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Viertes Kapitel. Kaufmann und Weber.

Unterwegs entwarf Ammer eine Menge Pläne, um den Kaufmann, seinen langjährigen Freund, zu einer Sinnesänderung zu bewegen, allein keiner gefiel ihm. Seine Zuflucht zu einer Bitte zu nehmen widerstrebte seinem Charakter, auch hätte er damit ja sich selbst eines Unrechts geziehen, was er weder konnte noch wollte. Gehandelt aber mußte werden, sonst standen ihm große Verluste bevor. Denn ward es bekannt, das Mirus nicht mehr bei ihm arbeiten lasse, so mußte nothwendig sein Ruf als Weber darunter leiden. Diesen Ruf sich zu erhalten, war Hauptzweck seines Ganges. Ihm würde Ammer Großes geopfert haben, denn dieser Ruf, der mit ihm gewachsen war, der ihn umgab, wie die Luft, die er athmete, war sein höchstes Gut, seine größte Ehre auf Erden. Mit ihm wollte er leben und sterben. Als sein unscheinbares Fuhrwerk die Stadt erreichte, war der Weber in seinen Entschlüssen nicht weiter gekommen, als beim Einsteigen in Weltenburg. Er mußte jetzt dem Zufalle, dem Augenblicke Alles überlassen.

Die Kniee zitterten dem Weber, als er das Haus des Kaufmannes betrat. Mirus war auf seinem Zimmer und, wie der Buchhalter ihm sagte, ganz allein. Er erbat sich, den Weber zu melden.

Bei Leibe nicht! sagte Ammer ihn zurückhaltend. Ich bin kein aparter Freund vom Warten und zu einem großen Herrn fehlt meinem alten Freunde der ganze Zuschnitt. Ich meine, es wird besser sein für uns Beide, wenn ich mein eigener Bote bin.

So stieg denn Ammer die Treppe hinauf, ging leisen Schrittes über den breiten und langen Vorsaal, und klopfte ziemlich hart an die Thüre des Kaufmanns. Ein entsprechend lautes Herein! antwortete auf diese starke Frage. Im nächsten Augenblicke standen beide Männer einander gegenüber, Ammer hoch aufgerichtet, seine feste Gestalt halb auf seinen Rohrstock stützend, der Kaufmann gebückt, beunruhigt, vor Aerger keines Wortes mächtig.

Ammer schüttelte mißbilligend sein weißlockiges Haupt, das volle Haar mit dem Hornkamme tiefer in den Nacken streichend.

Es ist mir so eben kund geworden durch ein paar Zeilen, die mein Aeltester mir zugesendet, daß Sie ein gegebenes Wort brechen wollen, Herr Mirus, begann der Weber mit unsicherer Stimme seine Rede. Ich habe mich fast darüber erschrocken, also daß ich kaum von der Stelle konnte und das Wort mir auf der Lippe erstarb. An die dreißig Jahre und auch darüber war ich gewohnt, ein Wort von Kaufmann Mirus weiter zu geben, wie einen Wechsel. Mit dem letzten Versprechen hab' ich's auch so gehalten und nun will das Haus Mirus und Compagnie nicht gut dafür sein! Herr, ich sollte meinen, Sie müßten begreifen, daß solch' unerhörte Kunde einem Mann, wie ich bin, wohl in die Glieder schlagen könne! Ist's an dem?

Mirus hatte seine goldene Dose wohl zehnmal auf- und zugeklappt, und mehrere Prisen genommen. Jetzt versetzte er stotternd, denn Aerger, Aufregung und Verdruß ließen ihn keine Worte finden.

Herr, ich muß Ihr sagen, mit mit Betr mit falschen, zweizüngigen Leuten ist kein Geschäft partout kein Geschäft!

Wer ist zweizüngig? gegenfragte in stolzer Haltung der Weber. Hab' ich je zu Ihnen in doppelzüngiger Weise gesprochen? So wahr ich meinem Schöpfer erkenntlich bin für all' die unverdiente Gnade, die er mir erwiesen bis zu dieser Stunde, ich wüßte nicht, in welcher Minute meines Daseins der Schalk solchen Wortes oder Gedankens sich bei mir hätte verstecken können.

