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Vorsichtig lenkte Will Holley sein Auto den felsigen Abhang hinab. Jetzt kam man auf Wüstenboden, wo der Weg nur durch schwache Räderspuren durch Gestrüpp und Brachland angedeutet war. Jäh scheuchten die Lichter des Wagens ein Kaninchen auf, das schlaftrunken am Wegrand gekauert hatte. Bob Eden sah eine Reihe von Palmen hinter einem Stacheldrahtzaun und zwischen den Bäumen ein erleuchtetes Fenster.
»Die Alfala-Ranch!« erklärte der Redakteur.
»Warum, um alles in der Welt, leben Menschen in dieser Einsamkeit?«
»Manche sicherlich deshalb, weil sie nirgendwo sonst ungeschoren leben können. Außerdem muß man bedenken, daß die Bedingungen hier gar nicht so schlecht sind: Äpfel, Zitronen, Birnen …«
»Aber wie steht's mit dem Wasser?«
»Wer unverdrossen bohrt, trifft auf Wasser. Madden zum Beispiel brauchte nur dreißig Fuß tief zu graben. Aber das war sein spezielles Glück. Seine Ranch liegt dicht am Bett eines unterirdischen Flusses.«
Der nächste Zaun war mit allerlei Zeichen bemalt und mit Fähnchen besteckt, die im Mondlicht gespenstisch flatterten.
»Dattel City, wo – wenn Sie alles glauben, was man Ihnen erzählt – das Gold auf der Straße liegt. Noch wohnt hier niemand, aber wer weiß? Wir sind eine aufblühende Gemeinde! Mein Leitartikel von der vorigen Woche erläutert das.«
Das Auto schaukelte hin und her, doch Holleys Fäuste lagen fest am Steuerrad. Hier und da reckte ein Josuabaum seine schwarzen Arme, als wolle er die nächtlichen Reisenden greifen, und über die graue Weite pfiff unausgesetzt ein, schneidender Wind.
Bob schlug fröstelnd den Kragen hoch. »Ich muß immerfort an das alte Lied denken – von dem Jüngling, der schwor, ein Mädchen zu lieben, ›bis der Sand der Wüste erkaltet‹!«
»Kein sehr bedeutungsvolles Versprechen. Entweder war er ein Witzbold, oder er ist nie bei Nacht in der Wüste gewesen. Übrigens: Ihre erste Bekanntschaft mit diesem Landstrich? Was für ein Kalifornier sind Sie eigentlich?«
»Ich bin ein waschechter Frisko-Boy«, scherzte Eden. »Nein, hier war ich noch nie. Ich habe das Gefühl, als wäre mir viel entgangen.«
»Unbedingt. Hoffentlich reisen Sie nicht so bald wieder ab. Wie lange gedenken Sie überhaupt zu bleiben?«
»Das hängt von den Umständen ab.« Bob schwieg einen Augenblick. »Holley, Ihnen kann ich ja verraten, weshalb ich gekommen bin. Aber ich verlasse mich auf Ihre Verschwiegenheit. Dies ist kein Interview.«
»Seien Sie unbesorgt!«
So berichtete denn Bob von dem Perlenkauf, von Maddens Bedingung, das Kollier in New York eigenhändig zu bekommen, und von der plötzlichen Änderung seines Entschlusses. »Das war recht beunruhigend«, fügte er hinzu.
»Zum mindesten eigenartig«, stimmte Holley bei.
»Aber es kommt noch besser!« Und nun folgte das Weitere nur Charlie Chans Verbindung mit der Sache blieb unerwähnt. Von dem telefonischen Anruf aus dem Zigarrenladen erzählte Bob, dann von dem Spion mit der dunklen Brille am Hafen, von der späteren Feststellung, daß dieser Bebrillte Phil Maydorf gewesen sei, und schließlich von der Tatsache, daß Louie Wong durch einen Verwandten in der Chinesenstadt von Maddens Ranch weggerufen worden war. »Was halten Sie von dem allem?« schloß er bedrückt.
»Ich glaube, ich werde mein Interview nicht bekommen.«
»Meinen Sie, daß Madden nicht da ist?«
»Allerdings. Denken Sie an Paulas Erlebnis! Warum konnte sie ihn nicht sprechen? Warum hörte er sie nicht an der Tür und erkundigte sich nicht nach dem Anlaß des Wortwechsels? Weil er eben gar nicht da war. Seien Sie froh, daß Sie sich nicht allein hinausgewagt haben. Besonders, wenn Sie die Perlen bei sich tragen – wie ich annehme.« –
»Gewissermaßen bringe ich sie natürlich mit. Aber was ist mit diesem Wong? Sie kennen ihn vermutlich?«
»Gewiß. Und ich sah ihn vorgestern in der Frühe auf dem Bahnhof. Sie können unter den Lokalnachrichten morgen in der ›Eldorado Times‹ die aufregende Mitteilung lesen: Unser geachteter Mitbürger Mr. Louie Wong ist am vergangenen Mittwoch in Geschäften nach San Franzisko gereist!«
»Am Mittwoch? Was ist er für ein Mann?«
»Nun – ein Chinese, der schon lange in dieser Gegend lebt, die letzten fünf Jahre als Verwalter auf Maddens Ranch. Allzuviel weiß ich nicht von ihm. Er gilt als wortkarg, spricht selten mit jemandem – außer mit dem Papagei.«
»Seinem einzigen Kameraden auf der Farm, einem kleinen, grauen australischen Vogel, den irgendein Kapitän dem Börsenmagnaten vor Jahren geschenkt hat. Madden hat das unterhaltsame Tier, Tony heißt es, zur Gesellschaft für seinen alten Verwalter hierhergebracht. Ein toller Kerl, dieser Tony! Er ist lange auf dem Australier gefahren, und seine Sprache war alles andere als salonfähig. Aber wie klug diese Viecher sind! Durch seinen Umgang mit Louie hat er Chinesisch gelernt.«
»Erstaunlich!«
»Nicht ganz so erstaunlich, wie es klingt. So ein Vogel plappert halt alles nach, was er hört, und Tony plappert eben in zwei Sprachen. Die Farmer hier in der Gegend nennen ihn den Chinesen-Papagei.«
Sie näherten sich einer Gruppe von Baumwollsträuchern und Pfefferbäumen, die ein hübsches Landhaus umstanden, ein anmutiges Fleckchen Grün mitten in der kahlen Ebene.
»Da wären wir auf Maddens Ranch. Haben Sie eine Pistole bei sich?«
»Nein«, gestand Bob kleinlaut. »Ich dachte, Charlie …«
»Wer?«
»Ach, das ist unwesentlich. Jedenfalls bin ich unbewaffnet.«
»Ich leider auch. Seien wir also vorsichtig! Übrigens, könnten Sie, bitte, das Tor öffnen?«
Bob tat, wie ihm geheißen, und als das Auto auf dem Hof stand, schloß er das Tor wieder.
Die Ranch erwies sich als ein einstöckiger Bau von unverkennbar altspanischem Gepräge. An der Vorderfront zog sich eine niedere Veranda hin, vier Fenster überdachend, die ihr warmes Licht in die kühle Nacht hinausstrahlten. Holley und sein Begleiter überschritten die Fliesen der Vorhalle und kamen an eine starke, feste Tür, die etwas Abweisendes auszustrahlen schien.
