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Sechstes Kapitel

Lebe wohl, mein Geliebter!

Lebe wohl, Mütterchen, kleines, hilfloses Mütterchen, lebe wohl! Die Blätter, die Halme, die Blumen, lebet wohl. Lebe wohl, Himmelsblau, ihr Wolken am Himmel, lebet wohl!

Susanna lag in den Kissen und ihre Augen wanderten hin und her, sie konnte nicht mehr sprechen, ihre Stimme war erloschen, aber ihre Augen sprachen.

So sommerlich still war es. Mütterchen schlich herum und selbst Lenz dämpfte die Stimme. Die Vögel zwitscherten und in der Ferne schlug ein Fink, immerzu, vom Morgen bis zum Abend. Nachts herrschte tiefes Schweigen, oft war es als schüttele sich ein Busch im Garten oder als zittere eine Wand, das war alles. Die Güterzüge schleppten sich in der Ferne vorbei und ein hohles dumpfes Echo rollte lange im Tal.

Grau saß am Bette. Er sah krank und übernächtig aus, in den letzten Wochen hatte er nicht mehr regelmäßig geschlafen. Seine Wangen waren hohl und sein Blick fieberte wie Susannas Augen, aber seine Lippen waren rot.

Susanna konnte nicht mehr sprechen, aber wenn man das Ohr an ihren Mund hielt, verstand man mühsam, was sie sagte. Sie hatte nur selten etwas zu sagen.

Sie sagte: »Heute nacht habe ich geträumt, ich ging im Walde, wie herrlich dunkel war es da! Grüne Dämmerung! Und alle Bäume waren so alt und standen regungslos da. Ich mußte denken, wie regungslos sie dastehen und ich fühlte, wie ich selbst steif wurde und anwurzelte am Boden wie ein Baum. Ich konnte kaum mehr atmen. Es war schön!«

Das war alles was sie an einem Tage sagte.

Sie sagte: »Wenn ich auf der Bank auf der Höhe saß und von dem Großen und Seltenen träumte, das kommen sollte, so dachte ich, es wird wohl ein Mann sein, der dich liebt. Wie du das erraten hast? Du sagtest: Haben Sie nicht auch von Liebe geträumt? Aber wie hätte ich denn das sagen können! Nicht? Und ich habe gedacht, er wird sagen, daß meine Hände schön sind – denn sie sind ja schön, nicht wahr? Du hast es gesagt und zu Adele sagtest du, ich habe Hände wie eine Japanerin. Das hat mich so glücklich gemacht!« Sie lächelte, aber es schien, als ob ein allzu großer Schmerz sie überwältige, denn ihre Lippen zuckten und ihre Schläfen begannen zu zittern. Sie fuhr fort: »Denn was ein Mensch Schönes an sich hat, das möchte er entdeckt und bewundert haben von dem, den er liebt, und selbst das, was nicht schön und gut an ihm ist, das möchte er doch ein wenig schön und gut gefunden haben. Ist es nicht so? Das würde ihn glücklich machen. Und gewiß, er würde sich Mühe geben, daß es schön und gut werde. Wie wunderlich ist doch der Mensch! Je mehr ich über des Menschen Herz nachdenke, desto wunderlicher erscheint es mir. Wer könnte es je verstehen? Es ist wie ein Zauber, wenn man es betrachtet, verändert es sich und betrachtet man es nun, so hat es sich schon wieder verändert. Es lebt in uns wie ein fremder Gast in einem Hause, den man nie zu sehen bekommt.«

Sie lag still und lauschte. »Vater spricht!« sagte sie mit den Lippen ohne Laut.

