Ulrich Hegner
Hans Holbein der Jüngere
Ulrich Hegner

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Der alte Todtentanz von Basel.

In Basel war bis 1805 auf dem Prediger-Kirchhofe in der St. Johannes-Vorstadt ein auf Mauer gemalter Todtentanz zu sehen, den man gewöhnlich als ein Werk Hans Holbeins des Jüngern bezeichnete, und häufig auch in gedruckten Schriften für Einerlei mit desselben in Holz geschnittenen Todtentanz ausgab, wiewohl es eine durchaus verschiedene Arbeit, und nicht von ihm, sondern schon in frühern Zeiten gemalt worden ist. Da aber aus dieser Verwechslung manche Verwirrung entstanden, und dieß alte Kunstwerk unter dem Namen des Holbeinischen Todtentanzes fast allgemein bekannt, ja als der Tod von Basel sogar zur Volkssage geworden ist, muß seiner auch hier gedacht werden.

Die glaubwürdigsten Nachrichten schreiben dessen Entstehen der Pest zu, die 1439 in Basel grausam wüthete. 297 Es war gerade damals die Zeit der Kirchenversammlung, die von 1431 bis 1448 währte, und einen großen Zufluß von Sterblichen aller Stände nach Basel zog. Da der schreckliche Tod Große und Kleine, Vornehme und Geringe hinwegraffte»Im grösten Sterbent vergiengen alle Tag bey hundert Menschen.« (Wursteisen's Baslerchronick.), so mußte der Eindruck seiner unerbittlichen Macht gewaltig und allgemein seyn; begreiflich also erscheint nach überstandener Gefahr der Wunsch, diesen Eindruck durch ein Kunstwerk bleibend zu erhalten, als einen aufgehobenen Finger der Warnung für die noch nicht wieder in ehevoriger Sicherheit dahin lebenden Großen, und als einen Trost der unparteiischen Natur für die KleinenAnderweitige Behauptungen, daß die gemalten Todtentänze Nachbildungen geistlicher Maskeraden, die im Mittelalter üblich gewesen, seyen, können immerhin noch neben dieser Erklärung Platz haben..

Von einem guten Meister, dessen Name jetzt unbekannt ist, war dieser Triumph des Todes gemalt, und zwar an einem für einen solchen Gegenstand schicklichen Orte, auf einer langen Mauer des Kirchhofs eines Predigerklosters. Die Figuren in Lebensgröße bezeichneten alle Stände vom Pabst und Kaiser bis zum Bettler, und alle wurden vom Tode unter mehr oder weniger 298 Widerstand zum Tanze fortgezogen. Ihre Tracht war aus früherer als Holbeins Zeit, und beweist also auch für ein höheres Alter des Gebildes.

Nach der Sage, der auch noch Matthäus Merian beistimmt, soll die Figur des Pabstes das ähnliche Bild Felix V. gewesen, desgleichen Sigismund als Kaiser, und Albrecht II. als Römischer König dargestellt worden seyn, welche Personen bei der Kirchenversammlung auch gegenwärtig waren. Das ist aber schwer zu glauben, wenigstens geschähe heut zu Tage Kaisern und Königen kein Gefallen, wenn sie bei irgend einem Congreß sich selbst und der Welt, in einem so verzweifelten Tanze begriffen, vorgestellt würden, Freund Hain möchte auch noch so säuberlich dabei zu Werke gehenVotre Holbein n'est pas mon homme, sagte Kaiser Joseph lächelnd, als ihm Christ. von Mechel im Vorübergehen den Todtentanz wies. (Lavaters Handbibliothek, 1793, V.).

Es waren vierzig Vorstellungen, wahrscheinlich zuerst al fresco gemalt, ungeachtet spätere Nachrichten sie Oehlgemälde nennen, denn zur Zeit des Basler Conciliums war die Oehlmalerei nur noch im Entstehen, und die sehr häufigen Mauergemälde jener Zeit waren durchgehends a tempera oder fresco ausgeführt. – Als späterhin diese Gallerie durch die Zeit gelitten, ließ sie der Magistrat, 299 1568, wie es eine Inschrift bezeugte, wieder feierlich durch Hans Hug Klauber erneuern, welcher die noch leeren Plätze der Mauer, der Reformation zu Ehren, mit dem Bilde des Oekolampadius zierte, wie er dem Pabst, Kaiser, Kardinälen u. s. w. das Evangelium predigt. Auch seinen eignen und der Seinigen letzten Tanz brachte Klauber hier an; und wahrscheinlich wurde die alte verblichene Frescomalerei jetzt von ihm mit Oehlfarben übermalt, wie dieß nach Fiorillo's ZeugnißGesch. der zeichnenden Künste in Deutschland und den Niederlanden. II. 394. mit unzähligen Frescomalereien geschehen seyn soll.

