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Dreiundzwanzigstes Kapitel.

Er kommt zu spät.

Es war erst neun Uhr Abends; Leonie lag im Bette, schlief aber nicht. Die kleine Laura wollte noch wachen, weil ihr Freund Justin da war, und ihr, sie auf seinen Knieen schaukelnd, sehr unterhaltende Geschichtchen erzählte.

Justin ward des Erzählens nicht müde, um dem Kinde Freude zu machen und länger bei der Mutter bleiben zu können; Leonie hörte mit zerstreuter Miene zu, lächelte zuweilen und seufzte öfter.

Der junge Mann, der bei seinem Sprechen mit Laura jeder Bewegung Leoniens folgte, sagte bald zu dieser: »Fühlen Sie sich diesen Abend unwohler, Madame, Sie scheinen beengt?«

»Nein ... nein, Herr Justin, es ist mir gut ... allein mein Mann sagte mir nicht, in welchen Stadttheil er gehe ... wenn ihm etwas zustieße ... so würde ich's nicht erfahren! ... – Ei, Madame, warum sich denn im Voraus beunruhigen? ... Ihrem Gemahl wird nichts zustoßen ... gegenwärtig ist er gesetzt, vernünftig ... er will sich alle Mühe geben, Sie glücklich zu machen ... Ach! er muß so stolz, so glücklich sein, Sie zur Gattin zu haben!«

»Sie glauben, Herr Justin? Sie beurtheilen mich zu nachsichtig! ... Sie wissen nicht, daß ein Mann bei seiner Frau das sehr natürlich findet, was Sie Tugenden zu nennen belieben ... ihr Vorhandensein fällt ihm nicht auf, nur ihren Mangel würde er bemerken ... Wenn Sie verheirathet sind, werden Sie vielleicht eben so sein.«

»Ich sagte Ihnen bereits, Madame, daß ich mich nie verheirathen werde! ... – Dies in Ihrem Alter zu sagen, ist eine Thorheit! ... – O nein! denn ... ich werde nie eine Frau finden, wie ... eine Frau, welche ...«

Justin wagt nicht, seine Gedanken vollends auszusprechen: er schlägt die Augen nieder und schweigt. Nach einer Weile ruft Leonie aus:

»Wie langsam meine Kräfte wiederkehren! ... Mein Gott! wann werde ich denn meinen Sohn in meine Arme schließen können! ... Werden Sie bald nach Gagny zu Ihrer Tante gehen, Herr Justin? ...«

»Wann Sie wollen, Madame! – Ach! dann wünschte ich, daß es bald geschehen möchte! ... ich fürchte, Sie um Ihre Zeit zu bringen! – Diese ist nicht verloren, wenn ich Ihnen nützlich bin. – Wodurch habe ich denn eine so völlige Hingebung verdient ... Sie kennen uns erst seit so Kurzem? – Lange, ehe ich mit Ihnen sprach, kannte ich Sie, Madame; wenigstens sah ich Sie ... von meinem Fenster aus ... und ich bin der Meinung, daß es Freundschaften gibt, die nicht alt zu sein brauchen, um dauerhaft zu sein ... – Ja, die Zeit trägt nichts zu den Gefühlen bei ... denn es gibt viele alte Freunde, auf welche man nicht rechnen kann! ... Laura, laß unsern Nachbar in sein Zimmer gehen ... es ist Zeit, daß Du zu Bette gehst, meine Tochter ... und ich halte es für unnöthig, auf Deinen Vater zu warten ... er wird ohne Zweifel spät zurückkommen! – Mama, ich habe keine Lust zu schlafen ... Noch ein Geschichtchen, Herr Justin ...«

Das gerade wünscht Herr Justin; er will anfangen, als man anklopft.

»Man hat geklopft!« sagt Leonie mit einem Gefühl des Entsetzens. »Karl kann's nicht schon sein! ... zudem hat er seinen Schlüssel; wollen Sie nachsehen, Herr Justin!«

Der junge Arbeiter öffnet; ein kleiner Savoyarde zeigt sich auf dem Gang.

»Ein Kind ist's,« sagt Justin. – »Ah! der Kleine, der sich immer an unsere Thüre stellt!« ruft Laura. – »In der That,« fährt Justin fort, »ich erkenne ihn ... es ist der kleine Savoyarde von unten! ... Ganz recht! was willst Du? ... Was verlangst Du?«

»Ich will meine zehn Sous holen!« versetzt der Kleine, ohne näher zu kommen. – »Seine zehn Sous! was soll das heißen? ... laß hören, tritt ein und erkläre Dich!«

Der kleine Savoyarde entschließt sich, einzutreten, und Leonie winkt ihm zu sich her.