»So empfindlich bist du geworden, Eisenhut!« sagte Lenz mit gedämpftem Baß in der Küche draußen. »Wie du aussiehst! Wie ein Fex. Er kann nicht in Heuschobern und im Walde schlafen, hast du es gehört, kleines Mütterchen – haha! Wie eine Prinzessin ist er. Aber wir können ja auch in Gasthäusern schlafen, in seidenen Betten. Trinke, sage ich dir, trinke. Ob du trinkst oder nicht, das hindert ja nichts an der Welt, die Welt bewegt sich so und so – aber wenn du trinkst, hast du vielleicht einen guten Einfall, einen Gedanken, der dich erleuchtet, deshalb trinke. Morgen lichten wir die Anker, Eisenhut, mitzunehmen brauchst du nichts, nur kein Gepäck schleppen. Heute da, morgen dort. So ist es angenehm zu leben. Die Menschen sind schön für einen Tag, zwei Tage, deshalb immerzu vorwärts, am dritten Tage werden sie ja doch schon häßlich. Habe ich etwa den Bürgermeisterposten angenommen, obgleich sie eine Deputation in die Scheune schickten, wo ich schlief, wie? Nicht um eine Million Jahresgehalt, mein Freund!«

»Hähä – für tausend Mark, für fünfhundert, für zweihundert,« sagte Eisenhut kichernd.

»Nicht für eine Milliarde!« entgegnete Lenz und schlug auf den Tisch.

»Pst, pst –« sagte Mütterchen.

»Piepse ich nicht wie eine Maus? Nun – die Gegend war ja schön – Wein, Obst, schöne Mädchen – aber nicht für eine Milliarde –«

Susanna begann am ganzen Körper zu zittern und ihre Augen füllten sich mit Angst.

»Sieh mich an,« sagte Grau und sie wandte ihm den Blick zu.

Grau lächelte. »Du hast recht, Susanna, wunderlich ist des Menschen Herz, ich will dir eine Geschichte erzählen – laß mich nur besinnen auf den Anfang und sieh mich nur an, es ist schön in deine tiefen schwarzen Augen zu sehen, süße Susanna, und zu plaudern – ja, eine Geschichte von einer alten Frau, ein Mann hat sie mir erzählt, der viel auf Reisen war. Aber sieh mich doch an und gib mir auch die Hand, so – es ist die Geschichte von einer Frau, einer Mutter von zweiundzwanzig Kindern. Haha, du lächelst, Susanna! Es ist aber so. Eine Frau in Persien, ich weiß nicht wo. Der Mann, der mir die Geschichte erzählte, wohnte bei dieser Frau, da sie siebzig Jahre alt war, er kannte die Schicksale von all den zweiundzwanzig Kindern. Es waren recht wunderliche und romanhafte Schicksale, das muß man sagen; und der Mann kannte sie alle, denn diese alte Frau sprach immerzu, vom Morgen bis zum Abend von ihren zweiundzwanzig Kindern. Am meisten aber sprach die Frau von ihrem Sohne – wie hieß er doch – Haffis, es ist ja nebensächlich, also Haffis – denn Haffis war ihr Lieblingssohn. Sie erzählte von Haffis und es war anzuhören wie ein Gesang. Was für ein Knabe dieser Haffis doch war! – Wie schön, wie stark, wie kräftig und kühn er doch war! Doch all das, diese Schönheit, Kühnheit, Stärke des Knaben, wer hätte annehmen können, daß sich das verhundertfachen würde als der Knabe zum Jüngling heranwuchs? Seine Mutter, jene siebzigjährige Greisin, sprach mit Feuer in den Augen von ihm, sie sprach von ihm wie von einem Gott, der auf die Erde herabgestiegen war. Man konnte mit einem schnellen Pferde drei Menschenleben lang in der Welt herumreiten, ohne wieder solch einen Jüngling wie Haffis zu finden. So schön, so stark, so kühn! Sie, die Mutter, hörte es mit eigenen Ohren, wie die Mädchen, die aus den Dörfern ringsum herbei kamen, vor dem Fenster Haffis wehklagten und seufzten vor unsinniger Liebe.«

»Es gab nur einen Haffis! Wie er ging, wie er zu Pferde saß!«

»Nun, wie ging er denn?« fragte der Fremde, dem die Greisin von ihrem Sohne vorschwärmte, »ging er so, ging er so?« Und der Fremde ging so stolz und herrisch wie nur möglich.

