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Drittes Kapitel.
Die Musterung.

Bei dem immer weiteren Fortschreiten der Hungersnot und der konstitutionellen Theorie der defektiven Verba ist jede andere Aufregung begreiflich. Es ist ein allgemeines Schütteln und Rütteln der französischen Gesellschaft; wie viele Gestalten werden dadurch aus den unteren Schichten in die Höhe geworfen und arbeiten eifrig an dem Werke mit!

Den Hundedoktor Marat, jetzt ein weithin sichtbarer Stylites, kennen wir bereits, ihn und andere Emporgekommene. Nur ein Beispiel dessen, was kommen, was sich noch weiter aus dem Reiche der Nacht emporarbeiten wird. Chaumette, mit der Zeit Anaxagoras Chaumette genannt, thut sich schon mit 310 seinen honigsüßen Worten unter Straßengruppen hervor; er ist kein Schiffsjunge mehr auf hohem, schwindeligem Maste; nein, im Gegenteil, ein süßredender, langgelockter Tribun des gemeinen Mannes auf den Prellsteinen der Hauptstraßen, daneben ein gewandter Redacteur, der noch steigen wird – sogar bis zum Galgen. Auch Kommis Tallien ist Redacteur geworden; er wird Chefredacteur und noch mehr werden. Dem Buchhändler Momoro, dem Buchdrucker Prudhomme eröffnen sich neue Erwerbszweige. Collot d'Herbois, der sonst auf der Bühne in leidenschaftlichen Rollen wie ein Rasender wütete, läßt den Thespiskarren stehen und lauscht mit seinem schwarzbuschigen Kopfe den Klängen des Weltdramas: soll die Nachahmung zur Wirklichkeit werden? Ihr, Leute von Lyon, Buzot, Mémoires (Paris 1823), p. 90. ihr habt ihn ausgezischt? Hättet ihr lieber Beifall geklatscht!

In der That, glücklich sind jetzt alle Arten von Mimen und halbwegs originellen Menschen. Schwülstiger Wortschwall mit mehr oder weniger Aufrichtigkeit (die nicht ganz aufrichtig zu sein braucht; aber je aufrichtiger, desto besser) wird es wahrscheinlich weit bringen. Soll man sagen, das Revolutionselement wird immer dünner, so daß nur immer leichtere Körper darin schwimmen können, bis schließlich die hohle Blase allein noch auf der Oberfläche sich erhält? Geistige Beschränktheit und Ungestüm, Schlagfertigkeit und Verwegenheit im Vereine mit Schlauheit und Lungenkraft, dies alles wird, wenn auch das Glück hold ist, vortreffliche Dienste leisten. Darum steigt, wie wir sehen, unter allen aufsteigenden Klassen am allermeisten der Advokatenstand: die Bazires, Carriers, Fourquier-Tinvilles, der Basochekapitän Bourdon beweisen dies mehr als genug. Gestalten wie diese werden, ein Schwarm nach dem anderen, dem wunderbergenden Schoße der Nacht entsteigen. Von einem tieferen, tiefuntersten Schwarm, der noch nicht vor dem erstaunten Auge ans Tageslicht gekommen ist, von langfingerigen Lichtputzern, diebischen Lakaien, kuttenlosen Kapuzinern, von so vielen Héberts, Henriots, Ronsins und Rossignols wollen wir so lang als möglich schweigen.

So regt sich in ganz Frankreich alles, was nach der Ausdrucksweise der Physiologen Irritabilität in sich hat; um wie viel mehr regt sich alles dort, wo sich die Irritabilität zur Vitabilität d. h. zur wirklichen, lebendigen Erscheinung, zu einer Kraft, die wollen kann, ausgebildet hat. Alles regt 311 sich und strömt nach Paris, wenn es nicht schon dort ist. Präsident Danton wird immer größer und mächtiger in seiner Kordelierssektion, seine rhetorischen Bilder sind alle »gigantisch.« Thatkraft blitzt unter seinen schwarzen Brauen, droht in seiner Hünengestalt, rollt im Klange seiner Donnerstimme, »die von der Wölbung wiederhallt.« Auch dieser Mann besitzt gleich Mirabeau ein natürliches Auge und beginnt zu sehen, wohin der Konstitutionalismus hinstrebt; freilich hegt er ganz andere Wünsche als Mirabeau.

