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Die Blumen.

1804.

War bunt der Frühling erschienen,
Schien warm der Sonnenstrahl,
Ich schwärmte mit Schwalben und Bienen
Hinein ins Blumental.

Die seinen Busen zu schmücken
Der Lenz sich machen kann,
Sie sehn mit liebenden Blicken
Mich jung und lustig an.

Da steht das Veilchen bescheiden,
Das Blümchen wunderhold,
Scheint sprechend: Magst du mich leiden?
Ich bin so treu wie Gold;

Scheint sprechend: Tulpen und Nelken
Blühn schöner wohl als ich,
Doch auch die schönsten verwelken,
Komm, Knab', und pflücke mich.

Da steht die Lilie, blinkend
In Unschuld weiß und frei;
Die Nachtviole, versinkend
In süße Schwärmerei;

Und auch Narzisse die helle,
In Liebe rein und zart,
Die über der Sehnsucht Quelle
Zur schönsten Blume ward.

Da wehn mit lockigen Haaren
Die bunten Nelken auch,
In Buhlereien erfahren,
Und streuen süßen Hauch.

Da glänzt im farbigen Wahne
Leichtfertig junges Blut,
Die schimmernde Tulipane,
Die wunderfreundlich tut.

Doch wie sie lieblich mir deuchten,
Vom Lenzesstrahl besonnt,
Von allen Frommen und Leichten
Hat keine mich locken gekonnt.

Da sah auf Dornen ich blutig
Der Rose Majestät,
Und alle Freude so mutig
Vor ihrem Schein vergeht.

Und nimmer kann ich mich lassen –
O Herz, mein armes Herz!
Ich muß die Dornen fassen
Im heißen, süßen Schmerz.

Gewaltig hat mich gestochen
Der allerschärfste Dorn:
Die Rose steht ungebrochen
Und hat kein Blatt verlorn.



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