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Neunundsiebzigster Brief

 

Paris, Montag, den 5. März 1832

Der Lindner ist zum Legationsrat in München ernannt worden und hat die allergnädigste Erlaubnis, die Uniform des königlichen Hauses tragen zu dürfen, taxfrei bekommen. Ich möchte ihn sehen in seiner Livree. Dieser Lindner ist die vollendetste Lakaienseele, die ich je kennen gelernt; er ist mit gelben Aufschlägen und geprägten Knöpfen auf die Welt gekommen. Er und Hormayr schreiben die neue »Bayrische Staatszeitung«, und der letztere hat das Feld der Literatur zu bebauen übernommen. Das wird eine schöne Landwirtschaft werden!

– Ach, was habe ich für einen schönen neuen Überrock! Haselnußfarbe, bequem über den Frack zu tragen, wattiert, lang, ein Meisterstück. Sie hätten Ihre Freude daran. Auch hat ihn der berühmte Staub gemacht, der Rothschild der Schneider. Als ich ihm sagte: Noch nie hätte mir ein Pariser Schneider einen Überrock nach Wunsch gemacht, und ich bäte ihn darum, die Sache mit Ernst zu bedenken, lächelte er ganz mitleidig und sagte: » Une maison comme la nôtre!« Und der Mann hat recht, stolz zu sein. Was die Natur an mir verdorben, hat er wieder gut gemacht. Meine Taille sollten Sie sehen! – –

Mit diesem schönen Überrock ausgeschmückt (und in dieser Absicht schone ich ihn und ziehe ihn selten an) werde ich künftigen Sommer den Redakteur der »Mannheimer Zeitung« in Heidelberg besuchen und werde ihm sagen: Ich bin der Verfasser der Briefe aus Paris, zu dem die Stuttgarter Hofzeitung gesagt hat: O, du elende Schmeißfliege! Die zwei Hauptredakteurs an dieser Zeitung sind der ehrliche Lindner und Geheime Hofrat Münch, von denen jeder dreitausend Gulden Gehalt bekömmt. Dafür müssen sie grob sein. Sie aber werden weit schlechter bezahlt und sind daher auch weit weniger grob. Indessen haben Sie von mir gesagt: Ich hasse die Fürsten, weil ich keine Hoffnung hätte, selbst ein Fürst zu werden, und haßte die Reichen, weil ich kein Geld hätte. Das eine ist dumm, und darum verzeihe ich es Ihnen; aber das andere ist gelogen. Betrachten Sie mich in diesem Rocke; sehe ich aus, wie ein Mann, der arm ist? Der Rock hat eine Haselnußfarbe, einen Samtkragen und ist mit Seide gefüttert und wattiert von oben bis unten. Er hat fünf Taschen und eine sechste geheime für Verschwörungslisten und kann bis am Halse zugeknöpft werden. Fühlen Sie einmal dieses Tuch an; fragen Sie Herrn Zimmern daneben, wieviel die Elle von solchem Tuche kostet, und Sie werden erstaunen. Und Sie nennen mich arm? Wenn Ihre ganze Garderobe so viel wert ist als mein einziger Rock, sollen Sie mich zum Fenster hinaus in den Neckar stürzen. Hundertunddreißig Franken hat er gekostet. Überhaupt, für wie reich halten Sie mich? ... Der Redakteur, dem mein grimmiges Gesicht ganz angst gemacht, möchte gern höflich sein und mich für sehr reich erklären; aber so ein armer Teufel von Pescheräh hat nicht weit zählen gelernt, und er antwortete: O, Herr von Börne, Sie sind gewiß drei- bis vierhundert Gulden reich... – Vierhundert Gulden! Sie sind ein Narr. Eine Million bin ich reich, sowohl an barem Gelde als an Manuskripten und guten Eigenschaften. Sie aber, wieviel sind Sie wert? ... – O! ich bin wenig wert... – Wenig wert? Gar nichts sind Sie wert. Sie sind nicht wert, daß Sie der Teufel holt! Dann ginge ich fort und lachte mich tot. Nur eines ist mir unerklärlich: Warum der Redakteur der »Mannheimer Zeitung« von den Heidelberger Studenten noch niemals Prügel bekommen.

