Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Fünftes Buch.


Erstes Capitel.
Ein Räthsel und ein Geständniß.


Am Morgen nach Hermann's frühzeitiger Abreise, während Ludwig etwas düstern Kopfes sein Frühstück nahm, um auf das Bureau zu gehen, konnte Lina der Ungeduld ihres Herzens nicht widerstehen, gleich jetzt ein Anliegen vorzubringen, mit dem sie sich vor einem Widerspruch ihres Mannes ein wenig ängstigte. Sie hatte ihre zwei Tassen rasch genommen, und suchte, während Ludwig noch an seiner Pfeife rauchte, hinter geschäftigem Abräumen des Tisches vom Abendschmause, ihrem Anliegen den Schein einer Nebensächlichkeit zu geben, und selbst gleichgültiger zu scheinen, als sie es in der That war.

Es betraf ihren Besuch bei Cecile Heberti. Hermann hatte keine Gelegenheit gefunden und keine Stimmung dazu gehabt, der Freundin über seinen Abschied bei der Familie Simeon umständlich zu berichten, und ihr mehr zu sagen, als daß sie von Cecile erwartet werde. Selbst dies war gleich bei seiner Ankunft, als er Lina im Vorzimmer begrüßte, flüchtig geschehen, und wäre sonst vielleicht, wie die ganze Salongeschichte, im Rausche des lustigen Spätabends vergessen worden. Für Lina war es aber zu wichtig, an daß es ihr über Nacht nicht im Gemüth gelegen hätte. Allein sie erinnerte sich nicht weniger auch alles Dessen, was zwischen ihr und ihrem Manne wegen Vermeidung allen Umgangs mit Madame Simeon schon früher verabredet war, und suchte jetzt mit einem raschen, heitern Anlauf darüber hinauszukommen. Sie berief sich gleich selbst auf jene Verabredung, erklärte aber, es sei von keinem Umgang, sondern blos von einem leichten Besuche die Rede; sie wolle sich ausdrücklich auch bei Mademoiselle Heberti und nicht bei Madame Simeon melden lassen. – Und, setzte sie hinzu, wäre die Frau Excellenz durchaus nicht zu umgehen, so nehme ich es oder gebe es vielmehr für einen Ehrenbesuch auf die wiederholten Einladungen, die wir nicht so glücklich gewesen sind annehmen zu können. Denn eigentlich, lieber Ludwig, haben wir uns darin doch eine unziemliche Vernachlässigung zu Schuld kommen lassen. Wir hätten wenigstens das Gebräuchliche thun müssen.

Ludwig's Widerwillen und jene Verabredung bezog sich nicht blos auf den Salon der Ministerin Simeon, obschon ihm gerade diese Dame wenig zusagte, sondern auf die ganze höhere Gesellschaft, vor deren Ton und Treiben, wie vor ihren Untiefen und Wirbeln, er seine Frau bewahren wollte, wie sie auch selbst die entschiedenste Abneigung davor hatte. Aber jetzt noch einmal darauf zurückzukommen, was Alles früher im besten Einverständniß besprochen worden, war ihm so verdrießlich und für seinen etwas verdüsterten Kopf so weitläufig, daß er lieber abbrach, aber mit desto lebhafterer Unzufriedenheit versetzte:

Und von dieser sogenannten Mademoiselle Cecile hat sich unser Hermann so einnehmen lassen?

Kennen wir sie denn, Ludwig? entschuldigte Lina. Sie ist ja erst seit kurzem hier.

Und doch schon lang genug ein räthselhaftes Geschöpf für Alle, die von ihr wissen, – eine Verwandte der Madame Simeon! Und sogar von dieser Weltdame wird sie den casseler Cirkeln vorenthalten, weil sie selbst für diese unheimlichen Kreise noch zuviel Geheimniß hinter sich hat.

»Es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen«, wie der Dichter sagt, lieber Ludwig, bemerkte Lina. Lieber, kluger Mann, sollten wir nicht gerade aus dieser Zurückhaltung auf ein ernstes, edles Mädchen schließen, das keinen Sinn, kein Herz für die casseler Gesellschaft hat? Das nicht eingeführt sein will?

