William M. Thackeray
Die Geschichte von Pendennis / Band 2
William M. Thackeray

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Vierundzwanzigstes Kapitel

In Shepherds Inn

Unser Freund Pen sagte mit lauter fröhlicher Stimme: »Wie geht es Ihnen, Herr Bows?« als er dieses Herrn ansichtig wurde, und grüßte ihn in herzlicher ungeheuchelter Weise; indes hätte man doch ein Erröten in Arthurs Gesicht sehen 471 können (das von Fanny beantwortet wurde, deren Wange stracks ein ähnliches rotes Signal aufsteckte); und nachdem Bows und Arthur sich die Hände geschüttelt hatten, und der erstere die Behauptung des anderen, er wäre im Begriffe, der Stube des Herrn Costigan einen Besuch abzustatten, mit ironischer Miene aufgenommen hatte, gab es ein verdrießliches und ziemlich auf Schuldbewußtsein deutendes Schweigen in der Gesellschaft, das Pen sogleich durch großes Reden und Geplapper zu zerstreuen trachtete. Das Stillschweigen verschwand natürlich vor Herrn Arthurs Reden, aber die Verdrießlichkeit blieb und wuchs sogar, gerade wie die Dunkelheit in einem Grabgewölbe, wenn man darin bloß eine einzige Kerze anzündet. Pendennis versuchte in scherzhafter Weise eine Beschreibung der Abenteuer der vergangenen Nacht zu geben und wollte Costigan nachahmen, wie er vergeblich mit dem Billeteinnehmer von Vauxhall unterhandelt hatte. Es war keine gute Nachahmung. Welcher Fremde kann eine solche Vollkommenheit nachahmen? Niemand lachte. Frau Bolton verstand nicht im geringsten, welche Rolle Herr Pendennis spielte, und ob es der Billeteinnehmer oder der Kapitän war, den er verspottete. Fanny zeigte ein ängstliches Gesicht und versuchte schüchtern zu kichern; der alte Herr Bows sah so mürrisch aus, als ob er im Orchester fiedelte oder ein schwieriges Musikstück auf dem alten Pianoforte des Küchenstübchens spielte. Pen fühlte, daß er sich mit seiner Geschichte verrechnet hatte; seine Stimme sank und schwand elendiglich am Ende derselben dahin, flackerte noch einmal auf und erlosch, und alles war 472 wieder düster. Man konnte den Zettelträger hören, der sich in Shepherds Inn herumtreibt, wie er auf den Trottoirs des Bogenganges vorüberschritt, das Geräusch seiner Stiefelabsätze wurde von jedermann gehört.

»Sie kamen, um mir einen Besuch zu machen, Herr Pendennis,« sagte Herr Bows. »Wollen Sie nicht die Güte haben, mit mir in meine Wohnung hinaufzugehen? Sie tun ihr wahrhaftig viel Ehre an. Sie befindet sich freilich etwas hoch oben, aber –«

»O, ich lebe ja selber in einer Dachstube, und Shepherds Inn ist zweimal so freundlich als Lamb Court,« unterbrach ihn Herr Pendennis.

»Ich wußte, daß Ihre Wohnung im dritten Stock ist,« sagte Herr Bows; »und wollte eben sagen – Sie wollen gefälligst meine Bemerkung nicht ungünstig aufnehmen – daß die Luft drei Treppen hoch doch für vornehme Herren gesünder ist, als die Luft einer Portierswohnung.«

»Mein Herr!« entgegnete Pen, dessen Licht sich an seinem Zorn wieder entflammte, und der so streitsüchtig zu sein geneigt war, wie Leute es sind, die Unrecht haben. »Wollen Sie mir wohl erlauben, mir meine Gesellschaft zu wählen, ohne –«

»Sie waren so artig, mir zu sagen, daß Sie im Begriff ständen, mein bescheidenes Domizil mit einem Besuch zu beehren,« sagte Herr Bows mit seiner traurigen Stimme. »Soll ich Ihnen den Weg zeigen? Herr Pendennis und ich sind nämlich alte Freunde – sehr alte Bekannte, und in der frühesten Morgendämmerung seines Lebens trafen wir uns schon.« 473

