Paul Keller
Drei Brüder suchen das Glück
Paul Keller

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Romeo und Julia

Doktor war er, Minister wurde er, Nebenbuhler eines Grafen war er, von Fräulein Ungefähr war er der Verlobte Nummer vier. Über Fräulein Margot Ungefähr wußte Julia ebenso Bescheid wie die ganze Stadt. Sie war eine Lebedame großen Stils, hatte auf internationalen Sportplätzen erste Preise gewonnen; ihr Bild stand in illustrierten Blättern; im übrigen war sie eine irrsinnige Verschwenderin. Viele Leute vertrauten ihr Geld dem Bankhause Ungefähr nicht mehr an aus Sorge, es werde eines Tages bankerott sein. Julia aß eine Woche lang kein Fleisch, weil sie meinte, sie sei leber- und gallenleidend.

Warum hatte sich denn diese elende blonde Bestie gerade ihren Richard ausgesucht? Weil er ein starker, hübscher Kerl ist. O, das Luder! Warte nur; ich rücke ihn dir schon aus den Zähnen!

Und Elmar? War er nicht auch verdächtig? Er war rot geworden bei der Nachtandacht über die Liebe. Und er schrieb gänzlich verrückte Theaterartikel, Und immer über dieselbe Frauensperson, die Sabine Sabina hieß. Sabine Sabina! Schon der Name war verrückt! Zweimal dasselbe. Würde sie sich Julie Julia nennen?

August Breise sagte: »Sie soll ein fabelhaftes Weib sein!«

»Wenn du schon was von einem Weibe hörst,« sagte Julia spitz, »dann ist es immer fabelhaft. Hältst du mich etwa auch für fabelhaft?«

August Breise kriegte den Husten und sagte, er müsse mal schnell nach draußen.

»Der Feigling!« sagte Julia. »Da rückt er aus, da bekennt er nicht Farbe.«

Als August zurückkam und Julia auf den Rücken tätscheln wollte, schleuderte sie seine Hand zornig beiseite.

»Ich weiß fabelhaft Bescheid! Nun setz' dich hin, schmeiß' mir nicht wieder die Streichhölzer neben den Aschenbecher und hör' zu, was der Elmar wieder für einen Blödsinn in der Zeitung verzapft hat:


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