Andreas Gryphius
Horribilicribrifax Teutsch
Andreas Gryphius

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Die alte Cyrille. Sempronius.

Cyrille. Kaetterle schleuß das Haus wohl zu / und wo die Braut kommt der ich rathen solte / so gib ihr das Wasser / wenn sie dir 3. Ducaten eingeliefert hat. Wird Don Diego nach mir fragen / so sage / daß ich in seinen Geschaefften ausgegangen bin. Es ist ietzt alles theur: die Welt ist gar auff die Neige kommen: die Jungfern sind so geitzig / wie der Teuffel / und die junge Gesellen haben lauter lauter Nichts in dem Beutel. Es ist gar eine ander Welt / als da ich noch jung war: die Liebe ist gar gestorben. Nun muß ich gehen und sehen / ob ich heute was verdienen kan. Nu das walte / der es walten kan. Matthes gang ein / Pilatus gang aus / ist eine arme Seele draus. Arme Seele wo kommst du her? Ach das ist ein troestlich Gebet!

Sempron. Prolixam texit fabulam, interrumpam & alloqvar. Bona dies, bona Dies!

Cyrille. Aus Regen und Wind / und aus dem feurigen Ring.

Sempron. Bona dies, Cyrille.

Cyrille. Was sagt Herr Jonipis, ô ja die is.

Sempron. Ha! Bestia / verstehestu nicht was ich sage?

Cyrille. Ja freylich bin ich die beste / es ist in der gantzen Stadt keine so redliche fromme Frau / Herr Criccronigs.

Sempron. Ego appellor Sempronius.

Cyrille. Ob ich Semmeln oder Honig ha? Ne Herr Grigories, ich verkaeuffe nicht mehr Obst und Naescherey.

Sempron. Jch sage euch nicht von Semmeln oder Honig / sondern wuendsche euch einen guten Morgen.

Cyrille. Dem wird der Engel Uriel nehmen sein Horn / und blasen drein Tit titu.

Sempron. Was murmelt ihr?

Cyrille. Jch bete ein troestlich Gebet vors Feber und boese Wetter.

Sempron. Seponamus ista.

Cyrille. Ob ich Seiffe haben mueste. Ja freylich lieber Herr Procrecriis. Die Waesche kost viel Geld / man muß vor ein Muderhemdlin einen guten Groschen geben.

Sempron. Ey lasset uns diß beyseite setzen! hoeret nur / ich sage euch αληθω̃ς, purè.

Cyrille. Da soll euch der Teuffel dafuer holen / sagt ihr / daß ich eine alte Hure bin? das kan mir kein redlicher Mann mit gutem Gewissen nachreden / du alter graubaertiger ungehangener Dieb / du darffst mir nicht viel / ich gaete dir den Bart aus.

Sempron. Ey / ihr verstehst mich nicht redet / ich rede Griechisch und Lateinisch αληθω̃ς purè.

Cyrille. Saget mir nicht mehr von der alten Hure oder...

Sempron. αληθω̃ς, purè, das heist in der Warheit / ich weiß doch wohl / daß ihr eine redliche Frau seyd; die gantze Stadt haud negat.

Cyrill. Daß ich mirs Haupt gebadt / was gehet der gantzen Stadt daran ab.

Sempron. Surdo narro fabulam.

Cyrille. Ey Herr / redt doch kein Polnisch mit mir / ich versteh euch nicht.

Sempron. Jch rede nicht Polnisch / ich rede Lateinisch.

Cyrille. Ey ihr seyd ein Doctoribus, und ich bin nicht studiret, wozu dienet der Lateinische Unrath?

Sempron. Quid Gallo margaritam?

Cyrill. Ja im Keller ist Margrite.

Sempron. Eine Sau fragt nicht nach Muscaten.

Cyrill. Muscaten in warm Bier sind gut vor die Mutter-Kranckheit.

Sempron. καλω̃ς με υπέμνησας.

Cyrille. Ja wenn ich kalt aaß / so nisete ich.

Sempron. καταγέλας μου.

Cyrille. Ja die geele Kuh!

Sempron. Ey nun ad rem tandem.

Cyrille. Redet ich hab es verstanden.

Sempron. Hoeret Frau Cyrille, ihr koennet mir uebermassen befoerderlich seyn in einer Sachen / welche ist Grandis momenti.

Cyrille. Scheltet ihr von gotz Elementen? je Herr / es ist grosse bittre Suende.

Sempron. Grandis momenti / heist eine Sache von Wichtigkeit. αλλὰ ταυ̃τα εάσωμεν.

Cyrille. Ja so meent ihr?

Sempron. Nein doch! planè non!