Der alte Mann wies mit zitterndem Finger nach der Tür, er hatte den Hut in der anderen Hand und nahm eine leicht theatralische Stellung ein; ebenso waren seine Worte, die er sprach, etwas künstlich und aus dem Wörterbuche gewählt, das er sein Leben lang von den gemalten Lippen der Redner vor den Bühnenlampen gehört hatte. Aber er spielte weder Komödie noch verstellte er sich, wie Pen recht gut wußte, obwohl er die melodramatische Manier des alten Burschen zu verspotten beabsichtigte. »Kommen Sie denn, Herr Bows,« sagte er, »da Sie es so eilig haben. Frau Bolton, ich wünsche Ihnen einen guten Tag. Leben Sie wohl, Fräulein Fanny; ich werde stets an unsere Nacht in Vauxhall mit Vergnügen denken, und seien Sie versichert, ich werde an die Theaterbillets denken.« Und er nahm ihre Hand, drückte sie, wurde wieder gedrückt und war fort. –

»Was für ein netter junger Mann, wahrhaftig!« sagte Frau Bolton.

»Meinst du, Mama?« sagte Fanny.

»Ich dachte eben nach, wem er ähnelte. Als ich bei Frau Lerle bei Wells war,« fuhr Frau Bolton fort, indem sie durch den Fenstervorhang Pen nachschaute, wie er mit Bows den Hof entlang schritt, »da war ein junger Herr aus der City, der immer im Tilbury und im weißen Hut kam, ihm ähnlich aufs Haar, nur daß sein Backenbart schwarz war, und der des Herrn Pendennis rot ist.«

»Herrje, Mama! er ist doch vom allerschönsten Kastanienbraun,« sagte Fanny.

»Er kam immer wegen der Emly Budd, die die 474 Columbine in ›Harlekins Tanz oder die Schlacht von Navarino‹ tanzte, als Fräulein de la Bosky krank geworden war – 'ne hübsche Tänzerin und eine prächtige Weibsfigur auf dem Theater – und er war ein großer Zuckerbäcker aus der City, mit einem Landhaus in Omerton, und er fuhr sie im Tilbury immer die Gowswell Street Road hinunter, und einmal, da fuhren sie fort und wurden in der St. Bartholomäuskirche in Smithfield getraut, wo sie sich ganz in der Stille zusammengeben ließen, und sie hält sich jetzt ihre Kutsche; ich sah ihren Namen in der Zeitung als Patronin des Balls, der im Manshing-House für das Waschweiberspital gegeben wird. Und sieh mal die Lady Mirabel – Kapitän Costigans Tochter – die war auch beim Theater, wie alle Welt weiß.« Dieses und anderes mehr sprach Frau Bolton, die bald durch den Fenstervorhang guckte, bald die Krüge und Teller reinigte und sie an ihren Ort im Speiseschrank in der Ecke schaffte und ihre Rede vollendete, als sie und Fanny das Tischtuch zwischen sich ausschüttelten, zusammenfalteten und wieder in seinen Schubkasten im Tische legten.

Obgleich Costigan einmal vordem ziemlich genau darüber belehrt worden war, was Pens pekuniäre Mittel und Aussichten waren, so hatte doch Cos vermutlich die in Chatteris vor Jahren erhaltene Belehrung vergessen, oder er war durch seinen natürlichen Hang zum Enthusiasmus verleitet worden, das Einkommen seines Freundes zu übertreiben. Er hatte Frau Bolton am vergangenen Abende, als er mit ihr nach Pens Entschlüpfen mit Fanny herumgewandelt war, Fairoaks 475 Park in den glühendsten Farben geschildert, sich auf den enormen Reichtum von Pens berühmtem Onkel, dem Major, bezogen und eine intime Bekanntschaft mit Arthurs Vermögen in Fonds und Landbesitz gezeigt. Höchstwahrscheinlich hatte Frau Bolton in ihrer Weisheit während der Nacht über diese Dinge nachgegrübelt und Visionen von Fanny gehabt, wie sie in ihrer Kutsche fuhr, gleich der einstigen Kameradin Frau Boltons, der Tänzerin des Sadlerschen Korps.

