das: so hielt Ihr Landsmann Stanley den Runsoro für das Mondgebirge der Alten, Bruce glaubte die Nilquellen in Abessinien gefunden zu haben, ohne zu wissen, daß die Quellen des Blauen Nils schon seit hundert Jahren auf den portugiesischen Karten dort angegeben waren; Samuel Baker behauptete, der Albert-See sei die eigentliche Nilquelle und er deren Entdecker; Baumann hielt den Missosi ya Mwesi für das Mondgebirge, Stuhlmann den Msumbiro, das heißt die Virungakette; das alles scheint Ihren Ansichten nicht zu entsprechen?«

»Gewiß nicht! Denn ich habe bestimmte Anhaltspunkte für die richtige Lage der Mondberge bekommen.«

»Oho! Von wem denn?« forschte nun Leusohn neugierig.

»Nun eben von meiner Mumie, von der ich Ihnen bereits in Urundi erzählte.«

»Fabelhaft!« lachte Schulze: »Was eine tote Mumie nicht alles zu erzählen weiß! Nun aber endlich heraus mit Ihrem Geheimnis, weiser Lord, sonst glauben wir Ihnen kein Wort mehr. Sie verschanzen sich ja doch immer hinter Ihre rätselhafte Mumie.«

»Ein Geheimnis ist es nicht,« erwiderte Flitmore seelenruhig, »nur wünschte ich, mich zuvor selber von den Tatsachen zu überzeugen, ehe ich mehr von meinen Kenntnissen preisgab. Aber ich will Ihre Neugier nicht länger foltern.«

»Nun denn, los!« drängte der Professor.

»Well! Sie wissen, daß es eine Zeit gab, wo eine hochweise Wissenschaft sich über den alten Herodot lustig machte, der jeden Schwindel geglaubt und ernsthaft berichtet habe, den die ägyptischen Priester sich das Vergnügen machten, seiner Leichtgläubigkeit aufzubinden.«

»Das war allerdings die allgemeine Ansicht vor etwa fünfundzwanzig Jahren,« bestätigte der Professor; »inzwischen hat man gelernt, Herodots Angaben ernst zu nehmen, da zahlreiche seither entzifferte Hieroglypheninschriften sie aufs glänzendste bestätigten.«

»Richtig, Professor! Herodot also erklärt den See Möris für wunderbarer als alle berühmten Weltwunder, für wunderbarer sogar als das in der Nähe befindliche Labyrinth. Weder von diesem See noch vom Labyrinth weiß man heutzutage etwas ...«

»Oho!« widersprach Schulze. »Die Ruinen des Labyrinths im Fayum sind seit hundert Jahren allbekannt.«

Flitmore zuckte geringschätzig die Achseln: »Diese schwache Nachbildung ist so wenig das echte Labyrinth, als die Feuernekropole in Hissarlik in Wirklichkeit die Burg Ilion ist. Eine von der Wissenschaft angenommene Hypothese kann jahrhundertelang Unkundige täuschen. Allein schon der Umstand, daß die Ruinen im Fayum keine Spur der von Herodot erwähnten Vorhöfe aufweisen, hätte die Gelehrten stutzig machen sollen, vor allem aber die Breite des Sees, die nach Herodots Angaben, wenig gerechnet, das Zwanzigfache der Mulde im Fayum betragen müßte. Ein Zufall führte mich vor Jahren in die Gegend, wo meiner Ansicht nach sich der See Möris und das Labyrinth befunden haben müssen. Vom See war nichts zu sehen: er war vertrocknet und versandet. Aber die ganze Gegend bildet eine gewaltige Mulde, die wohl so lang ist als die ganze Mittelmeerküste Ägyptens.«

»In der Tat,« bestätigte der Professor, »gibt Herodot die Länge des künstlichen Sees mit diesem Maße an.«

»Noch heute heißt die Gegend Meroë,« fuhr der Lord fort. »Die Stadt der Krokodile mag das heutige Chartum sein. Nicht weit davon wird auch das Labyrinth im Sande vergraben liegen mit seinen dreitausend Zimmern, seinen Hallen und Höfen über und unter der Erde. Das soll noch mein Geheimnis bleiben.

»Wohl aber entdeckte ich in der Mitte der Mulde einen Doppelhügel, unter dem ich die beiden Pyramiden vermutete, die aus der Mitte des Sees emporragten. Ich ließ von den mich begleitenden Fellachen den Sand wegkratzen und stieß denn auch wirklich auf eine der beiden Pyramiden. Es kostete einige Tage Arbeit, sie soweit bloßzulegen, daß wir den Eingang, der über dem früheren Seespiegel lag, fanden. Es gelang mir, in das Innere der Pyramide einzudringen, wo ich nichts fand, als die Mumie eines uraltägyptischen Herrschers. Länger konnte ich mich leider nicht aufhalten, da ich nach England zurück mußte; doch nahm ich die Binden mit, in welche die Mumie gewickelt war.