– Soviel ich das undeutlich geschriebene Motto aus dem Tacitus lesen kann, heißt es in deutscher Übersetzung ohngefähr wie folgt: »Nicht bloß gegen die Schriftsteller, sondern auch gegen deren Werke wurde auf Befehl der Triumvirn mit Erbitterung verfahren, und die Denkmäler der erhabensten Geister wurden auf dem Forum verbrannt – als könnten durch Feuer die Klagen des römischen Volks, die Freiheit des Senats und das Gefühl des ganzen Menschengeschlechts vernichtet werden!«

 

Mittwoch, den 7. März

Nicht auf Myrons Kuh wurden zu ihrer Zeit so viele Epigramme gemacht, als in Deutschland seit einigen Monaten auf mich gemacht wurden! Und es sind nicht bloß kleine Schaumuster von Witz, von Fingerslänge, wie jene griechischen waren; sondern es sind ganz lange, breite, schwere Witzstücke, woran drei Blei hängen, das bekannte Fabrikzeichen der deutschen Satire. Es ist aber merkwürdig, was ich bei den Fabrikanten Kredit habe! Sie schicken mir ihre Ware unbestellt, unverlangt, und scheinen ganz unbekümmert, ob ich sie einmal bezahlen werde oder nicht. Aber ich bezahle sie – ehrlich währt am längsten.

Ein solches Witzstück erhielt ich gestern in einem Briefe, der das Postzeichen » Hamburg. 15. Nov.« trug. Der Mensch denkt's, Gott lenkt's. Ich wollte darauf schwören, daß der Briefsteller acht Tage nach dem 15. November sich morgens vergnügt die Hände rieb und jubelte: heute kommt mein Brief nach Paris, heute wird er braun, rot, gelb und weiß vor Ärger und zerbricht sich den Kopf, wer das Sonett gemacht haben mag. Goethe oder Platen, oder Uhland, oder Heine, oder Chamisso – und kann es nicht erraten. Aber es kam ganz anders. Den Brief erhielt ich erst gestern, also vier Monate später, weil die Adresse falsch war. Die Straße Rue de Provence war zwar richtig angegeben, aber die Hausnummer war falsch. Ich wohne No. 24, und die Adresse hatte No. 21. Vier Monate suchte mich der Briefträger, bis er mich endlich fand! Und ich wohne doch der Nr. 21 gerade gegenüber! Und ich erhielt den Brief zugleich mit dem ersten Veilchen, zu einer Zeit, wo mich nichts ärgern kann, weil ich dann meinem Ost entgegendämmere, weil ich dann des baldigen Wiedersehens froh bin. So weise hat mein Schutzgeist alles gelenkt, um die Bosheit des Hamburger Sonettiers zu vereiteln!

Aber so ist der Deutsche! Dieser unbekannte Hamburger – ein Mensch, der so gar keine Schulkenntnisse hat, der so wenig von Geographie, Statistik, Historie, Topographie, Biographie gelernt hat, daß er nicht einmal weiß, daß ich in der Rue de Provence No. 24 wohne und nicht No. 21 – nimmt sich heraus, ein Dichter sein zu wollen, nimmt sich heraus, ein Sonett auf mich zu werfen! Und mit welcher Bosheit ging er dabei zu Werke! Daß ich ja nichts ahnden möchte; daß ich ja in der Erwartung schwelgte, das Innere des Briefes werde so rücksichtsvoll und artig sein als sein Äußeres, und die Überraschung, der Schrecken mich so fürchterlicher darniederwerfe – schrieb er auf die Adresse » A Monsieur L. Bœrne, savant Allemand« und frankierte den Brief. Wie man einem Grobheiten frankiert schicken mag, begreife ich nicht; nie hätte ich das Herz dazu.

Hier folgt die Abschrift des Sonetts. Das » Entwichner Wechselbalg« wird Ihnen gefallen. Ich bitte, sehen Sie in meinem Schimpfwörterbuche nach, ob in W. » Wechselbalg« steht; wenn nicht, tragen Sie es nach.

An L. Börne,
den Briefsteller aus Paris.