Bob klopfte kräftig. Nach geraumer Weile öffnete sich ein schmaler Spalt, aus dem ein blasses Männerantlitz lugte. »Was ist? Was wünschen Sie?« zischte eine unwirsche Stimme. Drinnen hörte man die heitere Melodie eines Foxtrotts.
»Ich möchte Mr. Madden sprechen«, sagte Bob. »Mr. P. J. Madden.«
»Wer sind Sie?«
»Das geht Sie nichts an! Ich werde mich Mr. Madden gegenüber ausweisen. Ist er da?«
Der Türspalt verengerte sich. »Er ist hier. Aber er empfängt niemand.«
»Mich wird er empfangen, Thorn!« schnauzte Eden scharf. »Ich nehme wenigstens an, daß Sie der Sekretär Thorn sind. Bitte, sagen Sie Ihrem Herrn, daß ein Bote aus der Poststraße in Frisko hier wartet.«
Sofort flog die Tür auf, und Martin Thorn strahlte so freudevoll, wie sein hageres Antlitz es nur irgend erlaubte. »O verzeihen Sie! Bitte, kommen Sie herein! Wir haben Sie erwartet. Bitte, treten Sie näher, meine Herren …« Seine Miene verdüsterte sich, als er Holley gewahrte. »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick!«
Der Sekretär verschwand durch eine Tür im Hintergrund und ließ die beiden im Wohnzimmer allein. Aus einer Wüste in einen Raum wie diesen zu treten, war eine Offenbarung. Eichengetäfelte Wände mit wertvollen Radierungen, geschmackvolle Lampen neben Tischchen mit neuesten Zeitschriften und Zeitungen. Im riesigen Kamin am Zimmerende ein gemütliches Feuer und in einer andern Ecke ein Radio, das flotte Tanzmusik von sich gab.
»Das ›trauliche Heim‹, wie es im Buch steht!« bemerkte Bob. »Und was das Unbewaffnetsein betrifft …« Er deutete mit einer Kopfbewegung nach der dem Kamin gegenüberliegenden Wand.
»Maddens Waffensammlung. Wong hat sie mir einmal gezeigt. Die Dinger sollen geladen sein.« Holley warf einen unschlüssigen Blick rundum. »Der schleimige Kerl hat nicht gesagt, daß er Madden holen wolle.«
Bob musterte nachdenklich das Gemach. Eine Frage quälte ihn: Wo mochte Charlie stecken?
Eine Standuhr schlug langsam neun Schläge. Das Feuer knisterte. Der metallische Lärm der Jazzmusik dudelte weiter. Plötzlich öffnete sich hinter ihnen die Tür, durch die Thorn hinausgeschlüpft war, und auf der Schwelle ragte wie ein granitener Turm – in der grauen Kleidung, die er bevorzugte – der Mann, den Bob Eden zuletzt auf der Treppe vor seines Vaters Büro gesehen hatte: Madden, der große P. J. in eigener Person.
Bobs erstes Empfinden war eine ungeheure Erleichterung. Aber gleich darauf fühlte er eine herbe Enttäuschung. Er war jung, besessen vom Verlangen nach Sensation. Und hier, in diesem Augenblick, ging das gruselige Wüstengeheimnis in Trümmer! Madden war wohl und munter, und alle Befürchtungen, alle phantastischen Mutmaßungen seltenen unbegründet. Man hatte nun nur noch die Perlen abzuliefern, sobald Charlie eintraf, und mußte dann wieder brav in die Eintönigkeit des Alltags zurück.
»Guten Abend, meine Herren!« trompetete Maddens Stahlstimme. »Ich freue mich, Sie zu sehen! Thorn, stellen Sie das verdammte Ding ab!«
Der Sekretär brachte den Jazzkrawall zum Schweigen, der mit einem Gurgeln erstarb. »Und nun möchte ich fragen«, fuhr der Finanzgewaltige fort, »wer von Ihnen aus der Poststraße kommt?«
Bob trat vor. »Mein Name ist Eden, Mr. Madden. Robert Eden. Der Juwelier Alexander Eden ist mein Vater. Dies ist mein Freund und Ihr Nachbar, Mr. Will Holley von der ›Eldorado Times‹. Er war so freundlich, mich herzubegleiten.«
»Ah so.« Liebenswürdig schüttelte Madden den beiden die Hand. »Nehmen Sie bitte am Kamin Platz! Thorn – Zigarren!« Eigenhändig schob er Stühle herzu.
»Ich werde mich nur einen Augenblick setzen«, sagte Holley, »denn ich will mich nicht lange aufhalten. Ich weiß, daß Mr. Eden Geschäfte mit Ihnen hat, und da mag ich nicht stören. Aber bevor ich gehe, Mr. Madden …«
»Nun?« fragte der Hüne streng und biß die Spitze seiner Zigarre ab.
»Ich … ich glaube, Sie erinnern sich meiner nicht?«
Maddens mächtige Tatze hielt das angezündete Streichholz. »Ich vergesse ein Gesicht nie. Gesehen hab' ich Sie schon irgendwo. Vielleicht in Eldorado?«
»Nein! Es ist genau zwölf Jahre her – in der Vierundvierzigsten Straße in New York. In …« Madden starrte ihn gespannt an, »… in einem Spielsaal, an einem Winterabend …«
»Warten Sie – warten Sie! Die Leute spötteln zwar, ich würde alt, – aber hören Sie zu: Sie stellten sich mir als Reporter vor und baten um ein Interview. Und ich brummte, Sie sollten sich zum Teufel scheren.«
»Ausgezeichnet!« lachte der Redakteur.
»Ja, das Gedächtnis funktioniert noch gar nicht so schlecht, was? Ich weiß es noch ganz genau. Ich hab' viele Nächte dort um die Ohren geschlagen, bis ich merkte, daß unehrlich gespielt wurde. Ja, ja, mancher Spargroschen ging dabei flöten. Warum haben Sie mich nicht vor dieser Bauernfängergesellschaft gewarnt?«
»Ihr Verhalten ermutigte mich nicht zu vertraulichen Mitteilungen. Aber was ich fragen wollte, Mr. Madden, – ich bin noch immer bei der Presse, und ein Interview …«
»Ich lasse mich nie interviewen!«
»Schade. Ein alter Freund von mir hat ein Korrespondenzbüro in New York, und es würde für mich einen Triumph bedeuten, wenn ich ihm etwas von Ihnen telegrafieren könnte. Über die finanzielle Lage beispielsweise. Das erste Interview P. J. Maddens.«
»Unmöglich!«
»Ich bedaure Ihre hartnäckige Antipathie, Mr. Madden«, warf Bob ein. »Mr. Holley hat sich so liebenswürdig meiner angenommen, und ich hoffte von ganzem Herzen, Sie würden dieses eine Mal eine Ausnahme machen.«
Madden blies einen riesigen Rauchring nach der getäfelten Decke. »Hm«, knurrte er mit etwas sanfterer Stimme. »Sie haben mir eine Sorge abgenommen, Mr. Eden. Dafür möchte ich mich erkenntlich zeigen. Nun gut – ich bin bereit, mich mit ein paar Worten über die Geschäftsaussichten des laufenden Jahres zu äußern.«
»Wirklich sehr gütig, Mr. Madden!«
»Nicht der Rede wert. Hier draußen hab' ich, was die Presse anbetrifft, eine etwas andere Meinung als in der Stadt. Ich werde Thorn einen Bericht diktieren. Vielleicht kommen Sie morgen gegen Mittag wieder heraus?«
»Aber gern!« Der Journalist erhob sich und schüttelte erst dem Millionär, dann Bob Eden die Hand. Seine Augen sagten: »Es ist ja alles in Ordnung, Gott sei Dank!« Thorn begleitete ihn hinaus.