»Du verlangst zehn Sous? Wer ist Dir's denn hier schuldig? – Wahrlich ... Ihr Mann! ... der Portier sagte mir, daß Moussier Karl hier wohne ... Ich kenne Moussier Karl wohl! ich sehe ihn alle Tage aus- und eingehen ... – Ja, gewiß, Herr Karl ist mein Mann, und hier wohnt er ... Wenn er Dir schuldig ist, will ich Dich bezahlen ... Warum kommst Du aber so spät, um Dein Geld zu fordern? – Ha! Drum komme ich von dort außen ... wohin mich Ihr Mann mitgenommen hatte, mit einem andern Moussier, seinem Freund, welcher der Befehlshaber der Musik des Balles war! ... – Was sagt er? ... Mein Mann hatte Dich diesen Abend mit sich genommen? – Ja, Madame, und man sollte mir zehn Sous geben, damit ich auf einem großen Instrument spiele, welches sie Bassa nennen! ... ich sollte bis Mitternacht spielen ... da man sich aber schlug, statt zu tanzen, so bin ich durchgegangen, während sie sich prügelten.«

»Mein Gott! Herr Justin, welches neue Unglück zeigt mir dieses Kind da an? ... – Beruhigen Sie sich, Madame, der Kleine weiß vielleicht nicht, was er spricht! ... – O! ... doch ich weiß wohl, was ich spreche! ... weil ich beinahe auch geschlagen worden wäre! ... – Man hat sich geschlagen! Aber wo kommst Du her? wo hast Du meinen Mann gelassen? – Ich komme von der Courtille ... hinter der Barrière von Belleville ... in einem recht schönen Ort, wo es recht warm ist, wo man Wein trinkt und tanzt! ... – Und mein Mann machte Tanzmusik? – Ja, Madame, er spielte auf der kleinen Geige, ein Alter, der nicht hell sieht, blies die Flöte, der Moussier, ein Freund von Moussier Karl, polterte auf einer Trommel herum, und ich strich die Saiten einer großen Geige, die sehr hart war! – Und warum hat man sich geschlagen? – Ah! ich weiß nicht! – Aber mein Mann mischte sich wenigstens nicht in diese Geschichte! – O! ganz im Gegentheil! Moussier Karl und sein Freund prügelten sich am meisten! Der alte Moussier mit der Flöte schrie: er wollte keine Schläge! ... – Ach! großer Gott! was hat er denn wieder gethan! ... Wo hast Du aber meinen Mann gelassen? ... was machte er, als Du fortgingst? sprich! antworte! ...«

»Ei! ... als ich zu entwischen suchte, war die Wache gekommen, und man arretirte Moussier Karl, wie ich fortging! ...«

»Arretirt! ... Karl! ... ach! mein Gott! ... was hatte er denn gethan? ...«

Damit ließ Leonie ihren Kopf auf das Kissen zurücksinken, sie schien das Bewußtsein verloren zu haben; Laura erfaßte den Arm ihrer Mutter, kletterte zu ihr auf das Bett, um ihr Gesicht zu erreichen, und rief: »Mama! Mama! ... mach Dir doch keinen Kummer! ...«

Justin bemüht sich, Leonien zu beruhigen und ins Leben zurückzurufen, und verwünscht den Jungen, der diese betrübende Kunde überbrachte. Unbeweglich bleibt der kleine Savoyarde mitten im Zimmer stehen und murmelt vor sich hin: »Potz! ich glaubte, diese Dame werde recht froh sein, zu wissen, daß man ihren Mann arretirt habe! ...«

Leonie macht eine letzte Anstrengung: sie nimmt ihre Kräfte zusammen und sagt zu Justin: »Noch einen Dienst ... aus Mitleid, gehen Sie mit diesem Kind! es soll Sie dahin führen, wo mein Mann war, Sie erkundigen sich, was er gethan, was die Ursache seiner Festnehmung ist ... alsdann bemühen Sie sich, zu ihm zu gelangen ... ihn frei zu machen ... gehen Sie ... ich zähle die Minuten! ...«

»Ach! Madame, ich bin zu Allem bereit, was Sie wünschen! kann ich Sie aber in diesem Augenblicke allein lassen! ... in diesem Zustand ... lassen Sie mich Jemanden herbeirufen! – Nein, ich bedarf nichts, als Nachrichten von meinem Manne! ... gehen Sie ... ach! säumen Sie nicht länger! ... – Sie wollen es ... ich gehe! Komm, Kleiner, komm, führe mich! ...«

Justin entfernt sich mit dem kleinen Savoyarden; Leonie bleibt mit ihrem Töchterchen allein; sie drückt diese in ihre Arme, wobei sie wiederholt ausruft: »O! meine arme Laura! Dein Vater sitzt gefangen ... dies letzte Unglück fehlte uns noch ... das werde ich nicht ertragen können! ...«

Die kleine Laura sucht ihre Mutter zu trösten, Leonie gibt sich jedoch den entsetzlichsten Vermuthungen hin; ihr ohnedies schon kranker Geist wird durch diesen neuen Unfall so sehr zerrüttet, daß sie alle Hoffnung, allen Muth verliert, und jeder Augenblick vergrößert noch ihre Angst und ihren Schrecken.

