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II

Als die alte Kozina abends das Licht auslöschte, legte sie sich zu Bette, schlief aber nicht. Dann kamen plötzlich die zwei Gäste, welche ihr Sohn, der junge Grundherr, bemerkt hatte, und riefen sie hinaus, damit sie ihnen öffne. Sie warf einen langen, mit braunem Tuch überzogenen, mit Lammfell gefütterten Pelz über und öffnete.

»Mache Licht!« sprach einer der beiden Männer vor der Türe, und die alte Bäuerin erkannte der Stimme nach ihren Bruder.

Christof Hrubý war es, der Erbrichter aus Trasinau, ein Mann von grosser, etwas vorgebeugter Gestalt, in weiten Mantel gehüllt. In der Hand hielt er eine mächtige Čakana, deren oben gelb beschlagener Handstiel im Scheine des angezündeten Kienes blendend glänzte. Als er in die Stube trat, stellte er eine gut beschlagene Eichentruhe, die er unter dem Mantel trug, auf die weisse Ahorntafel des nicht allzugrossen Tisches, der auf einem geschnitzten Untergestelle ruhte. Nachdem er die hohe Widdermütze herabgenommen, wurde sein faltenreiches, aber noch frisches, ernstes, ausdrucksvolles Gesicht sichtbar. Das bereits stark ergraute Haar fiel ihm bis zur Schulter herab und war nur über der Stirne, die es beschattete, gerade zugeschnitten. Die schön gebogene Nase, die immer noch hellen Augen, aus denen Festigkeit und Selbstbewusstsein sprachen, gaben dem stattlichen Greise das Aussehen eines Landedelmannes.

Von seiner hohen in einen dunklen Mantel gehüllten Gestalt stach umsomehr sein Nachbar, der Erbrichter von Aujezdl, Georg Syka, ab. Er war ein Mann von nicht grosser, jedoch kerniger und breitschultriger Statur mit einem bis über die Kniee reichenden, langen, schwarzbesetzten Scherkenrocke bekleidet.

Die Ausgedingerin im alten, langen Pelze, an dem man noch Spuren buntgestickter Blüten merkte, blickte verwundert die späten und unerwarteten Gäste an. Nichtsdestoweniger wartete sie ruhig ab, bis sie selbst anheben werden. Ihr Bruder begann auch ohne Umschweife zu erzählen. Kurz deutete er an, wie er heute in der Stadt war, und wie er dorten von zwei Stadtschöppen sicher erfuhr, dass die Obrigkeit sich nach den geschriebenen Chodenrechten erkundigte, in der Meinung, sie seien – wie früher auf dem Chodenschlosse – jetzt auf dem Stadtamte in Aufbewahrung. Die Obrigkeit forschte durch Vermittlung ihres Verwalters Koš insgeheim nach; die genannten Stadtschöppen, bei denen die Obrigkeit von Chodenschloss, wie bei allen anderen, nicht beliebt war, vertrauten dies bereitwillig dem alten Erbrichter an. Dieser schlug nun nicht den Weg nach Hause ein, sondern direkt nach Aujezdl, wo beim Erbrichter, welcher im Chodenlande seit jeher die grösste Hochachtung genoss, das Kleinod der »Hundsköpfler«, ihre Privilegien, schon seit der Zeit, da die Choden an weiland den alten Lamminger verkauft worden waren, aufbewahrt wurden. Einige Ältesten der Choden, darunter auch der Grossvater des alten Kozina, erinnerten sich damals noch rechtzeitig ihrer Rechte und eilten in die Stadt, um die Herren von Taus zur Herausgabe ihrer Privilegien zu bewegen. Im Jahre 1585 überliess König Rudolf auf 60 Jahre die Verwaltung der Choden den Tausern als Pfand für eine Anleihe von 37.142 Schock.