Kaum hatte sich die Tür geschlossen, als Madden sich eifrig vorbeugte. Wie einen elektrischen Schlag empfand der junge Mann die Kraft dieser Persönlichkeit. »Nun, Mr. Eden«, begann er ohne Umschweife, »Sie haben also die Perlen mitgebracht?«
Bob kam sich sehr albern vor. Jedweder Argwohn schien so sinnlos in diesem behaglichen Raum. »Nun, das allerdings …« stammelte er.
Durch eine Glastür im Hintergrund glitt jemand herein, erschien im Gesichtsfeld Bobs am Kaminfeuer. Eden sah einen plumpen chinesischen Diener mit abgetragenen Hosen, Samtpantoffeln und einem losen Kittel aus Kantonkrepp. Er trug einen Armvoll Holzscheite. »Vielleicht Sie wünschen mehl Feuel, Hell«, lispelte er demütigen Tones. Sein Gesicht war völlig ausdruckslos. Er legte die Scheite in den Kamin und warf, sich umwenden, Bob Eden einen geschwinden Blick zu. Jetzt funkelten die Augen scharf und glänzend – wie schwarze Signale in gelbem Licht! Die Augen Charlie Chans!
Geräuschlos entfernte sich der kleine Chinese. »Die Perlen!« drängte Madden ungeduldig. »Was ist mit den Perlen?« Auch Martin Thorn trat jetzt wieder heran.
»Ich habe sie leider noch nicht bei mir.«
Maddens Bulldoggengesicht verfärbte sich purpurn. Sein Kopf schnellte hintenüber – in jener typischen Geste des Ärgers, über die die Zeitungen sich so oft lustig machten. »Aber, zum Teufel, was ist denn los? Die Perlen gehören mir! Ich hab' sie gekauft, nicht wahr? Ich ersuchte darum, sie mir hierherzusenden – ich wünsche sie endlich zu haben!«
»Rufen Sie Ihren Diener!« Diese Worte schwebten Bob auf der Zunge. Aber irgend etwas in Charlies bedeutungsvollem Blick bestimmte ihn zu warten. Nein, er mußte sich erst mit dem Mann aus Honolulu ins Einvernehmen setzen. »Ihre ausdrückliche Weisung an meinen Vater ging dahin, daß die Perlen Ihnen in New York übergeben werden sollten«, erinnerte er.
»Nun, und? Ich kann doch wohl meine Entschlüsse ändern, nicht wahr?«
»Dennoch hatte mein Vater das Gefühl, daß Vorsicht erforderlich sei. Es hat sich etliches ereignet …«
»Was denn?«
Bob zögerte. Warum sollte er das hier wiederholen? War es ratsam, diesen nüchternen Geschäftsmann, der ihn mit so unverkennbarer Abneigung betrachtete, in alles einzuweihen? »Es genügt, Mr. Madden, wenn ich Ihnen sage, daß mein Vater sich weigerte, die Perlen hierherzuschicken, da es sich um eine Falle handeln konnte.«
»Ihr Vater ist ein Narr!« polterte der Riese ergrimmt.
Bob Eden fuhr hoch, flammenden Gesichts. »Gut – wenn Sie den Kauf rückgängig zu machen wünschen …«
»Aber nein, nein! Ich bitte um Entschuldigung, es war nicht so gemeint! Nehmen Sie doch wieder Platz! Meine Verstimmung ist aber doch wahrhaftig begründet genug. Ihr Vater hat Sie also hergeschickt, um das Terrain zu sondieren?«
»Ganz recht. Er hatte das Gefühl, es müsse Ihnen etwas zugestoßen sein.«
»Mir stößt nichts zu, wenn ich es nicht will! Aber jetzt sind Sie hier und konnten sich vom Stand der Dinge überzeugen. Was gedenken Sie also zu tun?«
»Ich werde morgen früh meinen Vater telefonisch. bitten, die Perlen sogleich abzusenden. Wenn Sie gestatten, bleibe ich bis zu ihrem Eintreffen hier.«
»Aufschub – immer Aufschub! Ich muß so bald wie möglich nach dem Osten zurück. Wollte schon morgen früh nach Pasadena fahren, die Perlen dort ins Depot geben und dann nach New York reisen.«
»Ach so – dann war es gar nicht Ihre wirkliche Absicht, Holley das Interview zu gewähren?«
Maddens Brauen zogen sich zusammen. »Und wenn ich es nicht täte? Es ist doch nicht von Wichtigkeit, nicht wahr?« Unvermittelt stand er auf. »Ja, wenn Sie die Perlen nicht bei sich haben, ist einstweilen nichts zu machen. Sie können natürlich hierbleiben. Aber Sie werden Ihren Vater morgen in aller Frühe anrufen. Erklären Sie ihm, daß ich keinen weiteren Aufschub dulde.«
»Einverstanden! Und wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich jetzt – ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir …«
Madden ging zur Tür, drückte auf einen Knopf. Charlie Chan trat ein.
»Ah Kim«, befahl sein Herr, »geleite unseren Gast in das Fremdenzimmer am Ende des linken Flügels!«
»Sehl wohl, Hell!« Der Chinese ergriff pflichteifrig Edens Reisetasche. In dem Pidgin-Kauderwelsch, dessen er sich sinngemäß in seiner Angestelltenrolle bediente, klang das »R« zumeist wie ein »L«.
»Gute Nacht«, nickte Madden. »Wenn Sie etwas wünschen, wenden Sie sich an den Diener! Er ist neu hier, aber er wird sich schon zurechtfinden. Sie können Ihr Zimmer durch den Hof erreichen. Hoffentlich schlafen Sie gut!«
Hinter der schwerfällig schlurfenden Gestalt des Asiaten durchquerte Bob den Innenhof. Am Himmel flimmerten weiß und kühl die Sterne. Der Wind wehte noch schärfer als zuvor. In dem angewiesenen Raum lag erfreulicherweise Holz im Kamin. Bob bückte sich, um es anzuzünden. »Demütiger Diener bittet um Vergebung!« murmelte Chan. »Das Arbeit für mich!«
Bob blickte nach der geschlossenen Tür. »Wie haben Sie denn das angestellt? Ich verlor Sie in Barstow aus den Augen.«
»Ich hatte tief nachgedacht über die Sache und beschlossen, nicht auf Zug zu warten. Auf Lastauto von einem meiner Landsleute ich fuhr mit vielen anderen Gemüsen aus Barstow fort. Es schien mir besser, bei Tageslicht auf der Ranch anzukommen. Sie sieht dann nicht so düster aus. Ich bin Ah Kim, der Koch. Ein Glück, daß ich war in fernen Jugendtagen ein Meister der Küche.«
»Sie sind ein Allerweltskerl!« lachte Bob.
