Ulrich Hegner
Hans Holbein der Jüngere
Ulrich Hegner

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Holbeins Freunde und Gönner in Basel.

Frobenius.

Johannes Frobenius, einer der vorzüglichsten Buchdrucker seiner Zeit, wird von Erasmus, seinem Hausfreunde, als der ehrlichste, treueste und gutmüthigste aller Menschen geschildertIn einem seiner schönsten Briefe an Joannem Ernstedium, Ann. 1527., der es nicht lassen konnte, selbst Unwürdigen Gutes zu thun, und von erlittenem Betruge fast wie von einer Wohlthat sprach. – Daß ein solcher Mann auch gegen den jungen künstlichen Holbein hülfreich, ermunternd und nachsichtig gewesen, läßt sich schon aus seiner Gemüthsart schließen, dann aber auch aus dem Gebrauch, den er von dessen Kunst machen konnte. Er war es, der ihn hervorzog; schon die ersten rohen Holzschnitte von (oder nach) ihm erschienen als Verlagszeichen 154 oder Titeleinfassungen zu Frobenischen Druckwerken. Da einige derselben mit seinem Namen bezeichnet sind, so läßt sich wohl nicht an ihrer Herkunft zweifeln. So hat zum Beyspiel eine, nach der damaligen Weise der Buchdrucker, zu verschiedenen Titeln gebrauchteZu Aeneae Platonici Theophrastus etc. 4. Basil. apud Frobenium 1516. – Zu Zu Horus Apollo Niliac. de Hieroglyphicis. – Zu Encomium Matrimonii p. D. Erasmum. 1518. und andern mehr. Einfassung oben spielende nackte Kinder, unten die That des M. Scaevola, und auf den Seiten Verzierungen darstellend, das Zeichen HH auf der linken Seite. – Andre Titel zu mehrern Frobenischen Ausgaben sind mit einem Holzschnitt umgeben, wo über und zur Seite eines Säulenbogens geflügelte Kinder angebracht sind, und wo unten zwei solcher Kinder das Frobenische Verlagszeichen halten; hier ist ganz oben auf zwei Täfelchen der Name HANS HOLB eingeschnittenKömmt öfters auf kleinen Flugschriften von 1516 vor. Auch als Titel zu Erasmi Ratio s. comp. verae Theol. apud Frob. 1519.. – Einige kleinere haben das Zeichen Ist zu unterscheiden von I. F., womit mehrere kleinere und größere Holzvignetten bezeichnet sind. Da Johannes Frobenius sich zuweilen auch Chalcographus schrieb, so haben ihm Einige auch dieß Monogramm zuschreiben wollen; dann müßte es aber eher heißen Xylographus..

155 Eine Menge andrer Vignetten, Randverzierungen, Titel, Verlagsschilde Baslerischer Buchhändler, ohne Monogramme, tragen so offenbar denselben Styl in Entwurf und Zeichnung, besonders in den lieblichen Gestaltungen und Wendungen fröhlich spielender Kinder, worin Holbeins Eigenthümlichkeit sich auszeichnet, daß man an dem Ursprung aus einer und ebenderselben zeichnenden Hand nicht wohl zweifeln kann. Ob aber der Schnitt in's Holz auch sein Werk sey, darüber ist man ungleicher Meinung. Bedeutende KunstforscherFr. von Rumohr, Kunstbl. N. 31. 1823. bejahen es, gestützt auf das Monogramm, das sich bei einigen Stücken findet, und auf die frühe Jugend Holbeins, der damit weniger einen Ruhm, den er noch nicht hatte, verbreiten, als sich andern Buchdruckern habe bekannt machen wollen. Dagegen sagt oder kann man sagen, daß die schülerhafte Unsicherheit, womit die meisten dieser Stücke geschnitten sind, kaum von einem Künstler herrühren könne, der sich schon durch so hervorleuchtende Zeichnung bemerklich gemacht; für seinen Zweck möge es hinreichend gewesen seyn, seinen Namen hie und da als Zeichen beizufügen, da es der Formschneider in jener Zeit so viele gegeben, daß diese Kunst (so wie die Glasmalerei) als ein Handwerk nach 156 Vorzeichnungen betrieben worden, wo die Buchdrucker meist nach Wohlfeilheit wählten. Zudem entsprechen sich viele dieser Platten auffallend an Gleichheit der Composition und der Zeichnungsmanier, die aber in der xylographischen Ausführung höchst ungleich sind.

