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Van Mander, bei dem man immer den Anfang machen muß, weil er die ersten Nachrichten von Holbein gegeben, sagt zwar nicht ausdrücklich, daß er selbst in Holz geschnitten, wohl aber, daß er Zeichnungen für Formschneider verfertigt habe, und erwähnt dann des Todtentanzes und der biblischen Figuren, als auch in technischer Hinsicht vortrefflich ausgeführter Werke, die von ihm in Holzstich herausgekommen seyenIn houte print van hem uytcomende.. – Sandrart, der ihm nachgeschrieben, erwähnt des holzgeschnittenen Todtentanzes nur als einer vorzüglichen Arbeit, und thut hinzu, daß Rubens dieselbe sehr gelobt habe, äußert aber auch keinen Zweifel gegen die Echtheit von Holbeins Hand. – Patin aber sagt bestimmt, er habe allerhand, auch vorbemeldte Werke 292 in Holz geschnittenInsculpsit et ligno varia, inter quae figurae biblicae et chorea mortalitatis, yulgo der Todtentanz.. – PapillonTraité de la gravure en bois. kömmt kein Gedanke, daran zu zweifeln, daß Holbein nicht Alles, was unter seinem Namen bekannt ist, eigenhändig geschnitten habe; ja er erhebt ihn als den größten Formschneider aller Zeiten, und behauptet, nur der Zeichner selbst sey im Stande gewesen, eine solche zarte und kühne Bestimmtheit auf das Holz überzutragen. Er nennt sogar das Jahr 1511, wo Holbein in Holz zu schneiden angefangen habe, und schreibt ihm eine unendliche Anzahl von Vignetten und Anfangsbuchstaben zu, nämlich Alles, was Gutes dieser Art in Büchern aus der Schweiz, von Lyon, London u. s. w. von 1520 bis 1540 herausgekommen sey, das habe er alles eigenhändig geschnitten. Papillon ist freilich als ein unzuverlässiger Träumer in geschichtlichen Dingen bekannt, aber das Werkthätige seiner Kunst verstand er recht gut, und so gehört ihm wenigstens darüber eine Stimme, da er nach seiner eignen Aussage schon im achten Jahre in Holz zu schneiden angefangen, und über fünftausend Stücke geliefert hat.
So wurden die besagten bessern Werke immerhin als Holbeinische Holzschnitte anerkannt; nachdem aber Unger, 293 1779Untersuchung der Frage: ob Albr. Dürer jemals Bilder in Holz geschnitten? von Unger, dem ältern. Berlin., bedeutende Einwürfe gegen die Echtheit aller und jeder Dürerischen Holzschnitte vorgebracht hatte, und viel für und wider gesprochen worden ist, entstanden bald noch größere Zweifel in Betreff Holbeins, wozu besonders Christian von Mechels vermeintliche Entdeckung beitrug, daß ein gewisser Hans Lützelburger (von dem später die Rede seyn wird) den Todtentanz geschnitten habe. Es kam so weit, daß Bartsch Holbeins gar nicht einmal unter den Formschneidern erwähnte; man glaubte sich überzeugt, daß gerade die Holzschnitte, die man mit den Namen der größten Meister belegt, nach bloßen Zeichnungen derselben von professionellen Formschneidern gemacht worden seyen.
Zuverlässig ist darüber noch nichts entschieden. Einige suchten die neuentstandene Meinung zu widerlegen, und glaubten, wie Papillon, gewöhnliche handwerkliche Formschneider hätten niemals die meisterhaften Züge so geistreicher Zeichnungen unverstellt auffassen, geschweige nachschneiden könnenZum Beyspiel: Murr's Journal zur Kunstgeschichte. IX, 52. – W. Y. Ottley's history of Engraving. p. 757. Dieser ließ wirklich durch einen der geschicktesten neuern englischen Formschneider zwei fac-simile von dem Ritter und der Nunne des Todtentanzes machen; sie sind Strich für Strich, und Punct für Punct mit unendlicher Mühe nachgemacht, konnten aber doch die zarte Weichheit des Originals nicht erreichen.. – Andre halten dafür, daß Dürer und 294 seine in diesem Fach berühmten Zeitgenossen nicht nur selbst die Zeichnungen auf die Holzplatten getragen, sondern auch noch Köpfe, Hände und andre Hauptpartien mit der feinen Schneide umschnitten, das übrige Herausnehmen der Holztheile aber, welches man den Aushub heiße, ihren Formschneidern überlassen habenJoseph Heller's Geschichte der Holzschneidekunst. S. 161.. Eine aushelfende Erklärung, die nicht grundlos zu seyn scheint; denn von der Zeit an, daß sich die Formschneider von den Modellschneidern, Patronisten, Kartenmachern u. s. w. getrennt und eine eigne Zunft gebildet hatten, und ihre Kunst noch nicht von dem Kupferstich verdrängt war, gab es auch geschickte Leute unter ihrer zahlreichen Menge, die wohl im Stande waren, mit künstlicher und feiner Hand eine aufgetragene Zeichnung, einen angelegten Schnitt auszuführen. – Dem sey nun wie ihm wolle; habe der Meister oder der Gesell die Platte geschnitten, so zeigt sich offenbar, daß bei den vorzüglichen Stücken, die unter des Meisters Namen in die Welt gingen, die Zeichnung erst von demselben in xylographischem Styl mit der Feder ausgeführt, und dann von seiner eignen oder einer eben 295 so künstlichen Hand auf die Platte getragen ward, daß also der Abdruck wohl auch seinen Namen führen durfte und noch darf; a potiori fit denominatioAus einem kleinen von Hollar radirten Blatte, vorstellend den Profilkopf eines bartigen Mannes mit schwerer Halskette, und mit der Beischrift: Holbein incidit in lignum, wollen Einige (Verzeichn. über das Derschauische Kunstcabinett, S. 75.) den Beweis entheben, daß Holbein selbst in Holztafeln geschnitten habe. Entscheidend ist das aber nicht, denn Hollar lebte hundert Jahre später, und nahm es mit seinen Bezeichnungen eben nicht kritisch genau; auch müßte von einem solchen Holzschnitte doch irgendwo noch ein Exemplar zu finden seyn..
Holbeins berühmteste Werke dieser Art, welche die größte Bewunderung erhalten haben, sind der Todtentanz. und die Figuren zum Alten Testament; dann die kleinen Todten-, Kinder- und Bauerntänze, das Bildniß von Erasmus, nebst einigen andern einzelnen Stücken, wovon Meldung geschehen wird, wenn erst das zu dieser Geschichte Erforderliche über den eigentlichen alten Basler Todtentanz gesagt ist. 296