Ist der ein Deutscher, der mit frechem Hohne
Den deutschen Namen schändet, ihn entehrt,
Was Deutschen heilig ist, giftig zerstört,
Esrichtend nicht, hinrichtend gleich dem Frone! –
Schütz', Himmel, uns vor dem verworfenen Sohne
Des Vaterlands, der Jud' und Christ empört,
Der Lug und Trug zu lehren nur begehrt,
Sich flechtend selbst der ew'gen Schande Krone! –
Du wähnst dich sicher im Asyl der Franken,
Und nicht zu Deutschen, nicht in deutsche Schranken,
Entwichner Wechselbalg, kehrst du zurück!
Doch wohin dich die flücht'gen Sohlen tragen,
Solang im Busen deutsche Herzen schlagen,
Ist auch Verachtung dein gerecht Geschick!

 

Donnerstag, den 8. März

Als ich gestern den »Wechselbalg« suchte, war er nicht zu finden. Erst einen Tag in meinem Zimmer und schon verschwunden! Darum heißt er auch mit Recht ein flüchtiger Wechselbalg. Endlich fand ich ihn unter meinen Papieren versteckt und niedergekauert. Und als ich so Nachsuchung hielt, fiel mir noch ein anderes Blatt in die Hände, ein köstliches Blatt, eine wahre papierene Krone, und ich kann darum wie Saul sagen: Ich war hingegangen, einen Esel zu suchen, und habe eine Krone gefunden. Doch nein! O Gott nein! Jetzt nicht scherzen, nicht lachen! Lesen Sie, lesen Sie! Dieses schwefelfarbige Aktenstück aus dem Archive der Hölle wurde mir im Winter vor unserem Aufenthalte in Soden von *** vertraulich mitgeteilt. Ich sollte es zum Drucke befördern. Nun hatte mich wohl damals meine schwere Krankheit unempfindlich, später die französische Revolution hoffnungstrunken gemacht. Es war mir ganz aus dem Sinne gekommen. Jetzt, gesund genug und nur zu nüchtern, fand ich das Papier wieder. Jetzt will ich es drucken lassen. Schreiben Sie mir es ab und verbrennen Sie sogleich das Original. Die Handschrift möchte vielen in Frankfurt wohlbekannt sein. O! es kocht, es kocht in mir! Aber meine bevorstehende Reise läßt mir nicht Zeit zu warten, bis meine Zorn-Suppe gar geworden. Unglückliches Volk! Unglückliches Vaterland! Kein Wahnsinniger wird so bevormundet und gepeinigt. Es ist mir, als sähe ich das ganze deutsche Volk im Drillhäuschen. Doch genug, genug!

Bericht des österreichischen Generals von Langenau an den Fürsten von Metternich. Es war Börne nicht bekannt, daß es sich bei der sogenannten Langenauschen Note um eine Fälschung aus der Feder des geistreichen liberalen Freiherrn von Wangenheim aus dem Jahr 1822 handelte. D. Hrsg. (Frankfurt, 1823.)

In die Majorität der Bundesgesandten ist ein Geist des Widerspruchs gefahren, der sich in zweifacher Beziehung in der Form des Liberalismus manifestiert, obwohl er durch und durch politischer Natur ist.

Die erste Form ist die Gesetzlichkeit. Kein Antrag darf ohne strenge Prüfung zur Abstimmung gebracht werden. An jeden wird der Buchstabe des Gesetzes als Maßstab gelegt; jede Diskussion wird auf Grundsätze zurückgeführt. Alles wird unter die Lupe der Bundesversammlung gebracht; kein Gesetz wird für oder wider angeführt, ohne durch künstliche Exegese den Sinn desselben auf so folgenreiche Weise auszudenken, daß der Konvenienz bald gar kein Spielraum mehr übrigbleiben wird. Aber nicht die Gesetzlichkeit, die Verfassungsmäßigkeit ist der letzte Zweck dieser Sophisten. Dieser liegt vielmehr darin, den großen Bundesmächten die formale Rechtsgleichheit aller Bundesglieder so unerträglich zu machen, daß sie, um sich in ihren Interessen nicht binden zu lassen, sich genötigt sehen, im Bunde nur eine passive Rolle zu spielen und nur durch diese Passivität gegen die Aktion der Mindermächtigen zu reagieren. Allein dies gerade fördert ihren Zweck, indem die kleinern Staaten, eben durch diese Tätigkeit, die öffentliche Meinung in dem Grade für sich gewinnen, in welchem die größern durch ihre Untätigkeit, die als hemmendes Prinzip erscheint, dieselbe verlieren.