»Mein Leben lang hab' ich mich gemüht, schön sprechen zu lernen. Jetzt muß ich all die feinen Worte in meine Kehle zurückdrängen, damit nicht Verdacht entsteht. Keine erfreuliche Situation!«
»Nun, sie wird ja nicht lange dauern. Augenscheinlich ist doch alles in Ordnung!«
Charlie Chan zuckte die Achseln. »Wenn ich darf äußern bescheidene Meinung, so ist nicht alles so, wie ich es möchte haben.«
Verwundert starrte der junge Mann ihn an. »Warum denn? Was haben Sie ausfindig gemacht?«
»Nichts.«
»Nun, dann –«
»Verzeihen Sie! Vielleicht Sie wissen, daß Chinesen sehr feinfühlige Leute. Ich kann nicht sagen in festen Worten, was hier falsch ist. Aber im Herzen tief –«
»Von unklaren Instinkten können wir uns nicht leiten lassen. Wir sind hier, um Madden persönlich ein Perlenkollier zu übergeben – gegen Empfangsbestätigung. Madden ist hier, und der Fall liegt lächerlich einfach. Ich wenigstens bin der Ansicht, daß kein Grund besteht, ihm sein Eigentum jetzt noch vorzuenthalten. Vielleicht gehen Sie am besten nachher gleich zu ihm hinüber und sagen ihm, daß ich ihn in zwanzig Minuten in seinem Schlafzimmer aufsuchen möchte. Sie warten vor der Tür, bis ich Sie rufe. Dann wollen wir uns unseres Auftrages entledigen.«
»Bitte nicht, nein! Das ein vollkommener Mißgriff wäre …«
»Warum? Können Sie mir eine triftige Erläuterung geben?«
»In Worten nicht. Worte sind schwierig. Aber …«
»Dann muß ich meinem eigenen Urteil folgen. Ich übernehme die volle Verantwortung. Und jetzt gehen Sie lieber …«
Widerwillig entfernte sich der verkappte Kriminalbeamte. Bob zündete sich eine Zigarette an und ließ sich am Kamin nieder. Wie ein Tuch hatte sich die nächtliche Stille über das Haus, über die Wüste, über die Welt gelegt. Edens Hirn arbeitete angestrengt. Was hatte Charlie Chan eigentlich sagen wollen? Barer Unsinn das alles! Die Chinesen hatten eine Vorliebe dafür, die harmlosesten Dinge dramatisch aufzubauschen, sich selber theatralisch zu gebärden. Offenbar fühlte sich Chan hier in seiner neuen Rolle wohl und hatte den Wunsch, sie weiterzuspielen, indem er herumspionierte und sich allerhand einbildete. Da konnte ein Amerikaner nicht mit.
Der junge Mann blickte auf die Uhr. Vor zehn Minuten hatte Charlie ihn verlassen; in weiteren zehn Minuten also würde er zu Madden gehen und die Perlen für immer aus der Hand geben. Er erhob sich und ging auf und ab. Von seinem Fenster aus sah er die mattgraue Wüste vor der schwarzen Wand ferner Berge. Großer Gott, war das ein ödes …
Ein grausiger Schrei, der gellend die Nacht zerriß, ließ ihn erstarrt stehenbleiben. Ein zweiter Schrei – darauf eine seltsam gepreßte Stimme: »Hilfe! Mörder!« Abermals der Schrei. »Hilfe! Tu den Revolver weg! Hilfe! Hilfe!«
Bob eilte in den Innenhof. Gleichzeitig näherten sich Thorn und Charlie Chan von der anderen Seite. Madden – wo war Madden? Wieder erwies sich der plötzliche Verdacht als falsch: Der Millionär kam aus dem Wohnzimmer und schloß sich ihnen an.
Von neuem gellte der Schrei. Und jetzt sah Bob, wenige Schritte vor sich, den Urheber der Rufe – einen unscheinbaren grauen Papagei, der auf seiner Stange wie irrsinnig kreischte.
»Das verdammte Biest!« knirschte Madden ärgerlich. »Es tut mir leid, Mr. Eden, ich vergaß, Ihnen von ihm zu erzählen. Es ist Tony, ein ehemaliger Schiffspapagei – mit wildbewegter Vergangenheit, wie Sie sich wohl vorstellen können.«
Der Vogel blinzelte die kleine Männergruppe ernsthaft an. »Immer der Rrreihe nach!« schnarrte er.
Madden lachte. »Das hat er wahrscheinlich von einem Barmixer aufgeschnappt!«
»Immer der Rrreihe nach, meine Erren!«
»Schon gut, Tony!« beschwichtigte ihn Madden. »Wir wollen keinen Cocktail, und du hast dich ruhig zu verhalten! Hoffentlich haben Sie sich nicht unnötig aufgeregt, Mr. Eden. Vermutlich ist in der Kneipe, wo Tony früher hauste, mal einer totgeschlagen worden. Thorn, bringen Sie ihn in die Scheune und schließen Sie ihn ein!«
Bob hatte den Eindruck, daß das Gesicht des Sekretärs im Mondlicht noch bleicher war als gewöhnlich.
»Komm, Tony«, lockte er heiser. »Folg recht schön!« Er löste die Kette am Fuß des Vogels.
»Sie wünschen mich zu sprechen, nicht wahr?« Madden ging voran m sein Schlafzimmer und schloß die Tür. »Was gibt es? Haben Sie die Perlen etwa doch bei sich?«
Die Tür öffnete sich, und der Chinese watschelte herein.
»Was zum Teufel willst du?« donnerte der Millionär.
»Natürlich ist hier alles im Lot. Mach, daß du rauskommst!«
»Molgen«, sagte Charlie Chan in seiner Rolle des Ah Kim, und ein bedeutsamer Blick wurde zwischen ihm und Bob Eden gewechselt, »molgen schönel Tag, können Sie glauben. Wiedelsehen, molgen, Hell!«
Er ging hinaus, die Tür offenlassend. Bob hörte ihn auf leisen Sohlen durch den Hof schlurfen.
»Was wünschen Sie?« fragte Madden barsch.
Bob überlegte. »Ich wollte Sie nur einen Augenblick allein sprechen. Dieser Thorn – Sie können sich auf ihn verlassen?«
Madden seufzte. »Was sind Sie für ein Umstandskrämer! Man könnte meinen, Sie brächten mir den Goldtresor der Bank von England. Natürlich ist Thorn zuverlässig. Er steht seit fünfzehn Jahren in meinen Diensten!«
»Ich wollte mich nur vergewissern. Werde also morgen früh meinen Vater anrufen. Schlafen Sie wohl!«
Er kehrte in den Innenhof zurück. Der Sekretär hatte inzwischen den Auftrag erledigt und eilte ins Haus. »Gute Nacht, Mr. Thorn!«
»Oh, gute Nacht, Mr. Eden!« Raschen Schrittes entfernte sich der Hagere.
Auf seinem Zimmer angelangt, begann Bob sich zu entkleiden. Er war beunruhigt und verwirrt. War dieses Abenteuer tatsächlich so harmlos? Noch immer klang ihm der fürchterliche Schrei in den Ohren. Hatte der Papagei diesen grausigen Laut wirklich vor Jahr und Tag in einer Kneipe aufgelesen?