Eine junge Pariserin? fiel Ludwig ein. Gib Acht, Lina, und borge ihr nicht zuviel von deinem Herzen. Ich sage dir, sie hat keinen Credit, sie bleibt dir schuldig. – – Und, gesetzt auch, es hätte kein besonderes Häkchen damit, so thut mir's leid, daß Hermann sich auf diesem Wege von uns losmacht. So sehr ich ihn schätze und liebe, so mag ich doch um seinetwillen keine Französin in unsern vier Wänden, in unsern herzlichen Stunden, sie mag so talentvoll, so glänzend begabt sein als sie will.

Lina war weniger von diesem Einwand als von dem Ton betroffen, womit er vorgebracht worden. Sie konnte ihrem Manne nicht Unrecht geben; allein es that ihr weh, daß dem Freund Unrecht geschehen sollte.

Ich denke gerade so wie du, Ludwig! sagte sie. Gerade darum wollte ich aber hingehen, sie kennen lernen, um dem Freunde mit Einsicht und Bedacht rathen oder abrathen zu können. Hermann denkt im Gegentheil, sich uns durch eine Herzensverbindung näher, inniger, umgänglicher zu stellen. Und es wäre mir wahrlich recht leid, wenn ich gegen Cecile nichts zu erinnern hätte, als daß sie nur französisch spricht. Leid – um deinetwillen, deiner Abneigung wegen. Uebrigens muß ich dir gestehen, Ludwig, daß ich selbst ihn zu einem Herzensbund ermuntert habe, um unsern Bekannten allen Argwohn gegen seine Vertraulichkeit mit uns abzuschneiden. Du siehst ein, daß ich mich nun auch seiner Wahl annehmen muß, um ihn nicht zu einem Misgriff verleitet zu haben.

So geh' hin, und sieh', was du findest, und – was an dir gefunden wird!

Mit diesem heftigen Worte nahm Ludwig Hut und Stock und ging nach der Thür. Hier holte ihn Lina ein, hing sich an ihn und sagte mit weichem Ernst:

Ludwig! Mit diesem Unwillen willst du gehen? Diese Unzufriedenheit gegen mich mitnehmen in deinen langen Bureautag? Herzensmann, es wird dich reuen, benuruhigen; du wirst mich nicht aus dem Sinn kriegen, und keine Arbeit wird dir stecken. Und ich in meiner Einsamkeit soll dich mir böse wissen? Ludwig? Soll ich mich grämen, mich beim Nähen immer in die Finger stechen und dir die Suppe versalzen?

Ludwig blickte ihr ins Gesicht: ihr Mund lächelte, ihre Augen glänzten feucht. Er küßte sie auf die Stirne, streichelte ihre Wange und sagte milder:

Nimm's denn im Guten, Herzchen, wenn ich noch einmal sage: So geh' hin, besuche diese »Mademoiselle Cecile«! Du wirst das Beste nicht an ihr finden, denk' ich.

 

Ludwig hatte dies letzte Wort mit so ironischem Lächeln gesprochen, daß Lina hinter seinem Weggang in Nachdenken stehen blieb und überlegte, wie er es wol gemeint hätte? »Ich würde das Beste nicht an ihr finden?« sprach sie vor sich hin. Meint er, weil es ihr fehle, oder, daß ich es nicht erkennen möchte? Nicht anerkennen, weil ich etwa – nun ja, weil ich eifersüchtig auf sie sei?

Die Hast, mit der sie jetzt die guten Sachen vollends vom Tisch räumte, verrieth eine mismuthige Unruhe ihrer Empfindungen. In dieser Stimmung gab sie es auf, heut bei Cecile anzufragen. Sie ordnete mit der Magd die nöthigen Ausgänge in die Stadt und die Vorkehrungen in der Küche an, und eilte nach der mütterlichen Wohnung, um von Hermann's Abreise zu hören.