Es schlägt elf Uhr, und Justin ist noch nicht zurück. Leonie spricht nicht mehr, sie horcht, lauscht ... ihr Athem ist gedrängt, keuchend ... ja, sie hört die süßen Worte ihrer Tochter nicht mehr, welche mit dem Schlafe ringt, um ihrer Mutter Gesellschaft zu leisten. In dieser düsteren Lage verfließt eine weitere halbe Stunde; endlich hört man Jemand eiligst die Treppe heraufkommen, die Thüre geht auf ... Justin erscheint ... aber ist allein.

Leonie stößt einen schwachen Jammerlaut aus und läßt dann ihren Kopf zurücksinken.

»Beruhigen Sie sich, Madame,« ruft Justin, dem Bette näher tretend; »Herr Karl läuft nicht die mindeste Gefahr! ich habe ihn gesehen ... ihn gesprochen ... Morgen ... morgen früh wird er Ihnen wiedergeschenkt sein, man hat es mir geschworen! ...«

»Ist es wirklich wahr, täuschen Sie mich nicht? – Nein, Madame. Der Gegenstand des Streites ist sehr unbedeutend ... der Herr Mongérand, welcher mit Ihrem Manne war, hat vom Orchester aus, wo er spielte, einige Tänzer beleidigt, höhnisch herausgefordert und dann Löcher in die große Trommel getreten! ... daher der Streit, die Schlägerei, doch nichts Ernstliches, nichts Beängstigendes. Ich bin auf die Wachtstube gegangen, wo man Ihren Gatten zurückhält, ich habe für ihn gutgesprochen, meine Adresse gegeben, dem Wirth Schadenersatz für das Zerbrochene angeboten; der Chef des Postens sagte mir, er könne Herrn Karl diesen Abend noch nicht gehen lassen, morgen soll er aber frei sein! ...«

»Und das Alles ist wirklich so ... nicht wahr, Herr Justin? – Ich schwöre es Ihnen bei meiner Ehre! – O mein Gott! ... wie mir das zusetzte! ... Und meine Tochter, meine arme Tochter, welche sich nicht niederlegte und mich zu trösten versuchte! Geh, liebes Kind, leg Dich ins Bett! ... Warte, daß ich Dich noch küsse! ... – Du weinst nicht mehr, Mama? ... – Nein, liebe Laura. – Du wirst auch schlafen? – Ja.«

Laura legt sich schlafen; Justin hilft der Kleinen noch, dann kommt er zu Leonien zurück, deren Züge durch die Begebenheiten des Abends ganz verstört scheinen. »Wie befinden Sie sich jetzt, Madame? – Ach! ich habe sehr gelitten! ... im Herzen ... auf der Brust ... überall ... doch es wird vorübergehen. – Sie leiden noch, ich sehe es, Madame! Wollen Sie mir Ihrerseits auch eine Bitte gewähren? – Eine Bitte, ich ... Justin! ... Ach! ... was vermag ich denn für Sie? – Mir erlauben, diese Nacht bei Ihnen zu wachen ... hier unten zu bleiben ... auf diesem Stuhl! ... Sie sind krank ... wenn ich Sie allein, ohne Beistand wüßte, würde ich gar keiner Ruhe genießen! ... Hier wäre ich ruhiger! ... ich muß Ihrem Gatten für Sie bürgen! ... Madame, weisen Sie mich nicht ab! ...«

Einige Minuten gibt Leonie keine Antwort, endlich murmelt sie mit einer Stimme, deren Ausdruck etwas Feierliches hat: »Nun gut! ja ... diese Nacht ... bleiben Sie bei mir.«

Leonie scheint schöpft, sie schließt die Augen. Zufrieden, daß er sich nicht entfernen darf, setzt sich Justin einige Schritte vor dem Krankenbette auf einen Stuhl; die Lampe richtet er so, daß ihr Schein die Kranke nicht belästigen kann, und überläßt sich seinen Betrachtungen, indem er zuweilen den Kopf aufrichtet, um zu horchen, ob man schlaft, wobei er jeden Athemzug Leoniens zu vernehmen sich bemüht.

Es ist drei Uhr Morgens; die Stille, welche bis jetzt im Zimmer geherrscht, wird durch ein dumpfes Stöhnen Leoniens unterbrochen; Justin nähert sich ihr mit der Frage: »Was haben Sie?«

»Ich fühle mich sehr übel,« erwiderte die junge Frau mit erloschener Stimme; »die Vorfälle dieses Abends haben mich getödtet! ... ich hatte nicht die Kraft, sie zu ertragen! – Ach, Madame! Sie befinden sich übel! ... ich will Hülfe ... einen Arzt holen! ... – Gehen Sie nicht, Justin ... er käme zu spät ... Bleiben Sie bei mir ... damit ich mit Ihnen spreche ... so lange ich noch die Kraft dazu habe ... – O! Sie werden nicht sterben ... denken Sie nicht daran! ... Nein, Madame! Sie werden nicht sterben! ... O, sagen Sie mir das nicht! – Justin ... ein Arzt wäre unnöthig ... und jede Hülfe ebenfalls! ... Mein Leben erlischt ... ich fühle es wohl. – Madame! Erbarmen! ... O! sehen Sie ... ich werde Ihnen beizustehen ... Ihnen alles Nöthige zu geben wissen ... O, es ist nichts! ... eine Schwäche ... aber sterben ... Sie ... kann das sein? ...«