Bob Eden schlief noch immer. Er hatte vergessen, daß er seinen Vater in der Morgenfrühe anrufen wollte. Der herrliche Sonnenaufgang der Wüste, von allen Reiseführern gerühmt, ging vorüber, ohne daß er davon Kenntnis genommen hätte, und nun brodelte die Hitze über der kahlen Ebene. Es war gegen neun Uhr, als der junge Mann endlich erwachte.
Auf der Schwelle erschien Charlie Chan in der Rolle Ah Kims. »Sie kommen müssen, Hell!« rief er laut. »Wenn faul sind, Sie nicht Flühstück haben!« Dann schloß er, sachte die Tür und trat näher. »Dies blöde Geschwätz ist schwere Aufgabe für mich!« klagte er. »Ein Chinese ohne Würde ist wie ein Mann ohne Kleider, nackt und schamlos. Sie haben lange und gut geschlafen, so scheint es.«
Bob gähnte. »Glänzend. Dank der Nachfrage!«
»Das ist schön. Darf ich jetzt in Demut vorschlagen, daß Sie sich Ihrem Bett entreißen? Der große Madden läuft in heller Aufregung herum auf seinem Teppich!«
Bob lachte. »Nun, dem können wir ja abhelfen.« Er schlug die Decke zurück.
Chan machte sich an den Vorhängen zu schaffen. »Gestatten Sie mir, meine Augen aus dem Fenster schweifen zu lassen. Nach allen Seiten dehnt sich die Wüste wie eine Ewigkeit. Viele Meilen unermeßlichen Sandes.«
»Ja, das ist die Wüste, und groß ist sie auch. Aber hören Sie, alter Freund – wir müssen uns aussprechen, da sich gerade Gelegenheit bietet. Gestern abend haben Sie unsere Verabredung über den Haufen geworfen. Warum eigentlich?«
Chan starrte ihn an. »Nun – Sie selber doch haben den Papagei aus dem Finstern schreien hören: ›Mörder! Hilfe, Hilfe! Tu den Revolver weg!‹«
»Gewiß. Aber das hat wohl kaum etwas zu bedeuten.«
»Papagei erfindet doch nichts. Er wiederholt, was andere sagten.«
»Natürlich. Tony plappert zweifellos irgend etwas nach, was er in Australien oder auf einem Schiff einmal gehört hat. Ich weiß zufällig, daß alles, was Madden von der Vergangenheit des Vogels erzählte, auf Wahrheit beruht. Und ich kann Ihnen auch sagen, Charlie, daß ich, wenn ich die Dinge heute früh bei Licht betrachte, das Gefühl habe, daß wir uns gestern abend ziemlich albern benommen haben. Ich werde noch vor dem Frühstück Madden die Perlen aushändigen.«
Chan schwieg einen Augenblick. »Wenn ich darf etwas raten, so ich möchte sprechen einige herzliche Worte zum Lobe der Geduld. Jugend, verzeihen Sie, hat zu hitzigen Kopf. Nehmen Sie bitte meine Rede an und lassen Sie uns warten!«
»Warten! Worauf denn nur?«
»Bis ich mehr aus Tony herausgehört habe. Tony ist sehr kluger Vogel. Er spricht Chinesisch – wie ich. Er könnte vielleicht offenbaren, was auf dieser Ranch anrüchig ist.«
»Ich habe Madden aber doch versprochen, meinen Vater heute früh anzurufen.«
»Hu malimali!«
»Wahrscheinlich haben Sie recht – aber ich verstehe kein Chinesisch.«
»Entschuldigen Sie, wenn ich berichtige. Dies ist nicht China. Es ist hawaiische Redensart. Hu malimali – das heißt: Versetzen Sie Madden durch harmlose Täuschung in gute Stimmung!«
»Leichter gesagt als getan!«
»Sie sind gescheiter junger Mann. Bringen es sicherlich fertig. Nur für ein paar Stunden, während ich mit Tony schwatze.«
Bob überlegte. Paula Wendell würde heute vormittag herauskommen. Es wäre schade, wenn er ohne ein Wiedersehen abfahren müßte. »Gut«, erklärte er. »Ich bin bereit, bis zwei Uhr zu warten. Aber wenn bis dahin nichts geschieht, wollen wir die Perlen abliefern. Einverstanden?«
»Vielleicht«, nickte Chan.
Bob blickte in die eigensinnigen Augen des Chinesen und kam sich ziemlich hilflos vor. »Und nun richten Sie Madden aus, daß ich gleich zum Frühstück komme.«
Chan schnitt wieder eine Grimasse. »Mit gütiger Erlaubnis ich werde die Mitteilung etwas ändern und ›bald‹ sagen. In Erinnerung an alte Zeiten es gibt wenig, was ich nicht würde tun für Miss Alice. Mein Leben ich gäbe, vielleicht – aber bei den Gebeinen meiner erhabenen Vorfahren ich nie würde ›gleich‹ sagen.« Schwerfällig wackelte er hinaus.
Auf seiner Stange im Innenhof, Bobs Fenster gegenüber, war Tony mit seinem Frühstück beschäftigt. Der junge Mann sah, daß Chan sich dem Vogel näherte und stehenblieb. »Hu la ma!« lockte seine gutturale Stimme.
Tony legte den Kopf auf die Seite. »Hu la ma!« wiederholte er schrill.
Der Mann aus Honolulu begann Chinesisch zu sprechen, und der Papagei antwortete erstaunlicherweise stets mit irgendeinem Satz aus Chans Rede. Beinahe wie eine Dressurvorführung, dachte Bob belustigt.
Plötzlich trat aus der Tür auf der anderen Verandaseite der Sekretär Thorn. Sein bleiches Gesicht schien von Ärger verzerrt. »He«, zeterte er erbost, »was zum Teufel machst du da?«
»Bitt' schön, Hell!« lächelte der Chinese. »Tony liebel kleinel Kell. Mit in Küche nehmen möchte!«
»Du läßt die Finger von ihm!« befahl der andere barsch.
Gelassen watschelte Chan davon. Eine lange Weile starrte Thorn ihm nach. Auch Bob wurde nachdenklich. Hatte Charlies Argwohn etwa doch eine begründete Ursache?
Er eilte ins Badezimmer, das zwischen seiner Stube und einem unbenutzten Fremdenzimmer lag. Als er sich endlich zu Madden begab, lag noch nervöse Erregung auf dessen Gesicht.
»Ich bitte um Verzeihung, wenn ich mich verspätet habe«, entschuldigte sich Bob, »aber diese Wüstenluft …«
»Schadet nichts, junger Mann! Ich habe einstweilen das Ferngespräch angemeldet.«
»Sie riefen im Büro an, vermute ich?«
»Natürlich.«
Bob fiel ein, daß es Sonnabend war. Falls es in San Franzisko nicht regnete, war Alexander Eden jetzt unterwegs nach den Golfplätzen in Burlingame. Dort würde er mindestens bis zum späten Abend bleiben, vielleicht sogar über Sonntag. Oh, wenn doch nur daheim die Sonne schiene!