Cyrille. Jch bin keine Nonn.

Sempron. Hoeret doch recht zu!

Cyrille. Ey Herr / so muest ihr reden / daß ich es verstehen kan.

Sempron. Jhr kennet Jungfrau Coelestinam wohl / nostin'?

Cyrill. Herr / sie wohnt nicht gegen Osten / es ist gerade gegen Mittag.

Sempron. An dieselbe habe ich einen Brieff von Importantz zu bestellen.

Cyrille. Habt ihr mit derselben einen Tantz zubestellen?

Sempron. Jch sage / daß ich ihr hanc Epistolam, diesen Brieff / gerne zustellen wolte.

Cyrille. Aber ist dieser gestolne Brieff vom Tantzen?

Sempron. σχεδόν. Doch / er ist nicht vom tantzen / er ist vom lieben.

Cyrill. Aber wer hat den Brieff geschrieben?

Sempron. Ego.

Cyrill. Jch kenne den guten Mann nicht.

Sempron. Σεμπρόνιος πεποίηκα, das ist / ich in eigner Person.

Cyrille. Jhr Gelehrten habt wunderliche Nahmen. Aber stehet in dem Brieffe / daß ihr Jungfer Coelestinam liebhabt?

Sempron. Divinavit.

Cyrille. Die Jungfer haelt nichts vom Koenig David.

Sempr. Meine wehrteste Zierde! redet mein bestes / was ihr in meinem Hause begehren werdet / das ist alles euch zu Dienst. Tua sunt, posce.

Cyrille. Wie sprechet ihr / Pfui Hund / huste? Herr Cecronius werdet ihr meine Jahre auff dem Halse haben ihr werdet genung husten.

Sempron. Jch sage darvon nicht / ich bitte / ihr wollet meine Sache bey Jungfrau Coelestina befoerdern / und ihr diesen Brieff de manu in manum ueberantworten.

Cyrill. Ha / ha / nu merck ich / wo der Hase liegt. Fuer wen seht ihr mich an? vor eine alte Kuppelhure? Solt ihr mir diß anmuthen? was hindert mich / daß ich nicht anfange Zeter zuruffen / muß ich diß auff meine alte Tage erleben? Ha! a! a! a! a! a!

Sempron. Ey Frau Cyrilla was bildet ihr euch ein? Meinet ihr / daß ich solche Sachen fuerhabe? aliter catuli olent, aliter sues, sagt Plautus. άλλο κορώνη φθέγγεται.

Cyrille. Was? soll ich mich an Hals haengen?

Sempron. Ey nein doch / Jch bin ein ehrlich Mann / und ihr eine ehrliche Frau / und habe etwas ehrliches fuer / beschweret euch nicht mir in dieser Sach behuelfflich zu seyn. Jhr duerffet derowegen in euren Geschaefften nichts versaeumen / und schauet / um daß ich euch den Morgen auffgehalten habe / und vielleicht verhindert / so nehmet diese zwey Ducaten / accipe.

Cyrille. Ach in Warheit Herr Kikilorius, ihr seyd ein lieber redlicher Herr / ihr sorget allein fuer das liebe Armuth. Euch zugefallen will ich gern den Gang auff mich nehmen. Einem andern thaete ichs bey meiner Seelen nicht. Wo habt ihr euren Brieff?

Sempron. Dieser ists. Wie wolt ihr aber in das Hauß kommen / quis recludet tibi Januam, wer wird euch das Schloß eroeffnen?

Cyrille. Kuemmert euch nicht / kuemmert euch nicht! last mich nur machen; Frauen List / ueber alle List. Jch will Flachs oder Schleyer Leinwand hin zuverkauffen tragen / oder schon sonst was erdencken.

Sempron. Bringet ihr mir gute Antwort wieder / so sollet ihr einen neuen Rock haben / und solt gekleidet werden à vertice ad talos.

Cyrille. Viertzig Thaler die sind gut mit zu einem neuen Rock. Nu / nu Herr Senckelhorius / es wird sich wohl schicken; Jch gehe gleich drauff zu.

Sempron. Darauff verlasse ich mich. Vale basilicè, athleticè, pancraticè, έρρωσο ευδαιμόνως, das heist / guten Morgen.

Cyrille. GOtt der HErr bewahre euch. Das ist ein gut Glueck gewesen: Der Segen hat geholffen: es war doch in einem Wege mit zu Jungfer Sophien. Nu last uns weiter: Die heilige Sanct Margritte / die bitt ich / daß sie mich behuete / fuer Pueffen / Fallen und vor Schlaegen / auff allen meinen Wegen. Ach du lieber heiliger Sqventz, bewahre mir Huener und Gaens.


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