Ulrich Hegner
Hans Holbein der Jüngere
Ulrich Hegner

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Der Holbeinische Todtentanz.

Da dieser unter die vorzüglichsten Meisterstücke der Formschneidekunst gezählt wird, und um dieser Vorzüglichkeit willen in wiederholten Auflagen allgemein verbreitet worden, so daß, wie Papillon behauptet, über hunderttausend Exemplare davon in die Welt gekommen sindTraité de la gravure en bois. Paris, 1766. I. 423. Zum Belege dieser Aeußerung spricht er von einer Platte, die heilige Jungfrau vorstellend, von seinem Vater geschnitten, die schon neunzig Jahre lang gebraucht worden sey, und jährlich fünf bis sechstausend Abdrücke geliefert habe, und noch immer brauchbar sey, obgleich mehr als fünfmalhunderttausend Exemplare davon abgezogen worden. – Eine Holzplatte könne mehr als sechzigtausend Abdrücke liefern, ohne daß die Letzten merklich schlechter seyen, als die Ersten. – Endlich kömmt er gar auf Millionen von Abdrücken seiner eignen Arbeit., die jetzt gleichwohl als eine köstliche Seltenheit gesucht werden, so ist es wohl der Mühe werth, und gehört zur Sache, 312 die verschiedenen Ausgaben dieses Kunstwerks hier anzuführen, so wie sie, nach mühsamer Erforschung, so bestimmt und von falschen Nachrichten geläutert, als möglich, und mit Weglassung aller unzuverlässigen Editionen, deren Besitz nirgends angegeben ist, vorgelegt werden können.

1530. Papillon gibt eine wirkliche Ausgabe von diesem Jahre an; doch spricht er davon mit Ungewißheit, so daß man es fast für eine seiner vielen falschen Muthmaßungen halten muß. Er sagt: la premiere edition, a ce que l'on peut juger, doit etre de 1530. Elle fut imprimée a Basle ou a Zuric, avec un titre a chaque estampe, et je crois des vers sous chacune, le tout en langue Allemande. – Dieß schrieb nun MurrJournal u. s. w. XVI, 10. als eine Gewißheit nach, und JansenEssay sur l'origine de la gravure etc. I, 119. übersetzte es wörtlich nach Murr; und so kam der Glaube in die weite Welt. Späterhin wurde von Andern diese Ausgabe mit Recht in Zweifel gezogen.

1538. Les Simulachres et historiées faces de la mort, autant elegammēt pourtraictes, que artificiellement imaginées. (Mit einer emblematischen Vignette.) a Lyon, soubz l'escu de Coloigne. MDXXXVIII. 313 – Hinten: Excudebant Lugduni Melchior et Gaspar Trechsel Fratres 1538. Nebst einer Dedication: a moult reverende Abbesse du religieux convent S. Pierre de Lyon, Madame Jehanne de Touszele, und verschiedenen französischen Abhandlungen und Todesbetrachtungen. – Diese Ausgabe mag, einzelne frühere Abdrücke abgerechnet, die erste seyn, die aus einer Buchhandlung hervorgegangen, wie auch die Vorrede anzudeuten scheint. Sie enthält ein und vierzig Holzschnitte von 2 Zoll 4½ Linien Höhe, und 1 Zoll 10 Linien Breite, französisch Maaß. Ueber jedem steht ein lateinischer biblischer Spruch, und unterhalb ein französisches Quatrain. – Im Besitze des Verfassers.

1542. Imagines mortis etc. Lugduni apud Joannem et Francisc. Frellonios fratres. 1542.. Soll nach Fiorillo, nur neun und dreißig Holzschnitte haben. Er gibt einen Besitzer dieser Ausgabe in Altorf an. Auch die Einleitung zum Hollarschen Todtentanz erwähnt ihrer.

1545. Imagines Mortis. His accesserunt epigrammata e gallico idiomate a G. Aemylio in Latinum translata. Lugduni apud Jo. et Fr. Frellonios fratres. 1545. Soll sich in der Bibliothek des Britischen Museums befinden. Ebendaselbst auch eine 314 italiänische Ausgabe von eben dem Ort und Jahre, die auch Rumohr (bei Fiorillo) anführt.

1547. Imagines mortis, duodecim imaginibus praeter priores, totidemque inscriptionibus, praeter epigrammata e Gallicis a Georgio Aemylio in latinum versa, cumulatae. Lugduni sub scuto Coloniensi. Hinten: Lugduni excudebat Joannes Frelonius. 1547. – Hat 53 Holzschnitte. – Im Besitze des Herrn von RumohrKunstblatt, 1823, No. 31..

