Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Eine geraume Weile danach hörte Bob das Telefon klingeln. Glücklicherweise fand er das Wohnzimmer leer. Paula Wendell war am Apparat.
»Erfolg gehabt?« fragte der junge Mann leise.
»Nein. Eddie hatte es furchtbar eilig. Er packte seine Sachen, bezahlte seine Rechnung und rannte davon, als ich ihn im letzten Moment noch abfaßte. ›Hören Sie, Eddie‹, begann ich, ›ich möchte Sie fragen …‹ Aber weiter kam ich nicht. Er deutete nach dem Bahnhof. ›Jetzt nicht, Paula! Ich muß den Zug nach Los Angeles erreichen!‹«
»Sonderbar. Er sollte doch eigentlich mit euch zurück, nicht wahr? Im Auto?«
»Freilich! Mir ist das auch rätselhaft. Jedenfalls aber hab' ich zu meinem Leidwesen – als Detektiv versagt.«
»Sie haben getan, was Sie konnten.«
»Schade nur, daß ich nichts erreichte! Ich muß in einer Stunde nach Hollywood. Sind Sie noch da, wenn ich wiederkomme?«
Bob seufzte. »Es sieht fast so aus, als würde ich ewig hierbleiben!«
»Wie entsetzlich!«
»Sehr liebenswürdig!«
»Für Sie, meine ich!«
»Ach so, dann bin ich Ihnen sehr verbunden! Also hoffentlich auf baldiges Wiedersehen!«
Ah Kim schlenderte in der Nähe seiner Küche herum. Bob lotste ihn nach der Scheune. »Unsere Hoffnungen waren vergeblich.« Er gab Bericht von Paulas Mißerfolg.
Chan schien nicht sonderlich betroffen. »Ich schon ahnte, daß es würde so kommen. Eddie Boston weiß alles von Delaney und gibt das zu gegenüber Madden. Was es hat da für Sinn, daß wir mit Boston versuchen zu sprechen? Madden zuerst hat mit ihm gesprochen.«
Bob ließ sich auf einem ausgedienten Stuhl nieder, den man hierher verbannt hatte und stützte den Kopf in die Hände. »Man verliert allen Mut. Wir stoßen gegen eine Steinmauer.«
»Häufige Situation meines Lebens. Ich renne mit altem Kopf dagegen, bis er weh tut und mir kommt Erleuchtung.«
»Was schlagen Sie vor?«
»Die Möglichkeiten der Farm jetzt sind erschöpft. Wir müssen suchen anderswo. Die Namen dreier Städte mir wirbeln in Hirn: Pasadena, Los Angeles, Hollywood.«
»Wie soll man hinkommen? Halt, da fällt mir ein: Madden sagte heute früh, ich möchte Draycott in Pasadena aufsuchen. Aus irgendeinem sonderbaren Grund scheinen sie sich gestern nicht getroffen zu haben.«
»War er wütend?«
»Merkwürdigerweise nicht. Ich glaube, er wollte Draycott absichtlich verfehlen, weil der Professor dabei war. Miss Wendell fährt ohnehin mit dem Auto in der Richtung. Wenn ich mich beeile, kann ich sie begleiten.«
»Sicher sehr angenehme Reise! Also eilen Sie! Wir uns können weiter unterhalten, wenn ich wieder Sie nach Eldorado fahre.«
Durch die halb offene Tür von Maddens Schlafzimmer sah Bob die massige Gestalt des schnarchenden Millionärs. Er klopfte laut an den Pfosten. Mit erstaunlicher Behendigkeit sprang der Hausherr von seinem Bett hoch, die Augen weit aufgerissen, fast wie in Angst. Bob fühlte eine Regung des Mitleids: Fraglos hatte sich Madden in einem gefährlichen Netz gefangen und kämpfte nun verzweifelt um sein Leben. Trotz seiner Millionen schien er alles andere als glücklich …
»Es tut mir leid, daß ich Sie erschreckte, Mr. Madden – aber ich habe Gelegenheit, mit einem von den Filmleuten nach Pasadena zu fahren; und da Draycott bisher nichts von sich hören ließ –«
»Still!« Madden schloß sorgfältig die Tür. »Die Sache mit Draycott bleibt unter uns! Sie wundern sich vielleicht, was dies alles bedeutet, aber ich kann es Ihnen nicht auseinandersetzen abgesehen von dem einen, daß dieser Gamble mir nicht das zu sein scheint, was er vorgibt … Und … Nein, ich mag nicht weiter darauf eingehen! Teilen Sie also Draycott mit, er solle im Eldoradoer Wüstensaumhotel warten, bis ich die Verbindung mit ihm aufnehme.«
»Jawohl, Mr. Madden! Es ist mir unangenehm, daß sich die Sache so hingezogen hat …«
»Schon gut! Sie können Ah Kim sagen, daß er Sie nach der Stadt bringen soll, falls Ihre Filmfreunde Sie nicht hier abholen.«
»Nein, ich werde wieder den Diener bemühen müssen. Herzlichen Dank! Ich bin so bald wie möglich zurück.«
Hastig verstaute Bob ein paar Kleinigkeiten in seiner Reisetasche, dann wartete er im Hof auf den Chinesen. Gamble erschien – neugierig wie stets.