»Aber die Mutter lachte und schüttelte den weißen Kopf.«

»Niemals wirst du es fertig bringen zu gehen wie Haffis ging. Haffis ging wie der Hengst des Scheichs.«

»Nun, er, der Fremde, versuchte zu gehen wie der Hengst des Scheichs, aber es war doch nicht das richtige. Die Mutter lachte ganz einfach. Dem Hengst fehlen ja Nacken und Mähne! Niemals konnte der Fremde so gehen wie Haffis ging, das war ja selbstverständlich.«

»Es ist ganz natürlich, daß sich das Leben eines solchen Jünglings besonders glänzend gestaltete, nicht wahr? Haffis Leben gestaltete sich ganz wunderbar. Nämlich, das Auge des Scheichs fiel auf Haffis und er nahm ihn an den Hof. Haffis schlug Schlachten und warf die Feinde nieder. In der Heimat aber weinten sich die Mädchen die Augen blind und viele – das ist Tatsache, Susanna – viele sind aus Kummer und Sehnsucht gestorben. Die Mutter hörte in Gesängen die Taten des Sohnes preisen. Einmal sprengte ein Bote vor ihre Hütte, brachte Grüße und Geschenke und jagte wieder von dannen. Er durfte ja keine Minute versäumen, wenn er nicht seinen Kopf verlieren wollte. Am vierten Vollmond zieht dein Sohn hier vorbei, sagte der Bote, und am vierten Vollmond zog Haffis, der Gefürchtete, der Herrliche, der Göttliche, vorüber. Endlos war die Zahl seiner Kamele und Pferde und Frauen und Diener und seiner Lasten von Seide und Gold und Geschmeide. Das kann ich ja gar nicht schildern, Susanna, kein Mensch kann es, du mußt dir das selbst ausmalen. Der Zug reichte gerade von dem Punkte, wo die Sonne aus der Steppe steigt, bis zu dem Punkte, wo die Sonne in die Erde sinkt. An der Spitze ritt Haffis in Seide und Edelsteinen, er funkelte wie die Sonne. Haffis war ein dankbarer Sohn. Er sprang vom Pferde, küßte den Boden vor den Füßen der Mutter und sprang wieder in den Sattel und schon war er verschwunden.«

»Die greise Mutter konnte tagelang erzählen von der Pracht der Tiere und Geschmeide und Waffen, von der Schönheit der Frauen, die sich auf den Kamelen schaukelten. Sie berauschte sich noch in der Erinnerung an dem Anblick der Karawane.«

»Nun sollte man glauben, daß das genug sei? Aber nein. Haffis wuchs und wuchs und der Scheich gab ihm zuletzt die Tochter zur Frau. Sänger zogen umher und feierten ihn in Liedern. Er würde Scheich werden.«

»Wochen und Monate hindurch hat die Mutter dem Fremden von Haffis erzählt und die Zahl seiner Frauen und Diener wuchs ins Unglaubliche.«

»Aber nun ist die Geschichte bald zu Ende. Denn die alte Mutter sollte sterben.«

»Sie lag da und der Fremde wußte, daß es für sie keine Rettung mehr gab. Wie merkwürdig aber war es doch: Die alte Mutter, die sterbende alte Mutter, sie sprach mit keiner Silbe mehr von all den andern einundzwanzig Kindern – wieder lächelst du, Susanna! – sie sprach nur noch von Haffis, dem Lieblingssohne, seiner Schönheit, seiner Kraft, seinem Reichtum und seinem Ruhme. Wieder und wieder!«

»Dann kam der Tod und machte die Mutter fahl. Aber sie hatte noch etwas zu sagen, bevor sie starb. Der Fremde beugte das Ohr herab und sie flüsterte: Haffis war acht Jahre alt, da ertrank er im Fluß. – Und sie verfluchte den Fluß und starb.«

»So wunderlich ist des Menschen Herz, Susanna!«

Susanna lag still und blickte auf ein Stückchen Sonne, das auf dem Fensterbrett lag. Die jungen Stare schrien und sie erschrak. Wieder begann sie am ganzen Körper zu zittern und die Angst erfüllte wiederum ihre Augen.