»Euch hat man uns geraubt – hier nehmet euch sie. Lieber sollt ihr sie haben, als dieser Deutsche!« sagten die Herren Stadtschöppen, und gestatteten den Choden auf ihrem Schlosse jenes Gewölbe zu öffnen, in dem die Truhe mit den »Chodischen Sachen« aufbewahrt war. Seit jener Zeit wurden die Dokumente sicherheitshalber von einem Chodendorfe in das andere überführt, als die neue deutsche Obrigkeit, trotzdem sie die Privilegien nicht anerkennen wollte, dennoch dieselben begierig suchte. Die nicht allzugrosse Truhe, in der die goldene Freiheit verschlossen war, blieb bald bei diesem, bald bei jenem Erbrichter im Verstecke, am häufigsten aber in Aujezdl – und dorten verblieb sie auch seit jener verhängnisvollen Zeit, zu welcher man den Choden das perpetuum silentium auferlegte, bis zum heutigen Tage.

Die Obrigkeit tat sodann, als wenn sie nicht mehr darum stehen würde, oder die Sache vergessen hätte, bis sie nun plötzlich wieder begierig darnach fahndet. – Darüber sprachen jetzt in der Ausgedingestube die beiden Chodenrichter mit der alten Bäuerin. Diese hörte beiden gespannt zu, sobald nur einer von ihnen das Wort ergriff. Im ernsten Antlitze der Greisin, dessen Züge auf den ersten Blick verrieten, dass sie die Schwester des alten Christoph Hrubý ist, war in diesem Augenblicke nichts von Furcht oder Schrecken zu sehen. Im Gegenteil, das Gesicht heiterte sich auf, und in den Augen zuckte ein Freudenstrahl auf.

»Nun, sie sind also doch noch etwas wert,« liess sie sich hören, und ein sonderbares Lächeln glitt über ihre Lippen. »Gut habt ihr getan, – dass ihr sie mir, einem Frauenzimmer, überbracht habt. – Nun, es schadet nichts, ich werde sie gut aufheben, und auf meine Chaluppe verfällt niemand.«

Unterdessen hatte Syka, einen kleinen Schlüssel aus der Westentasche hervorholend, das Kästchen geöffnet, und demselben zuerst ein talergrosses Petschaft an einem kurzen silbernen Kettchen entnommen. Der Erbrichter von Trasinau und seine Schwester beugten sich über das Kästchen und betrachteten die Pergament-Dokumente, die hier schön geordnet und eingepackt lagen. Sodann begann Syka ein Dokument nach dem anderen herauszunehmen und auf den Tisch zu legen. Er war der Übergeber, und darum legte er sie, nachdem er sie vorerst aus dem Papierumschlage herausgenommen hatte, einzeln aus, als ob er sich und die Anwesenden überzeugen wollte. Er hatte sie selbst durch lange Jahre bei sich bewahrt, und so manche Nachtstunde bei ihnen geheim in seinem Stübchen zugebracht, indem er sich mit ihnen so beschäftigte, dass er sie alle, die böhmisch geschrieben waren und die Übersetzungen der lateinischen, gelesen hatte. Die Übersetzungen wurden vor Jahren, zu einer besseren Zeit, als noch die Freiheit grösser war, hergestellt.

Der Bibelleser Syka, den die Seinen als eine Art Prokurator betrachteten, legte diese geschriebenen Freiheiten und Bestätigungen der Reihe nach von der ältesten bis zur letzten von Mathias vor. So lagen sie denn hier in einer einfachen Stube im Lichtscheine des Föhrenkienes, diese alten Pergamentblätter, gut zusammengelegt, mit Bändern gebunden, vergilbt, mit braunen Flecken an den Rändern und an den Ecken abgegriffen. Grosse Petschafte hingen da an Seidenschnüren von einst roter und weisser Farbe; aber die Jahrhunderte, die seither verstrichen waren, färbten die weisse Farbe gelblich und liessen das Rot erbleichen. Die Siegel waren gut erhalten, auch das älteste aus farblosem Wachse, auf dem König Johann von Luxemburg in voller Rüstung hoch zu Ross im Sattel abgebildet war, wie er in der Rechten ein Schwert an der Kette und in der Linken den Schild trägt; auch die Siegel aller anderen Könige waren erhalten, jene von Karl, Wenzel, Georg, Wladislaw, Ferdinand, Maximilian, Rudolf und Mathias; die Siegel dieser letzteren waren von hellstem, leuchtenden Rot.

