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Der Zusammenbruch Bulgariens und der Türkei

Um die Mitte des September, als im Westen die entscheidenden Kämpfe um die Siegfriedstellung neu einsetzten und sich zu unseren Ungunsten wandten, verließ das Kriegsglück auch unsere östlichen Bundesgenossen.

 

Zusammenbruch. Bulgariens

Die bulgarische Armee hatte nach der Niederwerfung Rumäniens und dem Abschluß des Bukarester Friedens nur noch einen Feind zu bekämpfen: die durch Serben und Griechen verstärkte Ententearmee, der sie seit langer Zeit in wenig veränderten Stellungen in der Linie Struma-Doiransee – nördlich Monastir-Ochridasee gegenüberstand. Die bulgarische Stellung war von Natur stark und in den wichtigsten Punkten gut ausgebaut. Dagegen war der Kampfwert und die Widerstandskraft des bulgarischen Heeres unterwühlt; die Zersetzung des Geistes der Truppen hatte seit der Übernahme der Regierung durch Malinoff zweifellos starke Fortschritte gemacht.

Am 15. September begannen die Alliierten einen wuchtigen Vorstoß gegen die starke Zentralstellung der Bulgaren auf den hohen Bergen zwischen dem Doiransee und Monastir in dem durch den Zusammenfluß der Tscherna und des Vardar gebildeten Dreieck. Die Bulgaren hielten dem überraschend geführten Schlage nicht stand. Die schwachen zwischen den bulgarischen Truppen noch eingesetzten deutschen Bataillone versuchten vergeblich, die Lage zu retten. In wenigen Tagen wurde der Einbruch zum Durchbruch. Unter Zurücklassung ihres Kriegsmaterials gaben die Bulgaren in ungeordnetem Rückzug den ganzen Tscherna-Vardar-Bogen preis. Die Ententetruppen rissen den östlichen und westlichen Teil der bulgarischen Front auseinander; sie durchschnitten talaufwärts der Vardar-Enge von Demirkapu die wichtigste rückwärtige Verbindung der östlich von Doiran stehenden Struma-Armee, desgleichen in der Gegend von Prilep die wichtigsten nach dem westlichen Frontteil führenden Straßen. Die bulgarische Armee, deren Oberbefehlshaber Schekow um jene Zeit krank in Wien lag, geriet in völlige Auflösung. Im Laufe einer Woche war, obwohl die deutsche Heeresleitung auf die ersten Nachrichten von der Niederlage sieben Divisionen nach der bedrohten Front auf den Weg brachte, der Zusammenbruch besiegelt. Die Ententetruppen drangen bis zu der mazedonischen Hauptstadt Ueskueb vor und brachen in altbulgarisches Gebiet ein. Im bulgarischen Hauptquartier selbst kam es zu revolutionären Ausbrüchen.

 

Waffenstillstandsgesuch Bulgariens. Türkische Niederlage

Die bulgarische Regierung sah sich durch diese Gestaltung der Dinge am 25. September, also zehn Tage nach Beginn der Offensive, veranlaßt, ein Gesuch um Waffenstillstand und Einleitung von Friedensverhandlungen an den Oberbefehlshaber der Entente-Streitkräfte in Saloniki zu richten, und zwar ohne sich über diesen Schritt mit ihren Verbündeten ins Benehmen zu setzen.

Eine kaum minder schwere Katastrophe als das bulgarische Heer traf die türkische Armee in Syrien.

Nach der Einnahme Jerusalems im Dezember 1917 waren die britischen Operationen im Laufe des Frühjahrs 1918 etwa in der Linie von Jaffa östlich nachdem Jordan zum Stehen gekommen. Die heiße Jahreszeit benutzten die Engländer zu Vorbereitungen eines neuen großen Schlages.

In der Nacht zum 19. September gingen die britischen Truppen auf der ganzen Linie zum Angriff vor. Während das türkische Zentrum und der sich an den Jordan anlehnende linke Flügel standhielten, brach der an der Küste stehende rechte Flügel zusammen. Britische Kavallerie drängte scharf nach und schwenkte südlich des Sees Tiberias nach Osten ein, um das Zentrum der türkischen Armee im Rücken zu fassen. Dazu wurde die Lage im Ostjordanland durch Aufstände der Araberstämme gefährdet. Ende September erzwangen die Engländer den Übergang über den oberen Jordan und vereinigten sich mit den Arabertruppen des von ihnen zum König von Hedschas ausgerufenen Scheiks Hussein. Die türkische Niederlage wurde zum Zusammenbruch. Während sich die deutschen Abteilungen zum großen Teil mit Aufgebot aller Kraft durchschlugen, ergab sich der größte Teil der türkischen Verbände in sein Schicksal und kapitulierte. Am 2. Oktober konnten die Engländer die Einnahme von Damaskus melden. Dem weiteren Vormarsch nach Norden stand kein Hindernis mehr entgegen. In der letzten Oktoberwoche besetzten die Engländer ohne Kampf Aleppo und durchschnitten damit die einzige Eisenbahnverbindung zwischen Kleinasien und Mesopotamien. Auch die in Mesopotamien stehenden türkischen Truppen erlitten gleichzeitig eine vernichtende Niederlage.

Unter der Wirkung der Katastrophe war schon am 9. Oktober der deutschfreundliche Großwesir Talaat Pascha mit seinem Kabinett zurückgetreten und hatte dadurch den Weg für Verhandlungen mit der Entente freigemacht.


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