Damit rennt Justin wie wahnsinnig im Zimmer umher, wobei er in den Arzneikolben und Mixturen, welche Leonie gewöhnlich nahm, suchte; dann kommt er zurück; wirft sich vor ihrem Bett auf die Kniee, und benetzt die Hand der jungen Frau mit seinen Thränen.

»Justin! ... Sie beweinen mich, Sie! ... Und meine Tochter ... sie schläft ... Ach! man darf sie nicht aufwecken. Laura ... Felix! Sie werden sie nicht verlassen, Herr Justin, nicht wahr? ... – Aber Madame, Sie werden nicht sterben! o, sagen Sie mir, daß Sie nicht sterben! – Karl wird zu spät kommen! ... Justin ... ich danke Ihnen für Alles, was Sie an mir gethan haben ... Gerne hätte ich noch meinen Sohn sehen, küssen, an mein Herz drücken mögen! ... mein armer Felix! ... Er ist nicht mehr krank ... nicht wahr? ... Sie haben mir's gesagt ... doch ... ich will noch einmal zu Gott beten für ihn! ...«

Leoniens Stimme erlosch; bald hört sie auf, verständlich zu werden, dann läßt sich auch kein Laut mehr hören, und die Hand, welche Justin in der seinigen hält, wird starr und kalt ...

Lange, sehr lange bleibt der junge Arbeiter vor dem Schmerzenslager auf den Knieen. Noch immer hält er Leoniens Hand zwischen den seinigen gepreßt, er drückt sie, bedeckt sie mit Küssen, mit Thränen, vermag sie jedoch nicht zu erwärmen; noch immer rief er Leonien, als sie ihn schon lange nicht mehr hören konnte; endlich malt sich eine düstere Niedergeschlagenheit in Justins Augen. »Sie ist gestorben!« ruft er aus ... »und unglücklich gestorben! ... O mein Gott! was soll ich jetzt anfangen, da ich sie nicht mehr sehen werde!«

In seiner Verzweiflung stößt er seine Stirne gegen die Pfeiler des Bettes, schluchzt und bleibt bis es Tag wird vor demselben, während Laura, unbekannt mit dem Verlust, der sie betroffen, nur einige Schritte von ihm einen friedlichen und sanften Schlummer genießt.

Es war schon ziemlich lange Tag, als man die Vorthüre der Wohnung öffnete; Karl ist's, welchen der Chef des Postens endlich freigelassen hat. Leise tritt er herein, in der Meinung, seine Frau schlafe noch. Er erblickt Justin auf den Knieen, die Stirne auf den Rand des Bettes gelehnt ... und endlich erblickt er seine Frau ...

Anfangs hat Karl keine Ahnung der entsetzlichen Wahrheit; als diese jedoch ihm unzweifelhaft vor Augen liegt, überläßt er sich der heftigsten Verzweiflung; er bricht in Verwünschungen gegen das Geschick, gegen sich selbst aus. Justin ist genöthigt, seinen eigenen Schmerz zu vergessen, um den seinigen zu besänftigen: »Sie wecken Ihre Tochter auf,« sagt er zu Karl, »bedenken Sie, daß die arme Kleine nur noch Sie hat!«

Laura schlug die Augen auf und ihr erstes Wort rief ihre Mutter. Justin nimmt die kleine in seine Arme; er will ihr ein zu schmerzliches Schauspiel entziehen, und trägt sie in sein Zimmer; aber Laura fragt beständig nach ihrer Mutter; sie hört das Jammern ihres Vaters und ihr dem Alter vorangeeilter Verstand läßt sie den ganzen Umfang ihres Verlustes ermessen. Da es Justin nicht gelingt, ihren Schmerz zu stillen, so bittet er Karl, bei seiner Tochter zu bleiben, allein will er an Leoniens Seite wachen, abermals allein es über sich nehmend, daß ihr die letzten Ehren erwiesen werden, denn Karl hatte weder den Muth noch die Mittel dazu: Justins Freundschaft nimmt nicht ab am Tage des Unglücks; sie scheint im Gegentheil neue Kräfte zu gewinnen, und doch ist sein Herz nicht das wenigst zerrissene.

Fünf Tage sind seit Leoniens Tod verflossen. Karl und seine Tochter blieben fortwährend in Justins Zimmer; noch hatten sie nicht den Muth gehabt, das Gemach zu betreten, wo der Eine die Gattin, die Andere die Mutter vergeblich suchen sollten; gleichwohl entschließt sich Karl eines Morgens, um die Gefälligkeit des jungen Arbeiters nicht zu mißbrauchen, zur Rückkehr in seine Wohnung.