»Sie wollen uns doch nicht etwa verlassen, Mr. Eden?« fragte er in seinem sanften Ton.
»Diese Freude bereite ich Ihnen noch nicht! Nur ein kleiner Ausflug.«
»In Geschäften?« forschte der Professor mild.
»Vielleicht!« Da im selben Augenblick Charlie mit dem Auto vorfuhr, schwang sich Bob rasch hinein. Im Glanz des Sonnenuntergangs rollten sie dahin. »Nun, Charlie, ich bin ja in Detektivsachen ein völliger Neuling. Was habe ich zuerst zu tun?«
»Machen Sie sich nicht Sorgen! Ich werde sein in Ihrer Nähe.«
»Wie wollen Sie sich denn bei Madden loseisen?«
»Kleinigkeit! Morgen ich bitte um Urlaub, um zu besuchen kranken Bruder in Los Angeles. Alter Trick aller Chinesendiener. Madden wird ärgerlich, aber Verdacht er wird nicht schöpfen. Zug nach Pasadena geht früh um sieben ab Eldorado. Ich eintreffe dort elf Uhr. Sie haben, ich hoffe, die Güte, mich abzuholen vom Bahnhof?«
»Mit dem größten Vergnügen! Wir erledigen Pasadena zuerst, nicht wahr?«
»Wir zu erfahren suchen, was Madden dort trieb am Mittwoch. Was ist auf Bank geschehen? Hat er sein Haus aufgesucht? Dann wir begeben uns nach Hollywood und spüren Eddie Boston auf, vor allem aber in Los Angeles Sängerin.«
»Setzen wir uns aber da nicht einer Gefahr aus? Wenn nun Madden von unseren Unternehmungen erfährt?«
»Gewagt es mag sein, aber wir jetzt sind in verzweifelter Lage.«
»Leider Gottes bleibt uns wohl keine andere Wahl. Und wenn wir von unserer Erkundungstour zurückkommen und die Dinge immer noch nicht geklärt sind, dann fühle ich mich wirklich versucht, Ihnen eine schwere Last vom Magen und mir vom Herzen zu nehmen.«
»Geduld ist schönste Tugend!« lächelte der Chinese.
Vor dem Wüstensaumhotel stand zu Bobs Erleichterung noch Paulas Wagen. Zufällig kam Will Holley des Wegs, dem sie von ihren Plänen erzählten.
»Ich kann Ihnen ein wenig behilflich sein«, meinte der Redakteur. »Der Verwalter von Maddens Haus in Pasadena, ein sympathischer älterer Herr – Peter Fogg heißt er – war öfter mal hier; ich kenne ihn ziemlich gut.« Er schrieb ein paar Zeilen auf eine Visitenkarte. »Geben Sie ihm das und sagen Sie ihm, daß Sie von mir kommen!«
Paula Wendell erschien. »Eine Überraschung für Sie!« verkündete Bob. »Ich fahre mit Ihnen bis Pasadena!«
»Wie nett!« lächelte sie zurück. »Steigen Sie ein!«
Bob wollte sich ans Steuer setzen, doch Paula widersprach: »Nein, danke! Das will ich selber übernehmen. Sie kennen die Wege nicht.«
»Sind Sie immer so aktiv?«
»Leider noch nicht genug! Denken Sie nur an Eddie Boston! Wie blamabel, daß ich nichts ausrichten konnte!«
»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen! Der durchtriebene Halunke ist eben nicht leicht zu fassen. Nun wollen Chan und ich unser Heil versuchen.«
»Wie steht die Sache jetzt?«
»Immer noch unverändert!« Eine Zeitlang unterhielten sie sich über den ungeklärten Mord. Und als Dämmerung die Berge umhüllte, gelangten sie in ein grünes, fruchtbares Tal voller Blütenduft.
