Peter Altenberg
Prosaskizzen
Peter Altenberg

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Sommerreise

(in "Vita ipsa", Berlin 1918)

Morgen also, 7 Uhr 10 des Morgens, geht's aufs Land!

Nach drei bangen Land-losen Sommern.

Man steht bereits um ½6 auf, schläft nicht so tief vor Glück.

Es sind die seltenen Höhepunkte des sonst ziemlich trostlosen Lebens!

Man frühstückt »an der Bahn«, etwas mehr, obzwar man gar nicht hungrig ist, vor lauter Freude. Freude sättigt, andere behaupten wieder, sie zehre, Gott, die Naturen sind ja so verschieden.

Man schreibt an »sie« noch eine Karte:

»Gruß aus der Bahnhof-Halle!
                                          Ewig Dein.«

Aber man hat andere Sorgen.

Wo ist mein Gepäckträger, Nr. 87?!

Habe ich Zigaretten mit und Zündhölzchen?!

Ja, du Egoist, alles ist vorhanden,

du wirst auf dieser Bahnfahrt von 4 Stunden nichts entbehren!

Wie angenehm es nach Rauch riecht.

Die Lokomotive bereitet sich bereits vor.

Nein, sie ist noch gar nicht da.

Wo ist sie denn, die Lokomotive?!

Es riecht also nach fremden Lokomotiven, aber es ist, wie wenn's die eigene wäre!

Ja, fahren denn da nicht auch Leute in den Sommer hinein, die sich danach sehnen?!

Man macht ihre Freude mit, indem man ihren Lokomotivrauch riecht;

dafür riechen sie um 7 Uhr 10 den unseren!

Jetzt kommt die unsere!

He, Gepäckträger Nr. 87!

Da haben Sie eine Krone mehr, heute ist mir alles schon gleichgültig.

Es riecht nach Rauch, doch außerhalb der langen düsteren Bahnhofhalle wird bereits lichte Bergluft wehen, so von sehr ferne!

 


 


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