Einen Augenblick herrschte in der Stube Stille. Beide Choden und auch die Greisin blickten schweigend hin auf die verhängnisvollen Dokumente, die Jahrhunderte und bessere, glücklichere Zeiten kannten, und Zeugen von Erniedrigung und Leiden wurden. Syka überflog noch einmal ein Blatt nach dem anderen, als würde er sie abzählen, wendete sich sodann gegen Hrubý und sagte:

»Kein einziges fehlt.«

Der Greis nickte nur mit dem Kopfe. Er äusserte dadurch seine Zustimmung, denn er kannte die Blätter eben von früheren Zeiten her ebenfalls gut. Syka setzte dann noch hiezu:

»Das waren andere Zeiten, als diese Pergamente und Majestätsbriefe noch in Geltung standen!«

»Nun gelten sie denn nicht mehr?« liess sich rasch die Greisin vernehmen.

»Gelten? Sie gelten, und wenn jetzt nicht, so werden sie ein andersmal wieder gelten,« erwiderte bestimmt, ja scharf der alte Hrubý. »Hier ist unser Recht, und dieses ist stark wie die Eiche, und niemand wird es wanken machen, weder Lomikar's Verwalter, noch Lomikar selbst! Unsere Könige waren ganz andere Herren, ihr hier niedergeschriebenes Wort wird wol mehr gelten, als jenes eines eingewanderten Schwaben.«

»Wirklich wahr,« bestätigte Syka. »Das möchte er wol wünschen, dass wir ihm sie ausfolgen, damit er sie dann verbrennen kann. Dann würde er erst die Peitsche hervorholen und schreien: ›Springt, Kerle!‹ Aber noch ist dieses nicht ausgelöscht!« und er schlug die lateinische Urkunde des Königs Georg auf, zeigte auf die in ihr auf einem Blatte eingelegte Übersetzung und gerade auf die unterstrichene Stelle:

»– Die hochgeborenen Herren oder Wladyken dürfen sie (die Choden) keinesfalls beherrschen, oder sich sie zu eigen machen, oder sich unter ihnen ansiedeln –«

»Und dieses gilt auch noch!«

Und indem er sich sodann über den Majestätsbrief des Königs Mathias gebeugt, las er eine Weile darin, bis er die erwünschte Stelle fand und zu lesen begann:

»– – Und gebieten wir dabei allen Bewohnern aus allen Ständen unseres Königreiches Böhmen und besonders den Räten unserer böhmischen Kammer, den jetzigen und den künftigen, unseren lieben Getreuen, dass sie die vorgenannten, zu unserer Burg oder Feste zu Taus gehörigen Choden, die jetzt leben und die kommenden, nach dieser neuerlichen Genehmigung und Bestätigung ihrer Privilegien, Majestätsbriefe und Freiheiten, sowie diese Rechte in den Urkunden enthalten sind, jetzt und auf ewige Zeiten bei ihnen ruhig belassen, am Gebrauche derselben sie nicht hindern und auch durch andere nicht hindern lassen. Dies alles bei Vermeidung unseres Zornes und unserer nebst unserer zukünftigen böhmischen Könige königlichen Ungnade – – – –« Das Original des Majestätsbriefes des Königs Mathias ist böhmisch. Anmerkung des Übersetzers.

Syka erhob die Blicke von der Urkunde, und zu Hrubý und seiner Schwester gewendet sagte er:

»Habt ihr gehört? ›Unsere lieben Getreuen‹ nannten in diesen Urkunden in alten Zeiten die Könige unsere Väter, und jetzt schimpft uns jeder Schreiber Kerle und robotpflichtige Bauernbengel, und bildet sich dabei ein, weiss der Teufel, was zu sein! Aber das muss man ihnen zeigen, –« und er wies auf die Privilegien. – »Hätten wir nur diese zwei Urkunden, wir brauchten gar nicht zu zittern, dass es mit allem aus sei. Sie würden vor Recht und Gericht hinreichend sein. Unser ganzes Recht ist darin voll enthalten.«

»Dasselbe pflegte unser selige Vater zu sagen,« erwiderte die Bäuerin, »Weisst du dich, Krisl, Christoph. zu erinnern, als diese Truhe noch bei uns war –«

»Wie sollte ich es nicht wissen!« bestätigte Hrubý. »Aber es ist an der Zeit, die Urkunden zu verbergen –«

»Kommt also rasch!« rief die Greisin.