»Ah!« Bob atmete tief. »Welch köstlicher Geruch! Was mag das sein?«
Voller Mitleid sah ihn das Mädchen an. »Sie arme Großstadtseele! Es sind Orangenblüten!«
Viel zu früh für Bob kam man in Pasadena an. Paula wollte ihren Fahrgast am Maryland-Hotel absetzen. »Aber ich bitte Sie!« protestierte er. »Ich möchte Sie doch nach Hollywood begleiten!«
»Nicht nötig! Mir geht es wie Ihnen! Ich kann auf mich selber aufpassen! Aber vielleicht sehen wir uns morgen …«
»Wo kann ich Sie finden?«
»Um ein Uhr in unserem Atelier in Hollywood!« Und mit heiterem Abschiedsgruß fuhr sie die hell erleuchtete Colorado Street entlang.
Bob übernachtete im Hotel. Beim Frühstück erinnerte er sich, daß einer seiner Studienfreunde, Spike Bristol, seit einigen Jahren in Pasadena wohnte. Laut Telefonbuch war er in einer Bank tätig, wo Bob ihn alsbald aufsuchte. Er deutete an, daß er aus einem bestimmten Anlaß da sei, und bat ihn, die Unterhaltung als vertraulich zu betrachten. »Kennst du P. J. Madden?«
»Nun, er ist gerade kein Duzfreund von mir, und zum Diner hat er mich auch noch nicht eingeladen. Aber wir Finanzleute kennen einander ja alle. Erst vor einigen Tagen hatte ich geschäftlich mit ihm zu tun.«
»Erzähle!«
»Das bleibt aber gleichfalls unter uns! Madden kam Mittwoch früh mit Aktien im Werte von hundertzehntausend Dollar zu uns; wir haben sie auf seinen Wunsch am gleichen Tag für ihn verkauft und ihm das Geld bar ausgezahlt.«
»Aha! Das kommt mir keineswegs überraschend. Madden ist nämlich in einer höchst prekären Lage. Ich wohne gegenwärtig als Gast auf seiner Wüstenfarm und habe allen Grund zu der Annahme, daß er Erpressern in die Hände gefallen ist.«
Spike Bristol sah verdutzt auf. »Nun, und? Das ist doch schließlich seine Sache!«
»Nicht ganz! Eine gewisse Transaktion mit meinem Vater ist in dem Zusammenhang für mich von Bedeutung. Kennst du jemand bei der Garfield-Bank?«
»Einer meiner besten Freunde ist dort Kassierer. Aber du weißt ja: Diese Bankleute sind zuweilen recht unnahbar. Immerhin ließe sich ein Versuch machen.«
Sie gingen, zusammen zur Garfield-Bank, und Bristol hatte eine lange Unterhaltung mit seinem Bekannten. Dann stellte er Bob dem Kassierer vor. »Sie wissen«, sagte der Bankbeamte ernst, »daß Ihr Anliegen durchaus gegen die Regeln verstößt. Aber wenn Spike für Sie garantiert … Was wünschen Sie zu erfahren?«
»Der Millionär Madden war am Mittwoch hier. Was hat sich da ereignet?«
»Jawohl das stimmt! Er ist seit zwei Jahren nicht mehr hier gewesen, und es gab mächtige Aufregung. Er hat sich eine ganze Weile unten in der Stahlkammer bei seinem Tresor aufgehalten.«
»War er allein?«
»Nein. Sein Sekretär Thorn, uns gut bekannt, kam mit ihm. Außerdem ein kleiner, älterer Herr, auf dessen Aussehen ich mich nicht mehr genau besinne.«
»Er öffnete also seinen Tresor. Und dann?«
Der Kassierer zögerte. »Nun – er hatte seinem New Yorker Büro telegrafiert, uns durch die ›Federal Reserve Bank‹ eine ziemlich hohe Summe zu überweisen – aber darüber möchte ich lieber nichts sagen.«