Es mögen auch die bei jedem Stande angebrachten Reime zur Zeit dieser Restauration, das heißt, nach der Glaubensläuterung entstanden seyn; denn während der Kirchenversammlung selbst hätte man nicht wohl dem Pabst die Verse in den Mund legen können:

»Heilig was ich auff Erd genant
»Ohn Gott der höchst führt ich mein stand.
»Der Ablaß thet mir gar wol lohnen
»Noch will der tod mein nicht verschonen.

Oder wie hätte bei aller Verschiedenheit der Begriffe jener Zeiten über Anstand und über Freiheit der Meinungsäußerungen auch die liberalste Polizei zugeben dürfen, 300 daß der Tod den damals lebenden und auf dem Concilium gegenwärtigen Kaiser Sigmund anrede:

»Herr Keyser mit dem grawen Bart
»Ew'r reu habt ihr zu lang gespart –?

Zur Zeit dieser Ausbesserung des Gemäldes hingegen war Basel schon zum reformirten Glaubensbekenntniß und zur politischen Freiheit übergegangen; ist auch bis auf den heutigen Tag dabei geblieben, wiewohl man sich jetzt aus mehr als Einem Grunde dergleichen trauliche Wahrheiten nicht mehr erlauben würde.

Zum zweiten Male mußte, 1616, die beschädigte Malerei erneuert werden, und diese Erneuerung wurde wiederum durch eine feierliche lateinische Inschrift bestätigt, wo zwar die Namen der Stadtbauherren vollständig angeführt sind, aber keines Malers gedacht wird, was man jetzt gewiß nicht unterlassen haben würde, wenn man irgend einen Antheil an der Verfertigung oder frühern Ausbesserung dem Holbein, als einem nunmehr schon hochberühmten Mitbürger, hätte zuschreiben können. – Da auch 1658 eine ähnliche Wiederauffrischung vorgenommen ward, so mußte von dem ursprünglichen Bilde hinsichtlich der ersten Färbung und Behandlung wenig mehr übrig bleiben, und kaum noch die alte Stellung der Personen und der Schnitt ihrer Kleidung zu sehen seyn.

301 Die Vorstellung selbst aber, was ist sie? Mit einigen Abänderungen immer dieselbe Idee. Der Tod, ein hageres ScheusalNirgends erscheint er als wirkliches Skelett, als bei dem Doctor, wo er spricht:
        Herr Doctor bschaw die Anatomey
        An mir, ob sie recht gmachet sey.
Man sehe die Nachbildungen.
, benimmt sich immer komisch und possirlich, dagegen der Sterbliche kläglich und tragisch; dieser Contrast macht die Situation auffallend und anziehend, und mag wohl das Meiste zum Geschmack an dieser Gattung beigetragen habenAehnliche Werke finden sich noch hie und da in der Schweiz, die aber nicht hieher gehören. – Die Literärgeschichte von diesem und allen bekannten Todtentänzen findet man umständlich, jedoch etwas verworren, in Fiorillo's Geschichte der zeichn. Künste in Deutschland &c IV. Band. – Den sinnreichsten Todtentanz hätte wohl Hogarth liefern können..

