Ludwig Tieck
Gedichte
Ludwig Tieck

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21. Desgleichen.

Ein nett honett Sonett so nett zu drechseln
    Ist nicht so leicht, ihr Kinderchen, das wett' ich,
    Ihr nennt's Sonett, doch klingt es nicht sonettig,
    Statt Haber füttert ihr den Gaul mit Häckseln.

Dergleichen Dinge muß man nicht verwechseln;
    Ein Unterschied ist zwischen einem Rettich
    Und ritt' ich, rutsch' ich, rumpl' ich oder rett' ich,
    Auch Dichten, Dünnen,Wackenroder schreibt in den »Phantasien über die Kunst«: »Das Verdichten der im wirklichen Leben verloren herumirrenden Gefühle in mannigfaltige feste Massen ist das Wesen aller Dichtung.« Tieck verlangt in der Novelle »Der Mondsüchtige« (1831) vom Dichter, er solle »alles, was den gewöhnlichen Menschen als Ahndung, Einfalt oder gestaltenlose Laune vor der Seele flattert, dichten, verdichten«, und stellt dem echten Dichter die »Dünner, Verdünner« (die Afterpoeten) gegenüber; in einem Gedicht (»Gedichte«, 1841, S. 431) nennt er als »Tugendpflichten« des Poeten: »Dunkles auszulichten, des Lebens Schein verdichten, aus Thorheit Scherz zu sichten.« Die sinnige Erklärung hält allerdings nicht Stich, da dichten vom lat. dictare (diktieren, auch verfassen) abgeleitet ist. Singen, Krähen, Krächzeln.

Drum liegt im Hafen stille doch ein Weilchen,
    Und lasset hier das kranke Schiff ausbessern,
    Es zeigt mehr Leck als Schiff in seiner Fläche:

Noch lecker wird es, ihr bezahlt die Zeche,
    Doch dünkt uns lecker nicht ein einzig Zeilchen;
    Nach lauem Wasser kann kein Mund je wässern.


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