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10

Wenn Gamble irgend etwas auf der Farm zu tun hat, so führt ihn zweifellos eine friedliche Aufgabe her, dachte Bob während des Essens. Selten hatte er einen sanfteren Menschen getroffen. Madden blieb verdrossen und wortkarg; anscheinend hätte er die Überrumplung durch den Fremden noch nicht verwunden. Thorn saß, wie gewöhnlich, schweigsam da und wirkte bedrückend in dem schwarzen Anzug, mit dem er die am Abend zuvor auf so geheimnisvolle Weise zerfetzte blaue Gewandung vertauscht hatte. Bob Eden fiel die Pflicht zu, mit Gamble eine notdürftige Unterhaltung in Fluß zu halten. Nach dem Essen blieb der Gelehrte einen Augenblick an der Tür stehen und starrte verträumt über den glitzernden Sand, nach den fernen weißen Berggipfeln.

»Wunderbar!« schwärmte er. »Ich frage mich, Mr. Madden, ob Ihnen die Großartigkeit der Lage hier bewußt ist? Die Wüste, die, weit und einsam, seit urdenklichen Zeiten die Seelen in ihren Zauber bannt … Manche finden sie öde und beunruhigend, aber ich für meine Person –«

»Gedenken Sie sich hier länger aufzuhalten?« unterbrach Madden grob.

»Das kommt darauf an. Ich hoffe es sehr. Ich würde so gern dieses Land nach dem Frühlingsregen sehen, wenn Verbenen und Primeln blühen. Wie sagt doch der Prophet Jesajas? ›Und das dürre Land wird fröhlich stehen und blühen wie die Lilien. Und wo es zuvor trocken gewesen ist, sollen Teiche stehen, und wo es dürr war, sollen Brunnenquellen sein.‹ Sie kennen doch Jesaias, Mr. Madden?«

»Nein – ich kenne schon viel zu viele Leute!« erwiderte der Millionär bissig.

»Sie sagten doch, Sie hätten Interesse für die hiesige Fauna, Professor?« kam Bob Eden dem Naturforscher zu Hilfe.

Gamble streifte ihn mit raschem Blick. »Gewiß. Ich möchte bestimmte Nachforschungen anstellen – über den Schwanz der Känguruhratte, der hier eine phänomenale Länge erreichen soll.«

Das Telefon klingelte, und der Hausherr ging selber an den Apparat. Bob spitzte die Ohren und hörte: ›Telegramm für Mr. Madden.‹ Nun aber preßte der Millionär den Hörer so fest ans Ohr, daß der Rest der Mitteilung in undeutlichem Gemurmel verlorenging. Bob bedauerte das um so mehr, als er bemerkte, wie Maddens Miene sich zu tiefer Niedergeschlagenheit verfinsterte. Als er endlich den Hörer langsam auf die Gabel legte, blickte er eine Weile vor sich hin, augenscheinlich völlig aus der Fassung gebracht.

»Was bauen Sie auf diesem sandigen Boden an, Mr. Madden?« fragte Professor Gamble.

»Ich …« Der völlig geistesabwesend gewesene Mann kehrte mühsam in die Wirklichkeit zurück. »Was ich anbaue? Alles mögliche. Sie würden überrascht sein, und Jesaias ebenfalls!« Gamble sah ihn so freundlich lächelnd an, daß der Millionär zugänglicher wurde. »Kommen Sie mit, wenn Sie sich« dafür interessieren! Ich will Ihnen einiges zeigen!«

Gamble folgte ihm auf die Veranda, und Thorn schloß sich den beiden an. Rasch eilte Bob zum Fernsprecher, um Will Holley anzurufen. »Hören Sie«, bat er mit gedämpfter Stimme, »Madden hat eben durchs Telefon ein Telegramm bekommen, das ihn heftig zu beunruhigen schien. Stehen Sie sich gut genug mit dem Postbeamten, um Näheres darüber ermitteln zu können – natürlich ohne Verdacht zu erregen?«

»Wird sich machen lassen! Der brave Kerl dort sagt mir alles. Kann ich in ein paar Minuten wieder anrufen?«

»Ich bin gerade allein. Sollte das nachher nicht mehr der Fall sein, so werde ich vorgeben, Sie wünschten Madden zu sprechen. Sie müssen sich dann rasch etwas Neutrales zurechtlegen. Aber wenn Sie sich beeilen, wird das kaum notwendig sein.«

Als er sich umwandte, sah er Ah Kim den Tisch abräumen. »Nun, Charlie, was halten Sie von unserem neuen Gast?«

