Ulrich Hegner
Hans Holbein der Jüngere
Ulrich Hegner

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Holbeins Freunde und Gönner in Basel.

Amerbach.

Näher als Erasmus an Alter und Neigung war dem jungen Maler der großmüthige Bonifacius Amerbach; im Lehren und Thun des Rechten die Zierde seiner Vaterstadt, und ein Freund der Kunst. Nur ein paar Jahre älter als Holbein, pflegte er vertraulichen Umgang mit ihm, erkannte sein großes Verdienst und unterstützte dasselbe, indem er ihm Arbeit gab, und selbst eine beträchtliche Sammlung von Gemälden und Handrissen seines Freundes anlegte, die er noch mit Werken mehrerer Künstler, mit Alterthümern, Münzen und andern Gegenständen des Geschmacks vermehrte. Er war auch der Erste, der sich in den alten Trümmern von Augst 148 (Augusta Rauracorum) mit kritischen Augen umsah und Zeichnungen davon aufnahm, die gegenwärtig noch auf der Basler Bibliothek aufbewahrt sind.

Von seinem Wandel und Wesen zeuget sein Zeitgenoß Heinrich PantaleonDeutsches Heldenbuch. III. 266. wohl am besten: »Er was ein langer gerader mann, mit einem lieblichen Angesicht, one Bart: er gebrauchet sich einer dapfferen ernstlichen red, vnd trat in einem langen kleid züchtig dahär. Er forchte Gott, liebet den nechsten, vnd erzeiget sich miltigklich gegen den armen, vorab gegen diesen so gestudieret.« – Füget man noch hinzu, was Erasmus an einen Freund schreibt: »Bonifacius Amerbachius, in cujus amicitia praecipue conquiesco, homo tam purus, ut in eo nihil reperias naevi, nisi quod est immodice modestus etc.« und Aehnliches in mehrern Briefen desselben, so hat man ein menschliches Lob, daß sich kaum ein besseres wünschen läßt; wovon ein Abglanz wohl auch zur Rechtfertigung von Holbeins Lebenswandel dienen mag, wenn man dem Spruche Glauben zustellen will, daß man den Mann aus seinen Freunden kennen lerneNoscitur ex socio, qui non cognoscitur ex se..

149 Seine Kunstkammer, wovon sich noch eine Beschreibung von der Hand seines Sohnes Basilius auf der Basler Bibliothek vorfindet, begriff nebst Büchern, Manuscripten und andern Seltenheiten auch neun und vierzig kleine und große gemalte Tafeln, worunter siebzehn Originalgemälde von Hans Holbein dem Jüngern waren. Zudem hundert vier vorzügliche Handzeichnungen desselben, die er Holb. genuina bezeichnet hatte, nebst einem Büchlein, darein bei fünf und achtzig Stücklein gerissen sind, auch mehrere Exemplare der holzgeschnittenen biblischen Figuren und des Todtentanzes; und mehr als tausend von andern Meistern herrührende Zeichnungen, Holzschnitte und alte Kupferstiche.

Es war in der Mitte des XVII Jahrhunderts nahe daran, daß diese große mannigfaltige Amerbachische Sammlung nach Amsterdam verkauft worden wäreBruckners Merkw. der Landsch. Basel. XXIII. Stück. 2774. Seite.; zum Glück ward gerade damals das Jubeljahr der Universität Basel gefeiert, wodurch der vaterländische Sinn auf's Neue rege gemacht und die Regierung veranlaßt wurde, dem unersetzlichen Verlust zuvorzukommen, und das Ganze im Jahr 1661 um neuntausend Reichsthaler an sich zu bringen 150 und mit der öffentlichen Bibliothek zu vereinigen, deren Zierde sie noch jetzt ausmacht. – Die Sammlung von Kunstsachen blieb aber lange ungeordnet und in alten Schränken verschlossen, und wurde erst fast ein Jahrhundert später von dem geschickten Maler und Rathsherrn Johann Rudolph Huber einigermaßen in Ordnung gebracht, und dann, als 1760 wieder ein Jubeljahr kam, und das Bibliothekgebäude verbessert wurde, gaben sich einige BibliothekarenSchreiben von J .C. Beck, Bibliothekar in Basel, 1776, in Murr's Journal zur Kunstgeschichte. III. 27. die verdienstliche Mühe, alles noch besser zu erlesen und zu reihen, wodurch manche treffliche Sachen erst an's Tageslicht gekommen sind. Auch in neuern Zeiten wurden die Handzeichnungen noch einmal von geschickten Männern durchgegangen und neu geordnet; und gegenwärtig ist zu hoffen, daß bei dem herrlichen Zuwachs, den die Bibliothek durch das Feschische Museum erhalten, eine neue Durchsicht aller dieser Kunstgegenstände von Grund aus werde vorgenommen, und das Schadhafte wiederhergestellt werden, damit nicht die Würmer, die sich in das Holz der alten Rahmen gezogen, die Malerei selbst angreifen, oder an mehrern Bildern sich die Farben durch Trockenheit abschälen. Kunstliebende, gewissenhafte Männer, 151 an denen Basel gerade jetzt so reich ist, wollen das thun und werden dafür sorgen, daß auch Fremde erkennen, die Stadt wisse den Schatz, den sie besitzt, zu ehrenDieß ist jetzt großen Theils wirklich, zur allgemeinen Befriedigung, unter der Leitung und dem unausgesetzten Bemühen des Herrn Deputats J. Fr. Huber, geschehen..

Das jugendliche Bildniß Amerbachs, welches Holbein 1519, also in dessen vier und zwanzigstem Jahre, malte, hängt aus der Bibliothek. Es ist aus Holz mit großem Fleiße, in etwas braunem Tone, der den frühern Bildern des jungen Künstlers eigen ist, gemalt. Viel Intension und Wahrheit in den kleinen, kranken, dunkelblauen Augen. In den grünen Grund hinaus, mit dem Holbein so gern seine Bildnisse umgab, steht etwas ungeschickt ein Ast von einem Baum, an dem eine Tafel mit lateinischen Versen hängt. Dieß Bild ist auch in Mechels Holbeinischem Werke gestochen.

Erasmus hatte den Amerbach in seinem eigenhändigen Testamente, wie es sich noch in Basel findet, zu seinem Haupterben eingesetzt. Außer dem Bilde seines Freundes aber, und einigen Holbeinischen Kunstsachen, behielt der edle Mann davon nichts für sich, sondern verwandte die ganze Erbschaft, und noch einen Theil des Seinigen dazu, dem Verstorbenen zu Ehren, an 152 wohlthätige Stiftungen und zu Geschenken an Freunde desselben.

Der Briefwechsel dieses Kunst- und Alterthums-Liebhabers wird auf der öffentlichen Bibliothek seiner Vaterstadt verwahrt. Es könnte wohl seyn, daß sich darin Einiges fände, das auf Holbein oder seine Werke Bezug hätte, wenn nur das Suchen leichter wäre! 153

 


 << zurück weiter >>