Sie fand die Mutter auf Hermann's Stube, beschäftigt, die Vorhänge von den Fenstern abzunehmen. Ein Bündel Wäsche lag auf dem Boden. Diese Unordnung und der regnichte Morgen machten ihr einen trübseligen Eindruck.

Ach, wie öde sieht es hier aus! rief sie statt eines freundlichen Morgengrußes der Mutter entgegen.

Ich will hier tünchen und reiben lassen; auch muß Einiges an Thür und Lambris in Oel aufgefrischt werden, erklärte Frau Wittich.

So? Das freut mich, daß du mit deinem Miethmanne so zufrieden bist, um es ihm noch hübscher einzurichten, sagte Lina. Aber du eilst ja so; kommt Hermann so bald zurück?

Das weiß er selber nicht, war die Antwort. Er läßt dich noch einmal herzlich grüßen. Wenn's fertig ist, ist's fertig, Lina, und der Oelgeruch kann eher vergehen. Auch die zurückgebliebenen Kleider müssen einmal tüchtig ausgeklopft und an die Luft gebracht werden, schon wegen der Motten. Eins hab' ich vergessen: Sieh' doch einmal nach, ob noch Schnupftücher in den zurückgebliebenen Kleidern stecken und zur Wäsche gehören.

Lina öffnete den Wandschrank. Es war von Kleidern wenig zurückgeblieben Außer dem häuslichen Ueberrocke mit leeren Taschen hing der Frack von gestern Abend da, und wirklich war noch ein Schnupftuch in der linken Tasche und – in der rechten ein zusammengedrücktes Papier. Auseinandergezupft und glattgestrichen ergab sich ein Briefchen, französisch geschrieben, hübsche runde Handschrift, kleines Wappen in feinem Lack.

Lina kämpfte einige Augenblicke mit sich selbst. Es war ja offenbar eine männliche Hand, war so verknittert eingesteckt, – es konnte nichts Geheimes sein. Am Ende siegte die Versuchung, – sie zog sich ins Seitengemach und las mit Herzklopfen.

»Ich eile, liebenswürdige Cecile, Sie zu benachrichtigen, daß der König zwar zur Stadt gekommen, aber verhindert ist, Sie bei sich zu haben. Er beklagt sehr, eine so süße Stunde entbehren zu müssen. Wissen Sie aber, was ich glaube? Daß der geliebten Cecile diese Abbestellung vielleicht nicht so unangenehm ist wie ihm selbst, und daß sie statt seines Willkommen heut lieber dem hübschen jungen Doctor ein Lebewohl sagt. – Meine Zeilen sollen Sie noch im Mädchengewande treffen; wären Sie aber wirklich schon im Begriff zu kommen, das heißt – im Pagenanzuge: so würde ich mich gern, zur Strafe für meine Versäumniß, dem Dienst Ihrer Kammerjungfer unterziehen – Noch Eines! Lassen Sie den jungen Mann noch zu keiner Erklärung kommen, ihn aber, wenn er dringend wird, doch auch nicht ohne Hoffnung abreisen. Er hat dem König sehr gefallen; Jerôme will aber – vielleicht aus einer kleinen Eifersucht, Sie zu verlieren – Ihre Zukunft und Stellung erst mit Ihnen selbst besprechen. Ich komme morgen zu Ihnen. Bis dahin wird unser Leibarzt Zadig den guten Onkel Simeon überzeugt haben, daß Lucie Pyrmont brauchen muß: drei bis acht Becher täglich aus der Hauptquelle und Bäder aus der sogenannten »heiligen Quelle«. Diese Bezeichnung wird unsere Andacht nicht stören. Es versteht sich dann, daß Sie zu Luciens Begleitung mitgehen. Pyrmont für den Onkel statt Nenndorfs für uns gibt ein artiges Quidproquo! Adieu, Sie – oh!

