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II.

Schlacht- und Siegeslieder

Halbsuter

Lied von dem Strit ze Sempach. 1386.

Imm tusent und drühundert
und sechs und achtzigsten jar
do hat doch gott besunder
sin gnad thon offenbar
he     der eidtgenossenschaft, ich sag,
tett iren groß bistande
uff Sant Cirillen tag.

Es kam ein bär gezogen
gen Willisow in die statt;
do kam ein Imb geflogen.
in d'linden er gnistet hat:
he     ans hertzogen waffen er flog.
als do der selbig hertzog
wol für die linden zog.

»Das dütet frömbde geste«:
so redt der gmeine man.
do sach man wie die veste
dahinder z'Willisow bran.
he     sie redtend us übermut:
»die Switzer wend wir töden,
das jung und alte blut.«

Si zugend mit richem schalle
von Sursee us der stadt,
die selben herren alle
so der hertzog gesamlet hat:
»he     und kosts uns lib und leben,
die Switzer wend wir zwingen
und inen ein herren geben.«

Si fiengend an ze ziechen
mit ir kostlichen watt:
das völcklin fieng an fliechen
gen Sempach in die statt,
he     das uff den ackern was;
den hertzog sach man ziechen
mit einem hör, was groß.

Welch frowen si begriffen
namend si zu der hand,
hand inen abgeschnitten
wol ob dem gürtel ir gwand
he     und ließends so schmächlich ston:
do batends gott von Himmel,
er welts nit ungrochen lon.

»Ir niderländschen herren,
ir ziend ins oberland:
wend ir üch da erneren,
es ist üch noch unbekandt;
he     ir soltentz vor bycht verjechen:
in oberländscher erne
möcht üch wol wee beschechen.«

»Wo sitzt dann nun der pfaffe
dem einer da bychten muß?«
»Zu Switz ist er beschaffen;
er gibt eim herte buß:
he     die wirt er üch ouch schier geben;
mit scharpfen halenbarten
wirt er üch gen den segen.«

»Das wer ein schwere buße:
gnad herr her domine!
so wir die tragen müßten,
es tät uns jemer wee.
he     wem söltind wir es klagen,
wo wir ein sölche buße
von Switzern müßtind tragen?«

An einem mentag frue
do man die mäder sach
jetz mäyen in dem towe,
davon inen wee beschach,
he     und do si gmäyet hand,
do bracht man in zmorgenbrote
vor Sempach uff das land.

Rutschman von Rinach nahm ein rott,
reit ze Sempach an den graben:
»Nun gend haruß ein morgenbrott:
das wend die mäder haben:
he     wann si sind an dem mad.
Und komend ir nit balde,
es möcht üch werden schad.«

Do antwurt imm gar gschwinde
ein burger uß der statt:
»Wir wend si schlan umb dgrinde
gar schier in irem mad,
he     inn gen ein morgenbrot,
das ritter und ouch grafen
am mad wirt ligen todt.«

»Wenn kumpt das selbig morgenbrot
das ir uns wellend gen?«
»Deidgnoßen kommend jetzt gar gnot:
so söllend irs wol vernen;
he     si werden üch richten an,
das üwer etwa menger
den löffel wirt fallen lan.«

Gar bald sie da vernamend
von Sempach uß der burg
wie das deidgnoßen kamend.
Do reit der von Hasenburg;
he     er spächet in der ban:
do sach er bi einandern
meng klugen eidtgnoßen stan.

Die herren von Lucerne
strecktend sich vestigklich,
an mannheit gar ein kerne;
keiner sach nie hindersich;
he     jeder bgert vornen dran.
Do das sach der von Hasenburg,
wie bald er geritten kam!

