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Aus einem Briefe Rudolph Gualters, der damals in Basel studierte, an den Antistes Bullinger in Zürich, geschrieben Mitte Septembers 1538, zeigt es sich, daß Holbein in diesem Jahre zu einem kurzen Aufenthalt nach Basel gekommen»Venit nuper Basileam ex Anglia Joannes Holbein, adeo felicem ejus regni statum praedicans, qui aliquot septimanis exactis rursum eo migraturus est.«. Der Grund seines Kommens war die Verlängerung seines Bleibens in England, wie es aus der Rathserkenntniß erhellet, die noch auf dortiger Bibliothek aufbewahrt, und biographisch merkwürdig genug ist, hier mitgetheilt zu werden:
»Wir, Jacob Meier Burgermeister, und der Rath der Stadt Basel, thun kund und bekennen mit diesem Brief, daß wir aus besonderm geneigten Willen, den wir zu 247 dem ehrbaren unserm lieben Burger Hansen Holbein dem Mahler, von wegen daß er seiner Kunst vor andern Mahlern weit berühmt ist, und aus Willen, daß er uns in Sachen unsrer Stadt, Bau und anders belangend, dessen er Verstand weiß, mit rathen dienstbar sey, und ob wir zu Zeiten Mahlwerk zu machen hätten, uns dasselbe, doch gegen ziemliche Belohnung getreulich fertigen solle, obgesagtem Hansen Holbein zu rechtem und stetem Wartgeld aus unserm Richthaus, doch mit Geding hienachen folgt, und all sein Leben lang, er sey gesund oder siech, jährlich gleich zu den vier Fronfasten getheilt, fünfzig Gulden Wart- und Dienstgelt zu geben und abreichen zu lassen bewilliget, verordnet und zugesagt haben. Also demnach gesagter Hans Holbein sich jetzt eine gute Zeit bey Ihr königlich Majestät in England enthalten, und als seinen Anzeigen nach zu ersorgen, daß er vielleicht innerhalb zwey Jahren den nächsten folgenden nit wohl mit Gnaden von Hof scheiden werde, da so haben wir ihm noch zwey die nächsten Jahr von dato folgende daselbst in England fürer bleiben, um ein gnädig Urlaub zu dienen und zu erwerben, und diese zwey Jahr seiner Hausfrauen bey uns wohnhaft, jedes Jahr vierzig Guldin, thut alle Quatember zehen Guldin, und dieß auch 248 nächstkünftige Weinacht in der Fronfasten Lucie, als für das erste Ziel abzurichten lassen, bewilliget. Mit dem Anhang, ob Hans Holbein innerhalb diesen zwey Jahren in England abscheiden, und zu uns allher zu Basel haushaltlich wenden würde, daß ihm seine geordneten fünfzig Guldin Wart- und Dienstgeld von stund angehen, und ihm die zu den Fronfasten gleich getheilt abrichten lassen wollen. Und als wir wohl ermessen können, daß sich gemeldter Holbein mit seiner Kunst und Arbeit, so weit mehr werth, denn daß sie an alte Mauren und Häuser vergeudet werden sollte, allein bey uns nit am besten gewünnlich betragen mag, da so haben wir ihm gütlich nachgelassen, daß er, unverhindert unsers Jahreyds, doch allein um seiner Kunst und Handwerk, und sunst keinen andern unrechtmässigen und arglistigen Sachen willen, wie er dessen von uns genugsam erinnert, von fremden Königen, Fürsten, Herren und Städten wohl möge Dienstgeld erwerben, annehmen und empfahen, daß er auch die Kunststück, so er allhier bey uns machen würde, im Jahr einmahl, zwey oder drey, doch allezeit mit unserer Gunst und Erlaubung, und gar nit hinter uns, in Frankreich, Engelland, Mayland und Niederlande fremden Herren zuführen und verkaufen möge, doch daß er sich in solchen Reisen gefährlicher Weis nit 249 ausländisch enthalte, sondern seine Sachen jederzeit fürderlich ausrichte, und sich darnach ohne Verzug einheimisch verfüge, und uns, wie obsteht, dienstbar sey. Wie er uns dann jetzund gelobt und versprochen hat. Und so wenn vorgenannter Holbein nach dem Gefallen Gottes die Schuld der Natur bezahlt, und aus der Zeit des Jammerthals verschieden ist, alsdann soll diese Bestallung, Dienst- und Wartgelt mit sammt gegenwärtigem Brief für todt und ab, wir und unsre Nachkommen dessenthalben niemand nützid mehr zu geben schuldig und verbunden seyn, alles aufrecht, ehrbarlich und ungefehrd. Deß zu Urkund haben wir obgenanntem Hans Holbein gegenwärtigen Brief mit unsrer Stadt Secret anhangend Insiegel verwahrt zu handen gegeben auf Mitwochen &c. den 16. Wintermonaths 1538.«
Es war demnach wegen seiner Erfahrenheit in der Bau- und Malerkunst, daß ihn der Magistrat von Basel auf eine so ehrenhafte Weise wieder bei sich zu haben wünschte, und sogar bei ihm eine Ausnahme der beschworenen bürgerlichen Obliegenheiten machte. Eine solche Behandlung darf auch als ein schweigendes Zeugniß zuverlässiger Sittlichkeit angesehen werden. – Das Wartgeld von funfzig Gulden war nach dem damaligen Werth des 250 Geldes und dem Zustande des Stadtvermögens auch nichts Geringes.