»Dieser Mr. Gamble sieht harmlos aus wie ein Maimorgen, scheint mir.«

»Durchaus. Und bibelkundig ist er auch.«

»Ungefährlich und mild. Aber in seinem geringen Gepäck sich befindet eine ziemlich neue, geladene Pistole.«

»Wahrscheinlich, um den Ratten die Schwänze abzuschießen!« lächelte Bob. »Nein, verdächtigen Sie ihn nicht! Wahrscheinlich ein Hasenfuß, der alles glaubt, was ihm in den Kinos vorgezaubert wird, und sich fürsorglich bewaffnet hat, um sich in dieser wilden Gegend verteidigen zu können. Übrigens hat Madden eben telefonisch ein Telegramm bekommen, und zwar dem Anschein nach eine unwillkommene Nachricht. Holley versucht, den Inhalt in Erfahrung zu bringen. Wenn das Telefon klingelt, gehen Sie bitte auf die Veranda und geben mir ein Zeichen, falls sich jemand nähert!«

Schweigend nahm der Chinese seine Arbeit am Tisch wieder auf. Wenige Minuten später läutete der Fernsprecher. Bob eilte an den Apparat. Chan schlurfte auf die Veranda.

»Jawohl, Holley!« sagte der junge Mann leise. »Ganz recht! Aber das ist doch interessant, nicht wahr? Kommt heute abend? Vielen Dank, lieber Freund!«

Er legte den Hörer auf, und Charlie kehrte zurück. »Eine Neuigkeit! Das Telegramm war von Evelyn Madden. Wahrscheinlich hat sie es satt, in Denver noch länger zu warten. Es kam aus Barstow. Die junge Dame trifft heute abend sechs Uhr vierzig in Eldorado ein. Da werd' ich wahrscheinlich mein Zimmer aufgeben und abreisen müssen.«

»Miss Evelyn Madden?« wiederholte Chan ungläubig.

»Ganz recht – Maddens einzige Tochter. Eine hochmütige Schönheit. Lernte sie in San Franzisko kennen. Kein Wunder, daß Madden erstaunt war, was?«

»Diese Mörderfarm ist aber nicht richtiger Aufenthalt für vornehme, verwöhnte Miss.«

Bob seufzte. »Eine neue Verwicklung. Die Dinge nehmen ihren Lauf, aber wir scheinen nicht zum Ziel zu gelangen.«

»Noch einmal ich muß bitten, sich einer wenig geübten Tugend anzunehmen: der Geduld. Bald Aussichten werden freundlicher sein. Eine Frauenhand –«

»Diese Frauenhand bedeutet gar nichts! Ich wette mit Ihnen, Charlie: Nicht mal die Hitze wird Evelyn Madden auftauen.«

Chan kehrte in die Küche zurück. Madden und Thorn betraten nach einer Weile das Haus; Professor Gamble schien sich auf sein Zimmer zurückgezogen zu haben. Der lange heiße Nachmittag verging in bleierner Ruhe. Nur des schlafenden Madden geräuschvolles Schnarchen zersägte die Stille. Auch Bob war müde, und er streckte sich behaglich aufs Bett. Erst gegen Abend erwachte er, erhitzt und mit dumpfem Schädel, aber der kühlende Windhauch von draußen erfrischte ihn schnell.

Um sechs Uhr ging er durch den Innenhof zum Wohnzimmer. Auf dem Hof vor der Scheune sah er Maddens großes Auto fahrbereit und erinnerte sich an die jüngsten Ereignisse. Der Millionär wollte anscheinend seine Tochter aus Eldorado abholen. Als Bob das Wohnzimmer betrat, wurde ihm jedoch klar, daß offenbar Thorn für diese Aufgabe ausersehen war. Da stand der Sekretär in seinem dunklen Anzug, ein schwarzer Schlapphut hob die Blässe seines Gesichts noch mehr hervor. Bei Bobs Erscheinen verstummte eine unverkennbar ernste Unterhaltung zwischen Thorn und dem Millionär.

»Guten Abend!« grüßte Bob. »Sie wollen uns doch nicht verlassen, Mr. Thorn?«

»Geschäfte in der Stadt! – Also dann mach ich mich jetzt auf den Weg, Mr. Madden!«

Wieder läutete das Telefon. Der Hausherr eilte an den Apparat. Abermals spiegelten sich unangenehme Empfindungen in seinen Zügen. Schon wieder schlechte Nachrichten, dachte Bob.