Von dem angesehensten der Schriftsteller begünstigt, und durch den ersten Buchhändler an's Licht gezogen, wurde ihm bald auch Beschäftigung von andern Druckerpressen aufgetragen, wie sich hernach zeigen wird.

Nach PatinIndex operum J. Holbenii. 22 und 23. hat Holbein die beiden Freunde Erasmus und Frobenius auf zwei (hölzerne) Tafeln gemalt, die, mit Bändern vereinigt, zusammengelegt werden konnten. Nach seiner wahrscheinlichen MeinungDie er, wie mehrere seiner Nachrichten über Holbein, aus Rem. Feschii humanae industr. monumenta etc. mscr. wörtlich genommen. ließ sie Erasmus zum Geschenke für Frobenius malen, indem er ihm die Ehre der rechten Seite ließVerfasser besitzt davon zwei alte treffliche Copien, Halblebensgröße, in Oehl, die Sixt Ringlin 1648 für das Feschische Museum gemalt hat.. Patin glaubt diese Bilder 1672 in der königlichen Sammlung zu London gesehen zu haben. WalpoleAnecd. of painting etc. II. 108. meldet, daß 1653 bei einer 157 Versteigerung der von Carl I. besessenen Kunstsachen Frobenius und Erasmus, von Holbein gemalt, um 200 Pfund seyen gekauft worden. Wenn das dieselben Bildnisse sind, von denen Patin spricht, so müssen sie nach der Restauration wieder zum königlichen Hause gekommen seyn. Wo sind sie jetzt?

Seit einigen Jahren hat die Basler Bibliothek ihren Holbeinischen Besitz auch mit einem solchen Bildnisse des Frobenius vermehrt. Dieses ist, wie mehrere Profilbilder Holbeins aus früherer Zeit, von rothbraunem Farbenton, und gilt deswegen, und noch aus andern weiter hergeholten Gründen bei Einigen für kein Original. Immerhin ist es ein sehr schönes Bild, das dem Holbein keine Schande, oder dem, der es ihm so nachbilden konnte, große Ehre macht. Es stellt uns überdieß den gemüthlichen Mann mit ergreifender Wahrheit vor Augen; ein Gesicht, das zwar die Welt häßlich nennen mag, aus dem aber der Geist froher Laune, milder Gesinnung, und das Bewußtseyn edler Thätigkeit in allen Zügen spricht. – Mechel hat davon einen Kupferstich gegeben, ihm fehlt aber der Geist, der das Original beseelt.

Ein Geschichtchen, das wahr heißen kann, wie alle dergleichen Züge, die dem Charakter der betreffenden 158 Personen nicht entgegen sind, mag diesen Abschnitt beleben, wiewohl es keinen unmittelbaren Bezug auf Holbein hatTheod. Zwingeri Theatr. vitae humanae.. Erasmus pflegte einen Knaben, den er aufzog, des Morgens auf den Markt zu schicken, um Früchte für ihn einzukaufen, und gab demselben jedes Mal einen lateinischen Vers auf, den er ihm bei der Rückkunft wiederholen mußte. Einmal traf Frobenius den Knaben auf der Straße weinend an, weil er den Vers vergessen hatte. Dem ist wohl zu helfen, sagte er, ich will dir schon einen andern Vers angeben, den du leicht behalten kannst: Orto de scorto, pede torto, poma reporto. – Aber Erasmus nahm den Spaß übel auf, und zürnte länger, als es wahrscheinlich sein Freund gethan hätte.

Das einzige Mal, wo Holbein den Erasmus in ganzer Figur gab, ist in dem oben berührten Holzschnitte, und da stellt er desselben Füße hinter den Terminus. Wenn er es deßwegen that, weil sie krumm waren, so hätte Theodor Beza in seinem berühmten Epigramm, gegen welches Bayle so viel einzuwenden hatDiction. Art. Erasme.
          Ingens ingentem quem personat orbis Erasmum,
        Haec tibi dimidium picta tabella refert,
        At cur non totum? mirari desine lector,
        Integra nam totum terra nec ipsa capit.
, die Frage, 159 warum der große Mann nur auf halben Leib gemalt worden, mit weniger Aufwand von falschem Geschmacke, und mit mehr Wahrheit beantworten können, womit der undichterische Bayle vielleicht zufriedener gewesen wäre. 160

 


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