Dienstag Abend 7.«

Der unterschriebene Name war auf französische Weise undeutlich und umschnörkelt geschrieben. Die ersten größern Buchstaben ließen sich auf Maria entziffern und die abnehmenden folgenden konnten ville heißen. Doch dachte Lina an diese Namensenträthselung erst, als das Herzklopfen nachließ, das bis an ihren schönen Hals heraufpulsirte. Sie hörte den Ruf der Mutter; aber keines Wortes mächtig, vernahm sie blos zunickend den Auftrag derselben, und eilte hinab in die freie Luft unter dem übergespannten Zelte des Balcons. Dort im Lehnstuhle überließ sie sich dem ganzen Ungestüm ihrer Empfindungen und Gedanken. Wie sie die Mutter in der Nähe hörte, verbarg sie das Briefchen unter ihrem Halstuche. Doch erschrocken, als ob eine Schlange die reine, warme Brust berühre, zog sie es rasch zurück und steckte es in ihre Tasche. Sie hatte die Ruhe nicht, zu bleiben, nicht Sammlung genug, mit der Mutter eine Unterhaltung zu führen, und eilte unter einem Vorwand nach Hause.

Ihr Nachdenken fand keinen Haltpunkt, keinen Abschluß. Wenn auch die Beziehung des Briefes keinen Zweifel ließ, so blieb es um so unbegreiflicher, wie solch' ein Billet in Hermann's Besitz gekommen sei. Cecile mußte es um die Zeit seines Besuches erhalten haben. Vernichtet hatte sie das verrätherische, entsiegelte Velin nicht; aber hatte sie es so offen liegen lassen, daß es gefunden werden konnte? Und war Hermann auf ihr Zimmer gekommen, um es zu sehen und – an sich zu nehmen, zu entwenden? Auch das glich seinem schicklichen Benehmen nicht. Hatte es ihm Cecile mitgetheilt? – Nicht möglich! – Oder, wie? Spielt sie vielleicht die reumüthige Bekennerin, und Hermann verzeiht, Hermann hebt sie vom sündigen Boden auf, und sie ihn dafür zum König und zu hohen Ehren empor? – Nein, nein! rief sie laut, auf den Zehen sich erhebend, die Linke auf ihre Brust gedrückt, die Rechte, so hoch sie konnte, wie zu einer heiligen Betheuerung, emporgestreckt, – nein, nimmermehr!

Hermann's Bild schwebte ihr wie eine strafende Erscheinung vor, und ein Scharlachroth brach aus ihren Wangen, daß sie solchen Gedanken gefaßt habe.

Das Billet war auch zerknittert gewesen: eine wüthende Hand schien es zusammengeballt zu haben. Und doch war es behalten, und sogar in der Rocktasche vergessen worden. Sollte sie eine höhere Fügung darin erkennen, daß sie es auf so wundersame Weise gefunden hatte? War es ihr zugeführt worden, um für den Freund zu handeln?

Es würde schwer sein, mit erzählenden Worten dem Wechsel, der Windsbraut von Gedanken zu folgen, die in Lina's Brust stürmten. Sie litt unaussprechlich unter dieser wechselnden Theilnahme an dem Freunde. Jede Minute seiner Reise führte ihn weiter hinweg von ihr für die einzige kurze Frage, wie es sich mit dem Billet verhalte. Zuletzt blieb ein Strom von Thränen nicht aus, der aus der tiefsten Quelle des Herzens kam, ohne doch ihre Angst, ohne ihr Räthsel zu lösen.

Zwar hatte sie den langen stillen Tag mit hundert kleinen Beschäftigungen vor sich, ehe Ludwig vom Bureau erschien; dennoch war sie so wenig zu einiger Fassung gekommen, daß er mit dem ersten Blick ihr verstörtes Wesen bemerkte.

Nun? sagte er etwas beunruhigt. Ich sehe, du warst dort, und – ich vermuthe nichts Erfreuliches, Lina?

Und während sie ihn lächelnd ansah, stumm, weil eine unaussprechliche Zufriedenheit über sie kam, fuhr er fort:

Ich will nicht hoffen, Lina, daß dir selbst etwas Unangenehmes gemacht worden sei? Du siehst mich so eigens an. Nun?