Madden legte die große Hand auf den Trichter und wandte sich an seinen Sekretär. »Diese Frau Doktor Whitcomb will mich heute abend sprechen. Sie behauptet, sie habe mir Wichtiges mitzuteilen.«

»Sagen Sie doch, Sie seien beschäftigt!«

»Es tut mir leid, Frau Doktor«, sprach der Millionär in die Muschel, »aber ich stecke tief in der Arbeit …« Er hielt inne, da er augenscheinlich unterbrochen wurde. Wieder legte er die Hand auf den Trichter. »Sie besteht darauf – der Teufel soll sie holen!«

»Dann müssen Sie sie eben empfangen!«

»Also gut!« gab Madden nach. »Kommen Sie gegen acht Uhr!«

Thorn entfernte sich, und das große Auto fuhr brummend davon.

Zu Bobs Überraschung wurde das Abendbrot zur gewohnten Stunde eingenommen. Thorns Stuhl blieb leer, und seltsamerweise war für Evelyn kein Gedeck aufgelegt; Madden traf auch keinerlei Anstalten, ein Zimmer für seine Tochter herrichten zu lassen. Sonderbar! Nach dem Essen begab sich Madden mit Bob und Professor Gamble auf die Veranda, wo der rötliche Schein des Kaminfeuers Steinfliesen, Backsteinwände und Tonys Stange umspielte, die nun leer und verlassen hing.

»Wie schön und friedlich ist es hier!« schwärmte der kleine Naturforscher. »Die armen Toren in den Städten ahnen nicht, was ihnen entgeht! Ich könnte immer hier wohnen.«

Diese Bemerkung schien den Gastgeber nicht zu beglücken, und es entstand ein peinliches Schweigen. Kurz nach acht rollte ein Auto auf den Hof. Vielleicht Thorn mit dem jungen Mädchen? – Aber Madden sagte: »Das wird die Ärztin sein. Ah Kim!« Der Diener erschien. »Bring die Dame herein!«

Gamble erhob sich. »Ich werde mir drinnen ein Buch vornehmen.«

Madden sah Bob Eden an, aber der junge Mann klebte an seinem Platz. »Die Ärztin ist eine gute Freundin von mir«, erklärte er. »Ich habe ihr gestern einen Besuch gemacht. Eine wundervolle Frau!«

Dr. Whitcomb erschien. Sie schüttelte ihrem Nachbarn die Hand. »Es ist eine große Freude für uns, Sie wieder einmal hier zu wissen.«

»Sehr liebenswürdig!« knarrte Madden kühl. »Sie kennen Mr. Eden, wie ich hörte?«

»Ah, guten Abend! Wie nett, daß wir uns wiedertreffen! Warum ließen Sie sich denn heute nicht bei mir blicken?«

»Es gab zuviel zu tun!« Bob zog einen Sessel für sie heran, und Madden nahm in einiger Entfernung Platz, mit hochmütig abweisender Miene.

»Es tut mir leid, wenn ich störe, Mr. Madden!« begann die Besucherin. »Aber ich komme nicht als Plaudergast. Ich komme wegen … wegen dieses schrecklichen Ereignisses hier in Ihrem Hause.«

»Sie – meinen …«

»Ich meine die Ermordung des armen Louie Wong.«

»Ach so …« Klang nicht etwas wie Erleichterung aus Maddens Stimme? »Ja … natürlich!«

»Louie war mir lieb und wert – er besuchte mich oft. Und Ihnen war er so treu ergeben! Sie haben sicherlich alles getan, um dem Mörder auf die Spur zu kommen?«

»Gewiß!« brummte Madden gleichgültig.

»Ob das, was ich zu erzählen habe, mit der Mordtat zusammenhängt, muß die Polizei entscheiden. Am Samstag gegen Abend kam ein Mann zu mir, ein gewisser McCallum aus New York. Er gab an, er leide an Bronchialkatarrh, aber ich muß gestehen, daß ich keinerlei Anzeichen dafür zu entdecken vermochte. Er zog in eins meiner Häuschen ein – wie ich annahm, zu längerem Aufenthalt.«

»Nun, und?«

»Am gestrigen Sonntag spät abends – kurz bevor der arme Louie ermordet wurde – gab ein großer Wagen vor meinem Haus ein Signal. McCallum sprach mit dem Fahrer dieses Autos und fuhr dann mit ihm davon – in Richtung Ihrer Farm. Das war das letzte, was ich von dem seltsamen Patienten sah. In seiner Stube hat er eine Reisetasche mit Kleidungsstücken zurückgelassen, aber er selber blieb verschwunden.«

»Und Sie denken, er habe Louie umgebracht?« fragte Madden mit einem Anflug von höflichem Zweifel.