Achtet hingegen auch darauf, daß General Dumouriez die Normandie und Cherbourgs Wellenbrecher verlassen hat, um – man kann erraten, wohin – zu kommen. Seit dem Beginn der neuen Ära ist dies sein zweiter, ja sein dritter Versuch in Paris; aber diesmal ist es ihm voller Ernst damit; denn er hat alles übrige aufgegeben. Ein Mann, biegsam wie Draht, elastisch und unermüdlich, ein Mann, dessen ganzes Leben ein einziges Kämpfen und Marschieren war, ein Mann, der gewiß keine Kreatur Choiseuls, sondern, wie er in seinen alten Tagen stolz antwortete, »eine Kreatur Gottes und seines Schwertes« war. Er, der unter einem Hagel todbringender Geschosse korsische Batterien überfiel, der unbesiegt bei Klosterkamp in den Niederlanden unter seinem Rosse sich hervorarbeitete, obwohl ihn »das verbogene Steigbügeleisen und neunzehn Wunden behinderten,« der sich zähe und trotzig als verlorener Posten an der Grenze Polens zur Wehr setzte, im Kabinett intrigierte und auf dem Felde kämpfte, der als Kundschafter des Königs namenlos in weiter Ferne herumirrte oder wie verzaubert in der Bastille eingeschlossen saß, der beinahe von Geburt an focht, schrieb, Pläne schmiedete und mit Widerwärtigkeiten zu kämpfen hatte; Dumouriez, Mémoires I, 28 etc. – dieser Mann hat es jetzt so weit gebracht. Wie wurde er bedrückt, ohne unterdrückt werden zu können? Wie ein in einen Kerker gebannter Geist, der er wirklich war, hieb er zu seiner Befreiung auf die granitnen Mauern ein und schlug aus ihnen Feuerfunken. Hat das allgemeine Erdbeben nun auch seine Kerkergruft gesprengt? Was hätte er zwanzig Jahre früher geleistet! Aber jetzt spielt sein Haar ins Graue, seine Denkweise hat eine ganz bestimmte, militärische Richtung. Er kann nicht mehr wachsen, und die neue Welt um ihn ist in einem so üppigen Wachstum begriffen. So wollen wir ihn als einen »der Schweizer des Himmels« bezeichnen, der, jeder eigenen 312 Überzeugung bar, vor allem Arbeit verlangt, Arbeit, gleichviel, auf welcher Seite sie sich bietet. Arbeit harrt seiner, und er wird sie verrichten.