Bei der letztgenannten Operation des Zusammenfaltens des Tischtuches kamen diese beiden törichten Frauenzimmer sich notwendigerweise ziemlich nahe, und als Fanny das Tischtuch nahm und es in die letzten Falten legte, schob ihre Mutter ihren Finger unter das Kinn des jungen Mädchens und küßte es. Wieder schoß das rote Signal hervor und huschte über Fannys Wange. Was hatte es zu bedeuten? Es war jetzt kein Zeichen der Angst. Es war Entzücken, das die arme kleine Fanny veranlaßte, so zu erröten. Arme kleine Fanny! Ist denn Liebe Sünde, daß sie so süß beim Beginn und so bitter am Ende ist?

Nach der Umarmung hielt es Frau Bolton für passend, zu sagen, daß sie einen Geschäftsgang hätte und daß Fanny das Haus hüten müßte, womit sich Fanny nach sehr schwacher Gegenrede einverstanden erklärte. So nahm denn Frau Bolton ihren Hut und Marktkorb und ging, und im Augenblicke, wo sie gegangen, setzte sich Fanny an das Fenster, das die Aussicht auf Bows' Tür hatte, und hielt ihre Augen lediglich auf jenen Teil von Shepherds Inn gerichtet.

Betsy-Jane und Ameliar-Anne murmelten in 476 einem Winkel des Zimmers und taten, als ob sie in einem Bilderbuche läsen, das eine von ihnen verkehrt hielt. Es war eine ernsthafte und schreckvolle Abhandlung aus Frau Boltons Büchersammlung. Fanny hörte das Geplauder ihrer Schwestern über dem Buche nicht. Sie gab auf nichts acht, außer auf Bows.

Endlich fuhr sie ein wenig zusammen, und ihre Augen leuchteten auf. Er war herausgekommen. Er mußte wieder durch den Torweg gehen. Aber ihr armes Gesichtchen wurde einen Augenblick nachher sehr lang. Pendennis kam allerdings heraus, aber Bows folgte ihm. Sie gingen zusammen unter dem Bogengang durch. Er nahm nur seinen Hut ab und verbeugte sich, als er hereinsah. Er blieb nicht stehen, um zu sprechen.

Nach drei oder vier Minuten – Fanny wußte nicht wie lange, aber sie warf ihm einen wütenden Blick zu, als er in die Portiersstube trat – kehrte Bows allein zurück und kam ins Zimmer hinein.

»Wo ist deine Mama, meine Liebe?« sagte er zu Fanny.

»Ich weiß nicht,« entgegnete Fanny mit ärgerlichem Kopfwerfen. »Ich dächte, ich brauchte Mama nicht auf Schritt und Tritt nachzulaufen, Herr Bows.«

»Bin ich meiner Mutter Hüterin?« sagte Bows mit seiner gewöhnlichen melancholischen Bitterkeit. »Kommt her, Betsy-Jane und Ameliar-Anne; ich habe einen Kuchen für die mitgebracht, die ihre Buchstaben am besten lesen kann, und auch einen Kuchen für die, die nach ihr im Lesen die beste ist.«

Als die beiden jungen Damen das Examen, das Bows mit ihnen anstellte, bestanden hatten, wurden sie 477 mit Pfefferkuchenmedaillen belohnt und gingen fort, sie im Hofe zu verzehren. Inzwischen nahm Fanny irgendeine Arbeit vor und tat, als beschäftigte sie sich damit, wobei indessen ihr Gemüt, als sie mit ihrer Nadel darauf losstach, sehr aufgeregt und verdrießlich war. Bows saß so, daß er den Eingang aus der Portierswohnung nach der Straße überblicken konnte. Aber die Person, die er vielleicht zu sehen erwartete, kam durchaus nicht wieder. Und Frau Bolton kam vom Markte heim und fand Herrn Bows statt der Person, die sie zu sehen erwartet hatte. Der Leser kann vielleicht erraten, welches der Name dieser Person war?

Die Zusammenkunft zwischen Bows und seinem Gaste, als diese beiden nach der von dem ersteren in Gemeinschaft mit dem Sprossen der milesischen Könige innegehabten Wohnung hinaufstiegen, war keiner von den beiden Parteien sehr angenehm. Pen war mürrisch. Wenn Bows überhaupt etwas auf dem Herzen hatte, so spürte er keine Lust, sich seiner Gedanken in Gegenwart des Kapitäns Costigan zu entledigen, der während des ganzen Besuchs von Pen in der Stube verblieb, indem er seine Schlafkammer allerdings verlassen hatte, aber erst ein paar Minuten vor Ankunft dieses Herrn. Wir sind Zeuge des Ausziehens des Majors Pendennis gewesen; wird irgend jemand von uns den Wunsch hegen, Kammerdiener bei unserem anderen Helden, Costigan, zu sein? Es würde dann scheinen, als ob der Kapitän, ehe er aus seinem Schlafzimmer gegangen, sich mit Whiskyduft parfümiert hätte. Ein herrlicher Geruch dieses köstlichen Parfüms wehte einem von ihm entgegen, als er seinem Besucher 478 die Freundeshand entgegenstreckte. Die Hand, die sich ihm so entgegenstreckte, zitterte jämmerlich, es war ein Wunder, wie sie das Rasiermesser halten konnte, mit dem der arme Gentleman täglich an seinem Kinn arbeitete.

