Ulrich Hegner
Hans Holbein der Jüngere
Ulrich Hegner

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Holbeins Bürgerrecht zu Basel.

Da Professor Matthiä in seinem Programm über den Geburtsort Holbeins alles künstlich zusammenstellt, was gegen die Ansprüche andrer Städte als Grünstadt zu zeugen scheint, so geschieht dieß auch mit einer Berufung auf Sebastian Münsters Cosmographie, die sogar ein Bedenken gegen Holbeins rechtmäßiges Bürgerrecht in Basel erregen möchte, und die um so viel mehr Berichtigung verdient, weil Matthiä aus der zu flüchtig gelesenen Stelle etwas belegen will, das sich gar nicht daraus ergibt; indem daselbst nicht, wie er meint, ausschließlich von Männern, die aus der Stadt Basel hervorgegangen, die Rede ist, sondern wie jeder unbefangene Leser sehen wird, von großen Männern, auswärtigen oder Eingebornen, die daselbst verstorben. Bonifacius Amerbach schreibt 47 nämlich an MünsterCosmographia univ. Bas. 1554. p. 406.: »Da Du von mir ein Verzeichniß gelehrter und vorzüglicher Männer verlangst, die, sie seyen hier geboren, oder Bürger, oder Fremdlinge, allhier ihr Leben beschlossen haben, so finden sich Gräber großer Männer in Menge hierQuod praeterea doctorum praestantiumque virorum a me catalogum requiris, qui vel hic nati, aut cives, vel advenae vitam cum morte, imo mortalem cum immortali commutarint, extant quam plurimorum hic magnorum virorum sepulturae etc..« – Sodann führt er mehrere Namen verstorbener ausgezeichneter Personen, die in Basel gelebt haben, an, wovon aber die meisten Ausländer, und also nicht, wie Matthiä sagt, aus der Stadt Basel hervorgegangen waren. Ja er sagt am Ende des Briefs noch ausdrücklich: »Ich lasse die noch lebenden gelehrten Männer absichtlich weg, weil Du sie selber kennst, und darunter gehörstDoctorum vero etiamnum hic agentium nomenclaturam sciens omitto, quos ipse nosti, et in quorum numero tu . . vel inter antesignanos referendus venis.

Dieser Brief war 1549 geschrieben, wo Holbein noch lebte, und wirklicher Bürger von Basel war. Wenn also in dem gleich darauf folgenden Zusatze Seb. Münsters, 48 wo er, bei Anlaß des Bildes Erasmus, von Holbein als dem ersten Maler seiner Zeit redet (nobilissimo hujus temporis pictore), dieser nicht zugleich ein Bürger von Basel genannt wird, worauf Matthiä ein so großes Gewicht legt, so geschah es deswegen, weil in der ganzen Verhandlung nur von Verstorbenen die Rede war, es mithin auch nicht am Platz gewesen wäre, ihn als einen gebürtigen Basler zu bezeichnen.

Da dieses Programm, das blos Seybolds Meinung wieder aufwärmte, deren ganzes Gewicht auf den einzigen QuadDictum unius dictum nullius. gestützt ist, dennoch viel Verbreitung gefunden hat, und häufig nachgeschrieben wird, so verdiente obige daraus angeführte Note um so viel mehr eine Beleuchtung, da sie von falscher Ansicht ausgeht, und zu falscher Ansicht führt.

Unzweifelhaft ist Holbeins Bürger- und Zunftrecht in Basel. In dem alten Rathsbuch, dasNach handschriftlicher Mittheilung. – Auch Ochs spricht von dieser Bürgerrechtsertheilung L. c. V. 416. bei 1490 anfängt, und geht bis 1525, steht: Item Zinstag vor Ulrici anno xx ist Hans Holbein von Augsspurg dem Maler das Burgerrecht geliehen, et juravit prout moris est.