Doch nicht aus ganz Frankreich allein, sondern aus allen Teilen Europas strömen die unruhigen Köpfe nach Paris; wo ein Aas ist, da sammeln sich die Geier. Seht, wie manch ein spanischer Guzmann, Martinico Fournier, genannt »Fournier der Amerikaner,« wie sogar von den Anden her der Ingenieur Miranda und andere herbeieilen oder schon da sind. Der Wallone Pereyra durfte sich der seltsamsten Herkunft rühmen; ihn hatte, wie man erzählt, der Diplomat Fürst Kaunitz achtlos wie ein Straußenei fallen lassen, – und das Schicksal hat ihn nun zu einem »Straußenvertilger« ausgebrütet. Die jüdischen oder deutschen Freys machen in dem großen Agiopfuhl, der die ganze Assignatenschöpfung zu einer Totgeburt gemacht hat, ihre Geschäfte. Dem Schweizer Clavière gelang es nicht, in Irland eine Socinianerkolonie zu gründen; aber er blieb vor Jahren einmal vor dem Minister-Hotel in Paris stehen und sprach die prophetischen Worte, es scheine ihm, als sollte er noch eines Tages Minister werden. Dumont, Souvenirs sur Mirabeau, p. 399. Der Schweizer Pache dagegen mit seinen schlichten Haaren sitzt bescheiden da, wegen seiner besonderen Demut und Gedankentiefe ist er ein Gegenstand der Bewunderung seiner Gasse und sogar der Nachbarschaft. Sitze da, Tartüffe, bis man deiner bedarf! Und du, Dufourny aus Italien, du, Proly aus Flandern, fliegt herbei, ihr Raubvögel! Wer immer einen heißen Kopf hat, der komme; komme, wenn dein Geist ungezügelt und ein Chaos ist, sei es ein Chaos der Unreife oder des Ruins; komme, weil du nicht bekannt werden kannst oder nur zu bekannt bist; komme, wenn du nur irgend eine verkäufliche Fähigkeit besitzest, ja, komme, wenn du nichts anderes als Gier und eine beredte Zunge hast. Und sie kommen alle, alle mit heißen unaussprechlichen Begierden im Herzen wie Pilger zu einem wunderthätigen Schreine. Ja, wie viele kommen ohne einen bestimmten Plan als müßige Landstreicher – Europa hat ja deren genug, – nur um zu irgend etwas zu kommen; Nachtvögel fliegen, wenn du sie aus ihrem Busch aufstörst, jedem Lichte zu. So ist auch Baron Friedrich Trenk noch ganz verwirrt und wie geblendet aus den Magdeburger Gefängniszellen hierher gekommen; er hat mit seinen Minotauruszellen auch seine Ariadne verloren und verkauft jetzt, 313 so seltsam es klingt, Wein, nicht in Flaschen, sondern in Fässern.

Auch unser England hat seine Sendboten abgeschickt. Es hat seinen Needham, den »Lebensretter« entsandt: man überreichte ihm feierlich ein »Bürgerschwert,« das längst schon vom Roste zerfressen ist; seinen Paine, einen rebellischen Miedermacher, der trotz seiner ungekämmten Haare glaubt, er, der einfache Mann der Nadel, habe durch seine Schrift über den gesunden Menschenverstand Amerika befreit, ja er könne und wolle diese ganze Welt, ja vielleicht noch die andere Welt befreien. Der konstitutionelle Verein schickt Price und Stanhope zur Beglückwünschung Moniteur, 10. Nov., 7. Dez. 1789. herüber; die hohe Nationalversammlung begrüßt sie, obgleich sie nur einen Londoner Klub vertreten, der von Burke und den Tories mit scheelen Augen angesehen wird.

Auch über dich, Chevalier John Paul, sei um unserer Landsmannschaft willen ein Wort gesprochen oder verloren. In verschlossener Marine-Uniform spukt Paul Jones wie ein Weinschlauch, aus dem aller Wein abgezapft ist, hier sichtbar wie sein eigener Geist herum! Sein einst so lautes Wesen ist gar geräuschlos geworden; man hört ihn zum größten Überdruß höchstens noch in den Vorzimmern der Minister oder hie und da bei einem Diner, zu dem man ihn aus Mitleid und Rücksicht für seine Vergangenheit einladet. Welcher Wechsel, welches Steigen und Fallen! Jetzt schaust du nicht, armer Paul, gedankenvoll vom Fuße des heimatlichen Criffel über die Bucht von Solway nach Cumberlands blauenden Bergen in die blaue Unendlichkeit. Von Wohlstand und schlichter Herzlichkeit umgeben, sehntest du dich darüber hinaus, du junger Thor, ja es zog dich hinweg in die weite Ferne. Hinter dem saphirnen Vorgebirge (die Menschen nennen es St. Bees), das in der Nähe betrachtet nicht aus Saphir, sondern aus gemeinem Sandstein besteht, ja, dort liegt eine Welt; du sollst sie einst verkosten! – Drüben von White Haven her steigen Rauchwolken auf, ein unheilkündendes Zeichen, das dich leider umsonst warnt. Das stolze Forth zittert vor seinen schwellenden Segeln; hätte sich nur der Wind nicht plötzlich gedreht. Heimkehrende Schnitter aus Flamborough bleiben auf dem Hügel stehen: Was ist das für eine Schwefelwolke, die den glatten Meeresspiegel trübt, eine Schwefelwolke, aus der Feuergarben emporschießen? Ja, es ist ein Hahnenkampf zur See und 314 zwar einer der hitzigsten, in dem der britische Serapis und der franko-amerikanische Bon Homme Richard einander in ihrer Weise zausen und würgen; und siehe, die Tapferkeit der Verzweiflung erwürgt den erwägenden Mut, und auch Paul Jones wird zu den Königen des Meeres gezählt!