»Ich denke gar nichts. Aber man müßte die Behörde immerhin auf diesen Umstand aufmerksam machen. Da Sie ja mit dem Gang der Untersuchung besser Bescheid wissen, wollte ich Sie bitten, es zu Protokoll zu geben. McCallums Habseligkeiten stehen der Polizei natürlich zur Durchsuchung zur Verfügung.«

»Gut!« Madden erhob sich. »Ich werde das Nötige veranlassen. Obgleich ich, wenn Sie auf meine Ansicht Wert legen –«

»Ich danke Ihnen!« lächelte die Doktorin freundlich. »Ich fühle mich nicht befugt, Sie nach Ihrer Ansicht zu fragen, verehrter Mr. Madden. Unsere Unterredung ist, wie ich sehe, beendet.« Sie blickte nach der Papageienstange. »Wie geht es Tony? Er wird den armen Louie sehr vermissen.«

»Tony ist tot!« knurrte Madden schroff.

»Was? Tony auch?« Die Ärztin schwieg betroffen. »Diesmal ist Ihr Aufenthalt hier wirklich denkwürdig!« sagte sie langsam. »Grüßen Sie Ihre Tochter von mir! Sie ist nicht hier?«

»Nein – sie ist nicht hier.«

»Schade – ein entzückendes Mädchen!«

»Sehr liebenswürdig! Bitte einen Augenblick! Mein Diener wird Sie zum Auto begleiten.«

»Bemühen Sie sich nicht!« mischte Bob sich ein. »Das übernehme ich!« Er ging voran durch das hellerleuchtete Eßzimmer, wo Gamble hinter einem ungeheuren Wälzer hockte.

Auf dem Hof wandte sich die Ärztin an Bob. »Was für ein unerschütterlicher Mensch ist dieser Madden! Hart wie Granit! Ich glaube, Louies Tod läßt ihn völlig kalt.«

»Das fürchte ich auch.«

»Nun, ich verlasse mich auf Sie! Wenn er meine Angaben der Polizei vorenthält, dann müssen Sie eingreifen!«

Der junge Mann zögerte. »Ich möchte Ihnen etwas anvertrauen: Es geschieht alles Erdenkliche, um die Mordtat aufzuklären. Allerdings nicht von Maddens, sondern von anderer Seite.«

Die Ärztin nahm in dem Auto Platz. »Ich glaube zu verstehen. Und ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen Erfolg, lieber Junge!«

Eden ergriff ihre Hand. »Wenn ich Sie nicht wiedersehen sollte, so sollen Sie doch wissen, daß es mir eine besondere Freude war, Ihnen begegnet zu sein.«

Er sah zu, wie sie ihren Wagen rückwärts durch das offene Tor steuerte. Als er ins Wohnzimmer zurückkehrte, fand er dort Madden und Gamble vor.

»Alte Schwatzsuse!« murrte der Millionär.

»Entschuldigen Sie!« widersprach Bob Eden kühl. »Diese tapfere Frau hat mit ihren beiden kleinen Händen mehr Gutes getan als Sie mit all Ihrem Geld! Vergessen Sie das nicht!«

»Gibt ihr das ein Recht, ihre Nase in fremde Angelegenheiten zu stecken?«

Dem jungen Mann lag eine hitzige Erwiderung auf der Zunge, aber er beherrschte sich. Die Uhr zeigte drei Viertel neun, und noch immer waren Thorn und Evelyn Madden nicht da. Bob fühlte, daß seine Anwesenheit hier nicht sonderlich willkommen war, doch er blieb – gespannt auf die weitere Entwicklung der Dinge. Um zehn trollte sich Gamble mit einem Hinweis auf die Wirkung der Wüstenluft in sein Zimmer. Fünf Minuten später schnaubte das große Auto durch die Stille des Hofs. Bobs Augen glitten von einer Tür zur andern. Jetzt öffnete sich das Tor zum Innenhof. Martin Thorn erschien. Allein. – Ohne ein Wort zu sagen, warf er den Hut ab und ließ sich müde in einen Sessel sinken. Schweigen.

»Haben Sie alles erledigt?« fragte Bob schließlich heiter.

»Jawohl«, brummte Thorn. Sonst nichts.