Die zweite Form ist die der Nationalität. In dieser Form suchen sie die verschiedenen, oft sich widerstrebenden Interessen der einzelnen kleinen Staaten in Separathandlungen auszugleichen und zur Erhaltung der so errungenen gemeinsamen Interessen förmliche Bünde im Bunde zu stiften. Warum wird mit so großem Eifer, mit so vieler Umsicht an der Organisation der gemischten Armeekorps gearbeitet? Warum der Vereinigung darüber alle Rangverhältnisse so leicht geopfert? Warum stehen die Teilhaber dieser Korps, sobald sie die Selbständigkeit derselben nur von weitem gefährdet glauben, gleich für einen Mann? Warum hat man in den Staaten, welche von Protestanten regiert werden, mit so unwandelbarer Hartnäckigkeit allen Schwierigkeiten, die sich der Gründung eines gemeinsamen Systems für die katholischen Kirchenangelegenheiten in den Weg stellten, Trotz geboten? Hat nicht, um nur das System zustande zu bringen, Württemberg seinen Landesbischof einem badischen Erzbischof untergeordnet, Darmstadt der Metropolitanwürde, welche Mainz so lange zierte, entsagt, Kurhessen dem Großherzogtum Hessen den Vorrang eingeräumt? Hat man nicht selbst die kleinen Staaten Norddeutschlands in den süddeutschen Verein zu locken gewußt? Warum wird auf einmal jede Finanzrücksicht und jedes Provinzialinteresse für nichts geachtet, um nur den süddeutschen Handelsbund, an welchem in Deutschland so eifrig gearbeitet wird, zustande zu bringen? – Die öffentliche Meinung soll damit gewonnen werden, die Völklein sollen an die Möglichkeit glauben, daß sie ein Volk werden könnten; sie sollen in solchen Vereinen ihr Wohl gegründet finden, sie sollen Partei nehmen gegen die, welche, weil sie andere Interessen haben, den gleichen Weg nicht nehmen können, und in dieser neuen Liebelei mit den Völkern und der öffentlichen Meinung wollen jene Liberalen dem Einflusse ein Ziel stecken, den, zu ihrem großen Verdrusse, die großen Mächte noch immer auf die innern Angelegenheiten der einzelnen deutschen Staaten ausüben und auszuüben berufen sind. Diese Menschen, die oft weniger liberal sind, als sie, um zu ihrem Zwecke zu gelangen, sich darstellen, teilen sich zwar wieder in zwei verschiedene Klassen, in die Idealisten und Realisten; allein, wenn auch von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehend, streben sie doch beide nach dem einen Ziele, gegen die beiden großen Mächte einen Antagonismus zu organisieren.

An der Spitze der Idealisten steht der Freiherr von Wangenheim. Ihm schließen sich mehr oder weniger an die Herrn von Carlowitz und Harnier. Realisten sind der Freiherr von Aretin und der Herr von Lepel. Jener läßt die Idealisten sprechen und zieht, indem er sie zu bekämpfen scheint, die Conclusa, wie sie es wollen, gegen Österreich; dieser stimmt offen und unverhohlen für alles, was gegen die großen Mächte ist. – Ihm folgt, wenn irgend möglich, der Herr von Both. Auf Graf Eyben, Graf Grünne, Graf Beust und Baron Pentz ist nicht zu rechnen; sie sind den Idealisten und Realisten persönlich befreundet, und wenn sie auch gegen die großen Mächte nichts unternehmen, sind sie doch auch nicht für sie zu gebrauchen. Macht man Ansprüche auf sie, so schützt der eine die Forderungen der Ehre, der andere gar die des Pandektenrechtes vor – im Grunde liebäugeln auch sie mehr oder minder mit der Popularität. Aus Freiherrn von Blittersdorff ist nicht klug zu werden; er lebt in allen Elementen mit gleicher Leichtigkeit.