Beide Männer legten die Urkunden wieder in das Kistchen hinein.

Als es Syka, nachdem er es geschlossen hatte, vom Tische nahm, seufzte der Erbrichter von Trasinau auf. Seine Schwester hatte um sich geblickt, namentlich nach den Fenstern, und ging sodann voraus in die niedrige benachbarte Tür, in der sie plötzlich stehen blieb. Der Bruder hielt sie an.

»Wir hätten vielleicht auch Jan rufen sollen?«

Er meinte damit seinen Neffen, Sladký, den jungen Grundherrn. Syka richtete bei dieser Frage die Augen auf die Greisin und harrte offenbar mit Spannung der Antwort. Die Greisin schwieg einen Moment und entgegnete sodann:

»Nein, so ist es eben recht.«

Syka nickte zufrieden mit dem dicht behaarten Haupte.

Die Greisin verschwand sodann in der zur angrenzenden Kammer führenden Tür, und hinter ihr verschwanden auch ihre beiden Gesellschafter.

In der Stube war es leer und stille. Nur die Fenster erzitterten leicht, als der draussen heulende Wind heftiger anhob; in diesem Augenblicke loderte auch die rote Flamme des Föhrenkienes lebhafter auf, während seine glühende Kohle sich wand und verlöschend am Ende sich schwärzte.

Im selben Momente erschien draussen im Fenster ein Gesicht. Es tauchte plötzlich auf, verschwand jedoch nicht, offenbar, weil in der Stube niemand war. Es blickte da der junge Grundherr selbst forschend in die Stube der Mutter. Die Gäste, die er früher erblickt hatte, waren verschwunden, und ebenso das beschlagene Kistchen. Aus der Kammer neben der Stube ertönte jedoch das dumpfe Echo einiger kräftiger, aber nur einiger weniger Schläge.

Dann trat wieder tiefe Stille ein.

Als nach einer Weile der alte Hruby, sein weisses Haupt in der niedrigen Tür neigend, mit Syka und der Ausgedingerin wieder die Stube betrat, verschwand das Gesicht des jungen Bauers plötzlich vom Fenster.

Der Trasinauer brach sofort auf. Syka wendete sich noch knapp an der Tür und sprach:

»Also, wolgemerkt, Bäuerin, was du versprochen hast –«

»Um Gottes willen, Leutchen, ich habe es ja mit Handschlag bei Gott gelobt,« antwortete die Greisin ernst und nicht ohne Vorwurf.

Bald standen beide Erbrichter wieder vor der Chaluppe. Im Bauernhofe war es finster und still. Der alte Brunnenschwengel unter der Linde knarrte und klirrte. Heimlich, wie sie gekommen, schlichen die Dorfschulzen wieder weg, und doch wurden sie bemerkt. Sie hatten davon freilich keine Ahnung. Als sie vor das Gebäude traten, trug ihnen der Wind einige lustige Töne zu.

»Der Wind trägt mir Musik in die Ohren,« sagte Syka, indem er seinen breitkrämpigen Hut an den Kopf drückte. »Da ist sicherlich schon die Spinnstunde um.«

Er trat an das beleuchtete Fenster des benachbarten Bauerngrundes und blickte hinein. Dorten in der geräumigen Stube ging es lebhaft und lustig zu.

