William M. Thackeray
Die Geschichte von Pendennis / Band 2
William M. Thackeray

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Neunzehntes Kapitel

Der Oberst erzählt einige von seinen Abenteuern

Früh am Vormittage des Tages nach dem Diner in Grosvenor Place, bei dem Oberst Altamont zu erscheinen beliebt hatte, verließ der Oberst seine Gemächer im oberen Stock in Shepherds Inn und trat in Strongs Wohnung, wo der Chevalier mit seiner Zeitung und seiner Zigarre im Lehnstuhl saß. Er war ein Mann, der sich sein Zelt bequem machte, wo er's auch immer aufschlug, und lange vor Altamonts Ankunft hatte er einem reichlichen Frühstück von gesottenen Eiern und gekochten Schinkenschnitten, das Herr Grady ihm secundum artem bereitet, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Gutgelaunt und gesprächig zog er's vor, jede mögliche Gesellschaft als gar keine zu haben; und obschon er nicht die mindeste Neigung zu seinem Hausgenossen hatte und keinerlei Kummer gefühlt haben würde, wenn ihn das Unglück befallen hätte, das Sir Francis Clavering ihm so glühend an den Hals wünschte, so vertrug er sich doch mit ihm. Er hatte Altamont die vorhergehende Nacht sehr freundlich zu Bette gebracht und sein Licht, aus Furcht, es möchte ein Unglück passieren, weggenommen; und als er eine Flasche mit Spirituosen leer gefunden, auf welche er zu nächtlicher Erquickung gerechnet hatte, hatte er in voller Zufriedenheit ein Glas Wasser zu seiner Pfeife getrunken, ehe er sich in seine eigenen vier 360 Pfähle und zu Bett begeben hatte. Die Freuden des Schlafes fehlten ihm nie; er hatte stets ein heiteres Temperament, eine fehlerlose Verdauung und eine rosige Wange, und gleichviel, ob er den nächsten Morgen in die Schlacht oder ins Gefängnis (und beides war sein Loos gewesen), ins Feldlager oder Fleet Prison zu gehen hatte, der würdige Kapitän schnarchte voller Gesundheit die ganze Nacht hindurch und erwachte guten Mutes und Appetites zu den Kämpfen, den Geldverlegenheiten oder Vergnügungen des Tages.

Das erste, was Oberst Altamont tat, war, daß er Grady um eine Pinte weißes Ale anschrie, welches er zuerst in ein zinnernes Gefäß goß, das er an die Lippen setzte. Er setzte die Kanne leer nieder, tat einen tiefen Atemzug, wischte sich den Mund mit seinem Schlafrocke (die Verschiedenheit der Farbe seines Bartes von seinem gefärbten Backenbarte hatte Kapitän Strong längst schon in Erstaunen gesetzt, welcher auch gesehen, daß sein Haar unter seiner schwarzen Perücke blond war, aber keine Bemerkungen über diese Umstände machte) – der Oberst also tat einen tiefen Atemzug und sagte, daß er durch den Trunk ungeheuer erfrischt sei. »Nichts geht doch über dies Bier,« bemerkte er, »wenn einem das Gehirn heiß ist. Manch liebes Mal hab' ich ein Dutzend Bastflaschen abgestochen in Kalkutta, und – und – –«

»Und zu Lucknow wahrscheinlich,« sagte Strong lachend. »Ich ließ das Bier für Sie mit Vorbedacht holen, wußte wohl, daß Sie's nach gestern abend brauchen würden.« Und der Oberst fing von seinen Abenteuern am vorhergehenden Abend an zu reden. 361

»Ich kann mir, weiß Gott, nicht helfen,« sagte der Oberst, indem er sich mit seiner Riesenhand an den Kopf schlug. »Ich bin wie 'n Toller, wenn ich was von Schnaps an Bord habe, und nicht dazu gemacht, daß man 'ne Schnapsflasche offen vor mir stehen lassen darf. Wenn ich einmal anfange, so kann ich nicht eher aufhören, bis ich sie leer habe, und wenn ich sie hinter habe, mag der liebe Herrgott wissen, was ich sage oder nicht sage. Ich aß hier zu Hause ganz ruhig. Grady gab mir gerade meine zwei Glas, und ich beabsichtigte, den Abend beim Rouge et Noir so nüchtern wie ein Pfarrherr zu verbringen. Warum ließen Sie nur die verfluchte Flasche voll holländischen Branntweins draußen auf dem Speiseschranke stehen, Strong? Nun mußte auch noch der Grady ausgehen und mich vor dem siedenden Teekessel allein lassen. Es half nichts, ich konnte mich nicht davon zurückhalten. Spülte es alles hinunter, bei Jingo. Und ich glaube, ich hatte auch noch mehr, hinterher, in der verteufelten kleinen Spitzbubenkneipe.«