Les images de la Mort, auxquelles sont adjoustées douze figures etc. Lyon, l'escu de Cologne, chez Jean Frelon. 1547.

Von diesen beiden Ausgaben gibt Fiorillo die Besitzer an; beide hat auch die Englische Abhandlung zu Hollars Todtentanz. – Von den hinzugekommenen zwölf Stücken wird später die Rede seyn.

1549. Simulacri, historie et figure de la morte. In Lyone apresso Giovanni Freloni. 1549. Jedes Blatt hat seinen lateinischen Bibelspruch gleich den andern, unten aber einen italiänischen Viervers. Die neu hinzugekommenen Stücke finden sich hier ebenfalls. In der Vorrede beschwert sich (nach Angabe des Englischen 315 Herausgebers von Hollars Todtentanz) der Verleger über Nachdrücke, die in andern Ländern gemacht werden. Papillon bemerkt, daß diese Abdrücke nicht so sauber und rein seyen, wie in den frühern Ausgaben. – Wird verschiedentlich angetroffen.

1554. Icones Mortis, duodecim imaginibus praeter priores etc. Basileae. 1554. Ist an mehrern Orten, auch auf der Bibliothek in Basel, und bei dem Verfasser anzutreffen. Auch hier sind die Abdrücke weniger gut. Angehängt sind allerhand Todesbetrachtungen in lateinischer Sprache.

Wie dieß Werk jetzt in Basel, und nachher doch wieder in Lyon erscheinen konnte, dürfte am wahrscheinlichsten als ein buchhändlerisches Unternehmen gegen Nachdruck erklärt werdenHerr Oberst Haas in Basel besitzt noch jetzt eilf Holzstöcke, die 1546, dem Original nachgeschnitten worden. – Fiorillo führt schon einen Nachschnitt, Augsburg 1544, durch Jobst Donneker an, und nennt es eine treue Copie der ersten Ausgabe; nach Füeßli's Lexikon hingegen (Art. Hans Bock) wäre es eine Vorstellung des alten Todtentanzes zu Basel.. – Vielleicht war auch diese Verlegung nach Basel nur fingirt, indem, gegen damalige Gewohnheit, kein Name des Verlegers, sondern allein der Druckort angegeben ist.

1562. Les images de la Mort, auxquelles sont 316 adjoustées dix sept figures. Lyon, chez Jean Frelon. 1562. Dabei sind die Todesbetrachtungen, welche die Edition von 1554 lateinisch hat, hier französisch. Die siebenzehen neuen Figuren sind die zwölf schon früher hinzugekommenen, denen jetzt noch fünf andre beigefügt sind, nämlichNach Murr's Journal zur Kunstgeschichte. XVI. eine junge Frau, die der Tod fortzieht, und der ein Jüngling mit der Zither vorgeht, und dann ein junger Ehemann, den der Tod mit Gaukelsprüngen führt; diese sollen nach Papillons Zeugniß sehr gut gezeichnet und geschnitten seyn. Die drei übrigen Vorstellungen sind spielende Kinder, die zu den religiösen Betrachtungen gehören. Douce führt diese Ausgabe in dem Hollarschen Todtentanz an, sie soll sich in der Bibliothek des Britischen Museums befinden. – Dieses mag wohl die letzte der zuverlässigen Originalausgaben seyn.

Wenn es bei Kupferstichen auf gute Abdrücke ankommt, um richtig über ihren Werth urtheilen zu können, so ist das bei Holzschnitten noch mehr der Fall. Werden diese im Abziehen nicht auf das Sorgfältigste behandelt, so verwischen sich einzelne Partien, das Dunkle läuft zusammen und wird schwarz, oder es druckt sich nicht genugsam ab, und alle Haltung geht verloren, so daß kaum 317 Sachkundige darin noch das Verdienst des Künstlers anerkennen können. Gewöhnlich gingen schon die alten Drucker, die tausende von Abdrücken häufig auf beiden Seiten des Blattes zu machen hatten, oder selbige dem Text einrücken mußten, allzu eilfertig zu Werke, und so geschah es auch mit diesen Holbeinischen Holzschnitten. Wer sie in ihrer Vollkommenheit sehen will, muß ein blos auf Einer Blattseite abgedrucktes Exemplar, dergleichen noch hier und da vorhanden sind, vor Augen haben; Musterdrucke, die zur Empfehlung des Werks oder für Liebhaber um doppeltes Geld gemacht wurden.