49 Und in dem Zunftbuch der Zunft zum Himmel findet sich: Item es hat die Zunft empfangen Hans Holbein der Moler uff Suntag vor sant michelstag im xvxix (1519) Jahr, und hat geschworen der Zunft Ordnung zu halten, wie ein andrer Zunftbruder der molerAuch bei Ochs V. 394. Er hat 1520..

Hieraus ergibt sich:

  1. daß Holbeins Vater nicht Bürger war, sonst wäre es der Sohn erbweise auch gewesen, und hätte keines Einkaufs bedurft.
  2. daß hier nicht der ältere Hans Holbein gemeint seyn könne, der wenn er um 1450 (nach Mannlichs und Mechels Angabe) geboren war, jetzt schon in einem Alter hätte seyn müssen, wo man sich schwerlich mehr in eine fremde Zunft einkauft. Auch hätte er es nicht wohl drey Jahre später als sein Sohn Ambrosius gethan, der schon 1517 in die Zunft aufgenommen ward.
  3. heißt es in dem Rathsbuche bei der Aufnahme ins Bürgerrecht: Hans Holbein von Augsburg, welches auch wieder die Augsburgische Herkunft der Familie darthut, so wie, wo Ambrosius genannt wird, und eben so in Siegmunds Testament immer nur mit Bestimmtheit 50 von Augsburg, und nie von einem andern Orte, auch nur muthmaßlich die Rede ist.
  4. übrigens entspricht dieser Beitritt zum Bürger- und Zunftrecht ganz der damals in Basel bestehenden gesetzlichen OrdnungOchs, L. c. V. 38., daß wer in eine Zunft eintreten wollte, auch das Bürgerrecht annehmen mußte, die aber beide um wenig Geld zu haben waren, wenn einer seine Lehrjahre erfüllt und sein Handwerk gut gelernt hatte. Holbein ward erst Bürger, (wenn die Angabe 1520 bei Ochs richtig ist) und dann noch in demselben Jahre Zunftgenoß. Bei dem ersten Actus heißt er noch (Bürger) von Augsburg; im zweiten nicht mehr, weil er schon Bürger zu Basel war.

Wollte man fragen, warum dieß alles so spät, in seinem zwei und zwanzigsten Jahre geschehen sey, da er doch viel früher schon vorzügliche Proben seiner Kunst in Basel abgelegt habe, so mag dieß wohl seinen Grund in den Zunftgesetzen haben, nach welchen damals auch die künstliche Malerei der Handwerksordnung unterworfen war, und nicht auf eigne Faust ausgeübt werden durfte, es habe dann einer seine Lehrjahre erfüllt, oder das 51 mündige Alter erreicht. Eine Sitte, die in Schweizerstädten noch bis ans Ende des abgewichenen Jahrhunderts reichte, wo selbst Mahler von längst begründetem Rufe, wenn sie das Bürgerrecht nicht hatten, sich bei einem Flachmahler der Stadt als Gesellen einschreiben lassen mußten, um ihre Kunst auszuüben, wenn schon kein Bürger vorhanden war, der auch nur etwas Erträgliches hätte leisten können. – Zudem stand der junge Holbein, ungeachtet schon bedeutender Leistungen, noch in keinem solchen Ansehen, daß er eine Ausnahme von bestehenden Ordnungen zu erwarten gehabt hätte. Ueberhaupt muß man sich das damalige kunstliebende Publikum nicht so reizbar und gelehrt vorstellen wie das unsrige; es hielt schwerer berühmt zu werden, indem noch keine solche Anstalten vorhanden waren, wodurch manch kaum erwachtes Talent mit Posaunentönen der weiten Welt kund gemacht wird, das zuweilen noch unreif wieder verschwindet, ehe jene Töne verhallt sind. Man hatte nicht einmal die Sprache der Kunst, oder nur eine dürftige; man malte besser als man sprach, so wie man jetzt besser spricht als malt. 52

 


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