Das schwarze Meer, die mäotischen Gewässer, die langröckigen Türken haben dich dann, o Paul, kennen gelernt; zwecklos hat sich dein Feuergeist in tausend Widersprüchen verzehrt; denn wird nicht in fremden Landen, bei scharlachroten Nassau-Siegen, bei sündigen kaiserlichen Katharinen das Herz ebenso gebrochen wie daheim bei den Armen und Niedrigen? Armer Paul, Hunger und Kleinmut begleiten deine müden Schritte; ein- oder höchstens zweimal noch taucht deine Gestalt stumm, geisterhaft, wie ein »mattdurchschimmernder Stern« in den Wirren der Revolution auf; und ist endlich dein Licht ganz erloschen, dann bewilligt dir der gesetzgebende Körper eine »feierliche Bestattung.« Das Glockengeläute deiner heimatlichen presbyterianischen Kirche und sechs Fuß schottischer Erde bei dem Staube deiner Lieben wären ebenso gut gewesen. – Das war die Welt, die hinter dem Vorgebirge von St. Bees lag; das ist das Leben der sündigen Menschheit auf Erden.

Doch für uns ist unter allen Fremden der bemerkenswerteste Baron Jean Baptiste de Clootz oder, von allen Tauf- und Feudalnamen abgesehen, der Weltbürger Anacharsis Clootz von Cleve. Den merke dir, aufmerksamer Leser! Seinen Onkel, den scharfsinnigen, durchdringenden Cornelius de Pauw, der liebgewordene Illusionen unbarmherzig zerstört und aus edlen, antiken Spartanern moderne, halsabschneiderische Mainotten macht, hast du gekannt. De Pauw, Recherches sur les Grecs etc. Aus demselben Stoffe ist Anacharsis, aus glühendem Metall voll Schlacken, die aus ihm hätten herausgeschmolzen werden sollen, die aber nicht herausgeschmolzen wurden. Zu Wasser und zu Lande hat er diesen unseren Planeten durchwandert, um sozusagen das längst verlorene Paradies zu suchen; er hat in England Burke gesehen, in Portugal hat die Inquisition ihn bemerkt; er hat sich herumgetrieben, er hat gefochten und geschrieben, er schreibt jetzt unter anderem auch »Beweise für die mohammedanische Religion;« wie sein scythischer Adoptivpate in Athen, findet er jetzt in Paris-Athen den Hafen seiner Seele. Ein aufsehenerregender, bei patriotischen Gastmählern gern gesehener 315 Mann; fröhlich, ja voll Humor, unbesonnen, sarkastisch, mit offener Tasche, anständig gekleidet, obwohl sich kaum ein Sterblicher jemals weniger um Kleidung gekümmert hat. Unter jeglichem Gewande sucht Anacharsis nur den Menschen; selbst ein Stylites Marat könnte auf die äußere Hülle, wenn sich kein Mann darunter birgt, nicht mit mehr Geringschätzung herabsehen. Des Anacharsis Glaubensbekenntnis lautet: Es giebt ein Paradies, und es ist zu finden; alle Trachten sollten Menschen bergen. O Anacharsis, dein Glaube ist ein Renner, der Hals über Kopf mit dir durchgehen wird! Besteigst du ihn, so wird deine Reise, wie mich dünkt, schnurstracks nach der Stadt Nirgendheim gehen, und dahin wirst du auch kommen! Im besten Falle wirst du in guter Verfassung ans Ziel kommen, und das ist schon etwas.