Eine Sammlung solcher unvergleichlicher Abdrücke, wo jeder Strich und Punkt in Klarheit und Kraft erscheint, besitzt die öffentliche Bibliothek zu Basel. Es sind vierzig Stücke, nämlich alle, welche die Ausgabe von 1538 hat, den Sterndeuter ausgenommen. Sie sind aus vier Folioblätter, auf jedes zehen Vorstellungen, gezogen, und über jeder derselben steht in deutscher Sprache, mit lateinischen beweglichen Typen gedruckt, der Name des Gegenstandes, ohne allen weitern Text. Die Benennungen sind folgende: 1. die Schöpffung aller Ding. - 2. Adam Eva im Paradyss. - 3. Usstribung Ade Eve. - 4. Adam bawyt die erden. - 5. Gebeyn aller menschen. - 6. der Bapst. - 7. der Keyser. - 318 8. der Künig. - 9. der Cardinal. - 10. die Keyserinn. - 11. die Küniginn. - 12. der Bischoff. - 13. der Hertzog. - 14. der Apt. - 15. die Äptissinn. - 16. der Edelman. - 17. der Thumherr. - 18. der Richter. - 19. der Fürspräch. - 20. der Ratsherr. - 21. der Predicant. - 22. der Pfarrherr. - 23. der Münch. - 24. die Nunne. - 25. dass Altweyb. - 26. der Artzet. - 27. fehlt (der Sterndeuter). - 28. der Rychmann. - 29. der Kauffman. - 30. der Schiffman. - 31. der Ritter. - 32. der Groff. - 33. der Alt man. - 34. die Greffin. - 35. die Edelfraw. - 36. die Hertzoginn. - 37. der Kramer. - 38. der Ackerman. - 39. dass Jung Kint. - 40. dass Jüngst gericht. - 41. die wappen des Thotss. –

Ein ganz ähnliches Exemplar, dem gleicher Weise die deutschen Benennungen beigedruckt sind, beschreibt auch, als desselben Eigenthümer,W. Y. OttleyHistory of Engraving. II. 762., wo ebenfalls der Sterndeuter mangelt.

Woher nun aber diese deutschen Namen in einem, so viel man weiß, zuerst in Lyon öffentlich 319 herausgekommenen Werke? Sie scheinen die Meinung zu bestätigen, daß diese Holzschnitte wirklich in Basel verfertigt worden, zumal auch diese Bezeichnungen der Basler Mundart entsprechen.

Um der Schönheit dieser Abdrücke, und um der deutschen Benennungen willen, halten EinigeKunstblatt, 1823, No. 59. dafür, dieß möchte die erste bezweifelte Ausgabe von 1530 gewesen seyn. Allein diese Abdrücke sind bisher nirgends als ein Verlagswerk aufgefunden worden, und nicht anders als mit beschnittenen Rändern, auf einzelne Blätter aufgezogen, als Probdrücke vorgekommen, wobei sich keine Jahrzahl findet. – Hätte auch eine solche Basler Edition von 1530, mit deutschen Versen, wie Murr und Jansen (nach Papillon) behaupten, wirklich existirt, so wären wohl in die, 1554, angeblich zu Basel wieder erschienene Auflage, statt der lateinischen Uebersetzung der alten französischen Quatrains, jene deutschen Reime wieder aufgenommen worden.

Die zwölf in den spätern Ausgaben, von 1547 an, hinzugekommenen Blätter sind: der Soldat – die Spieler – die Schlämmer – der Schalksnarr – der Straßenräuber – der Blinde – der Fuhrmann – der 320 Bettler – Spielende Kinder, vier Blätter. – Sie sind in derselben Weise gearbeitet, wie die ältern Stücke, einige besser, als die andern, Schlämmer und Schalksnarr am schlechtesten; doch haben sie nicht dieselbe zarte und leichte Vollendung, noch die sprechende Bedeutung der Mienen. Am besten sind die Kinder, doch in einer andern Manier gezeichnet und geschnittenPapillon, der größte Bewunderer sämmtlicher Platten, gibt von jeder, so wohl alten als neuhinzugekommenen, den technischen Werth an und erhebt mit vorzüglichem Lobe das letzte Stück, das Todeswappen. Er hält die Schildhalter nicht mit Unrecht für Porträte; Einige wollen, es sey Holbein selbst und seine Frau..