»Den Bericht über meinen Fund hat die wissenschaftliche Welt gar nicht beachtet, weil ich namenlos und nicht zünftig war. Die Binden aber, die mir leicht als Beweise hätten dienen können, hielt ich geheim; denn als ich ihre Hieroglyphen entzifferte, offenbarten sie mir einige merkwürdige Geheimnisse, die ich der Öffentlichkeit nicht preisgeben wollte, um keinem anderen die Möglichkeit zu geben, mir mit Entdeckungen zuvorzukommen, die ich selber machen wollte. Was mich am meisten interessierte, war eine ziemlich genaue Beschreibung des oberen Nillaufs und der Lage der Mondberge.«

»Das sind in der Tat interessante Aufschlüsse,« bemerkte Schulze, »aber diese Aufzeichnungen können ja auch auf zweifelhaften Sagen beruhen.«

»Gewiß! Aber die Berichte meiner Mumienbänder stimmen zu auffallend überein mit zweifellosen Tatsachen. So haben Sie schon gehört, wie genau die Residenz des Mwesi von ihnen an den Quellen des kleinen Nils, das heißt des Kagera, angegeben wird. Sie berichten aber auch über die Quellen des großen Nils, und da decken sich ihre Angaben ganz merkwürdig mit dem, was die Alten, namentlich Ptolemäus Vielfach auch »Ptolomäus« geschrieben., von diesen Quellen wissen.«

»Ich schenke den geographischen Angaben der Alten großes Vertrauen, geben doch ihre Karten das Land der Pygmäen oder Zwergvölker ganz richtig an, und dies ist ein triftiger Grund, ihnen auch sonst einigen Glauben zu schenken.«

»Nun zeigen sich auf den ältesten Karten drei Quellflüsse des Nils, von denen jeder durch einen See fließt. Der östlichste dieser Quellflüsse entspringt nördlich vom Äquator und fließt durch den Colvoe palus, das wäre der Rudolfsee, der zwar heute abflußlos ist, früher aber höchst wahrscheinlich den Sobat oder gar den blauen Nil speiste.«

»Der mittlere Quellfluß entspringt wenige Grade südlich vom Äquator, das mag der Kageranil sein, der durch den Ukerewe sich mit dem Nil vereinigt. Der westliche Quellfluß endlich entspringt am südlichsten, etwa dreizehn Grad südlich vom Äquator, dem berühmten Mondgebirge, an der Stelle, wo unsere Karten das Lokingagebirge verzeichnen.«

»Dann sollten also wirklich Nilquellen und Kongoquellen ein und dasselbe sein?« fragte Leusohn.

»Warum nicht?« gab Flitmore zurück. »Sein oder gewesen sein. Auch Livingstone hielt den Lualaba für den eigentlichen Quellfluß des Nils und die alten Karten lassen beide Ströme, Kongo und Nil, dem gleichen See entfließen. Wir selber haben ja die Wahrscheinlichkeit festgestellt, daß der Tanganjika früher oder jetzt noch zeitenweise mit dem Kiwusee in Verbindung steht oder stand.

»Wenn nun, wie ich annehme, der Moerosumpf und der Moerosee, der dem Kongo den wasserreichen Luapula zusendet, mit dem Tanganjika zusammenhängen oder dereinst zusammenhingen durch irgendeinen natürlichen Kanal, so haben wir die Nilquellen im Lokingagebirge zu suchen.

»Die sechs mittelafrikanischen Seen, Albert Njansa, Albert Edward, Kiwu, Tanganjika, Itawa und Bangweolo, wahrscheinlich auch noch der Moerosee, bildeten vor Jahrtausenden einen einzigen langgestreckten See; die vielen Salztümpel und Salzmulden und Sümpfe zwischen diesen Seen weisen darauf hin. Der Moerosee selber ist nur ein Überrest dieses einstigen großen Sees, der vom zehnten südlichen Grad bis etwa drei Grad nördlich vom Äquator reichte: da haben wir diesen ›langen See‹, in dessen Osten das Mondland gelegen war, wie die Hieroglyphen meiner Mumie berichten.«

»Verzeihen Sie, Mylord,« wandte Leusohn ein; »trotz unserer Beobachtungen am Russissi kommen mir doch immer wieder Bedenken, daß zwei so gewaltige Ströme wie der Kongo und der Nil, die so entfernt voneinander münden, ein und dieselbe Quelle jemals gehabt haben sollten.«

»Das beweist gar nichts,« erwiderte Flitmore hartnäckig, »den gleichen Einwand erhob man, als man die natürliche Verbindung zwischen dem Amazonas und Orinoko als geographische Ungeheuerlichkeit verwarf; sie besteht aber eben doch! Bedenken Sie ferner, daß die Wasser der Donau bei Immendingen versickern und als ein Nebenfluß des Rheins fernab wieder zutage treten, also in die Nordsee fließen anstatt ins Schwarze Meer. Wird das Wasser nun teilweise über die Versickerungsstelle geleitet, wie man beabsichtigt, so flieht die Donau teils in die Nordsee, teils ins Schwarze Meer. Seien wir sparsam mit der Behauptung von Unmöglichkeiten: angesichts einer Tatsache hört jede Unmöglichkeit auf.«

»Die Tatsache bleibt immerhin erst noch festzustellen,« beharrte Leusohn.