So blieb nun diese alte Todeserinnerung bei allen Veränderungen, die indessen an dem Prediger-Kirchhofe vorgenommen worden, stehen, mit einem Dache bedeckt und durch Gitterwerk verwahrt, bis zu Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts, und hatte den Beifall des Volkes, dem die Unparteilichkeit, womit der Tod den Herrn wie den Bettler holt, allezeit gefällt; das Gemälde wurde von den Reisenden besucht, und von Manchem, der es für 302 eine Arbeit Holbeins hielt, mit Bewunderung angestaunt. Da es aber immer mehr zu Schaden kam (auch 1703 soll es noch einmal ausgebessert worden seyn), und sich allmählig von der Mauer abschälte, wozu nicht wenig beitrug, daß lange Zeit ein Seiler unter dem Dache desselben arbeitete und seine Geräthschaften verwahrteEtrennes helvetiennes, 1806., da überdieß die Mauer neuen Bauanlagen sehr im Wege stand, so wagte es der Magistrat, jedoch nicht ohne Bedenklichkeit, dieß alte Merkzeichen der Stadt gänzlich wegzuschaffen, und so wurde, 1805, dieser Tod von Basel selbst dem Tode überliefert; wobei aber ein kleiner Volkstumult entstand, indem unter der Bürgerschaft, besonders bei den Bewohnern der St. Johannes-Vorstadt, wo das alte Denkmal gestanden, eine neue Anhänglichkeit an dasselbe erwachte, die in gewaltthätigen Widerstand auszubrechen drohte, doch bald unschädlicher Weise in matten Versen erstarb.

Einige Trümmer der Gemälde wurden noch von Liebhabern gesammelt, und bis auf den heutigen Tag sorgfältig aufbewahrt; daraus wäre wohl am besten zu ersehen, wem viel daran gelegen seyn sollte, ob die erste Anlage al fresco gewesen, und ob die Nachrichten, welche diese 303 Malerei erheben, mehr Glauben verdienen, als diejenigen, welche sie herabsetzen, denn ältere und neuere Meinungen sind darüber getheilt. So nennt sie der englische Bischof Bürnet in seiner Reisebeschreibung eine rohe Arbeit (a coarse work); der französische Charles Patin hingegen sagt, dieser Todtentanz sey orné de toutes les beautés de la peinture; eben so gilt er in den Melanges tirées d'une grande bibliothèque für ein Chef d'oeuvre; und von Horaz Walpole wird das ganze eine läppische Reihe von Figuren (a dull series of figures) geheißen. – Daß aber dieß alte Denkmal in spätern Zeiten dem Hans Holbein zugeschrieben worden, ist wohl zu begreifen, wenn man bedenkt, daß er selbst auch einen Todtentanz gemacht, der mit dem alten, dessen primitiver Maler unbekannt geblieben, so oft verwechselt worden, und daß man unter des berühmten Bürgers von Basel immer wachsenden Namen gern Alles aufnahm, was einigen Schein hatte, und wozu Ort und Gelegenheit die Hand boten.

Die Bibliothek in Basel besitzt davon eine fleißige Copie in Wasserfarben von Emanuel Büchel, in einem zierlichen Bande, und Matthäus Merian hat eine Abbildung in Kupferstich in mehrern Auflagen geliefert, 304 wovon nachher verschiedene Nachbildungen gemacht worden sindTodtentanz, wie derselbe in der löblichen und weitberühmten Stadt Basel zu sehen ist. Nach dem Original in Kupfer gebracht, und herausgegeben durch Matth. Merian den ältern. 4. Frankf. 1649. – Nur allein diese Kupfer können einen wahrhaften Begriff von dem Urbilde geben; nicht aber die mit GS bezeichneten Holzschnitte, welche später unter demselben Titel bei Conrad von Mechels slg. Witwe in mehrern Auflagen erschienen, denn da sind die wenigsten Blätter von dem alten Todtentanz genommen, sondern die meisten schlechte Copien der Holbeinischen Holzschnitte; aus welcher Vermischung mancher Irrthum der Kunstgelehrten entstanden ist..