Von den häufigen Nachbildungen dieses Todtentanzes hat FiorilloGesch. der zeichn. Künste in Deutschl. u. s. w. IV. ein ausführliches Verzeichniß gegeben; zu gegenwärtiger Geschichte gehören vornehmlich drei derselben:

1. Imagines Mortis. His accesserunt epigrammata e Gallico idiomate in latinum translata ad haec Medicina animae et alia. Coloniae apud Haeredes Arnoldi Birckmanni. Anno 1555. – In neuer Auflage 1557, 1566, 1567 und 1573, ebendaselbst. – Es sind drei und funfzig Holzschnitte, etwas größer, als die Holbeinischen, und alle, No. 16. (der Edelmann) ausgenommen, in umgekehrter Vorstellung. Mehrere Blätter haben das Zeichen , welches Anton 321 Sylvius oder Sylvins bedeuten soll, der als ein geschickter niederländischer Formschneider bekannt istDictionaire de Monogrammes etc. par Brulliot., und sich auch hier so gezeigt hat. Zwar ist keine dieser Vorstellungen ohne mehr oder weniger beträchtliche Abweichung von den Holbeinischen, doch hatte der Künstler offenbar kein andres Vorbild vor Augen; und er mag sich diese Freiheiten erlaubt haben, um seine Landestracht der ältern Schweizerischen zu substituiren, und damit den Knochenmann seinen Landsleuten desto näher zu bringen.

2. The Dance of Death, painted by H. Holbein, and engraved (geätzt) by W. Hollar. S. 1. et a. 8.Es werden von Fiorillo noch verschiedene Ausgaben von 1647 bis 1804 angeführt; bald mit Einfassungen von A. Diepenbeck, bald ohne dieselben. vornen Holbeins und Hollars Porträte. Dann eine kleine Abhandlung über den Todtentanz, die Mr. Douce, einen Englischen Kunstfreund, zum Verfasser hat. Ferner, Beschreibung der Kupfer, deren dreißig sind, bezeichnet , unter jedem derselben der lateinische Bibelspruch, der über den Holzschnitten steht. Am Ende: the dance of Macaber, und ein in Umrissen gestochener Todtenzug auf Einem Blatt, mit einer Erklärung, die aber wenig erklärt.

322 Hollar hat aber nicht alle Stücke der Originalholzschnitte aufgenommen, noch ist er denselben überall treu geblieben. Ihm fehlen (nach der alten Bezeichnung) 1. die Schöpfung aller Ding. – 5. Gebein aller Menschen. – 8. der Künig. – 16. der Edelmann. – 17. der Thumherr. – 18. der Richter. – 20. der Rathsherr. – 22. der Pfarrherr. – 27. der Sterndeuter. – 30. der Schiffmann. – 31. der Ritter. – 36. die Herzogin. – 38. der Ackermann. – 40. das jüngst Gericht. – Hingegen hat er aus den spätern Editionen noch drei Stücke: den Soldat, die Spieler und den Fuhrmann. Und dann finden sich beträchtliche Abänderungen. Einige erscheinen von umgewandter Seite, weichen aber sonst wenig vom Original ab, ja viele derselben entsprechen dem Holzschnitte auch in Schraffur und in Behandlung der Falten so sehr, daß sie offenbar nach demselben copirt erscheinen. Dagegen zeigen diejenigen Blätter, welche nicht umgewandt sind, mancherlei Veränderung in Stellungen, Kleidung und Landschaft, und lassen vermuthen, der Künstler habe andre Vorbilder, und bei einigen die Birckmannische Ausgabe benutzt. Alle aber, auch die genau nachgestochenen, reichen bei weitem nicht an Klarheit, Bestimmtheit, Ausdruck und Haltung an die Originale, wenn gleich diese nur Holzschnitte sind. 323

3. Le Triomphe de la Mort, gravé d'après les dessins originaux de Jean Holbein par Chrétien de Mechel. Basle, 1780. Macht den ersten Theil des von Mechel herausgegebenen Holbeinischen Werkes aus. Es sind im Ganzen sieben und vierzig Kupfer in Octavformat, vier auf einem Folioblatt. Hinten eine französische Erklärung.

Mechel ließ diesen Todtentanz nach Zeichnungen von gleicher Größe stechen, wie seine Kupferstiche sind. Diese mit der Feder umrissenen und leicht getuschten Zeichnungen sollen aus der berühmten Arundelischen Sammlung nach den Niederlanden gekommen seyn; ein Maler daselbst, Jan Bockhorst, genannt Langhen-Jan, Zeitgenosse von Vandyck, besaß sechs und vierzig derselben; später fanden sie den Weg in das reiche Cabinet von Crozat in Paris, wovon Mariette eine Beschreibung gegeben. Bei dessen Versteigerung, 1741, kaufte sie der Geheime-Rath Fleischmann von Straßburg, und dieser überließ sie dem Fürsten Gallizin, Russischen Gesandten in Wien, dessen Gefälligkeit sie Mecheln zum Stechen anvertraute. Nachher verschlang sie die Kaiserliche Kunstsammlung in Petersburg.