Man möchte sich wundern, daß auch seiner Hausfrau etwas ausgelegt werden mußte, und er nicht im Stande war, mit seiner Kunst so viel zu entübrigen, daß er seine Haushaltung unabhängig von andern machen konnte; allem Anschein nach wußte er sich auch hierüber zu rechtfertigen; die Großen vergessen zuweilen das Zahlen, und lassen sich nicht mahnen. Klagt doch auch Albrecht Dürer in seinem Reisetagebuch aus den Niederlanden: »Ich habe in allem meinem Machen, Zehrungen und andrer Handlung gegen grossen und niedern Ständen Nachtheil gehabt, und sonderlich hat mir Frau Margareth (von Oestreich, Gubernantin der Niederlande) für das ich ihr geschenkt und gemacht hab, nichts geben, und war gezwungen, zu meiner Heimkehr in Kölln noch hundert Goldgulden von Alexander Imhof zu borgen.«
Um diese Zeit hat Holbein auch seinen alten Oheim Sigmund, der in Bern seßhaft war, besucht, und dieser eine solche Freude über seines Neffen Ruhm und Geschicklichkeit empfunden, daß er ihn, nach dem oben (Abschn. Holbeins Herkunft von Augsburg) angeführten Testamente, bald darauf (1540) zu seinem Universalerben dessen, was er in Bern hatte, erklärte. Das Erbe war nicht 251 unbeträchtlich, indem es Haus und Hof, nebst einem Garten, auch alle und jede bewegliche Habe begriff, welches alles der Erblasser, wie er selbst bezeugt, mit eigner Arbeit erspart und zusammengelegt hatte. Ob Holbein nachgehends dieses Erbgut verkauft, oder seiner Familie überlassen habe, darüber war bisher nichts in Erfahrung zu bringenVon diesem Sigmund Holbein gibt Mechel in der Beschreibung der Wiener Gallerie 1456 als das Geburtsjahr an, dieß kann es aber nicht wohl seyn, da er in dem Testament, das 1540 errichtet wurde, meldet, daß er Willens sey, nach Augsburg zu reisen, welches er in dem Alter von vier und achtzig Jahren schwerlich mehr unternommen hätte. So ist es mit den andern Holbeinischen Jahrzahlen daselbst auch eine ungewisse Sache. Das Füeßlische Künstlerlexikon führt den Sigmund als einen Goldschmied an; er war aber auch Maler, wie er sich selbst im Eingang seines Testamentes nennt, wo er auch seine »Farben, Mahlergold, und andre Kunst zum Mahlerhandwerk« dem Neffen vermacht. In der Wiener Gallerie sind zwei (angebliche) Porträte von ihm, und in Bern finden sich einige alte Bilder, die ihm zugeschrieben werden..
Alle Nachrichten melden, Holbein sey von dieser Zeit an nie mehr nach Basel zurückgekommen, wenigstens ist nichts Gewisses davon bekannt; auch nicht, was aus den Seinigen geworden. 252