»Sie händigten ihm die Summe aus?«
»Darüber darf ich keine Auskunft geben. Ich fürchte, ich habe sowieso schon zuviel aus der Schule geplaudert.«
»Sie werden es nicht zu bereuen haben – mein Wort darauf! Ich danke Ihnen verbindlichst.«
Man verabschiedete sich. »Deine Unterstützung war mir eine große Hilfe, Spike!« sagte Bob auf der Straße. »Aber nun adieu!«
»Na, na, du behandelst mich wie einen ausgedienten Rock!« beklagte sich Bristol. »Wie wär's denn mit einem Frühstück?«
»Bedaure! Ein andermal vielleicht! Jetzt muß ich mich schleunigst auf die Strümpfe machen. Der Bahnhof ist doch gleich hier unten? Also, auf Wiedersehen!«
Dem Elfuhrzug entstieg ein ganz anderer, höchst zivilisierter Charlie Chan. Er war so gekleidet wie neulich in San Franzisko. »Heute ich fühle mich wieder als Mensch!« konstatierte er lächelnd. »Ich war in Barstow, mir zu holen meine Kleider.«
»Hat Madden Sie ohne weiteres fahren lassen?«
»Wie sollte er nicht? Ich bin weg, ehe er ist aufgewacht. Habe nur hinterlassen Nachricht in kunterbunter Orthographie. Wahrscheinlich ihm jetzt ist Herz schwer, weil er denkt, Ah Kim für immer sei auf und davon. Wie freudig überrascht er wird sein, wenn sein Diener wieder zurückkehrt!«
»Ich bin inzwischen nicht untätig gewesen, Charlie!« Bob berichtete eingehend von den Unternehmungen dieses Morgens. »Als der alte Fuchs neulich abends in seinem Wüstenbau ankam, muß er ziemlich viel Geld bei sich gehabt haben. Holley hat sicher recht mit seiner Erpressertheorie.«
»Fast es scheint so. Aber noch es gibt andere Möglichkeiten. Madden hat getötet und fürchtet Entdeckung. Er schaufelt riesige Summen zusammen, um nötigenfalls flüchten zu können mit viel Bargeld, ehe die Bombe platzt. Was Sie meinen dazu?«
»Schon denkbar.«
»Jetzt wir wollen befragen den Verwalter seines Hauses.«
Ein Taxi brachte sie nach der Orange Grove Avenue. Unter den Schatten der Pfefferbäume, die diese Straße der Millionäre umsäumten, betrachtete der Chinese voll Ehrfurcht die hochragenden Paläste. »Großer Eindruck für jemand, der geboren in baufälliger Hütte an Morastfluß. Die reichen Weißen hier residieren wie die Kaiser. Ob es Zufriedenheit ihnen bringt?«
»Charlie«, unterbrach Bob den philosophierenden Asiaten, »ich bin in Unruhe wegen dieses Besuchs beim Verwalter. Was sollen wir sagen?«
»Das, was Wahrheit scheint: Daß Madden ist in Verlegenheit – vielleicht wegen Erpressung. Wir sind Polizeibeamte, die nachspüren den Verbrechern.«
»Wie wollen Sie das beweisen? Sie sind zwar in Honolulu Kriminalbeamter, aber Pasadena liegt in Südkalifornien!«
»Ich ihn lasse meine Dienstmarke sehen. Alle Polizeischildchen einander ähneln.«
Das Taxi hielt vor dem größten Gebäude der Straße. Chan und Eden gingen die breite Anfahrt hinauf, die von Rosensträuchern eingefaßt war. An den üppig blühenden Büschen fanden sie einen älteren Mann beschäftigt – einen freundlich lächelnden Menschen mit klugen Augen.
»Mr. Fogg?« fragte Bob.