Beim Anblick der Orte, wo er seine Frau zum letzten Male gesehen, fühlt Karl seine Kräfte schwinden, kraftlos sinkt er auf einen Stuhl. Laura, welche ihrem Vater folgte, geht vorsichtig, als wenn sie noch immer fürchtete, ihre Mutter aufzuwecken. Sie meint, das Vergangene sei nur ein Traum; eilends nähert sie sich dem Betts und schlägt die Vorhänge auseinander ... Jetzt erst bricht ihr Schluchzen aus und mit dem Rufe: »Sie wird also nicht wieder kommen!« überläßt sie sich ihrem Wehklagen.

Justin hat nicht die Kraft, sie zu trösten; er vermag nicht zu sprechen, und doch kam er seit Leoniens Tod täglich hieher, um die Orte wieder zu sehen, die sie bewohnte.

Man verlebt höchst traurige Tage in der Mansarde, wo die sanfte, schöne Frau nun nicht mehr weilt. Die Gegenwart der von uns geliebten Person reicht hin, Glück, Licht und Leben über unsere ganze Umgebung zu verbreiten. Sie ist die Leuchte, welche den Pfad des Pilgers erhellt; erlischt sie, so ist Alles um ihn her trübe und finster. Karl gibt sich einer düstern Fühllosigkeit hin, und wenn er auf seine Tochter blickt, so zieht sich seine Stirne noch mehr in Falten; er zittert für die Zukunft seines Kindes. Justin sorgt für die kleine Haushaltung, er arbeitet, ernährt, tröstet; doch spricht Karl zuweilen bei sich selbst: »Das kann nicht immer so fortgehen.«

Es sind nun drei Wochen, daß Leonie nicht mehr ist, als eines Morgens stark an die Thüre gepocht wird.

Karl öffnet: ein noch junger Mann zeigt sich, dessen schwarzbraunes Gesicht von den brennenden Strahlen der Sonne gefärbt scheint; seine etwas rauhe Physiognomie ist indeß nicht ohne Reiz. Sein Anzug ist einfach, kündigt jedoch Wohlhabenheit an; rasch tritt derselbe in das Zimmer.

»Wohnt hier Madame Karl Darville?«

Verwundert blickt Karl den Unbekannten an und murmelt: »Madame ... Darville ... Sie fragen ... nach Leonien? ...«

»Ei freilich! gewiß! nach Leonien, meiner guten Leonie, meiner Schwester, die ich seit sehr langer Zeit nicht mehr gesehen habe! ...«

»Ihre Schwester ... wie! mein Herr ... Sie wären ... – Adrian Formerey ... Leoniens Bruder, von dem sie gewiß öfters gesprochen hat, wenn Sie, wie ich denke, ihr Gatte sind ... – O! ja! mein Herr ... ja, sie sprach häufig von Ihnen! sie hatte Sie nicht vergessen! ... – Aber wo ist sie denn? ... ich brenne vor Verlangen, sie zu umarmen ... Nun ... warum dieses Schweigen? ... diese Thränen? ... – Leonie ist nicht mehr ... seit drei Wochen habe ich sie verloren ... – Ach, mein Gott! ... todt! ... meine arme Schwester!«

Adrian hält sein Taschentuch vor die Augen und bleibt einige Minuten stille. Endlich fährt er, im Zimmer rings umher blickend, fort: »Leonie ist gestorben ... und vor Kummer ... vor Elend vielleicht ... denn ich weiß Alles, mein Herr! als ich nach Frankreich zurückkam, mich für die Zukunft hier festzusetzen, zog ich Erkundigung ein über meine Schwester, über ihren Gatten ... über Alles, was dieser gethan hat; und was ich vernommen, gereicht nicht zu Ihrem Lob! Der elende Winkel, in welchem meine Schwester gestorben ist, beweist mir, daß ich nicht getäuscht worden bin ... Herr Darville, Sie vergaßen, daß man Ihnen das Glück, die Zukunft eines mit allen Tugenden begabten Weibes anvertraut hatte! ... Doch zu was noch Vorwürfe? ... meine arme Schwester! ... ich kam zu spät! ... Sie hatten Kinder, wie man mir sagte? ...«

»Meinen Sohn hab' ich verloren,« erwiedert Karl, der die Augen nicht mehr zu Adrian zu erheben wagt, »jetzt habe ich nur noch eine Tochter von sechs Jahren.«

»Wo ist sie denn?«

Die kleine Laura, durch die Gegenwart des Fremden erschreckt, hatte sich in einer Ecke des Zimmers versteckt, ihr Vater holt sie hervor und führt sie vor ihren Oheim, der sie betrachtet, dann in seine Arme nimmt und mit Küssen bedeckt: »ich bin Dein Onkel« ... sagt er zu ihr, »ich will auch Dein Vater sein ... nicht wahr, Du wirst mich lieben? denn ich werde Dich recht sehr lieben.«

»Ja, mein Herr ... – Nenne mich Deinen Onkel. – Ja, mein Onkel,« versetzt Laura, schon beruhigt und günstiger für den Unbekannten gestimmt; Kinder lassen sich leicht durch Liebkosungen verführen.