»Was, Sie waren auch dort?« fragte Strong, »und ehe Sie nach Grosvenor Place kamen? Das hieß beizeiten anfangen.«

»Zeitig bes– und vor neun Uhr heimgeschoben, he? Aber es war so. Ja, wie ein großer dicker Narr mußte ich dort hingehen und fand die Burschen überm Essen, Blackland und den jungen Moss und noch zwei oder drei mehr von den Dieben. Wären wir zum Rouge et Noir gegangen, so müßte ich gewonnen haben. Aber wir versuchten das Schwarz und Rot nicht. Nein, hol sie der Henker, sie wußten, daß ich sie dabei 362 geschlagen haben würde – ich müßte sie geschlagen haben – ich schlage sie eben allemal, sag' ich Ihnen. Aber sie waren zu schlau für mich. Dieser Schurke von Blackland holte die Würfel heraus, und wir spielten am Eßtische Hazard. Und ich verpulverte das ganze Geld, das ich am Morgen von Ihnen gekriegt hatte, hol der Henker mein Pech! Das war's, was mich wild machte, und es muß mir den Kopf sehr heiß gemacht haben, denn ich ging mit dem Gedanken fort, noch etwas Geld von Clavering zu kriegen, wie ich mich entsinne; und dann – und dann besinne ich mich nicht mehr viel, was passierte, bis ich heut morgen aufwachte und den alten Bows in Nr. 4 auf seinem Piano spielen hörte.«

Strong sann ein Weilchen nach, während er seine Zigarre mit einer Kohle anzündete. Dann sagte er: »Ich möchte wohl wissen, wie Sie immer Geld von Clavering ziehen, Oberst.«

Der Oberst brach in ein Gelächter aus. »Ha, ha! Er schuldet es mir,« antwortete er.

»Ich wüßte nicht, daß es für Frank ein Grund ist zum Bezahlen,« meinte Strong, »er ist außer Ihnen noch vielen Leuten Geld schuldig.«

»Nun denn, so gibt er mir welches, weil er mich so zärtlich liebt,« sagte jener mit demselben spöttischen Grinsen. »Er liebt mich wie einen Bruder, Sie wissen das, Kapitän. – Nein? – Das tut er nicht? – Nun, vielleicht tut er's auch nicht; und wenn Sie mich nicht mehr fragen, so werd' ich Ihnen vielleicht nichts mehr vorlügen, Kapitän Strong – stopfen Sie sich das in Ihre Pfeife und rauchen Sie's, mein Junge.«

»Aber ich werde diese vermaledeite Schnapsflasche 363 aufgeben,« fuhr der Oberst nach einer Pause fort. »Ich muß sie aufgeben, oder sie wird mich ruinieren.«

»Sie läßt Sie sonderbare Dinge schwatzen,« sagte der Kapitän, indem er Altamont scharf ins Gesicht blickte. »Bedenken Sie, was Sie gestern abend an Claverings Tische schwatzten.«

»Schwatzten? Was hab' ich geschwatzt?« fragte der andere hastig. »Plapperte ich was aus? Verdammt, Strong, hab' ich was ausgeplappert?«

»Legen Sie mir keine Fragen vor, und ich werde Ihnen nichts vorlügen,« antwortete jetzt der Chevalier seinerseits. Strong dachte an die Worte, die Herr Altamont gebraucht, und an seinen plötzlichen Abzug vom Speisetische und Hause des Baronets, sobald er Major Pendennis oder Kapitän Beak, wie er den Major nannte, erkannt hatte. Aber Strong beschloß, eine Erklärung dieser Worte anderswoher als vom Oberst Altamont zu suchen, und hatte keine Lust, sie jenem ins Gedächtnis zurückzurufen. »Nein,« sagte er deshalb, »Sie plapperten nichts aus, wie Sie es nennen, Oberst; es war nur eine Falle von mir, um zu sehen, ob ich Sie zum Reden bringen könnte; aber Sie haben kein Wort gesagt, was jemand hätte verstehen können – Sie waren dazu zu sehr hin.«

Umso besser, dachte Altamont; und er seufzte tief auf, als ob ihm ein großer Stein vom Herzen gefallen wäre. Strong bemerkte seine Bewegung, aber er nahm keine Notiz davon, und da jener in mitteilsamer Laune war, so fuhr er fort zu sprechen.