Bows Zimmer dagegen war so nett gehalten, wie das seines Kameraden unordentlich war. Seine bescheidene Garderobe hing hinter einem Vorhange. Seine Bücher und Manuskripte waren sauber auf den Bücherbrettern geordnet. Ein lithographiertes Porträt von Fräulein Fotheringay als Frau Haller, mit der krakeligen Unterschrift der Schauspielerin in der Ecke, hing getreulich über dem Bette des alten Herrn. Lady Mirabel schrieb viel besser als Fräulein Fotheringay fähig gewesen. Ihre Ladyschaft hatte seit ihrer Verheiratung eifrig gearbeitet, sich die Kunst der Federfuchserei zu erwerben, und entledigte sich in einem gewöhnlichen Billet zu einer Einladung oder Annahme einer solchen der hier zu stellenden Anforderungen recht gut. Bows liebte die alte Handschrift, die frühere Weise der schönen Künstlerin, aber doch am meisten. Er hatte nur ein Spezimen von dem neuen Stile, ein Billet, in dem ihm auf ein Lied, komponiert und Lady Mirabel gewidmet von ihrem ergebensten Diener Robert Bows, geantwortet wurde, ein Dokument, das wie ein Schatz in seinem Pulte unter seinen übrigen wichtigen Papieren aufbewahrt wurde. Er lehrte jetzt Fanny Bolton singen und schreiben, wie er es in früheren Tagen Emilien gelehrt hatte. Es war die Natur dieses Mannes, sich an irgend etwas anzuschließen. Als Emilie von ihm gerissen wurde, nahm er sich eine 479 Stellvertreterin, gerade wie jemand sich nach einer Krücke umsieht, wenn er ein Bein verliert, oder sich ein Floß zusammenbindet, wenn er Schiffbruch gelitten hat. Latude hatte ohne Zweifel sein Herz an ein Weib verschenkt, ehe er in der Bastille die Maus so liebgewann. Es gibt Leute, die in ihrer Jugend eine heroische Leidenschaft gefühlt und eingeflößt haben und die damit enden, daß sie sich bei den Liebkosungen eines Pudels glücklich fühlen und außer sich sind, wenn er krank wird. Aber es war hart für Bows und schmerzlich für seine Gefühle als Mann und als Mann von Gefühl, daß er Pen wieder auf seiner Fährte und hinter dieser kleinen Fanny her finden mußte.

Inzwischen dachte Costigan nur daran, daß seine Gesellschaft den Herrn Pendennis und Bows ganz willkommen wäre und der Besuch des ersteren ihm gelte. Er sprach sein großes Vergnügen über diesen Beweis von Artigkeit aus und versprach sich in seinem eigenen Gemüte, daß er wenigstens dieser Verpflichtung, – die nicht die einzige Schuld war, die der Kapitän in seinem Leben hatte, – durch mehrere Visiten bei seinem jungen Freunde nachkommen wollte. Er unterhielt denselben sehr leutselig mit den Neuigkeiten des Tages oder vielmehr mit solchen, die vor zehn Tagen neu gewesen waren; denn Pen erinnerte sich, in seiner Eigenschaft als Journalist, mehrere von den Ansichten des Kapitäns in der Jagd- und Theaterzeitung gelesen zu haben, die Costigans Orakel war. Er erzählte, daß Sir Charles und Lady Mirabel nach Baden-Baden gegangen wären und sehr in ihn drängten, er möchte dort mit ihnen zusammentreffen. Pen 480 erwiderte mit großer Ernsthaftigkeit, daß er gehört hätte, Baden-Baden wäre sehr amüsant und der Großherzog äußerst gastfreundschaftlich gegen die Engländer. Costigan antwortete, daß die Gesetze der Gastfreundschaft einem Großherzog wohl anständen, daß er ernstlich daran denken wollte, ihm einen Besuch abzustatten, und dann machte er einige Bemerkungen über die glänzenden Festlichkeiten in Dublin Castle, als Seine Exzellenz, der Earl von Portansherry, als Vizekönig dort Hof gehalten hätte, Festlichkeiten, bei denen er, Costigan, ein bescheidener aber entzückter Zuschauer gewesen wäre. Und Pen erinnerte sich – als er diese ofterwähnten und ihm sehr wohl gegenwärtigen Legenden hörte – an die Zeit, wo er ihnen einen gewissen Glauben geschenkt und vor dem Kapitän einen gewissen Respekt gehegt hatte. Emilie und seine erste Liebe, das Zimmerchen in Chatteris und das freundliche Gespräch mit Bows auf der Brücke kehrten in seine Gedanken zurück. Er fühlte eine ganz herzliche Neigung zu seinen beiden alten Freunden und schüttelte beiden herzlichst die Hand, als er sich erhob, um hinwegzugehen.