Nachdem Adrian die kleine Laura nochmals geküßt hat, stellt er sie auf den Boden und sagt zu Karl, fortwährend seinen barschen, kurzen Ton beibehaltend:

»Herr Darville, ich habe lange die Welt durchwandert; ich wollte mir ein glänzendes Vermögen sammeln und dachte, man dürfe sich zu diesem Behuf einige Mühe geben. Anfangs begünstigte mich das Schicksal, doch ein Schiffbruch mit meinen Waaren betrog meine Hoffnung. Uebrigens mit der letzten Erbschaft meines Oheims habe ich mir in kurzer Zeit fünftausend Franken Renten erworben; dies ist nicht viel ... doch genug, um davon zu leben, ohne fremder Hülfe zu bedürfen. Neue Unfälle fürchtend ... weniger ehrgeizig, vielleicht auch des herumirrenden Lebens müde, komme ich zurück nach Frankreich, mich festzusetzen. Ich hoffte, meine Schwester hier zu finden ... sie ist nicht mehr ... Ich weiß, daß Sie seit mehreren Jahren nichts mehr treiben ... meine arme Leonie ist in einem Dachboden gestorben ... wollen Sie hier ihre Tochter erziehen? ... – Mein Herr ... – Ich spreche vielleicht rauh mit Ihnen, allein ich verstand nie zierliche Phrasen zu machen; ich komme zur Sache: Haben Sie jetzt Arbeit ... eine Anstellung? – Nein, mein Herr ... – Und was soll aus diesem Kinde werden? Es darf nicht unglücklich sein, wie seine Mutter. Ich mache Ihnen nun folgenden Vorschlag: Sie übergeben mir Laura ... übergeben sie mir aber ganz und gar ... treten mir alle Ihre Rechte auf sie ab ... ich will solche nur zu ihrem Glück gebrauchen. Von heute an verpflichte ich mich, mich nie zu verheiraten, meiner Nichte mein ganzes Besitzthum zu hinterlassen und ihr zwei Dritttheile meines Vermögens zur Ausstattung zu geben ... – Ach! mein Herr, welche Güte! – Nur mache ich eine Bedingung dabei ... diese ist ... daß Sie nicht einmal kommen, Ihre Tochter zu besuchen; denn ich verhehle Ihnen nicht, der Anblick des Mannes, der meine Schwester so unglücklich machte, ist mir widerlich, und ich sehe keine Notwendigkeit, irgend eine Verbindung mit Ihnen zu unterhalten! ... – Wie, mein Herr, mich für immer meiner Tochter berauben ... ? Und wenn mir das Schicksal eines Tages weniger entgegen wäre ... wenn ich durch Arbeit einen Theil des Verlorenen wieder erlangte, würden Sie mir da die Zurückgabe meiner Laura verweigern? – Nein, mein Herr ... dies ist nicht mein Gedanke, und ich will Ihnen sogar die Mittel geben, aus Ihrer gegenwärtigen Lage herauszukommen. Kehren Sie eines Tags zu mir zurück mit dem Beweise, daß Sie eine andere Lebensweise zu führen verstehen, daß Sie im Stande sind, Ihre Tochter zu erziehen, auszustatten: – im Augenblick lege ich sie wieder in Ihre Arme ... so lange Sie ihr jedoch nur Jammer und Elend zu bieten haben, bleibt sie bei ihrem Onkel. Dies sind meine Bedingungen; jetzt gehe ich zu einem Notar, um den Ankauf eines in Pierresitte befindlichen Hauses vollends ins Reine zu bringen; dorthin will ich mich zurückziehen, dorthin werde ich meine Nichte führen und mich ganz der Sorge für ihre Erziehung widmen. Denken Sie darüber nach, diesen Abend komme ich wieder, Ihre Antwort zu vernehmen.«

Noch einmal drückt Adrian die kleine Laura in seine Arme, grüßt Karl durch ein Kopfnicken und geht rasch hinweg, wiederholend: »Auf diesen Abend!«

Düster und sinnend bleibt Karl auf seinem Sessel zurück, sein Herz zieht sich zusammen, wenn er auf seine Tochter blickt; allein er spricht bei sich selbst:

Es geschieht zu ihrem Glück ... Justin kann nicht immer für uns sorgen ... und wenn mir mein Schwager außerdem noch die Mittel gibt, etwas anzufangen, so bin ich sicher, mich zu bereichern! ... man hat nicht immer Unglück ... Dann komme ich wieder, fordere meine Tochter zurück, und er wird sie mir geben, ... und als Aussteuer soll sie Alles erhalten, was ich erworben ... denn ich hänge nicht am Geld! das Glück meiner Tochter ist mein einziger Wunsch!«