Und tett zum läger keren,
gar bald er zum hertzog sprach:
»Ach gnediger fürst und herre,
hettind ir hüt üwer gemach,
he     allein uff disen tag!
Das völcklin hab ich beschowet:
si sind gar unverzagt.«

Do redt ein herr von Ochsenstein:
»O Hasenburg hasenherz!«
Imm antwurt der von Hasenburg:
»Dine wort bringend mir schmerz.
He     ich sag dir bi der trüwe min:
man sol noch hüt wol sechen
wedrer der zäger werde sin.«

Si bundend uf ir helme
und tatends fürher tragen;
von schuchen huwentz dschnäbel:
man hett gefüllt ein wagen.
He     der adel wolt vornen dran:
die andern gmeinen knechte
mustend dahinden stan.

Zusamen si da sprachend:
»Das völckli ist gar klein:
söltind uns die puren schlachen,
unser lob das wurde klein;
he     man spräch: puren hands than.«
Die biderben eidtgnoßen
rufftend gott im himel an.

»Ach richer Christ von himel,
durch dinen bittern tod
hilf hüt uns armen sündern
uß diser angst und not,
he     und tu uns byestan
und unser land und lüte
in schirm und schützung han.«

Do si ir bett volbrachtend
gott zu lob und ouch zu eer,
und gottes lyden gdachtend,
do sandt inen gott der herr
he     das hertz und manneskrafft
und das si tapfer kartend
jetz gegen der ritterschafft.

Lucern, Uri, Schwitz, Underwalden
mit mengem biderman,
zu Sempach vor dem walde
da inen der löw bekam,
he     der ruch stier was bereit:
»Und löw, wilt mit mir fechten,
das sig dir unverseit.«

Der löw sprach: »Uff min eide,
du fügst mir eben recht;
ich hab uff diser heide
meng stoltzen ritter und knecht:
he     ich wil dir gen den lon,
umb das du mir einst ze Loupen
gar vil ze leid hast ton.

Und an dem Moregarten
erschlugt mir mengen man.
von mir musts hüt erwarten,
ob ichs gefügen kan:
he     das sig dir zugeseit.«
Do sprach der stier zum löwen:
»Din tröwen wirt dir leid.«

Der löw fieng an ze ruußen
und schmucken sinen wadel;
do sprach der stier »Ruck ußhen:
wend wirs versuchen aber?
he     so tritt hie zuher baß,
das dise grüne heide
von blut mög werden naß.«

Si fiengend an ze schießen
zu inen in den than;
man greiff mit langen spießen
die frommen eidgnossen an;
he     der Schimpff der was nit süeß:
die äst von hochen böumen
fielend für ire füeß.

Des adels hör was veste,
ir ordnung dick und breit:
das verdroß die frommen geste;
ein Winkelriedt der seit:
»He     wend irs gnießen lon
min fromme kind und frowen,
so wil ich ein frevel bston.

Trüwen lieben eidtgnossen,
min leben verlür ich mit.
Si hand ir ordnung gstossen:
wir mögends in brecchen nit;
he     ich wil ein inbruch han:
des wellind ir min gschlechte
in ewig geniessen lan.«

Hiemit do tett er fassen
ein arm voll spieß behend:
den finen macht er ein gassen;
sin leben hatt ein end.
He     er hat eins löwen mut;
sin mannlich dapfer sterben
was den vier waltstetten gut.

Also begundentz brecchen
des adels ortnung baldt
mit howen und mit stecchen.
Gott siner selen walt:
he     wo er das nit het gthan,
so wurds deidgnossen han kostet
noch mengen biderman.

Si schlugend unverdrossen,
erstacchend mengen man;
die frommen eidgenossen
sprachend einandern tröstlich an.
He     den löwen es ser verdroß;
der stier tett vintlich sperren,
dem löwen gab er ein stoß.

Der löw fieng an ze mawen
und tretten hindersich;
der stier starßt sine brawen
und gab im noch ein stich,
he     das er bleib uff dem plan:
»Ich sag dir, rucher lüwe,
min weid mußt mir hie lan,«

Der pfaff hat inen gebychtet,
die buß euch jetzund geben.
Der löw fieng an ze wychen,
die flucht fugt imm gar eben;
he     er floch hin gen dem berg.
Der stier sprach zu dem löwen:
»Du bist keiner eeren wert.