»Ja, ich gestehe meine Fehler ein,« sagte der 364 Oberst. »Es gibt ein paar Dinge, denen ich, ich mag tun, was ich will, nicht widerstehen kann: einer Flasche Schnaps, einem Würfelspiel und einem hübschen Frauenzimmer. Niemand, der Witz und Grütze im Kopfe hatte, niemand, der irgend etwas wert war, konnte dies jemals, soviel ich weiß. Es gibt vielleicht kaum ein Land in der Welt, wo diese drei mir nicht Pech auf den Hals gebracht haben.«

»Ei, wirklich?« versetzte Strong.

»Ja, von meinem fünfzehnten Jahre an, wo ich von Hause weglief und Schiffsjunge an Bord eines Indienfahrers wurde, bis jetzt, wo ich ziemlich fünfzig Jahre auf dem Rücken habe, sind die Weiber immer mein Ruin gewesen. Ei, da war eine von ihnen, mit solchen schwarzen Augen und mit solchen Juwelen an ihrem Halse, und Atlas und Hermelin, wie 'ne Herzogin, sag' ich Ihnen – da war eine von ihnen in Paris, die mir den besten Teil der tausend Pfund aus der Tasche zog, als ich damals fortging. Hab' Ihnen wohl schon mal davon erzählt? Na, es schadet nichts. Zuerst war ich sehr vorsichtig, und da ich solche Menge Geld hatte, hielt ich's zusammen und lebte wie ein Gentleman – Oberst Altamont, Hotel Meurice, usw. – spielte nie, ausgenommen an öffentlichen Wirtstafeln, und gewann mehr, als ich verlor. Nun, da war ein Bummler, den ich im Hotel und auch im Palais Royal sah, ein regelrechter Stutzer, mit weißen Glacéhandschuhen und einem Kinnbarte, Bloundell-Bloundell hieß er; als ich irgendwie seine Bekanntschaft machte, lud er mich zum Essen ein und nahm mich zu Frau Gräfin de Foljambes Soireen mit – was für 365 ein Weib, Strong! – was für Augen! – was für eine Hand auf dem Piano! Gott schütze mich, die setzte sich hin und sang zu einem und sah einen an, bis sie einem die Seele schier aus dem Leibe geguckt hatte. Sie bat mich, alle Dienstag zu ihren Abendgesellschaften zu kommen, und nahm ich nicht Opernlogen für sie und gab ich ihr nicht Diners in den Wirtshäusern? Aber ich hatte ja auch in einem weg Glück am grünen Tische, und nicht bei den Diners und Opernlogen ging das Geld des armen Clavering flöten. Nein, beim Henker, es war anderswo, wo es zum Teufel fuhr. Eines Abends waren mehrere von uns bei der Gräfin zum Abendessen – Herr Bloundell-Bloundell, der Ehrenwerte Deuceace, der Marquis de la Tour de Force – allesamt vom höchsten Adel und zur feinsten Gesellschaft gehörig, und wir hatten ein Abendessen und, wie Sie sich denken können, Champagner die Hülle und Fülle, und hinterher noch etwas von diesem verdammten Branntwein. Ich wollt's haben, – ich wollte damit fortfahren – die Gräfin mischte die Punschgläser für mich, und wir hatten dann mit dem Grog zugleich Karten nach Tisch, und ich spielte und trank, bis ich wer weiß was tat. Ich war ganz wie gestern abend. Ich wurde fortgeschafft und irgendwie ins Bett gebracht; ich erwachte nicht eher als am folgenden Tage, wo ich schauderhaften Katzenjammer hatte und meinen Bedienten sah, der mir sagte, daß der Ehrenwerte Deuceace mich zu sprechen wünschte und in meinem Wohnzimmer auf mich wartete. ›Wie geht's Ihnen, Kolonel?‹ sagt er, als er in mein Wohnzimmer kommt. ›Wie lange blieben Sie gestern nacht noch, nachdem ich 366 fortgegangen war? Das Spiel wurde zu hoch für mich, und ich hatte an Sie genug verloren für eine Nacht.‹