Korrekt und feierlich in seinem blauen Anzug kam Thorn herein und blickte hungrige nach dem Tisch vor dem Kamin. Man setzte sich zum Frühstück, das der neue Diener Ah Kim bereitet hatte. Ein vorzügliches Frühstück, denn Charlie hatte seine Lehrzeit im Hause Phillimore nicht vergessen. Allmählich wurde Madden auch etwas liebenswürdiger. »Hoffentlich sind Sie heute nacht durch Tonys Geschrei nicht zu sehr erschreckt worden?« erkundigte er sich.
»Im ersten Augenblick wohl. Aber als ich den Urheber der Aufregung erkannte, fiel mir ein Stein vom Herzen.«
»Tony ist eine farblose, kleine Kreatur, aber er hat eine scharlachrote Vergangenheit!«
»Wie manche von uns Menschen auch«, warf Bob harmlos hin.
Madden musterte ihn scharf. »Ich bekam den Vogel von einem Schiffskapitän geschenkt und hab' ihn meinem Verwalter Louie Wong zur Gesellschaft hiergelassen.«
»Ich denke, Ihr Diener heißt Ah Kim?«
»Wong wurde vor ein paar Tagen unvermutet nach Frisko gerufen. Dieser Ah Kim schneite gestern von ungefähr herein. Ich nahm ihn als Ersatz, bis der andere zurück ist.«
»Da haben Sie aber Glück gehabt. Denn so gute Köche sind selten.«
»Na – er wird sich schon machen! Wenn ich sonst hierherkomme, bringe ich meist einen Stab von Personal mit, aber diesmal hat sich der Aufenthalt ganz zufällig ergeben.«
»Ihr Hauptquartier ist in Pasadena, nicht wahr?«
»Ja. Dort besitze ich ein Haus in der Orangenhain-Avenue. Aber hier auf der Ranch halte ich mich manchmal übers Wochenende auf und auch, wenn mein Asthma droht. Außerdem ist es zuweilen angenehm, keine Menschen um sich zu haben.« Der Millionär erhob sich und sah nach der Uhr. »Jetzt können wir jede Minute von San Franzisko hören.«
»Wie steht's mit dem Interview für Holley?« fragte Thorn.
»Zum Teufel!« polterte Madden. »Warum hab' ich mich nur darauf eingelassen!«
»Ich könnte die Schreibmaschine holen«, schlug der Sekretär vor.
»Nein, wir werden auf Ihr Zimmer gehen. Wollen Sie bitte auf das Telefongespräch warten, Mr. Eden!«
Die beiden entfernten sich. Ah Kim schlurrte geräuschlos herbei, um den Tisch abzuräumen. Eden zündete sich eine Zigarette an und nahm in einem Sessel Platz. Eine Viertelstunde später schrillte der Fernsprecher. Ehe noch Bob am Apparat war, stand Madden neben ihm. Der junge Mann hatte gehofft, bei dieser Unterhaltung allein zu sein und seufzte bedrückt. Da hörte er am anderen Ende des Drahtes zu seiner Freude die kühle, melodische Stimme der Sekretärin seines Vaters.
»Hallo, Miss Chase!« rief er. »Hier Bob Eden auf Maddens Ranch. Wie geht es Ihnen an diesem herrlichen, sonnigen Morgen?«
»Wie kommen Sie auf den Gedanken, daß es ein herrlicher, sonniger Morgen bei uns ist?«
Bobs Mut sank. »Sagen Sie nicht, daß Sie schlechtes Wetter haben! Sie würden mir das Herz brechen …«
»Warum denn?«
»Warum? Weil ich mir vorstellen möchte, wie die Sonne auf Ihrem Blondhaar glänzt …«
Madden legte ihm die schwere Hand auf die Schulter. »Ja, was machen Sie denn … raspeln Süßholz mit einem Tippmädel? Zur Sache, wenn ich bitten darf!«
»Entschuldigen Sie!« lispelte Bob kleinlaut. Dann gab er sich einen Ruck. »Hallo, Miss Chase, ist mein Vater zu sprechen?«
»Nein! Heute ist doch Sonnabend! Golf!«
»Ja – so, freilich! Sagen Sie ihm bitte, er solle mich anläuten, wenn er zurückkommt. Eldorado 76.«
»Wo ist er?« grunzte Madden mit mühsam unterdrückter Wut.
»Er spielt Golf.«
»Wo? Auf welchem Platz?«
»Ich nehme an, er ist in Burlingame?« seufzte Bob ins Telefon.
Da – o bezauberndes blondes Mädchen! jubelte er innerlich erwiderte die Sekretärin: »Heute nicht! Er ist mit Freunden woanders hin. Genaueres hat er nicht hinterlassen.«
»Danke sehr!« rief Bob erleichtert. »Dann legen Sie ihm also den Bescheid auf den Schreibtisch!« Er legte auf. »Zu dumm mein Vater ist fort zum Golf, und kein Mensch weiß, wohin.«
Madden fluchte: »Dieser alte Einfaltspinsel! Kann er sich nicht um sein Geschäft kümmern?«
»Aber verehrter Mr. Madden –«
»Golf, Golf – das hat mehr tüchtige Männer ruiniert als der Schnaps! Wenn ich mich auf Sportplätzen herumgetrieben hätte, dann war' ich nicht, was ich heute bin. Hätte Ihr Vater auch nur einen Funken Verstand –«
»Nun ist's aber genug!« Entrüstet erhob sich Bob.
Maddens Verhalten änderte sich mit einem Schlag. »Es tut mir leid – aber Sie werden doch zugeben, daß es eine hirnverbrannte Sache ist! Ich wollte heute abreisen und muß die Kette endlich haben.«
»Es ist noch früh! Die Perlen können ja noch kommen.«
»Das will ich hoffen. Eine solche Tölpelei bin ich nicht gewöhnt – merken Sie sich das!« Verärgert stapfte er hinaus.
Bob blickte ihm gedankenvoll nach. Dieser Madden, der große P. J., Besitzer vieler Millionen, schien sich auf diese kleine Perlenschnur versteift zu haben. Der junge Mann überlegte. Sein Vater war nicht mehr der Jüngste und lebte weitab vom New Yorker Markt – hatte er sich etwa in der Schätzung der Kette erheblich vergriffen? War sie vielleicht bedeutend mehr wert, als er verlangt hatte, und war Madden nun bemüht, sie in die Hände zu bekommen, bevor der Juwelier den Irrtum bemerkte?
Langsam schlenderte Bob über die Veranda. Der kühle Nachtwind hatte sich gelegt, und die Wüste glühte, in Sonnengold getaucht. Auf dem sandigen kleinen Hof der Ranch summte das Leben. Feiste Hühner und hochmütige Puten spreizten hinter Drahtgittern ihre Federn. Interessiert betrachtete Bob ein Beet mit roten, lockenden Erdbeeren, sah an den kahlen Zweigen der Baumwollsträucher verheißungsvolle Knospenansätze. Sonderbar, was in dieser Einöde alles sproßte und wuchs!
Als er auf die Veranda zurückkam, machte er halt, um sich mit Tony zu unterhalten, der ziemlich niedergeschlagen auf seiner Stange hockte. »Hu la ma!« redete Bob ihn an.
Tony blickte auf. »Sung kai yat bo!« bemerkte er philosophisch.