Züch hin, du rucher lüwe:
ich bin bi dir gewesen;
du hast mir hert getröwet,
und bin von dir genesen.
He     züch recht wider heim
zu dinen schönen frowen:
din eer ist worden klein.

Es stat dir lasterlichen,
wo mans nun von dir seit,
das du mir bist entwichen
uff diser grünen heid;
he     es stat dir übel an:
du hast mir hie gelassen
gar mengen stoltzen man.

Dazu din harnist klare
han ich dir gwunnen an;
ouch fünstzechen houptpanere,
die hast du mir getan;
he     das ist dir jemer ein schand;
ich han dirs angewunnen
mit ritterlicher hand.«

Die vesten von Lucernen
hand da ir bests gethan
und hand den frömbden herren
zur rechten adern glan:
he     si hands ze tod geschlagen;
ze Küngsfelden im chloster
ligend ir vil vergraben.

Desglich die vesten von Switze
mit mengem klugen man,
mit mannheit und mit witze
griffends den löwen an:
he     si schlugend inn uff den tod,
si huwend inn in grinde
das er imm blut lag rot.

Darzu die vesten von Uri
mit irem schwartzen stier,
vil vester denn ein mure
bestrittends das grimme Thier;
he     in irem grimmen zorn
schlugend sie durch die helme
die herren hochgeborn.

Und ouch von Unterwalden
die vesten ußerkorn,
die helden wunderbalde,
in irem ruchen zorn,
he     si schlugend tapfer drin
und hiessend die frömbden herren
mit spiessen gotwüllkom sin.

Also vertreib der stiere
den löwen uß dem korn:
sin tröwen und prangnieren
was gar und gantz verlorn;
he     es stat im übel an,
ja das der löw dem stiere
sin weid mit gwalt muß lan.

Hertzog Lüpolt von Oesterrich
was gar ein freidig man:
keins guten rats belud er sich,
wolt mit den puren schlan;
he     gar fürstlich tat ers wagen.
Do er an dpuren kame,
hands inn ze todt geschlagen.

Sin fürsten und ouch herren,
die littend große not;
si tatend sich mannlich weren:
dpuren hand si gschlagen ztod;
he     das ist nun unverschwigen:
dann ob 600 helme
sind uff der walstadt bliben.

Ein herre was entrunnen,
der was ein herr von Gree:
er kam zur selben stunden
gen Sempach an den see;
he     er kam zu Hans von Rot:
»Nun tus durch gott und gelte,
für uns uß aller not.«

»Vast gern« sprach Hans von Rote:
des lons was er gar fro,
das er in verdienen solte;
fürts übern see also.
He     und do er gen Notwyl kam,
do winckt der her dem knechte,
er solt den schiffman erstochen han.

Das wolt der knecht volbringen
am schiffman an der statt,
Hans Rot merckts an den dingen:
das schiffli er bhänd umbtrat;
he     er warff si beid in see:
»Nun trinckend, lieben herren:
ir erstecchend kein schiffman me.«

Hans Rot tett sich bald keren,
seit, wie es gangen was,
zu sinen lieben herren:
»Nun merckents dester bas:
he     zwen fisch ich hüt gfangen han;
ich bitt üch umb die schuppen:
die fisch wil ich üch lan.«

Si schicktend mit im dare:
man zog si uß dem see.
Der bulgen naments ware
und anders noch vil me;
he     si gabend im halbenteil:
des lobt er gott von himel
und meint, es wär wolfeil.

In wätschgern warend zwo schalen,
die warend von silber gut;
die wurdend Hansen Roten:
des was er wol ze mut.
He     er hat si nit verthon:
zLucern bi sinen herren
sind si behalten schon.