»Nehmen Sie sich in acht vor der Zweifelsucht, Doktor,« sagte Flitmore lachend. »Sie ist und bleibt die Mutter der Blamage, überlassen Sie das Zweifeln den Schwachköpfen und Halbgebildeten und stellen Sie sich nicht auf die Stufe der Neger, die so oft unsere Belehrungen mit ungläubigem und überlegenem Lächeln aufnehmen und sprechen: »Die Herren glauben, uns etwas weis machen zu können, als ob wir keinen Verstand hätten!«

»Es ist wahr,« bestätigte Schulze, »die wissenschaftlichen Zweifler haben sich stets als die Kurzsichtigen und nachträglich Blamierten erwiesen. So der Londoner Geograph Cooley, der an den von Missionar Johann Rebmann und Dr. Ludwig Krapf entdeckten Kilimandjaro-Gletscher nicht glauben wollte und weiter über diese angebliche Fabel höhnte, als Baron Klaus von der Decken und Dr. Otto Kersten den Berg bereits bis zu viertausend Meter Höhe erstiegen hatten. Er erklärte den Gletscher für Sinnestäuschung!

»So wollen voreingenommene Gelehrte alles besser wissen als die Augenzeugen. Genau so wurde der von Speke entdeckte Viktoriasee von den maßgebenden Größen der geographischen Wissenschaft, selbst von Afrikaforschern, wie Burton, mit so ausschlaggebenden Gründen geleugnet, daß er drohte von den Karten zu verschwinden.

»Immerhin habe ich selber noch meine Bedenken gegen Lord Flitmores Ansichten. Der Name Mwesi deutet nach meiner Überzeugung auf das Mondland und das Mondgebirge hin. Zwar bestreitet dies Hans Meyer, und Stanley, der die Nilquellen im Runsoro sucht, damit er selber die Ehre ihrer Entdeckung habe, kann auch nichts damit anfangen. Übrigens muß immer wieder betont werden, daß Stanley durchaus nicht der Entdecker des Runsoro ist, wie er wider besseres Wissen behauptet: diese Ehre muß man Casati lassen.

»Stanley, der sehr schwer von Begriffen ist und grobe Irrtümer ohne weiteres als Tatsachen berichtet, glaubte, der gegenwärtige Herrscher von Urundi heiße ›Mwesi‹ mit seinem Eigennamen. Ebenso behauptet er, er habe in Erfahrung gebracht, daß in Ukalagansa ein König namens Mwesi vor Zeiten gelebt habe. Sein Volk habe man daher ›Kinder von Mwesi‹ genannt und sein Land ›Unjamwesi‹. Als Stütze dieser Behauptung bringt er bei, daß der gegenwärtige König von Urundi ›Mwesi‹ heiße. Also, so viele Behauptungen, so viele Irrtümer! Mir scheint der Titel Mwesi darauf hinzuweisen, daß Urundi das Land des Mondgebirges ist.«

»Das Mwesi-Land,« erwiderte der Lord, »reichte eben bis zu den Mondbergen. Sehen Sie, die Wanjaruanda, bei denen noch heute weiße Eingeborene zu finden sein sollen – wahrscheinlich keine unvermischt erhaltene Rasse – und die selber so auffallend hellfarbig sind, gehörten jedenfalls früher zum Reiche des Mwesi, ebenso die Wanyamwesi, wie schon ihr Name bezeugt; Urundi war sozusagen nur die Residenz des Mwesi. Das alles ist aber noch kein Reich für einen altägyptischen Eroberer ...«

»Sein Vaterland muß größer sein,« lachte Schulze.

»In der Tat! Dehnen Sie es noch einmal so weit nach Süden aus, und wir stehen am Fuße des Lokingagebirges.«

Hendrik hatte bisher geschwiegen und dem gelehrten Streit mit gespanntem Interesse gelauscht. Als nun aber der Meinungsaustausch vorläufig zu Ende schien, ergriff er das Wort.

»Die Eingeborenen,« sagte er, »erzählen ganz fabelhafte, ja zum Teil grauenerregende Dinge von einem Berge Gumr, der die Nilquellen bergen soll, und zwar wirklich derart bergen, daß kein Sterblicher sie je erblicken könne.«

»Das sind uralte Sagen, mein Freund,« erklärte Schulze.

»O, bitte, Herr Professor,« begann jetzt Johann, »wollten Sie diese Sagen nicht uns vortragen; ich höre ums Leben gern gruselige Dinge.«

»Nun, die sollst du zu hören bekommen; wir gehen ja, zu untersuchen, was an dem ganzen Schwindel ist, und da du mitgehst, gehört es sich, daß du auch mit den Gefahren bekannt gemacht wirst, die uns drohen, wenn wir den alten Märchen Glauben schenken.«


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