Dann will ich's Ihnen sagen, Herr Ammer, erwiderte Mirus gefaßter. Als vor drei oder vier Monaten die Herrschaft Weltenburg unter'n Hammer kam, erklärte man vor der ganzen Versammlung, der heimliche Herrnhuter, Lazarus Wimmer, habe sie gekauft und doch sind Sie der Besitzer, sind es, wie ich freilich zu spät erfahren habe, gewesen von dem Augenblicke an, wo mir das Schloß entrissen ward. Wie nennt man das bei euch Webern, he?

Hab' ich für Anderer Handlungen einzustehen?

Andere handelten in Ihrem Auftrage. Advocat Block, der alte Ränkeschmied

Ist nur mein Rechtsanwalt, nichts weiter.

Herr, ich muß Ihr sagen, platzte der heftige Mirus heraus, gerade weil dieser Block, dieser Satansmensch, statt Ihrer in Weltenburg erschien, kann ich nicht mehr Ihr Freund sein. Wer meinem Todfeind sein ganzes Vertrauen schenkt, stellt sich von selbst und mit Vorbedacht auf die Seite meiner Gegner. Sie brauchen mich ja ohnehin nicht mehr, Sie befrachten ja eigene Schiffe und schicken Ihre Waaren direct nach der neuen Welt! Herr, ich muß Ihr sagen, das Alles sind Praktiken, schlechte Angewohnheiten, Winkelzüge, Ueberschliche

Mit Verlaub, Herr Mirus! rief jetzt Ammer in so gebieterischem Tone, daß der Kaufmann verstummte. Danken Sie es meiner schwer bekümmerten Seele, daß ich mit Ihnen nicht verfahre nach weltlichem Recht. Oja, mein Herr Mirus, Ammer im Rohr ist freilich nur ein armer, dummer Weber, aber ein Stück Reputation hängt an jedem Fädchen Garn, das durch seine oder seiner Leute Finger läuft. Offen und gerade, schlicht und ehrlich war mein Thun von Jugend auf, und wenn in letzter Zeit mein Geschäft mehr in's Große getrieben ward, so geschah es, weil die Welt mich drängte und mein Schöpfer mir ungesucht Mittel zuwies, die ich als rechtlicher Familienvater nutzbar anzulegen verpflichtet war. D'rum bemüht hab' ich mich nicht, und's Briefschreiben ist nicht meine Sache. Auf die Thürklinke muß der Mann schlagen, der mit mir in Verbindung treten will. Thut's Einer, so nehme ich mein Käppchen vor ihm ab und nöthige ihn auf christliche Manier herein, aber hinauswerfen laß ich weder einen solchen Gast von irgend einem Andern, noch steht es mir an, mir im eigenen Hause von Fremden Vorschriften machen zu lassen. Derohalben, mein Herr Mirus, wollte ich den Kaufmann gebeten haben, es möge sich derselbe mit losen, unschicklichen und beleidigenden Redensarten gegen den Weber nicht gar zu sehr vergehen. Könnte sonst geschehen, daß ich mich doch wider Willen des Block bedienen müßte!

Mirus fühlte, daß er zu weit gegangen war, er suchte deßhalb einzulenken.

Man muß sich gegenseitig menagiren, Herr Ammer, versetzte er, lassen Sie uns also in Ruhe ein Abkommen treffen. Beliebt's Platz zu nehmen?

Ammer folgte dieser Einladung mit finsterm Gesicht. Er schob einen der mit gemustertem Sammet überzogenen, an dem Holzrande mit gepreßtem Leder eingefaßten Stühle mitten in's Zimmer, setzte sich und stützte seine Bibermütze auf den Rohrstock, den er mit beiden Händen umfaßte.

Nun, so reden Sie, sprach er. Ich bin bereit, auf jegliche Frage Antwort zu geben.

Sie haben zu viel zu thun, mein lieber Ammer, sagte jetzt der Kaufmann, und da möcht' ich nicht gern stören, vorzüglich, weil ich auch nicht zurückgesetzt oder vernachläßigt sein will.

Kommt bei mir niemalen vor, erwiderte Ammer sehr bestimmt. Sag' ich Jemand zu, daß ich ihm dienen will, so geschieht es. Der arbeitenden Hände gibt es genug, und weil Gott mir einigen Mammon verliehen hat, den ich wieder Andern zufließen lasse, damit er mir Segen trüge, so fehlt es mir nie an ausreichenden Kräften. Seit den letzten Monaten erst sind wieder einige zwanzig tüchtige, gewandte und fleißige Leute von mir in Brod und Lohn genommen worden.