Nach dem Essen kommt Justin wieder; Karl setzt ihn von dem erhaltenen Besuch und dem Vorschlag seines Schwagers in Kenntniß. Dem jungen Arbeiter entfährt ein Freudenschrei bei der Nachricht einer für Laura so glücklichen Begebenheit; er nimmt sie behende in seine Arme, küßt sie und sagt: »Arme Kleine, ich werde Dich nicht mehr sehen, doch wirst Du glücklich werden; Deine Zukunft ist gesichert, und es scheint mir, daß der Schatten Deiner Mutter vor Freude zittert! ... nicht wahr, Herr Karl, Sie haben eingewilligt?«

»Diesen Abend wird Laura's Oheim kommen, meine Antwort zu erfahren ... Glauben Sie, Justin, es falle mir nicht schwer, mich von meiner Tochter zu trennen? ... sie ist noch mein einziges Gut! – O! ja, mein Herr, ich fühle, es muß hart sein? ... Doch der Gedanke, daß es ihr an nichts mehr fehlen wird, daß sie eine Erziehung erhält ... welche Sie ihr nicht würden geben können, dieser Gedanke muß Ihren Schmerz lindern. – Gewiß ... und da sich überdies mein Schwager verbindlich macht, mir meine Tochter zurückzugeben, sowie ich eine Ausstattung für sie habe, so schmeichle ich mir, sie bald wieder zurückzuerhalten.«

Die kleine Laura hörte diesem Gespräche zu, aber sie verstand nicht, was man vorhatte; ihr Vater rief ihr und sagte: »Meine Tochter, Du wirst mich verlassen, um bei Deinem Onkel zu wohnen ... bei dem Herrn, der diesen Morgen hier gewesen.«

»Ich mag Dich nicht verlassen!« versetzt Laura, ihre kleinen Arme um ihres Vaters Hals schlingend.

»Du wirst sehr glücklich werden, liebe Freundin ... Dein Onkel wird Dir geben, was Du wünschest ... Du bewohnst ein schönes Haus ... er hat einen schönen Garten dabei, wo Du springen und Dich belustigen kannst.«

»Ich mag Dich nicht verlassen!« wiederholt Laura, sich fester an ihren Vater anschmiegend.

»Laura,« sagte Justin, »Sie sind schon verständig ... und lieben Ihre Mama sehr, wenn sie noch lebte, würde es sie recht freuen, Sie mit Ihrem Onkel gehen zu sehen ... doch auch von dort, wo sie ist, muß sie es wünschen ... – Ah! es wird also meiner Mama noch Vergnügen machen? – Ja.«

Die Kleine sagt nichts mehr; sie ist tief betrübt, wagt aber nicht zu weinen. Der Abend kommt heran, und Leoniens Bruder läßt nicht auf sich warten.

»Nun denn,« redet er Karl an, »wozu haben Sie sich entschlossen? – Nehmen Sie sie hin, mein Herr ... ich bin zu Allem bereit. – Gut ... seien Sie versichert, daß ich Alles thun werde, ihr ein glückliches Loos zu bereiten. Hier, mein Herr, nehmen Sie diese Brieftasche ... sie enthält dreitausend Franken ... ich hatte nicht so viel, als ich meine Reisen antrat ... Wenn Sie mir folgen, so gehen Sie nach New-York oder nach Batavia; dort kann man sein Glück neu gründen ... Auf, meine kleine Laura, komm ... wir wollen gehen ... – Wie, mein Herr, jetzt schon!« rief Karl entsetzt. – »Ei! was soll das Zögern? ein Wagen wartet unser ... Wer ist der junge Mann, der da unten weint? – Ein junger Arbeiter, der uns die aufrichtigste Anhänglichkeit bezeigte; während Leoniens Krankheit versah er uns mit allem Nothwendigen ... seit ihrem Tod ist's abermals er, dem wir Alles verdanken.«

Adrian tritt Justin näher, streckt ihm die Hand entgegen und drückt die seinige herzlich mit den Worten: »Für solche Dienste gibt es keinen Dank ... Wenn Sie Laura sehen wollen, so kommen Sie nach Pierresitte, zu Adrian Formerey, dort werden Sie stets willkommen sein ... Wohlan, meine Nichte, laß uns gehen.«

Weinend umfing Laura ihren Vater mit ihren Armen, sie konnte sich nicht zur Trennung von ihm entschließen. Justin nimmt sie am Arm, führt sie ihrem Oheim zu und flüstert ihr ganz leise ins Ohr: »Denken Sie an Ihre Mutter!« und das arme Kind läßt sich von ihrem Onkel wegbringen.

Einen Theil des Abends bringt Karl mit Wehklagen, hierauf mit Pläneschmieden für die Zukunft zu. Justin leistet ihm Gesellschaft, mehr der Erinnerung an seine Frau wegen, als aus Freundschaft, denn er konnte keine Anhänglichkeit an den Mann haben, welcher Leonie so unglücklich gemacht hatte.