Das Spinnen hatte man in der Tat schon beendet. Die Männer, namentlich die jungen, die hier zusammengekommen waren, hörten die Saatgerste durchzuklauben und die Federn zu schleissen auf, und jeder fasste sein Liebchen, welches die Spindel und den Spinnrocken verlassen hatte, bei der Hand, um zum Reigen anzutreten. Jiskra Řehůřek stand, die Mütze tief im Scheitel, mit in die Stirne herabhängenden Haaren mitten in der Stube und blähte wacker den Blasbalg seines wunderbaren Dudelsackes. Er spielte, dass alles wetterte. Doch nicht allein seine Musik lud und zwang alle zum Tanze, auch seine Bewegungen eiferten an und brachten das junge Volk in Hitze. Er blähte die Wangen auf, lächelte grinsend; drückte hie und da die Augen zu, schloss sie und hob die Blicke wieder zur Decke empor. Er drehte sich auf der Stelle, und die Kniee biegend, wiegte er sich im Takte, stampfte zuweilen mit den Füssen auf; sein Ober- und Unterkörper machte die lustigsten Schwankungen, dann wiegte sich der Spassmacher eine Weile auf einem Fusse und stampfte von neuem auf.

Die Alten lachten, die insgesamt leidenschaftlich erhitzten Jungen tanzten und hüpften um den ächzenden Dudelsack herum, dass den Mädchen Zöpfe und Röcke nur so herumflogen.

Der Erbrichter von Aujezdl kehrte zu Hrubý, der, die Musik nicht beachtend, langsam in der Finsternis einher schritt, wieder zurück.

»Die Leute sind lustig! Wenn sie wüssten!« sagte Syka.

»Sie werden es schon erfahren,« antwortete ernst der alte Erbrichter von Trasinau. Als ihn sodann Syka einlud, er möge hier in der Erbrichterei über Nacht bleiben, da es spät sei und man in dieser Finsternis schlecht gehe, schlug er es ab.

»Damit alle Welt erfahre, dass ich hier war? Die Finsternis fürchte ich nicht. Gute Nacht!«

Syka bog zu seiner Erbrichterei ein. Hrubý schritt gegen Trasinau zu und verschwand alsbald im Dunkel. Nur seine langsamen und schweren Schritte hörte man noch einen Augenblick.

Während beide Erbrichter von einander schieden, trat der junge Bauer aus dem schwarzen Schatten der Ecke beim steinernen Tor seines Bauerngutes hervor. Er stand eine Weile still, als blickte er den sich Entfernenden nach, als horchte er ihren Schritten. Dann kehrte er sich um und schritt langsam und ruhig ins Wirtschaftsgebäude. Die lustigen Klänge, die ihm aus der Nachbarschaft nachtönten, beachtete er nicht. Er hörte sie gar nicht. Unbemerkt war er wieder in die Stube eingetreten und ruhig legte er sich nieder. Man hörte den ruhigen Atem des Weibes und der still schlummernden Kinder. Die wenigen tiefen Seufzer des Wirtschaftsbesitzers waren aber viel lauter.

 

Die alte Kozina heizte in der Früh ein – die grauen Haare hatte sie noch nicht ins Kopftuch gebunden – als der Sohn, der junge Bauer, bei ihr eintrat.

Es war zeitlich in der Früh und sehr selten pflegte er um diese Zeit zur Mutter zu kommen. Nachdem er gegrüsst, setzte er sich auf die Bank und betrachtete durchs Fenster den verzogenen Himmel, dann wieder die Mutter, welche ihn sodann über die Kinder befragte, wie Hanálka und Paul bei diesem Sturmwind geschlafen haben?

»Gut. Und ihr seid, Mütterchen, bald schlafen gegangen.«

»Bald –«

»Aber dann habt ihr wieder geleuchtet. Ich sah hier Lichtschein –« Dabei blickte er forschend die Mutter an.

»Es war so ein Sturm. Ich fürchtete mich, dass etwas geschehen könnte –«

Das sagte sie ganz gelassen, gleichgültig.

Der Sohn blieb noch eine Weile und wartete. Aber die Mutter liess kein Wort über den gestrigen Abend fallen und sprach nur über alltägliche Dinge. Er selbst berührte ihn auch mit keinem Worte.

Enttäuscht ging er dann fort und verbittert dachte er bei sich:

»Nicht einmal die eigene Mutter traut dir!« – –


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