Aber es quält Sie diese große Vermehrung der Menschen, es wächst Ihnen das Geschäft über den Kopf und macht Ihnen Kummer.

So Einer ein Amt hat, so warte er seines Amtes! versetzte Ammer trocken. In meinen Augen ist derjenige ein schlechter Mann, der ein gegebenes Wort nicht hält, eine eingegangene Verbindlichkeit nicht erfüllt. Lieber zu Grunde gehen, als unehrenwerth dastehen!

Mirus machte sich auffallend viel mit seiner Dose zu schaffen. Nun, mein lieber Herr Ammer, sagte er nach kurzem Schweigen, ich denke wohl, es gibt für rechtschaffene Menschen noch einen Mittelweg, den sie einschlagen können, ohne Schaden an ihrer Ehre oder ihrem eigenen Gewissen zu leiden. Man trifft ein Abkommen Herr, ich muß Ihr sagen das nennt man kaufmännisch verfahren.

Kann wohl sein, sagte Ammer, sein breites Kinn auf den mit der Mütze bedeckten Stockknopf stützend.

Nun also, fuhr Mirus fort. Wie ich höre und Sie gewissermaßen ja auch selbst zugestehen, wollen Sie vom Weber zum Kaufmann aufsteigen, lassen Sie uns demnach kaufmännisch handeln.

Wenn ich nun aber nichts davon hören will?

Das würde unrecht von Ihnen sein. Genug, Herr Ammer, ich wünsche meine Bestellung zurück zu nehmen.

Die Weben sind halb fertig.

Machen Sie sie ganz fertig und offeriren Sie dieselben Ihrem werthen Freunde, Herrn Wimmer, sagte Mirus lächelnd.

Wimmer kann sie nicht brauchen.

Ich auch nicht.

Das mußten Sie wissen, ehe Sie die Waare bei mir bestellten. In vierzehn Tagen werde ich sie abliefern.

Auf Ihre Gefahr hin, Ammer! Ich schicke sie zurück, so wahr ich der Kaufmann Mirus bin!

Und ich werde Sie in solchem Falle verklagen, so wahr mein Rechtsanwalt Block heißt!

Dann sind wir ewig Feinde!

Ewig? – Das wissen wir nicht; hier auf Erden vielleicht, allein ich habe Gott zum Zeugen, daß die Schuld nicht auf mich fällt!

Ammer, sagte Mirus aufstehend und sich dem unbeugsamen Weber nähernd, nehmen Sie Vernunft an! Es läuft schnurstracks gegen mein kaufmännisches Gewissen, mit Ihnen in fernerer Verbindung zu bleiben. Alle meine Pläne haben Sie oder Ihre Helfershelfer gekreuzt, alle meine Hoffnungen sind dadurch zerstört worden! Sie betreiben ein heimliches Compagniegeschäft mit Wimmer, von dem ich weiß, daß er ein schlechter, gewissenloser und rachsüchtiger Mann ist ich warne Sie, Ammer! Sie stecken mit Block zusammen und spielen mit ihm unter einer Decke, der mich zu vernichten geschworen hat, weil ich einmal gegen ihn einen Proceß gewann; Sie kaufen mich aus unter fremdem Namen und ruiniren damit meine ganze irdische Wirksamkeit! Wie, Ammer, können Sie wirklich glauben, daß nach solchen Vorkommnissen, die alle begründet sind, ich noch in Geschäftsverbindung mit Ihnen bleiben soll? Man kann Kleinigkeiten vergessen, aber Alles, seine ganze kaufmännische Ehre Herr, ich muß Ihr sagen die könnte unter solchen Verhältnissen nur ein Hottentotte nicht für gefährdet halten.

Ammer hatte dieser Entgegnung seines langjährigen Geschäftsfreundes in der angedeuteten Stellung zugehört, ohne eine Miene zu verziehen.

Dennoch werden Sie die Bestellung bezahlen müssen, sagte er jetzt fest. Was Sie fernerhin zu thun haben, werden Sie am besten selbst ermessen können. Ein ganzer Mann ist in schwierigen Lagen immer sein sicherster Rathgeber.