Ein ähnliches Werk zu Bern, das ebenfalls auf der Mauer eines Dominikanerklosters angebracht war, darf hier nicht übergangen werden, indem von Einigen behauptet und bestritten worden, daß es älter als das zu Basel seyLeben Niklaus Manuels, Fänners der Stadt Bern. 8. Bern, 1742. (von S. Scheurer.)
Jos. Casp. Füesli Gesch. der Schweizer Künstler, im Leben Manuels.
, weil sie in der irrigen Meinung gestanden, Holbein oder gar Klauber sey der Urheber von diesem, wonach freilich der Berner Todtentanz, der eine Arbeit Niklaus Manuels ist, welcher etwas früher gelebt hatte, älter hätte seyn müssen. – Ungeachtet der Verschiedenheit in der Handlung und der ganz andern Kleidertracht, welche in dem Basler Werk eine frühere Zeit andeutet, ist doch 305 in beiden Darstellungen der Gedanke eben derselbe: ein gräßliches Skelett zerrt Hohe und Niedere mit sich fort, hier meist noch unglimpflicher, als in dem Baslertanz. Auch waren ähnliche Reimsprüche zwischen Tod und Mensch angebracht, mit gleicher, ja noch muthwilligerer Freiheit gegen die Geistlichkeit, so daß sich daraus muthmaßen läßt, Manuel, der bekanntlich ein abgesagter Feind des damaligen Pfaffenthums gewesen, habe diese Bilder gemalt, als es schon mit der Reformation zu spuken anfing und die weltliche Gewalt der Geistlichkeit bereits in Verwirrung gerathen war; welche Muthmaßung noch durch die Sage Gewicht erhält, daß unter den Porträten, die Manuel häufig angebracht hatte, auch dasjenige seines Freundes Lienhard Tremp, Rathsgliedes in Bern, gewesen sey, der ihm, wie es in seiner Lebensbeschreibung heißt, »im Anfang und Aufgang des Evangeliums ein getreuer Beisteher der Wahrheit« war.

Da schon 1560 diese Gallerie zur Erweiterung der Gasse abgebrochen wurde, so kann man davon nur nach den zwei wohlerhaltenen Copien urtheilen, die sich noch in Bern vorfinden, eine von Albrecht Kauw, und die andre von Wilhelm Stettler (diese ohne Zweifel nach jener gemacht); beide sind in Wasserfarbe auf vier und zwanzig Blättern in klein Folio, und von sehr geschickten Zeichnern 306 verfertigtNiklaus Manuels Todtentanz, lithographirt nach W. Stettlers Copien, ist gegenwärtig in Bern bei R. Haag und Comp. zu finden.. Nach diesen Abbildungen zu schließen, möchte der Kunstwerth dieses Todtentanzes noch vorzüglicher gewesen seyn, als dessen zu Basel; die Figuren sind zierlich, frei, natürlich, und ohne die Steifheit damaliger deutscher Zeit gezeichnet; die Farben lebhaft, und im Hintergrunde zeigen sich vielfältig schöne Partien von schweizerischer Landschaft.

Dieser Niklaus Manuel mit dem Zunamen Deutsch, geboren 1484, gestorben 1530, war ein vorzüglicher Mann seiner Zeit. Ein ausgezeichneter Maler in der Jugend, dann Dichter, witziger Kopf, Reformator; in spätern Jahren höchstverdienter und zu den wichtigsten Geschäften gebrauchter Staatsmann. Auf der Bibliothek zu Basel liegen noch sehr bedeutende Handrisse von ihm, die nach dem zierlichen, freien Styl, worin sie gezeichnet sind, wohl die Vermuthung derer begründen möchten, die ihn für den unter den Italiänern bekannten Emmanuelle Tedesco halten.

Anstatt also die Veranlassung des Basler Todtentanzes gewesen zu seyn, mag vielmehr dieser zu dem Bernerischen den Anlaß gegeben haben. Die Stadt Bern, 307 schon angesehen und mächtig in Helvetischen Landen, wollte dem berühmten Basel in nichts nachstehen, auch in dem nicht, was zu äußerlichem Glanze beiträgt. Man wetteiferte damals (am Ende des XV und zu Anfang des XVI Jahrhunderts) in dergleichen Dingen, die das öffentliche Leben belehrten oder erheiterten, in Bemalung der Häuser, Verzierung der Thür- und Fenstergiebel, in Aufstellung prächtiger Brunnen, und dergleichen mehr, so wie man früher in Erbauung von Kirchen und Glocken gewetteifert hatte, und wie es in spätern Zeiten in Errichtung von Zollstätten, Sperrungen und andern weniger volkserfreulichen Anstalten geschah. Zudem war so ein Todtentanz ansprechend für Jeden, selbst dem gemeinen Mann erbaulich, der den Tod ansah, wie ihn die Bibel verkündigt, als der Sünde Lohn, oder wie er in der Natur erscheint, als einen Feind des Lebens, und noch nicht belehrt war, wie die Alten den Tod gebildet, um wo möglich mit schnöder Verachtung auf das Gerippe, dem er doch nicht entgehen kann, herabzusehen. Ueberhaupt mochte so ein Memento doch manchen guten Gedanken wecken; und die durch alle Stände durchgeführte Darstellung gab dem Künstler Gelegenheit, sich tüchtig zu zeigen, und seiner Vaterstadt Ehre zu machen.