Grau lächelte und nahm ihre Hand. »Willst du mich nicht anblicken, Susanna? Nun geht die Sonne unter und deine Augen bekommen einen kupfernen Glanz. Ja, wie wunderlich ist des Menschen Herz, Susanna. Unerklärlich tief und wundersam ist es in uns verborgen. Schlummern nicht unendliche Schönheiten darin? Träume, Gefühle, Liebe, Ergriffenheit, Schauer, deren Ursache wir nicht kennen, Ahnungen, deren Ziel uns unbekannt ist? Zuweilen ist das Menschenherz wie eine Orgel, es braust und singt in uns, zuweilen wie ein Dichter, es dichtet in uns, zuweilen wie ein erzürnter gütiger Prediger, es ruft, ruft. So tief und wundervoll ist es. – Nun will ich dir die Geschichte von einem Trinker erzählen, er trank schrecklich und machte alle unglücklich, seine Familie, aber was für ein Herz hatte er doch! Du sollst es hören!«

Eisenhut klopfte draußen auf den Tisch und fand irgend etwas ganz unmöglich, unfaßbar und unbegreiflich!

»Wir schneiden mit dieser Maschine deine Steine wie Butter!« sagte Lenz und lachte. »Wie Butter! Ich habe diese Maschine extra für dich erfunden, Eisenhut. Ja, es war mir eine Freude, sie für dich zu erfinden. Ich tue das gern. Der Frau eines Gärtners – eines Freundes von mir, ich habe Freunde in allen Berufsklassen – habe ich einen Kinderwagen erfunden, der eine Gummibadewanne enthält – Kinderwagen, Badewanne, fahrbare Badewanne in einem Stück also. Ich liebe das und bin auch meinen Freunden gerne nützlich. Für dich habe ich diese Maschine erfunden, Eisenhut, wir stecken die Hände in die Hosentaschen und unsere Maschine arbeitet. Deine Arbeiter können Karten spielen oder sich die Schädel einschlagen zur Unterhaltung –«

»Ja, zum Teufel – eine Maschine – wer sollte das verstehen – unbegreiflich ist das!« Eisenhut meckerte belustigt.

»Verstehen. Gut. Hier. Das ist eine eiserne Brücke. Hier hast du eine Kreissäge – Hebel auf! – Der Dampf fährt hinein und die Kreissäge – vier Meter Durchmesser – schneidet den Stein. Die Brücke steigt in die Höhe, sie schneidet Streifen, wir stellen die Kreissäge wagerecht – auf diese Weise schneiden wir deine zwölf Steinbrüche wie Butter – wie Butter –«

»Ausgezeichnet – unglaublich, aber ausgezeichnet!«

Eisenhut meckerte und Lenz lachte entzückt über seine Maschine.

»Wie schön!« sagte Susanna, als Grau die Geschichte von dem Trinker erzählt hatte.

Sie lächelte und drückte Grau die Hand.

»Beuge dein Ohr – so – sage mir und verzeihe die Frage, ich weiß ja nicht, ob ich alles fragen darf?«

»Alles, alles, Susanna!«

»Wirklich alles, alles?«

»Ja!«

Susanna blickte Grau lange an. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich sage es nicht – doch ich frage es – ich frage nur – du sollst nicht antworten, hörst du! Würdest du mir versprechen – du sollst es ja nicht tun – ich frage bloß – würdest du mir versprechen, kein Mädchen nach mir zu küssen? Würdest du? Ich frage bloß, du versprichst ja nichts.«

»Ich würde es dir versprechen, Susanna, meine Freundin!«

»Wenn ich – es nun sagte?«

»Sage es, meine Geliebte!«

»Willst du mir versprechen – nein, nein, nein, laß es mich nicht sagen – nein, es macht mich glücklich, zu denken – nein. Vielleicht werde ich es ja doch tun? Aber nein, nicht dies. Ich wollte ja gar nicht dies fragen. Ich darf doch fragen was ich will, du hast es gesagt. Hast du?«

»Ja, Susanna!«

»So sage mir – wieviele Mädchen hast du schon geküßt? Nun?«

Grau lächelte.

