Klabund
Roman eines jungen Mannes
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II

Paul Briegoleit mußte wieder auf See. Zwei Monate waren seit dem Tode von Josuas Mutter vergangen.

Jamaika und Jack sehnten sich nach Süden. Eines Abends nahm Paul Briegoleit Josua auf seine Knie.

»Ich muß man wieder in See, Josi.«

»Und Maika?«

»Man auch.«

»Und Jack?«

»Man auch.«

»Und Lili?«

»Kommt bei Schutzmann Kröger. – Wirst einen anderen Papa kriegen.«

»Well«, sagte Josua, das hatte er sich so von seinem Vater angewöhnt.

»Und eine andere Mama –«

»Well«, sagte Josua. »Das wird dann schon die dritte«, dachte er. »Aber besser wie die erste wird keine. – Und Jack?« fragte Josua.

»Wirst annere Affen finden, Josi. – Wirst mich nicht vergessen, Josi?«

»Ich weiß nicht«, sagte Josua. Ihm fielen vor Müdigkeit die Augen zu.

Briegoleit strich ihm über die Stirn, dann trug er ihn ins Bett. Acht Tage später las man in einer großen Berliner Tageszeitung liberaler Richtung folgendes Inserat:

»Hübscher Knabe, diskreter Geburt, blond, sehr geweckt, fünf Jahre alt, gegen einmalige Abfindung an kinderloses Ehepaar abzugeben. Angebote unter P. B. 333, Hauptpostamt, Hamburg.«

Paul Briegoleit erhielt vier Briefe: Von einem Obst- und Gemüsegärtner aus Erfurt, von einem pensionierten Rechnungsrat in Köslin, von einem kinderlosen Ehepaar an der russischen Grenze, das sich nur als solches dokumentierte – und von Herrn Drogisten Axel Triebolick und seiner Frau Toni, geborene Hollunder, Frankfurt a. O., Marktplatz 123, Ecke Junkerstraße.

»Drogist,« sagte Paul Briegoleit, »dat is das Rechte.« Denn er erinnerte sich mit Grauen und Respekt, daß er selber einmal hatte Drogist werden sollen. »Da besucht der Junge die Realschule und lernt Latein, und das allein ist schon's Leben wert.«


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