Do kam ein bott gar ändlich
gen Oesterrich ze hand:
»Ach edle frow von Oesterrich,
üwer herr ligt uff dem land:
he     zu Sempach im blute rot
ist er mit fürsten und herren
von puren gschlagen ztod.«

»Ach richer Christ von himel,
was hör ich grosser not!
Ist nun min edler herre
also geschlagen ztod,
he     wo sol ich mich hin han?
Het er mit edlen gestritten,
man hett inn gfangen gnon.

Nun ylend wunderbalde
mit ross und ouch mit wagen
gen Sempach für den walde:
da sölt ir inn ufladen;
he     fürend inn ins closter in
hinab gen Künigsvelden:
da sol sin begrebnus sin.«

In und umb und uff dem sin
sig hertzog Lüpolt erschlagen,
das tund die herren ennert Rhin
von den eidtgnossen sagen:
he     ich setz ein anders dran:
wär er daheim beliben,
im het niemand leids gethan.

Mit im so tet er füren
uff wägnen etlich faß
mit hälsling strick und schnüren,
dann er der meinung was,
he     möcht er gesiget han,
so wolt er die eidgnossen
allsamen erhencken lan.

Hett er kein unfug triben
und nit solch übermut,
so wärind die edlen bliben
jetlicher bi sinem gut.
He     si tribends aber zfil:
des ist inen druß erwachsen
ein sölich hantvest spil.

Die frow von Mümpelgarten
und die von Ochsenstein,
si mustind langzit warten
ob ir man kämind hein;
he     si sind ze tod erschlagen:
man hörtz in iren landen
gar jämerlichen klagen.

Die burger von Schafhusen
und die von Winterthur,
si kund gar sere grusen:
der schimpff, der dunkt si sur.
He     Diessenhofen und Frowenveld,
die hand dahinden glassen
meng man uff witem veld.

Do rett sich ein burgermeister
von Friburg uß der statt
»Wir hand ein reiß geleistet,
die uns geruwen hat:
he     wir müssend groß schmache tragen,
das wir uff fryer heide
von Switzern sind geschlagen.«

Die herren ab dem Rhine
und ab dem Bodensee,
hettinds zmäyen lan sine,
so wär inn nit gschechen wee.
He     wemm wend si das nun klagen?
man sach die selben mäder
gar wenig fuder laden.

Desglichen die von Constentz,
die warend hoflich dran,
hand mit dem stier gefochten:
die flucht hand si genon,
he     ir paner dahinden glan:
zu Switz hangts in der kilchen,
da sichtz meng biderman.

Von Lentzburg an dem tantze,
da warend ouch die von Baden:
ku Brüni mit irem schwantze
hat irn vil ztod erschlagen:
he     das tut den herren wee;
si glust keim sölchen pfaffen
ze bychten niemerme.

Und ouch der lange Frießhart
mit sinem langen bart,
desglich der Schenk von Bremgart,
die blibend uff der fart;
he     si sind ze tod erschlagen:
ze Sempach vor dem walde
da ligend si begraben.

Und namlich die von Zofingen
warend ouch an der not:
si hand gar redlich gfochten.
ir vendrich ward gschlagen ztod;
he     ir paner das was klein:
einer hats ins mul gschoben:
so kam es wider heim.

Desglichen die von Rinach,
die hand ein mordt getriben:
wie si das selbig hand volbracht,
das ist noch unverschwigen;
he     ouch warend si meineid:
und ee der schimpff ein ende nam,
do hat mans inen gseit.

Ku Brüne sprach zum stiere:
»Ach sol ich dir nit klagen?
mich wolt uff diser riviere
ein herr gemulcken haben:
he     ich hab imm den kübel umbgschlagen;
ich gab im eins zum ore
das man in mußt vergraben.«

Halbsuter unvergessen,
also ist ers genant;
zLucern ist er gesessen
und alda wol erkannt;
he     er was ein fröhlich man:
dis lied hat er gedichtet
als er ab der schlacht ist kan.


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