Er hatte die kleine Fanny Bolton ganz vergessen, als der Kapitän schwatzte und Pen selbst von anderen selbstsüchtigen Gedanken in Anspruch genommen worden war. Er besann sich erst wieder auf sie, als Bows hinter ihm die Treppe hinabgehumpelt kam, augenscheinlich in der Absicht, ihm aus Shepherds Inn zu folgen. Herrn Bows Vorsichtsmaßregel war keine glückliche. Der Verdruß des Herrn Arthur Pendennis regte sich bei des armen alten Burschen 481 schüchterner Verfolgung von neuem. Hol ihn der Teufel, was soll das heißen, daß er mir nachspioniert? dachte Pen. Und er brach, als er am Strande und allein war und an die Kriegslist des älteren dachte, in ein Gelächter aus. Es war kein edles Gelächter, Arthur Pendennis! Vielleicht fiel Arthur der Gedanke selbst aufs Herz, und er errötete über seinen eigenen Gedanken, hier etwas Scherzhaftes zu finden.

Er ging fort und bemühte sich, die Gedanken zu verbannen, die ihn beschäftigten, welcher Art diese Gedanken auch sein mochten, und versuchte es mit mehreren Vergnügungsorten, aber mit nur geringem Erfolge. Er quälte sich die höchsten Stufen des Panoramas hinauf, aber als er keuchend auf dem Gipfel der Höhe angelangt war, war Mutter Sorge mit ihm hinaufgeklommen und leistete ihm Gesellschaft. Er ging in den Klub und schrieb einen langen Brief nach Hause, ungemein witzig und spöttisch, und wenn er in demselben kein Sterbenswörtchen von Vauxhall und Fanny Bolton sagte, so geschah es, weil er dachte, dieser Gegenstand, obwohl sehr interessant für ihn, würde doch eben nicht interessant für seine Mutter und Laura sein. Ebensowenig konnten die Novellen auf dem Lesetische seine Aufmerksamkeit fesseln, und auch der ernste und würdige Jawkins (der einzige Mann von Stande in der Stadt), der ihn in ein Gespräch zu verwickeln wünschte, vermochte es nicht mehr und ebensowenig eine der Vergnügungen, die er versuchte, als er von Jawkins geflohen. Er ging auf seinem Heimwege an einem Lustspieltheater vorbei und sah, ›staunenswürdige Farce‹, ›unbändiges Gelächter‹, ›guter 482 altenglischer Spaß und Witz‹ in purpurroten Buchstaben über der Tür angezeigt. Er ging ins Parterre und sah die liebliche Frau Leary wie gewöhnlich in Männerkleidern und jenen berühmten Buffo Tom Horseman als Frau angezogen. Horsemans Travestin erschien ihm als eine abscheuliche und entsetzliche Herabwürdigung; die Blicke und Knöchel der Frau Leary übten nicht die geringste Wirkung auf ihn aus. Wieder lachte er bitter vor sich hin, als er an die Wirkung dachte, die sie die erste Nacht seiner Ankunft in London auf ihn hervorgebracht hatte, eine kurze Zeit – und doch was für eine langvergangene Zeit!



 << zurück weiter >>