Sie haben nichts zu erwidern auf meine Bemerkungen? fragte der äußerst geärgerte Kaufmann.

Was soll ich darauf erwidern? entgegnete Ammer. Herr Wimmer ist stets ein Freund von mir gewesen und hat sich als solcher bewiesen. Was er sonst noch für Nebenabsichten haben mag; ob er Andere bevortheilte, ob er rachsüchtig und schlecht ist, habe ich nicht zu untersuchen. Ich bin nicht sein Gewissensrath, und die Geheimnisse seines Herzens hat, glaub' ich, der kluge Herrnhuter auf dieser Welt schwerlich irgend Jemand mitgetheilt. Vorsicht ist nöthig, wenn man mit ihm zu thun hat, und vorsichtig bin ich. Selbst wenn er mir übel wollte, unter die Füße kriegte er mich doch nicht, denn ich bin meinem Schöpfer sei es gedankt noch allezeit wacker bei Kräften. Das wäre denn Eins. Zum Zweiten bin ich Besitzer von Weltenburg geworden, ohne mir diesen Besitz zu wünschen oder zu erschleichen. Mein Anwalt glaubte meinen Söhnen Gutes zu thun, wenn er die Herrschaft für mich erstände. Ich sagte nicht direct nein, und so ward sie mein Eigenthum. Nun, und daß er Wimmer's Namen vorschob, fällt Ihnen das so ungewöhnlich auf? Mich will bedünken, es war ein ehrenwerther Zug von Block, daß er, mit Ihnen schon gespannt, einen Ihrer Freunde nicht als Gegner nennen wollte. Wo Sie also Hinterlist und Schlechtigkeit entdecken, finde ich nur rücksichtsvolle Artigkeit.

Mirus trat dicht an den Weber heran.

Ammer, sagte er, seine Hand auf die Schulter des alten Mannes legend, vieljähriger, lieber Freund, halten Sie die Augen offen und lassen Sie sich nicht blenden von dem überhellen Glanze, der gerade jetzt Ihren Lebensweg beleuchtet!

Er macht mir keine Freude, versetzte Ammer düster, mit weit offenen Augen in's Leere blickend. Da er aber doch einmal hereingedrungen ist und fortwährend lockend um meine Füße zittert, kann ich nicht zu ihm sagen: geh! du bist mir lästig. Ich will lieber bei weniger Licht ruhig leben und ohne zu erblinden dereinst die Welt verlassen.

Sie sagen selbst, daß Sie in Ihren neuen Verhältnissen sich nicht glücklich fühlen, bemerkte der Kaufmann. Ich glaube es, denn ich schmeichle mir, ein wenig in Ihrer Seele lesen zu können. Dennoch fürchte ich nicht sowohl diese Umgestaltung Ihres äußern Lebens, als Ihre Freunde. Ich weiß, Ammer, daß sie Ihnen nicht wohl wollen, daß hinter jedem freundlich klingenden Worte ein Abgrund von Tücke gähnt!

Geben Sie mir Beweise!

Das kann ich nicht.

Weßhalb nicht?

Weil ich sie nicht besitze.

Dann wäre mir's nicht zu verargen, wenn ich Sie für einen Verleumder hielt.

Aber Ammer! rief Mirus in heftiger Aufregung; wie ist es möglich, daß Sie so grenzenlos verblendet sein können!

