Ludwig Tieck
Gedichte
Ludwig Tieck

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31. Villa Borghese.

    Niemals veraltet dein Reiz,
So oft ich hier wandle.
Dank dem edlen GeisteKardinal Scipio Borghese, Neffe des Papstes Paul V.
Der das süße LabyrinthDie Parkanlagen, die einen Flächenraum von 50 qkm bedecken. erschuf
Und uns vergönnte,
Hier, wo aus grünen Bäumen
Bilder uns grüßen,
Wo Blumenpracht den Frühling ausgießt
Und, Duft und Farben spendend,
Alle Sinne mit Zauber umstrickt,
Glücklich zu sein.
Dort das sprudelnde Wasser,
Und in dem einsamen Raum,
Unter Eppich und Ulmen versteckt,
Die niederperlenden Tropfen Kristalls,
Die in Marmorbecken
Melodisch fallen und klingen:
Dazu der Turteltaube Liebesklage
Aus dichterem Gebüsch,
Den wilden Waldruf
Fremden Geflügels.
Wie oft schon trank ich hier das süßeste,
Innigste Leben entzückt. –

    Hier auch bist du gewandelt,
Edelster Genius,
Unsers Vaterlands Zier und Lust,
Goethe,Zuerst im August 1787, während seines zweiten Aufenthalts in Rom. deutscher herrlicher Sänger.
Hier, so verkündet die Sage,
Ward dein Lied vom Tasso gedichtet;Aber vollendet erst im Juli 1789. Von Goethes größeren Dichtungen liebte Tieck keine mehr als den »Götz von Berlichingen« und »Tasso«
Und jedes lispelnde Blatt
Des Lorbeers rauscht deinen Namen,
Die Springquellen reden von dir,
Und ein Geisterschauer
Fliegt über mir hinweg
Und säuselt noch heilig in den fernen Pinien.

    So les' ich täglich die alte Welt:
Stein und Boden und Fluß,
Himmelsbläue und Baum
Reden von ihr.
Des Mittelalters Wunder,
Die Kraft der Religion,
Die Helden der Vorzeit
Treten sichtlich vor mich hin,
Mit Glanz umflossen.
Schwebt mir Raffaels Schatten
Grüßend vorüber,
Er inmitten der Schar
Der begeisterten Dichter und Bildner,
Erwidr' ich mit Thränen den Gruß.
Und nun noch muß mir die süßeste, lieblichste,
Schönste Erinnrung begegnen,
Deine hohe Gestalt,
Du mir von Kindheit befreundet,
Vorbild und Muster, o Goethe,
In dessen Lied mir der trunknen
Begeistrung Quelle rauscht,
Du, der den Mut der Brust mir weckst
Und, Unerreichbarer, im Kampf der Liebe
Das frohe Gefühl mir wieder
In Beschämung wandelst.


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