Ludwig's Erscheinung wirkte so wohlthuend auf sie, daß sie sich einige Augenblicke dieser Empfindung überließ. Er erschien ihr wie eine hülfreiche Macht. Es ward ihr zu Muth, als hätte sie sich auf einmal selbst wieder gefunden, oder in einer Wildniß unter reißenden Thieren käme ihr ein Erretter entgegen. Eine wunderbare Heiterkeit breitete sich über ihr bewegtes Angesicht, als sie sich an seine Brust warf.

Ich war nicht dort, sagte sie leise und geheimnißvoll; dennoch habe ich – wie du gesagt – das Beste nicht an ihr gefunden, lieber Ludwig. Nicht wahr, ein Räthsel? Ja, ich bin in Räthseln recht glücklich gewesen: nämlich bei der Mutter. Sieh', dort hat sich im Rocke, den Hermann gestern Abend anhatte, und worin er – notabene! – von Madame Simeon kam, dies Briefchen gefunden.

Sie reichte es ihm hin; ihre Blicke hingen an seinen Zügen, während er es las.

Nun ja, da haben wir's! sagte er endlich, und ließ sich im Sessel nieder. Da haben wir das Geheimniß der Einsiedlerin, der Gesellschaftsverschmäherin!

Er faßte Lina, die vor ihm stand, bei der Hand, und sagte im Tone milder Theilnahme:

Da ist dir, liebe Lina, eine unerwartete Frucht vom Baume der Erkenntniß zugefallen. Und damit dir über den Baum selbst kein Zweifel übrigbleibe, hat sich hier unten an seiner Wurzel – Marinville geringelt.

Aber, wie in aller Welt denkst du dir nur, lieber Mann, daß solch' ein Blatt in Hermanns Tasche gekommen sein könnte?

Das ist es eben, Lina! Freilich, wie? Der Baum wirft auch einen Schatten, einen tiefen Schatten.

Ach, einen giftigen Schatten, Ludwig! rief sie, von wiederkehrendem Leid ergriffen. O, was hab' ich diese Stunden gelitten!

Gelitten hast du, mein Herz? erwiderte er, auch ihre zweite Hand fassend.

Nun, Ludwig, befremdet dich das? Findest du's nicht begreiflich, wenn unser Hermann –?

Sie verstummte, unter Ludwig's mildem Lächeln erröthend und Ludwig fuhr mit eindringlichem Blicke leiser fort:

O ja, ich find' es begreiflich, Lina, es befremdet mich nicht: Du liebst Hermann!

Lina zuckte zusammen, erblaßte einen Augenblick, dann in träumendem Nachdenken, mit dem Elnbogen auf seine Knie niederkauernd, sagte sie, die glänzenden Augen voll zu ihm emporgerichtet:

Ja, Ludwig, vor diesem schmachvollen Betrug, den man ihm bereitet, fühle ich, daß ich ihn liebe. Aber ich bin seine Geliebte nicht, sondern deine, Ludwig, und er ist mein lieber Freund, und ist der deinige, Ludwig! Und –

Sie entzog ihm die eine Hand, drückte sie fest auf ihre Brust und fuhr fort:

So wie ich ihn liebe, Ludwig, darf ich es, und du denkst groß genug, daß ich es dir bekennen kann, und daß du mich verstehst. Nicht wahr? Ludwig? – Und diese Liebe, die mein allein ist, von der Hermann selbst nichts weiß, nichts ahnet, ist ein Reichthum mehr meines Herzens, das dir gehört, und mit dieser Liebe, die ich dir zubringe, nimmst du mich oder behältst du mich an deiner edeln Brust?

Er zog sie gerührt empor auf seine Knie. Sie umschlang seinen Hals und lehnte den Kopf an seine Schulter. So saßen sie, mit liebevollen Blicken in einander versunken, eine stumme Weile, und empfunden das innigste Glück reinsten Verständnisses und des ungetrübten Vertrauens zu einander.

Auf den Brief kam heut keine Rede mehr. Beide fühlten, daß er zu jenem Einklang ihrer Seelen nur einen Miston geben könnte, und daß diesem ruhenden Räthsel seine Lösung schon kommen werde.



 << zurück weiter >>