Was bleibt uns? Ein Präsident, der zwar sagen muß, was wir wollen, es auch gern und mit Heftigkeit sagt, aber es nicht verteidigen kann, so daß er mit dem besten Willen oft das Gegenteil von dem selbst mitbeschließen hilft, was er durchsetzen sollte; ein Graf Goltz, der das, was Graf Buol bejaht, zwar nie verneint, aber zur Verteidigung der Sache nie auch nur das mindeste beizutragen vermag; der Herr von Hammerstein, der uns nur bei seinem ersten Auftritte liberal und also gefährlich erschien, jetzt aber sich täglich besser zeigt. Er hat Kenntnisse, Verstand und einen gewissen Geist der Intrige und den Stolz, der über die Kleinen hinwegsieht; er wird uns, wenn Sie ihn mit dem Bande, das er uns selbst darreicht, vollends fesseln, wichtige Dienste leisten können. Der Minister Marschall, auf den unter allen Umständen und für jeden Zweck zu bauen ist; der Freiherr Leonhardi, der nicht mucksen darf, und die Gesandten der sogenannten Freien Städte, obwohl auch diese, der Mehrzahl nach, die Faust in der Tasche machen.

Hieraus folgt, daß, so gute Elemente wir auch haben, dennoch an der Begründung des Stabilitätssystems, und mithin an Herstellung der Ruhe, nicht zu denken ist, wenn man nicht die Idealisten zusamt den Realisten bannen kann. – Die Bundesversammlung muß epuriert werden. Darauf müssen Österreich und Preußen vor allen Dingen wirken. Die auf diesen Zweck berechneten Schritte müssen zwar gemeinschaftlich verabredet, aber nur abwechselnd von einem dieser beiden Staaten allein und sehr nach und nach gemacht werden, damit nicht andere als die angegriffenen sich in ihrer Würde gefährdet glauben mögen. Deshalb darf man die Epuration auch nicht beim Freiherrn von Aretin anfangen, obwohl seine Entfernung, weil er vor allen andern der Verstockteste und daher der Gefährlichste ist, am wünschenswertesten wäre. Bayern hält am meisten auf seine Unabhängigkeit, würde also am ersten Lärm blasen und nicht ohne großen Anhang bleiben. Daher muß das bayrische Gouvernement nicht gereizt, sondern ins Interesse gezogen und für die Epuration gewonnen werden. Dies ist zum Glück gar nicht so schwer, da der Minister Rechberg das bayrische antiösterreichische System vergißt, sobald man ihm in irgendeinem magischen Spiegel die Revolution und den Fürsten Metternich als deren Bändiger zeigt.

Nicht ohne Erfolg hat Preußen in seinen Zirkularbemerkungen über die Köthensche Streitangelegenheit den Freiherrn von Aretin nicht nur geschont, sondern sogar gelobt. Rechberg findet diese Bemerkungen vortrefflich, das Benehmen der Mehrzahl der Bundesgesandten abscheulich. Gelingt es, das bayrische Gouvernement in dieser Stimmung zu erhalten, so wird der Epuration kein großes Hindernis im Wege stehen. Es kommt dann nur darauf an, immer nur einen Gesandten auf einmal und zuerst einen solchen zu attackieren, dessen Hof von den übrigen aus irgendeinem Grunde am leichtesten zu isolieren ist. Es ist ziemlich gleichgültig, wer dieser erste sei. Alles ist gewonnen, wenn um seines Benehmens gegen die großen Mächte willen nur einer rappelliert wird. Zeigt man dann nur den festen Entschluß, daß, wenn es sein muß, der nämliche Prozeß sofort werde von vorn angefangen werden, so darf man mit Sicherheit darauf rechnen, daß der böse Geist, der jetzt in der Bundesversammlung sein Unwesen treibt, bald gebannt sein wird. Keinem Gesandten wird es alsdann so leicht wieder einfallen, in seinen Berichten, die wir ja meistens perlustrieren können, den Geist der Opposition, der allerdings in den deutschen Fürsten zu leicht nur geweckt werden kann, zu nähren; vielmehr werden sie, um sich in ihren einträglichen und zugleich ruhigen Posten zu befestigen, selbst dazu mitwirken, ihre Höfe den österreichischen, also auch den preußischen An- und Absichten, aus treuer Anhänglichkeit an das alte Kaiserhaus entgegenzuführen.

Dies ist der einzige Weg, auf welchem meines Dafürhaltens wir das wiedererobern können, was wir uns in unbegreiflicher Sorglosigkeit haben entreißen lassen.


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