»Das ist mein Name!« Bob gab ihm Holleys Karte, und Foggs Lächeln vertiefte sich. »Sehr erfreut! Kommen Sie mit auf die Veranda! Was kann ich für Sie tun, Mr. Eden?«
»Wir wollen ein paar Fragen an Sie stellen. Diese Fragen mögen Ihnen sonderbar erscheinen. Sie können sie beantworten oder nicht, ganz wie Sie wollen. Zunächst – war Mr. Madden am letzten Mittwoch in Pasadena?«
»Jawohl.«
»Sie haben ihn gesehen?«
»Für ein paar Augenblicke, gewiß! Er kam in seinem großen Auto, das er hier stets benutzt, und hielt vor dem Tor. Es mag gegen sechs Uhr abends gewesen sein. Ich sprach ein Weilchen mit ihm, aber er stieg nicht aus.«
»Was sagte er?«
»Er fragte, ob alles in Ordnung sei. Fügte dann hinzu, er werde wahrscheinlich bald zu einem kurzen Aufenthalt mit seiner Tochter herkommen.«
»Hatten Sie sich nach der Tochter erkundigt?«
»Nun ja, die üblichen Phrasen wegen ihres Befindens. Mr. Madden sagte, es gehe ihr gut, und sie freue sich auf Pasadena.«
»War Madden allein?«
»Der Sekretär Thorn begleitete ihn, wie immer. Und noch ein anderer, mir Unbekannter.«
»Die Herren kamen nicht ins Haus?«
»Nein. Ich hatte das Gefühl, als hätte Mr. Madden sich im letzten Augenblick anders besonnen.«
Bob sah Charlie an. »Mr. Fogg, ist Ihnen an Maddens Verhalten etwas aufgefallen?«
Der Verwalter zog die Brauen hoch. »Darüber habe ich mir allerdings Gedanken gemacht, als er fort war. Er schien sehr nervös, irgendwie beunruhigt.«
»Hören Sie, Mr. Fogg – ich verlasse mich auf Ihre Verschwiegenheit. Sie wissen, daß Will Holley uns nicht geschickt hätte, wenn wir nicht zuverlässig wären. Mr. Madden ist wirklich nervös und beunruhigt. Wir haben Ursache anzunehmen, daß er das Opfer einer Erpresserbande wurde. Mr. Chan –«
Der Mann aus Honolulu zeigte seine Marke.
Peter Fogg nickte. »Das überrascht mich nicht. Aber es tut mir unendlich leid. Ich habe Madden immer gern gehabt. Nicht viele mögen ihn, aber zu mir war er stets gütig und entgegenkommend. Wie Sie vielleicht schon gemerkt haben, schlägt die Arbeit, die ich hier leiste, nicht gerade in mein Fach. Ich war früher Rechtsanwalt im Osten, wurde aber krank und mußte meine Praxis aufgeben. Da war ich dann froh, einen halbwegs erträglichen Posten zu bekommen. Mr. Madden hat immer wie ein Ehrenmann an mir gehandelt. Was in meinen Kräften steht, um ihm und Ihnen zu nützen, das soll geschehen!«
»Sie sagten, unsere Mitteilung komme Ihnen nicht überraschend. Haben Sie einen Grund dafür?«
»Keinen besonderen. Aber eine so berühmte Persönlichkeit wie Madden – und bei seinem Reichtum – ja, da erscheint dergleichen fast unvermeidlich.«
Zum erstenmal mischte sich Charlie Chan ins Gespräch. »Noch eine Frage, Mr. Fogg! Sie haben vielleicht Ahnung, warum Mr. Madden könnte fürchten einen gewissen Mann? Einen Mann namens Jerry Delaney? Sie haben den Namen schon gehört, Mr. Fogg?«
Leise Unruhe zuckte über des Verwalters Züge. »Ja – ich habe den Namen gehört, und zwar in seltsamem Zusammenhang. Vor ein paar Jahren ließ der Chef dieses Haus gründlich nachsehen und eine Alarmanlage anbringen. Ich traf ihn in der Halle, während die Handwerker an den Fenstern arbeiteten, und sagte halb im Scherz: ›Nun kann uns ja nichts mehr passieren, wenn einer hier einzubrechen versucht. Ein Börsenherrscher wie Sie hat sicherlich manche Feinde!‹ Mr. Madden sah mich forschend an. ›Es gibt nur einen Menschen auf der Welt, den ich fürchte‹, erwiderte er, ›einen einzigen, und das ist Jerry Delaney. Denken Sie an den Namen, wenn irgend etwas passiert!‹ Das versprach ich ihm. Er wandte sich zum Gehen. – ›Und warum fürchten Sie diesen Delaney?‹ rief ich ihm nach. Es war eine Dreistigkeit, und er antwortete nicht sofort. Er blickte mich eine Weile nachdenklich an und sagte dann langsam: ›Jerry Delaney hat einen recht sonderbaren Beruf, und er versteht sein Fach verteufelt gut!‹ Damit ging er in die Bibliothek, und ich wußte, daß es keinen Zweck hatte, weitere Fragen zu stellen.«