Am folgenden Morgen ging Justin an seine Arbeit, nachdem er noch zu Karl gesagt: »Glauben Sie mir, mein Herr, folgen Sie dem Rath Ihres Schwagers und reisen Sie nach Ostindien oder Amerika ... erstlich wird Sie das von Ihrem Kummer zerstreuen; alsdann laufen Sie dort nicht Gefahr, Leuten zu begegnen, welche Sie auf andere Gedanken bringen.«

Nicht lange, so geht Karl aus: »In der That, spricht er bei sich selbst, man darf nicht immer in Verzweiflung sein, das führt zu nichts ... ich muß mir ein anständiges Vermögen er, werben ... Nun, wir wollen einen Platz nach Havre bestellen, von wo aus ich mich nach Ostindien einschiffe.«

Noch ist Karl keine zweihundert Schritte von seiner Wohnung entfernt, als er sich von Jemand am Arm gefaßt fühlt: es ist Mongérand, mit einem modernen Hut auf dem Kopf und einem neuen Rock.

»Ha! Donnerwetter, da bist Du, welches Glück! seit acht Tagen laure ich auf Dich, ich glaubte, Du wollest leben wie die Maulwürfe ... und die Schnauze nicht mehr an das Tageslicht bringen ... – Ach! Mongérand ... seit wir uns nicht mehr gesehen ... habe ich herben Kummer gehabt! ... – Ich, ich im Gegentheil nur Glück! ... – Meine arme Frau ist gestorben! ... – Das betrübt Dich, ich gebe es zu ... aber die meinige ist gleichfalls gestorben, und dies ist's, was mich freut! ... – Ach! Leonie war so gut! – Das ist richtig ... ihr hattet euch lieb, ihr paßtet für einander ... Du betetest sie an, und hattest Recht; aber Du hast sie auch so glücklich als möglich gemacht ... hast immer gut an ihr gehandelt, Dir demzufolge keine Vorwürfe zu machen ... und wenn Du zehn Jahre um sie weinen würdest, so brächte sie das doch nicht mehr zurück. Ich hingegen verabscheute meine Gattin, die es mir reichlich heimgab ... ich kann sie also nicht bedauern ... Was ich bedaure, ist, daß sie nicht einige Monate früher gestorben ist, weil ich dann Flora Tigré geheirathet hätte, welche jetzt die Frau eines Lichterfabrikanten ist ... doch, ich werde eine Andere finden! ... und meine Verewigte hinterließ mir ein hübsches kleines Sümmchen ... zweihundert Louisd'ors, welche sie vor ihrem Tode keine Zeit mehr gehabt hatte. Andern zu schenken, ich habe nun diese süße Frucht ihrer Ersparnisse eingezogen ... Ich bin bei Geld ... bin Wittwer! und wenn ich nicht vergnügt wäre, müßte ich einen sehr schlechten Charakter haben!«

»Der Bruder meiner Frau, der nach Frankreich zurückgekommen, hat mir das Anerbieten gemacht, meine Tochter zu sich zu nehmen ... sie zu seiner Erbin zu machen ... ich habe eingewilligt ...«

»Daran thatest Du wohl, nun bist Du frei, wie der Vogel in der Luft; ich mache Dich zum Theilhaber an meinem Glück. – Mein Schwager, der mich in den Stand setzen wollte, etwas anzufangen, nöthigte mich, tausend Thaler anzunehmen ... – Du hast tausend Thaler ... ich zweihundert Louis! ... Lieber Freund, da sind wir die zwei besten Partien von Frankreich ... – O! ich will durchaus Geld verdienen, um meine Tochter zurückzufordern ... ich verlasse Paris .. und gehe nach Ostindien ... – Ah! Teufel! ... wie hoch Du hinaus willst! ... Laß uns reisen, es sei; aber sogleich nach Indien! ... dort ist's ein wenig heiß! Glaub' mir, wir wollen zuerst nach England; ich habe irgend einer Lady den Kopf zu verdrehen; sie muß eine Million haben, mich heirathen, davon gebe ich Dir die Hälfte und Du hast dann nicht nöthig, Dich in den Niagara zu stürzen. – Aber was soll ich in England thun ... – Du issest Plumpudding. – Doch ... ich wollte ... – Nachher gehen wir, wohin Du willst ... Eine kleine Reise nach England kann uns nicht schaden! ... Nun, Karl, Du siehst, ich bin ein guter Kerl; hoffentlich wirft Du es ebenfalls bleiben ... Komm, wir bestellen unsere Plätze nach Calais.«

Mongérand schiebt seinen Arm in den Karls, sie entfernen sich zusammen. In einer nahegelegenen Straße kommt ein junger Mann bei Ihnen vorüber; er blickt sie an, bleibt stehen; Karl schlägt die Augen nieder und beflügelt seine Schritte.

Es war Justin, welcher, Karl Arm in Arm mit Mongérand sehend, betroffen stehen geblieben war.


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