Bob stand auf. »Ich gehe jetzt schlafen.«

Als er sein Zimmer betrat, hörte er Gamble nebenan im Bad plätschern, das zwischen Bobs Stube und der des Professors lag. Mit der Abgeschiedenheit hatte es ein Ende. In Zukunft mußte man vorsichtiger sein!

Kurz nachdem der junge Mann Licht gemacht hatte, tauchte Ah Kim auf. Bob legte den Finger auf die Lippen, deutete auf das Badezimmer. Der Chinese begriff. Sie begaben sich an das äußerste Ende des Zimmers und flüsterten.

»Nun, wo ist Evelyn?«

Chan zuckte die Achseln. »Schon wieder Geheimnis!«

»Was mag unser Freund Thorn in den letzten vier Stunden unternommen haben?«

»Mondscheinfahrt durch Wüste wahrscheinlich. Als Auto abfuhr, wies der Kilometerzähler auf 20 544 Kilometer. Sechs Kilometer sind bis Stadt, sechs zurück. Als aber zurückkam der Wagen, es waren geworden 20 606 Kilometer.«

»Charlie, Sie denken aber auch an alles!« raunte Bob bewundernd.

»Dieser Thorn muß an merkwürdigem Ort gewesen sein. Viel roter Ton im Auto.« Der Chinese holte ein Erdbröckchen hervor. »Hab' ich abgeschabt vom Wagen. Vielleicht Sie haben hier in Gegend solches Terrain gesehen?«

»Nirgends. Sie nehmen doch nicht an, daß er dem Mädchen etwas angetan hat? Aber nein: Madden scheint eingeweiht, und außerdem ist sie sein Augapfel.«

»Nur ein Rätsel mehr!« murmelte Chan.

Bob nickte. »Übrigens ist morgen Dienstag. Die Perlen kommen, hurra! Wenigstens denkt P. J. das. Morgen wird nicht leicht mit ihm umzugehen sein.«

Sachtes Klopfen ah der Tür zum Innenhof. Charlie hatte gerade noch Zeit, an den Kamin zu eilen und sich dort zu schaffen zu machen, als Madden eintrat, merkwürdig geräuschlos für seine sonstigen Gewohnheiten.

»Sieh da …« begann Bob.

»Still!« Der Hüne blickte nach dem Badezimmer. »Seien Sie recht leise, ja? – Ah Kim – fort mit dir!«

»Ich gehen, Hell!« Gehorsam und hurtig verschwand der Chinese.

Madden lauschte an der Badezimmertür, faßte vorsichtig die Klinke. Sie gab nach – er schlich hinein, verriegelte die Tür zu Gambles Zimmer und kehrte zurück. »Ich muß mal mit Ihnen reden. Dämpfen Sie Ihre Stimme! Endlich hab' ich selber mit Ihrem Vater gesprochen. Er teilte mir mit, daß ein gewisser Draycott morgen mittag mit den Perlen in Barstow eintreffen werde.«

»Also … hm … ja, dann könnte er demnach morgen abend hier sein.«

Madden beugte sich vor; seine Stimme hatte einen rauhen Unterton: »Ich wünsche nicht, daß dieser Mann auf die Farm kommt.«

Bob starrte ihn verwundert an. »Gut. Mr. Madden! So werde ich –«

»Still! Lassen Sie meinen Namen aus dem Spiel!«

»Aber nach all unseren Vorbereitungen …«

»Ich habe mich anders besonnen. Will die Perlen überhaupt nicht hier auf der Farm in Empfang nehmen. Ich bitte Sie daher, morgen in Barstow diesem Draycott Weisung zu geben, daß er nach Pasadena weiterreist. Dort werde auch ich mich am Mittwoch einfinden. Er soll um die Mittagsstunde vor dem Portal der Garfield-Nationalbank in Pasadena warten. Dann will ich das Kollier in Empfang nehmen und an sicherem Ort in Verwahrung geben.«

»Einverstanden! Sie haben ja schließlich zu bestimmen.«

»Na schön! Ah Kim kann Sie morgen früh nach der Stadt fahren, damit Sie den Zug nach Barstow erreichen. Aber vergessen Sie nicht: Dies bleibt unter uns! Sie sagen niemand ein Wort davon, auch Gamble nicht. Und nicht mal Thorn darf es wissen!«

Behutsam schlich Madden hinaus. Eine lange Weile stierte Bob vor sich hin, verdutzter als je. Nun, sagte er sich schließlich, das bedeutet wieder einen Tag Aufschub. Dafür muß man dankbar sein!


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