»Ja, und das ist sehr schade!« scherzte sein menschliches Gegenüber.
»Gee fung low hop!« fügte Tony leise hinzu.
Bob ging weiter – fragte sich, was Charlie Chan wohl treiben mochte. Offenbar hielt es der Chinese für geraten, das Verbot des Sekretärs zu achten und sich dem Vogel fernzuhalten. Durchaus begreiflich, denn die Fenster von Thorns Zimmer mündeten auf den Innenhof.
In seinem Zimmer nahm Bob, um sich die Zeit zu vertreiben, ein Buch vor. Wenige Minuten vor zwölf hörte er vom Hof her das asthmatische Schnaufen eines Autos. Will Holley stieg aus, lächelnd und lebendig, und Eden begab sich ins Empfangszimmer, um ihn zu begrüßen.
»Madden arbeitet gerade mit Thorn zusammen das Interview aus«, berichtete er. »Nehmen Sie einstweilen Platz!« Er trat dicht an ihn heran. »Und denken Sie bitte daran, daß ich die Perlen nicht mitgebracht habe! Mein Geschäft mit Madden ist noch unerledigt!«
Der Journalist blickte ihn überraschend an. »So, so! Ich dachte gestern abend, es wäre alles in bester Ordnung. Meinen Sie …«
»Später – später!« unterbrach ihn Bob. »Ich komme vielleicht heute nachmittag in die Stadt.« Er schlug wieder einen lauteren Ton an. »Ich freue mich, daß Sie kommen – begann mich schon ein wenig zu langweilen.«
Holley gab ihm eine Zeitung. »Hier hab' ich was für Sie. Einen wahren Schatz an Wissen und Weisheit! Die neueste Nummer der ›Eldorado Times‹, noch feucht von Druckerschwärze. Lesen Sie von Louie Wongs großer Reise nach Frisko!«
Bob zog sich mit der Lektüre, acht engbedruckten kleinen Seiten mit Nachrichten und Anzeigen verschiedenster Art, in einen Sessel zurück.
»Hat Madden Ihnen übrigens schon seine Waffensammlung gezeigt?« Holley trat zu der Wand, an der die Schaustücke prangten. »Sie ist sehr interessant, aber staubig. Wahrscheinlich hat Louie Wong bei seinem abergläubischen Gemüt Angst gehabt, sich damit zu befassen. Fast jede der Waffen hat ihre Geschichte. Sehen Sie, über jeder einzelnen hängt eine beschriebene Karte. ›Geschenk von Ralph Taylor‹, ›Geschenk von Arthur Tigman‹ … Aber das Prunkstück der Sammlung …« Holleys Augen glitten suchend umher – »die schönste von allen … ist nicht da!«
»Fehlt ein Revolver?« fragte Bob langsam.
»Es scheint so. Der mit der Widmung Bill Harts, des Filmregisseurs.« Der Journalist deutete auf eine leere Stelle an der Wand. »Dort pflegte er zu hängen.«
Bob hielt ihn am Ärmel fest. »Einen Augenblick!« sagte er erregt. »Eine Waffe fehlt, und das dazugehörige Kärtchen auch. Man kann die Löcher der Reißnägel feststellen.«
»Aber wozu die Aufregung …«
Eden strich mit dem Finger über die Lücke an der Wand. »Da, wo die Karte gesteckt hat, ist kein Staub. Was bedeutet das? Daß Bill Harts Revolver erst vor kurzem entfernt wurde …«
»Lieber Junge, was meinen Sie eigentlich?«
»Still!« warnte Bob.
Die Tür tat sich auf. Madden und Thorn traten ein. Einen Augenblick musterte der Millionär die beiden aufmerksam. »Guten Morgen, Mr. Holley!« trompetete er. »Hier bring' ich Ihnen das Interview. Sie wollen es nach New York telegrafieren, nicht wahr?«
»Jawohl. Hab' heute früh bei meinem Freund angefragt. Es würde ihm riesige Freude bereiten!«
»Nun, nun – es ist ja nichts Welterschütterndes. Ich hoffe, Sie werden hinzufügen, wo Sie es bekamen. Das wird die Eifersucht Ihrer Kollegen dämpfen, die ich in New York so oft abgewiesen habe. Sie selber werden an meinen Worten doch nichts ändern?«
»Kein Komma!« beteuerte der Redakteur. »Aber jetzt muß ich mit meinem kostbaren Schatz schleunigst zur Stadt zurück. Aufrichtigen und herzlichen Dank, Mr. Madden!«
»Nur nicht so überschwenglich, Sie alter Federfuchser! Freue mich, Ihnen dienlich gewesen zu sein!«
Bob begleitete den Freund auf den Hof. »Sie scheinen sich wegen des fehlenden Schießeisens Gedanken zu machen?« raunte der Journalist.
»Tja – ich hab' das Empfinden, als ob unlängst hier auf der Farm etwas noch Unaufgeklärtes geschehen wäre. Aber gehen Sie jetzt lieber! Madden darf von unserer engen Kameradschaft nichts merken. Ich suche Sie heute nachmittag auf, wie versprochen.«
Holley schwang sich in seinen Wagen. »Also auf gutes Wiedersehen!«
Während Bob in einem schmerzlichen Gefühl des Verlassenseins dem entschwindenden Gefährt nachstarrte, sah er plötzlich aus staubiger Ferne einen braunen Fleck sich in raschem Tempo nähern. Und siehe da: Zu seiner Freude wandelte sich der Punkt in ein schmuckes Kleinauto, das bald darauf, von Paula Wendells sicherer Hand gelenkt, mit flottem Schwung in den Hof einbog.
»Schönen guten Morgen!« begrüßte Bob seine Bekannte aus dem Oasencafé. »Ich fürchtete schon, Sie würden nicht erscheinen.«
»Habe leider verschlafen!« gab sie fröhlich zurück. »Das passiert mir oft hier. Haben Sie auf die Luft geachtet? Leute, die etwas davon verstehen, behaupten, sie sei wie Wein! Aber wie steht's nun mit Madden? Ist er hier?«
»Richtig – Sie hatten ja ein Anliegen an ihn. Kommen Sie nur herein!«
Thorn, der allein im Wohnzimmer war, sah das junge Mädchen unfreundlich an. Das hätten nicht viele Männer fertiggebracht, aber dieser hagere Mensch schien nun mal ein Eigenbrötler zu sein.
»Thorn«, erklärte Bob, »diese junge Dame möchte gern Mr. Madden sprechen.«
»Ich habe einen Brief von ihm«, ergänzte Paula keck, »einen Brief, in dem er mir gestattet, hier auf der Farm ein paar Filmaufnahmen vorzubereiten. Sie erinnern sich vielleicht – ich war bereits am vergangenen Mittwochabend hier.«
»Ich entsinne mich«, kam die mürrische Antwort. »Und ich bedaure sehr, daß Mr. Madden Sie nicht empfangen kann. Er hat mich ausdrücklich beauftragt, Ihnen mitzuteilen, daß er gezwungen sei, jene Erlaubnis rückgängig zu machen.«
»Ich möchte das gern aus Mr. Maddens eigenem Mund hören!« In Paulas Augen stand ein stählerner Glanz.