So viele neue Menschen und neue Dinge sind erschienen und haben sich unseres Frankreichs bemächtigt. Seine alte Sprech- und Denkart und die daraus entspringende Handlungsweise verändern sich völlig und streben gärend unbekannten Zielen zu. Selbst der einfältigste Bauer denkt, wenn er des Abends abgespannt und übermüdet an seinem Herde sitzt, wenigstens an niedergebrannte Schlösser und an Schlösser, die man noch niederbrennen könnte. Wie verändert sind die Kaffeehäuser in der Provinz und in der Hauptstadt! Die Procopiushöhle, Antre de Procope, hat nun andere Fragen zu entscheiden als die drei Einheiten des Stagiriten, keinen Theaterstreit, sondern einen Weltstreit. Da zanken und streiten zierlich gekräuselte Logiker mit alter Zopffrisur oder modernem Brutuskopf, und das Chaos macht den Schiedsrichter. Die immerwährende Melodie der Pariser Salons hat einen neuen Grundton erhalten, auch einen ewig währenden, den der Himmel schon zu des Julianus Apostata Zeit und noch früher gehört hat, und der jetzt ebenso toll wie ehemals klingt.

Hier können wir auch den Ex-Censor Suard sehen – Ex-Censor, denn wir haben Preßfreiheit – der sich unparteiisch, sogar neutral verhält. Hier rollt Tyrann Grimm seine Augen über die fragwürdige, kommende Zeit. Hier kräht der Atheist Naigeon, Diderots Lieblingsschüler, seine armselige, schwerverständliche Weise und verkündet den Anbruch einer neuen, glücklichen Zeit. Naigeon, Adresse à l'Assemblée Nationale (Paris 1790) sur la Liberté des Opinions. Wie viele Morellets und Marmontels hingegen, die ihr ganzes Leben lang über Philosopheneiern 316 brüteten, gackern jetzt halbverzweifelt über die Jungen, die sie ausgebrütet haben. Siehe Marmontel, Mémoires, a. a. O.; Morellet, Mémoires etc. Es war so entzückend, seine philosophischen Theoreme in den Salons zu entwickeln und sich dafür preisen zu lassen; und jetzt will das bethörte Volk nicht mehr bei der bloßen Spekulation bleiben, sondern zur praktischen Anwendung übergehen?

Beachtet schließlich hier noch die Erzieherin Genlis oder Sillery oder Sillery-Genlis – denn unser Gemahl ist sowohl Graf als auch Marquis, und wir haben mehr als einen Titel! Anspruchsvoller, nichtiger Schaum; Puritanerin und doch ohne Glauben, hüllt sie ihren Rat in dunkle Worte ohne Weisheit. Sie wirkt in dem seichten, schalen Element der Sentimentalen und der berühmten Frau; sie möchte gern aufrichtig sein, kann es aber nicht über Scheinaufrichtigkeit hinausbringen, über Scheinaufrichtigkeit jeder Art, die schließlich mit Frömmelei endet. Gegenwärtig trägt sie als Schmuck auf einem noch leidlich weißen Hals eine Miniature aus einfachem Sandstein, aus wirklichem Bastillensandstein. Monsieur le Marquis ist sowohl in der Nationalversammlung als auch anderwärts einer der Agenten des Herzogs von Orléans; Madame dagegen erzieht ein junges Geschlecht der Orléans in der subtilsten Moralität, kann aber über die Herkunft der holden Mademoiselle Pamela, ihrer Adoptivtochter, nur einen ziemlich rätselhaften Aufschluß geben. So zeigt sich die Genlis im Salon des Palais Royal, wohin, beiläufig gesagt, der Herzog von Orléans trotz eines Lafayette von seiner englischen »Mission« zurückgekehrt ist; fürwahr von keiner angenehmen Mission: wollten doch die Engländer nicht einmal mit ihm reden. Die heilige Hannah More von England, die der heiligen Sillery-Genlis von Frankreich so wenig gleicht, sah, wie man ihn im Vauxhall-Garden wie einen Pestkranken Hannah More, Life and Correspondence, III, 5. mied, und wie sein ausdrucksloses, rotblaues Gesicht kaum um einen Schatten blauer wurde. 317

 


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