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Tanhäuser

(Entlebuch.)

Welle groß Wunder schauen will,
Der gang in grüenen Wald use.
Tanhuser war ein Ritter guot,
Groß Wunder wollt er schauen.

Wann er in grüenen Wald usen kam,
Zue den schönen Junkfrauen,
Sie fiengen an ein langen Tanz,
Ein Jahr war ihnen ein Stund.

»Tanhuser, lieber Tanhuser mein,
Weit ir bei uns verbleiben?
Ich wil euch die jüngste Tochter ge
Zue einem ehrlichen Weibi.« –

»Die jüngste Tochter, die will ich nid,
Sie treit der Teufel in ihre!
Ich gseh's an ihre brun Augen an,
Weil er in ihre thuet brinnen.« –

»Tanhuser, lieber Tanhuser mein.
Du solest uns nit schälten!
Wenn du komst in disen Bärg,
So mueßt du es etgälten,«

Frau Frene hat ein Feigenbaum,
Er leit sich drunter zu schlafen.
Es kam im für in seinem Traum:
Von Sünden sol er lassen.

Tanhuser stuend uf und gieng dervon.
Er will ge Rom geh bichten;
Wan er ge Rom wol ine käm,
Wal er mit bluoten Füeßen.

Wan er ge Rom wol ine kam,
War er mit bluoten Füeßen;
Er fiel auch nider uf seini Knie,
Seini Sünden wollt er abbüeßen.

Der Papst treit ein Stab in seiner Hand,
Vor Dürri tuet er spalten:
»So wenig würden dir die Sünden nachglan,
So wenig daß der Stab grüenet.«

Er kneuet für das Kreuzaltar
Mit ausgespanten Armen:
»Ich bitte dich. Herr Jesus Christ,
Du wellist meiner erbarmen!«

Tanhuser ging zur Kirchen uß
Mit seim verzagten Härzen:
»Gott ist mir allzeit gnädig gsi,
Jez mueß ich von-em lassen.«

Wan er fürs Thor hin uße kam,
Begegnet im üsi liebe Frauen:
»Behüet dich Gott, tu reini Magt!
Dich darf ich nimmen anschauen!«

Es ging ummen eben drithalben Tag,
Der Stab fing an zu grüenen:
Der Papst schickt uß in alli Land,
Er ließ Tanhuser suochen,

Tanhuser ist jetz nimmen hier,
Tanhuser ist verfahren!
Tanhuser ist in Frau Frenen Burg,
Wott Gottes Gnad erwarten.

Drum sol kein Papst, kein Kardinal
kein Sünder nie verdammen;
Der Sünder mag sein, so groß er wil,
Kan Gottes Gnad erlangen.


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