Wenn ich es wirklich sein sollte, was ich noch nicht glauben kann, erwiderte der Weber, so muß es im Rathschlusse Gottes so vorher bestimmt sein. Dem Herrnhuter hab' ich Unrecht gethan in frühern Jahren ich legte Eis auf ein glühend heißes Herz und erkältete es damit. Der Mann erholte sich langsam, aber warm und freudig schlug sein Puls nie wieder. Daran war ich Schuld, Herr Mirus, und wäre ich ein Mensch gewesen von schwachen Gaben und leicht reizbaren Nerven, es hätte wohl sein können, diese meine eigene Rechte hätte für mich die Gestalt einer Teufelskralle angenommen und mir die Luftröhre zugedrückt, wenn ich bei schaurigem Mondlicht, wo Schatten und Nebel mit einander spielen und sich oft recht häßliche Gesichter schneiden, einsam durch's pfeifende Rohr ging. Ich hab's nicht gethan, Herr Mirus, und dafür preis' ich meinen Schöpfer. Der Herrnhuter aber ward still, fromm Andere sagen ein Frömmler er reichte mir die Hand, der ich den Glücksring abstreifte, noch eh' er es ahnte; er sprach zu mir: Bruder, die Lehre Christi schreibt vor: Liebe deine Feinde! Er legte meine kalte, zitternde Rechte auf sein matt klopfendes Herz, indem er mit wehmüthigem Lächeln sagte: Fühlst du, Freund, es schlägt schon wieder und wird bald ganz munter plaudern und springen, wie die Herzen aller andern Menschen. Liebe mich, wie ich dich liebe, und sei mein Freund! Da konnte ich nicht nein sagen, Herr Mirus, denn ich hätt' es für eine große Sünde gehalten. Und seitdem hab' ich dem Herrnhuter mit Vorsicht vertraut, mit ihm geworben um weltliches Glück, und Wimmer ich muß es bekennen zu seinem Ruhme, selbst wenn dies Bekenntniß mir und den Meinen zum Nachtheile gereichen sollte Wimmer hat seit jenem Tage nicht aufgehört, feurige Kohlen auf mein Haupt zu sammeln, dergestalt, daß von der immer erneuerten Gluth derselben meine Haare erbleichten und ich nun vor der Zeit einhergehe als Greis! Lachen Sie jetzt über den einfältigen Weber, Herr Mirus, wenn Sie können, aber wagen Sie nicht mehr, den Herrnhuter einen schlechten Menschen zu nennen!

Mirus seufzte. Er schien gerührt von den Worten des Webers, die, je länger er sprach, von ihrer anfänglichen Herbheit viel verloren. Nach einer Weile gab er ihm die Hand.

Gut denn, sagte er. Meine Schuldigkeit habe ich gethan. Daß sie nichts fruchtet, sehe ich leider ein und bedauere es zugleich, aber ich will weder ungerecht sein gegen Sie, noch gegen Andere. Um Eins aber bitte ich, alter Freund! Seien Sie wachsam und haben Sie besonders ein Auge auf Ihren Sohn Fürchtegott! Der junge Mensch ist schon jetzt im Begriff, unheilvolle Nebenwege zu wandeln. Und zum Schluß die Versicherung, daß ich mich nach keinem anderen Lieferanten umsehen will. Wir verstehen uns, denk' ich, und Herr, ich muß Ihr sagen was Sie mir da erzählt haben, ist mir tief in die Seele gedrungen.

Mirus nahm eine starke Prise und bot dem Weber die Dose, der dem Beispiele des Kaufmanns mechanisch folgte.

Es ist mir lieb, daß wir als Freunde scheiden können, versetzte Ammer. Ihre Kundschaft gehört zu meiner Reputation. Just darum, nicht des Gewinnes wegen, ist sie mir von so großem Werth. Das Andere, setzte er mit gedämpfter Stimme und die Augen niederschlagend hinzu, müssen wir wohl dem Herrn anheim stellen. Mein Gebet wendet sich in dieser Angelegenheit früh und Abends an den himmlischen Vater, allein mein Kummer wächst noch immer und wenn nicht ein Wunder geschieht oder was ich für gleich erachte ein rechtzeitiges Unglück das üppig aufsprossende Unkraut vernichtet, so wird es mit mächtigem Arm mich umschlingen und tief beugen! Dennoch will ich nicht verzagen, noch kleingläubig mich erweisen. Es sind ja die Kinder, an deren Thun uns Gott seinen Willen kund gibt und uns bisweilen andeutet, wie unsere Rechnung steht!

Beide Männer schüttelten sich schweigend die Hand. Sie waren gründlich versöhnt und verstanden sich, dem Blicke nach zu urtheilen, in dem sie sich begegneten, wohl mehr, als sie in Worten aussprachen. Mirus begleitete den Weber bis vor die Hausthür und Ammer verließ den Kaufmann mit der Ueberzeugung, daß er sich in demselben einen zuverlässigen Freund erworben habe, auf dessen kräftige Unterstützung er zählen dürfe, wenn vielleicht Andere ihm früher oder später untreu werden sollten.


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