Beinahe überall wurde der Basler Todtentanz für 308 das älteste ausgeführte Bilderwerk dieser Art in und außer Deutschland angesehenDie Danses Macabres in französischen Holzschnitten sind etwas jünger., und doch hat es sich gezeigt, daß auch dieses nur Nachahmung eines ältern gleichen Inhalts war, das sich in der Stadt Basel selbst vorgefunden hat. Man entdeckte nämlich im Laufe des vorigen Jahrhunderts im Klingenthal, einem Gebäude der kleinen Stadt, das ehemals ein Nonnenkloster gewesen, und am Ende des XIII Jahrhunderts (1275) erbaut worden, in dem alten Kreuzgange noch Reste von dem Mauergemälde eines Todtentanzes, der nicht nur in der Wahl der Gegenstände, sondern auch größten Theils in den Figuren selbst, mit dem andern auf dem Prediger-Kirchhofe übereinstimmte, nur daß letzterer besser gezeichnet und gemalt, auch in mancher gar zu plumpen Stellung verbessert war; denn jene alten Vorstellungen sind hager, steif, ungestalt, und schlecht beleuchtet, einige doch auffallend richtiger, als die andern, als ob sie von verschiedenen Malern herrührten. Sie haben auch Verse, deren Sprache und Schrift auf hohes Alterthum deutet; die erste Aufschrift über dem Beinhaus lautet: 309

Hie richt got noch dem rechten
Die heren ligē bi den knechten
Nvn mercket hie bi
Welger her oder knecht gewesē si.

Und über der Figur des Grafen, den der Tod holt, steht oder stand die Jahrzahl: Dussent jor trihuntert und xii (1312); demnach die Malerei mehr als hundert Jahre vor der Pest des Conciliums muß gemacht worden seynDa das Klingenthal unter der geistlichen Aufsicht des Prediger-Convents stand, so mußte diesem der Todtentanz des Klosters wohl bekannt seyn, und läßt sich daraus die spätere Nachbildung und verbesserte Darstellung wohl erklären., welches jedoch die Wahrscheinlichkeit, daß jene Seuche den Anlaß zu dem spätern Todtentanz gegeben habe, nicht aufhebt, indem der frühere einen gleichen Ursprung haben konnte, denn die Pest war dazumal eine oft wiederkehrende Landplage, und ungefähr um jene Zeit herrschte in Basel eine Pestilenz, die bei eilftausend Menschen wegraffteWursteisen schreibt: 1314.. – Gegenwärtig ist dieser älteste Todtentanz großen Theils schadhaft und verblichen, und wird es täglich mehr, sowohl Alters halber, als weil der Kreuzgang seit langem zu einem Salzmagazin gedient, und niemand dieses merkwürdigen Alterthums geachtet hat, bis Emanuel BüchelWar ein Bäcker von Profession; anbei ein fleißiger Zeichner und Liebhaber der Kunst., 310 1766, demselben zuerst seine Aufmerksamkeit widmete, und von allem, was davon noch sichtbar war, eine genaue und sorgfältige Abbildung in Farben machte, welche jetzt die öffentliche Bibliothek besitzt.

An allem diesem konnte der spätere Hans Holbein keinen Antheil haben; aber er versuchte sich seiner Zeit auch in demselben Fache, und mehrete durch ein ähnliches Werk seinen Ruhm. Sey es, daß er durch den alten Todtentanz, den er von Jugend an täglich vor Augen gesehen, zum Bessermachen angereizt wurde, oder daß ihn Niklaus Manuels Verdienst, den er kennen mußte und der seiner Nacheiferung werth war, befeuerte, oder mag es eine bestellte Arbeit gewesen seyn; genug, er führte eine Folge von Zeichnungen zuerst in Tusch aus, und schnitt sie, oder ließ sie nachher in Holz schneiden, woraus die unvergleichlichen Blätter entstanden, welche noch jetzt die Bewunderung der Künstler ausmachen, und die Sammlungen der Kenner zieren. 311

 


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