»Ich wiederhole: Er möchte mit der Sache nichts mehr zu tun haben!« beharrte der Sekretär.
Das Mädchen setzte sich. »Sagen Sie Mr. Madden, seine Ranch sei entzückend. Sagen Sie ihm auch, ich säße in einem Sessel seines Wohnzimmers und würde unter allen Umständen hier sitzen bleiben, bis er persönlich mit mir zu sprechen geruht!«
Wütend ob dieses weiblichen Eigensinns, trollte sich Thorn wortlos hinaus.
»Alle Wetter – Sie stehen Ihren Mann!« lachte Eden belustigt.
»Mein spezieller Ehrgeiz! Ich kann mich doch von solch einer subalternen Seele nicht einfach abwimmeln lassen!«
Ein polterndes Knurren kündete das Erscheinen des Farmbesitzers an. »Ja, was soll denn das heißen …«
»Mr. Madden!« Die hübsche Besucherin lächelte ihn strahlend an. »Ich wußte ja, daß Sie mich nicht abweisen würden. Sie werden doch Ihren eigenen Brief, den Sie mir aus San Franzisko schrieben, nicht Lügen strafen wollen?«
Madden nahm das Schreiben, drehte es hin und her. »Ja, ja, natürlich. Aber es tut mir leid, Miss Wendell, seit damals hat sich allerlei ereignet – ich stecke tief in dringlicher Arbeit … kurz, es wäre eine empfindliche Störung, wenn die Ranch gerade jetzt von Filmmenschen überlaufen würde. Ich bedaure lebhaft, aber –«
Das Lächeln auf dem anmutigen Mädchenantlitz erlosch. »Ihre Absage bedeutet für mich eine ungeheure Blamage vor meiner Gesellschaft. Ich hatte angedeutet, daß alles fest verabredet sei.«
»Eine etwas leichtfertige Voreiligkeit …«
»Wieso? Ich hatte P. J. Maddens Versprechen. Es war vielleicht töricht von mir, aber ich glaubte, eine solche Persönlichkeit sei unbedingt zuverlässig.«
Dem Finanzier wurde unbehaglich zumute. »Ja … ich … hm … selbstverständlich breche ich nie mein Wort. Wann wollten Sie denn Ihre Leute herbringen?«
»Man hat alles für Montag eingerichtet …«
»Ausgeschlossen! Aber ein Aufschub von einigen Tagen sagen wir bis Donnerstag …« Er sah Bob Eden an. »Bis dahin ist unser Geschäft doch erledigt?«
»Fraglos!« stimmte Bob bei – froh, der sympathischen Paula helfen zu können.
»Na schön.« Maddens Gebaren wurde freundlicher. »Donnerstag stünde Ihnen die Ranch zur Verfügung. Ich selber bin dann zwar vielleicht nicht anwesend, aber ich würde die nötigen Weisungen hinterlassen.«
»Wie liebenswürdig von Ihnen!« dankte das Mädchen – mit einem Triumphblick auf Thorn, der verdrossenen Gesichts das Zimmer verließ.
»Der Ruf J. P. Maddens hat also keinen Schaden erlitten!« scherzte der Millionär. »Sein Wort ist so gut wie sein Geld, nicht wahr?«
»Wenn jemand daran zweifelt, so soll er mich fragen!«
»Übrigens – es ist Essenszeit. Sie können doch hierbleiben?«
»Nun – ich – ich weiß nicht, Mr. Madden …«
»Natürlich bleibt sie!« entschied Bob voller Eifer. »In Eldorado müßte sie im Oasencafé speisen – das allein ist Grund genug!«
Paula Wendell lachte beglückt. »Sie sind alle so gütig zu mir!«
»Warum auch nicht?« Madden schien wie umgewandelt. »Ein munteres Menschenkind wie Sie, das uns ein bißchen aufheitert, können wir hier gut brauchen. Ah Kim«, fügte er hinzu, da der Chinese eintrat, »lege noch ein Gedeck auf. Auf Wiedersehn in zehn Minuten!«
Er entfernte sich. »Also das wäre erledigt!« sagte das Mädchen aufatmend. »Ich wußte ja, daß sich alles regeln würde, wenn ich ihn nur zu Gesicht bekäme. Aber was ist denn das für ein Arsenal?« Sie deutete auf die gegenüberliegende Zimmerwand.
»Maddens Waffensammlung. Ein Spleen von ihm. Kommen Sie näher heran, dann will ich Ihnen die Einzelstücke erklären.«
Wenig später erschien Madden mit seinem Sekretär, und Ah Kim begann mit dem Servieren. Thorn blieb unwirsch und schweigsam, aber der Hausherr erwies sich, unter dem Zauber der lustigen Mädchenaugen, als gesprächig und zugänglich. Als man den Kaffee getrunken hatte, bemerkte Bob zu seinem Schreck, daß die große Uhr fünf Minuten vor zwei zeigte. Es nahte die mit Charlie Chan verabredete Stunde. Was aber war nun zu tun? Das gleichgültige Gesicht des Asiaten hatte dem jungen Mann nicht das geringste verraten.
Madden war mitten in einer langen Erzählung von seinen ersten Bemühungen auf der Jagd nach dem Erfolg, als der Chinese plötzlich das Zimmer betrat. Er blieb stehen, und obwohl er nicht sprach, wirkte sein Verhalten auf den Millionär wie ein Pistolenschuß.
»Ja, was ist denn?«
»Tot!« zirpte Ah Kim mit feierlich hochgeschraubter Stimme. »Tod unvelmeidlich Ende. Nicht klagen. Nicht tlaulig sein! Man nichts mehl kann machen.«
»In Dreiteufelsnamen, wovon schwatzt du?« wetterte der Hausherr. Thorns fahlgrüne Augen traten aus ihren Höhlen.
»Almel kleinel Tony!« säuselte die Chinesenstimme.
»Was ist mit ihm?«
»Almel kleinel Tony Neujahl feielt in Hadesland!«
Madden sprang auf und eilte in den Hof. Auf den Steinfliesen unter seiner Stange lag der leblose Körper des Chinesen-Papageis. Der Millionär bückte sich und hob den Vogel auf. »Wirklich – das arme Tier – es lebt nicht mehr!«
Bobs Blicke hafteten auf Thorn. Zum erstenmal, seit er ihn kennengelernt, vermeinte er die Andeutung eines Lächelns auf den bleichen Zügen zu entdecken.
»Nun – Tony war ja schon recht bejahrt«, fuhr Madden fort. »Ein hochbetagter Vogelgreis. Und wie Ah Kim sagt: Der Tod ist unvermeidlich.« Er hielt inne und sah scharf auf das stoische Asiatengesicht. »Ich hab es halb und halb kommen sehen, denn Tony war in letzter Zeit gar nicht auf dem Posten. Hier, Ah Kim« – er händigte ihm den Körper des kleinen Tieres ein – »du kannst ihn irgendwo begraben.«
Die Wohnzimmeruhr setzte zum Schlage an, einmal – zweimal. Ah Kim entfernte sich langsam, den toten Vogel in der Hand. Er murmelte irgend etwas Chinesisches vor sich hin. Plötzlich blickte er zurück. »Hu malimali!« raunte er lauter.
Bob Eden hatte die Redensart nicht vergessen …