Andreas Gryphius
Horribilicribrifax Teutsch
Andreas Gryphius

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Der fuenffte Auffzug.

Florianus. Selenissa. Antonia.

ANtonia. Bey Bonoso ist nichts mehr / wie du siehest / zu suchen / er verachtet / und nicht sonder Ursach / diese / die vorhin seiner nicht geachtet.

Selenissa. Es ist daran nichts gelegen / wenn Palladius noch unser ist.

Antonia. Jch fuerchte / wir werden bey Palladio ankommen / wie wir verdienet! ich sehe nichts / als unser hoechstes Unglueck in bester Vollkommenheit.

Selenissa. Auffs wenigste hoffe ich Antwort auff mein Schreiben zu erhalten. Mich duenckt / ich sehe den kleinen Florian daher gelauffen kommen.

Florian. (singend):

Lustig ihr Brueder: auff lasset uns leben!
Lesbia meine Freud' hat sich ergeben!
Wer mich wil neiden / der muesse zuspringen!
Lustig ihr Brueder / es wil mir gelingen!

Hola! (er jauchtzet etliche mahl nacheinander / nachmals faehret er fort): Guten Morgen / guten Morgen / Jungfrau Selenissa.

Selenissa. Es ist nunmehr Abend / nicht morgen.

Florian. Um welche Zeit des Abends wird es Abend?

Antonia. Wenn die Sonne wil untergehen.

Florian. O warumb geht die Sonne nicht alle Abend dreymal unter / so gienge ich mit meinem Herren jedwedern Abend dreymal zu Gaste.

Selenissa. Was machst du mit der Fackel?

Florian. Jch will sehen / ob gut Wetter ist / Jungfrau Selenissa, um welche Zeit des Abends schlaegt es sechse?

Anton. Wenn es vier Viertel nach fuenffen geschlagen hat.

Selenissa. Bringest du mir keinen Brieff / mein Kind?

Florian. Bin ich euer Kind? so seyd ihr meine Mutter: warum habt ihr mich denn keinmal gekuesset?

Selenissa. Wo du mir einen guten Brieff bringst / so will ich dich zweymahl kuessen!

Florian. O ich habe einen schoenen Brieff mit rothem Lack zugesiegelt. Jn meines Herren Schreibekammer ligen etliche tausend Brieffe; wo ihr mich fuer jedweden kuessen wollet / wil ich euch morgen beyde Hosen Saecke und mein Hemde voll bringen / aber fuer die grossen / an welchen die Schoenen Siegel hangen / muesset ihr mich viermal kuessen.

Selenissa. Hast du denn ietzunder keinen Brieff bey dir?

Florian. Ja / ja / mein Herr hat mir einen gegeben.

Selenissa. Laß mich den Brieff sehen!

Florian. Jhr muesset mir zuvor Tranckgeld geben.

Selen. Du solt auff meiner Hochzeit mit mir tantzen.

Florian. Nein / ich tantze nur mit meiner Rosinen! dis ist der Brieff!

Anton. Es ist seine eigne Hand.

Florian. Guten Tag / guten Tag! ich muß fort! Morgen um zwey zu Mittage / wenn Mitternacht ist / wil ich widerkommen / und mehr Brieffe mitbringen.

Antonia. Laß schauen / was hat er geschrieben.

Selenissa. O ich bin des Todes!

Florian.

Lustig ihr Himmel / ich habe gewonnen
Sie / die Durchlauchtigste unter der Sonnen;
Lustig ihr Sternen / ich werde sie haben:
welche die Goetter und Geister begaben.
(Gehet singend hinein.)

Selenisse (lieset den Brieff): Wehlende und unbesonnene Jungfrau / die Zeit ist nunmehr aus / in welcher ich meiner Vernunfft beraubet / euch einig zu Gebote gestanden. Jzt erkenne ich meine Thorheit / und schertze mit eurer Unbedachtsamkeit. Die allerkeuscheste und vollkomneste Seele Coelestina haelt mich auff ewig gebunden / und wuenschet euch Glueck zu eurer Hochzeit mit dem elenden Auffschneider / welchen ihr euch allein zu stetem Schimpffe / wackern Gemuetern vorgezogen. Gehabt euch wohl mit ihm / und bleibet von mir / weil ihr meines Grusses nicht beduerffend / ewig gesegnet! (Selen. faelt nieder / und wird ohnmaechtig.)

Antonia. Dieses Unglueck hab ich vor langer Zeit als gegenwaertig gesehen. Selene! Selene! (Sie ziehet die Tochter hinein.)


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