Susanna lächelte und küßte flüchtig seine Hand. »Auf den Mund, wieviele? Fünf, sechs?«

Grau schüttelte den Kopf. Mehr? »Nein,« sagte Grau lächelnd.

»Dann waren es wohl vier? Nicht? Dann waren es wohl drei? Ist auch das noch zuviel?«

Grau lächelte und Susanna wartete lange.

»Zwei?«

Grau schüttelte den Kopf.

»Eine!«

»Du hättest nicht fragen sollen,« sagte Grau.

»Außer mir noch eine?«

Grau schüttelte den Kopf. Er errötete. »Warum hast du doch gefragt? Ich habe ja nie Gelegenheit gehabt, ein Mädchen näher kennen zu lernen. Ich sage ja nicht, daß ich nicht gewünscht habe, das oder jenes Mädchen zu küssen. Aber ich bin ihnen ja nicht näher gekommen – warum hast du doch nur gefragt!« Susanna blickte ihn mit strahlenden und erstaunten Augen an. Ihr Blick veränderte sich seitdem nicht mehr, so oft sie ihn ansah. Häufiger als sonst zog sie Graus Hand an die Lippen.

Und plötzlich richtete sich Susanna auf und sagte: »Ich liebe dich. Du bist mein, bist du?«

»Ja,« antwortete Grau.

Susanna hustete ein wenig, sie errötete und ihre Augen flammten.

»So versprich mir, zu keiner Frau mehr von Liebe zu reden!«

Grau zögerte nicht. Er versprach.

»Oh, oh!« rief Susanna aus und warf sich in die Kissen und weinte.

Grau verstand sie nicht.

Lenz und Eisenhut lachten draußen in der Küche.

Mütterchen kam ins Zimmer und sagte: »Höre, wie sie lachen! Nun will er Klatschbase schlachten, für heute abend!«

Lenz wurde in den nächsten Tagen schweigsam. Er streckte sich, trieb sich herum, er blickte den ziehenden Wolken nach. Er reiste ab. Mütterchen hatte ihm den Rock zurecht geflickt und ein kleines Ränzchen gepackt.

»Nun denn, adieu!« sagte Lenz laut und fröhlich zu Susanna. »Adieu, meine prächtige Susanna, meine Freunde erwarten mich! Ich bin diesmal lange dageblieben. Adieu und sieh, daß du bald ganz gesund wirst, mein schönes, herrliches Mädchen!«

Er ging. Mütterchen weinte den ganzen Tag. –

Grau hatte eine Unterredung mit Adele. Sie saß in der Laube an der Mauer und stickte. Sie sprachen von Susanna. Ja, es gehe zu Ende jetzt.

Adele sagte: »Ich gehe zuweilen des Abends oben auf der Höhe, die Abende sind so schön.«

»Ja,« sagte Grau.

»Sie sind ja gegenwärtig so sehr in Anspruch genommen, nicht wahr. Aber ich würde gerne wieder mit Ihnen sprechen. Heute abend?«

Sie gingen zusammen auf der Höhe, bis der Mond aufging. Sie sprachen fast nichts. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

Aber als sie sich trennten, sahen sie einander in die Augen.

Plötzlich fiel Grau das Versprechen ein, das er Susanna gegeben hatte, und er erbleichte so sehr, daß Adele es gewahrte.

»Weshalb sind Sie plötzlich so bleich geworden?« fragte sie.

»Es ist nichts. Gute Nacht.«

»Gute Nacht, Herr Grau.« –

Am andern Tage starb Susanna.


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