Diese Folge von Zeichnungen ließ Mechel unverzüglich durch einen guten ZeichnerRudolph Schellenberg von Winterthur. copiren, und durch 324 einen Handlanger seiner Werkstatt stechen, durch welches doppelte Medium von dem Holbeinischen Urbild nur noch ein Schatten übergeblieben ist. Es mögen auch nicht alle jener Zeichnungen begründeten Anspruch auf Originalität haben. Ein Theil davon zeigt sich im Kupferstiche von umgekehrter Seite der Holzschnitte, und stimmt, den vergrößerten Maßstab abgerechnet, genau mit denselben überein; manche andre hingegen, ja der größere Theil, wie sie das Kupfer darstellt, weichen so beträchtlich von den Holzschnitten ab, daß die Holzschnitte unmöglich nach diesen abweichenden Zeichnungen haben gemacht werden können. Auch zeigen sich, hauptsächlich in diesen, die Extremitäten von schwachem und flüchtigem Umriß, ja man kann sich bei einigen der Muthmaßung nicht enthalten, als hätte der Zeichner sie von den Holzschnitten copirt, und sich willkührliche Veränderungen erlaubt. Man vergleiche nur in dem zweiten Stücke bei Mechel die Eva unter dem Baum, mit der des Holzschnittes; sie sitzt so elegant da, als wenn sie zu der französischen Familie Boucher's gehörte; so wie der Engel in dem folgenden Stücke sicher auch ein modernes Machwerk seyn mag. Dabei verräth sich an mehrern Orten Mangel an Kenntniß des Costums, gleich als wenn der Abbilder nicht gewußt hätte, wie er es nackt dem Holzschnitte verstehen sollte.

325 Es ist nicht so, wie CoxeLettres sur la Suisse, trad. de l'angl. Lettr. XL. meinte, daß Hollar auch nach diesen Zeichnungen gearbeitet habe. Seine Kupferstiche sind wesentlich davon verschieden, und stimmen mehr mit der Birckmannischen Edition überein. Auch Mechel, wo er von den Holzschnitten abweicht, ist von Hollar verschieden, sie treffen nur zusammen, wo beide mit den Holzschnitten übereinkommen.

Vier Blätter der Ausgabe von 1538 fehlen bei Mechel: 1. Schöpfung. – 5. Gebein aller Menschen. – 40. Jüngst Gericht. – 41. Wappen des Todes. – Dagegen hat er alle nachgebrachten Stücke der spätern Ausgabe, die Kinder ausgenommen.

Das Werk schließt mit einem kleinen Todtentanz auf einer Dolchscheide, wo fünf verschiedene Personen in trefflich gezeichneten, künstlich gewandten Stellungen von eben so viel Todtengerippen fortgezogen werden. Die schöne Originalzeichnung davon ist auf der Basler Bibliothek. Hier erkenne man auch im Mechelschen Stiche noch den Holbeinischen Geist, weil der Kupferstecher sich eines bessern Vorbildes zu erfreuen hatte, als bei mehrern vorermeldeten Zeichnungen, von denen Mechel 326 selbst gestehen mußteHandschriftlicher Nachlaß., daß sie von sehr ungleichem Werth seyen.

Daß dieser holzgeschnittene Todtentanz durchaus ein andrer sey, als das alte Mauergemälde von Basel, mit dem er noch jetzt häufig verwechselt wird, ist sattsam erwiesen; und daß er die Ehre des alten Formschnittes sey, bezeugen alle Kunstrichter, die seiner Erwähnung thun, vortrefflich durch Zeichnung und Ausführung, löblich durch Erfindung, und preiswürdig durch einen Ausdruck der Mienen in diesen kleinen Köpfen, daß ihn selbst Chodowiecki nicht wahrer und bestimmter hätte angeben könnenDessen Todtentanz zum Lauenburgischen Almanach 1792 diesem an sinnreicher Erfindung nicht beikommt..

Bevor über die zweifelhafte Frage eingetreten werden kann, wer dessen eigentlicher Verfasser, oder vielmehr Formschneider sey, muß vorher ein ähnliches kleines Werk in Betrachtung kommen, dessen Künstler man ausgemittelt zu haben glaubt. 327

 


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