Johann Wilhelm Wolf
Die deutsche Götterlehre
Johann Wilhelm Wolf

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Fro.♦ Myth. 190 ff. Siegfried und Freyr von Wilh. Müller, Haupt Zeitschr. II, 43 ff. Wolf Beiträge I, 102 ff.

Fro (nordisch Freyr) ist der frohe, frohmachende und beseeligende, der wunderschöne heilige Herr, der Gott der Liebe und des Friedens, der Gott der Ehe und der Fruchtbarkeit. Er theilt Wuotans schöpferische Eigenschaft, verrichtet jedoch keine Kriegsthaten. Im Norden stand er in so hoher Verehrung, dass sein Bild neben denen der beiden genannten Götter aufgerichtet wurde; auch bei uns war sein Cultus sehr verbreitet und eifrig gepflegt.

Wuotan war, wie schon gesagt, der Gott der sehnenden Liebe, ganz angemessen seinem geistigen Wesen, Fro hingegen war der der schöpferischen, der zeugenden Liebe; jener weckt als Wunsch das Verlangen, dieser führt die Liebenden zusammen und segnet ihren Bund durch reiche Nachkommenschaft. Ihm gilt das Schwert des Kriegers nichts, seitdem ihn auf dem göttlichen Hochsitze Wuotans die Sehnsucht nach einer erdgebornen Jungfrau erfasste. Er hatte eines Tages den Stuhl Allvaters bestiegen, von dem aus man alle Wohnungen der Menschen überschaut, und sah ein Mädchen von so wunderbarer Schönheit, dass ihm Alles was sie umgab durch dieselbe verklärt schien. Von dem Augenblicke an liess es ihn nicht ruhen und er sandte seinen treuen Diener zu ihr, beladen mit Geschenken. Der Diener trifft in der Nähe der Wohnung der Jungfrau deren Mädchen am Brunnen an; er wird zu ihr geführt, spricht ihr von der Liebe seines Herrn, jedoch ohne ihn zu nennen und breitet die goldnen Geschenke vor ihr aus, aber sie widerstrebt. Da entdeckt er ihr in dem Liebenden den Gott, sagt ihr von seiner Macht und Grösse, seiner Milde und seinem Zorn, und sie ist überwunden, sie willigt ein, des Erhabenen Gattin zu werden.

Darum war er besonders von den Mädchen und Frauen verehrt. Jene beteten an den ihm heiligen Tagen zu ihm, dass er ihnen den Freier senden und zeigen möge. Dies geschah besonders in der Weihnachtszeit, wo er mit andern Göttern seinen Umzug hielt und die meisten der noch übrigen Gebräuche, welche auf die Erforschung des Bräutigams abzielen, sind auf ihn zu beziehen.♦ Die christliche Mythologie ersetzte ihn durch den h. Apostel Andreas, daher, dass auch an dessen Fest ähnlicher Aberglaube sich findet.Die christliche Mythologie, d. h. die im Volk erwachsene, an Christus und die Heiligen sich anlehnende, aber in deutsch-heidnischem Boden wurzelnde Volkssage so wie das Märchen, hat auch in der Kunst ihre Vertretung, wie ja überhaupt die Sagen viele Kunstwerke, und umgekehrt Kunstwerke oft Sagen hervorgerufen haben. Mädchen und Frauen schmückten sein Bild mit Blumen und Kränzen, die Letztern besonders, um Kindersegen zu erlangen; auch setzten diese sich dazu auf seinen Altar oder übten andere Gebräuche, welche sich theilweise noch bis vor einem halben Jahrhundert erhielten.

Aber Fro war nicht nur der Gott der Liebe und des Friedens, er war auch der Gott der Sonne, damit wiederum ein Gott der Fruchtbarkeit, in welches Amt sich die drei höchsten Götter theilten. Darin berührt er sich mit Wuotan und zwar scheint er wieder dessen ausführende Hand. Wuotan schenkt das belebende Licht, Fro lenkt und führt es wohl, wie Helios den Wagen des leuchtendsten aller Gestirne lenkt. Der Landmann rief den Fro besonders als Schützer des Viehstandes an. Wenn Seuchen drohten oder gar einbrachen, dann entzündete man ihm ein Feuer und trieb das Vieh hinzu, die ihm vorzugsweise heiligen Schweine voran; das zuerst durch die Flamme laufende Thier blutete ihm als Opfer. Notfeuer hiessen solche Feuer, weil sie entweder in Zeiten der Noth entzündet wurden, oder auch, weil das Feuer genöthigt wurde zu erscheinen, denn es wurde durch Reibung erzeugt.

Den Wagen des Gottes zog im Norden ein Eber, dessen goldne Borsten die Nacht gleich dem Tage erhellten und der mit der Schnelligkeit eines Pferdes rannte; daher, dass dem Fro die Schweine heilig waren. Ausserdem waren ihm PferdeDaher, dass der h. Stephanus, dessen Fest in die Zwölften fällt, von dem Volke so oft mit Pferden in Verbindung gebracht wird. geweiht und unter seinen Opferthieren werden besonders Stiere genannt. Von den Pflanzen war ihm der Rosmarin, unter den Zahlen die Neun ihm heilig.

Noch sind mehre Bilder von ihm übrig, welche Verwandtschaft mit denen des römischen Priapus zeigen. Ausserdem hatte er ein heiliges Symbol, das Rad. Beides gab man den Leichen mit in das Grab, denn als Gott der Zeugung war er auch ein Gott der Wiedergeburt zu neuem Leben.


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