›An mich,‹ sage ich, ›wieso, mein lieber Junge?‹ (denn obwohl er der Sohn eines Grafen war, standen wir doch so familiär miteinander, wie Sie und ich.) ›Wieso, mein lieber Junge?‹ sage ich, und er erzählt mir, daß er sich beim vingt-et-un dreißig Louis von mir geborgt und mir vergangene Nacht einen Schuldschein darauf gegeben hätte, den ich in mein Taschenbuch gesteckt, ehe er das Zimmer verlassen hätte. Ich nehme mein Kartentäschchen heraus – die Gräfin hatte es für mich gestickt – und da war ganz richtig die Verschreibung, und er zahlte mir die dreißig Louis in Gold auf den Tisch neben meinem Bette. So sagt' ich ihm denn, er wäre ein Gentleman und fragte ihn, ob er nicht etwas zu sich nehmen möchte, das mein Bedienter für ihn holen sollte; aber der Ehrenwerte Deuceace trinkt morgens keinen Tropfen, und er ging wegen irgendeines Geschäftes fort, das er zu haben vorgab.

Bald darauf klingelt's wieder an meiner Außentür, und diesmal ist's Bloundell-Bloundell und der Marquis, die hereinkommen.

Bon jour, Marquis,‹ sage ich. ›Guten Morgen – doch keinen Jammer?‹ sagt er. Da sagte ich, daß ich welchen hätte, und wie ich die vergangene Nacht ungeheuer närrisches Zeug gemacht haben müßte; aber sie erklärten alle beide, ich hätte nicht die Spur gezeigt, daß ich zuviel getrunken gehabt, sondern ich hätte meinen Punsch so ernst und würdevoll wie ein Richter zu mir genommen.

›So ist also Deuceace bei Ihnen gewesen,‹ sagt 367 der Marquis; ›wir trafen ihn im Palais Royal, als wir vom Frühstück kamen. Hat er Sie bezahlt? Suchen Sie's zu kriegen, solange Sie noch können, er ist eine Karte, die einem leicht aus den Händen rutscht; und da er drei Ponnys von Bloundell gewann, so empfehle ich Ihnen, sich Ihr Geld zu verschaffen, solange er noch welches hat.‹

›Er hat mich bezahlt,‹ sage ich; ›aber ich wußte den Teufel, daß er mir irgend etwas schuldig war, und ich erinnere mich kein bißchen, daß ich ihm dreißig Louis geborgt hätte.‹

Der Marquis und Bloundell sahen sich hierauf an und lächelten; und Bloundell sagte: ›Kolonel, Sie sind ein närrischer Kerl. Kein Mensch würde nach Ihrem Benehmen vermutet haben, daß Sie die ganze Nacht über etwas Stärkeres als Tee zu sich genommen hätten, und doch vergessen Sie die Dinge am Morgen darauf. Kommen Sie, kommen Sie, – erzählen Sie's dem, der's glaubt, lieber Freund, – wir wollen davon durchaus nichts wissen.‹

En effet,‹ sagte der Marquis, indem er sich seinen kleinen schwarzen Schnurrbart vor dem Kaminspiegel drehte und ein paar Ausfälle tat, wie er's in der Fechtschule zu machen pflegte. (Er war ein wahres Wundertier in der Fechtschule, und ich habe ihn vierzehnmal hintereinander das Bild herunterstechen sehen bei Lepage.) ›Lassen Sie uns von Geschäften sprechen. Kolonel, Sie wissen, daß Ehrensachen am besten sogleich abgemacht werden müssen; vielleicht kommt es Ihnen nicht ungelegen, unsere Kleinigkeiten von gestern abend zu arrangieren.‹ 368

›Welche Kleinigkeiten?‹ sage ich. ›Schulden Sie mir etwa auch Geld, Marquis?‹

›Bah!‹ sagte er; ›machen Sie doch keinen Spaß mehr. Ich habe eine von Ihrer Hand unterschriebene Schuldforderung von dreihundertvierzig Louis für Sie. La voici!‹ sagt er und nimmt aus seiner Brusttasche ein Papier.

›Und meine lautet auf zweihundertzehn,‹ sagt Bloundell-Bloundell, und auch er zieht sein Stück Papier heraus.

Ich war in einer so wütenden Verwunderung darüber, daß ich aus dem Bette sprang und mich in meinen Schlafrock einwickelte. ›Sind Sie hierhergekommen, um mich zum Narren zu halten?‹ sage ich. ›Ich schulde Ihnen keine zweihundert oder zweitausend, oder auch nur zwei Louis; und ich werde Ihnen keinen Heller bezahlen. Meinen Sie etwa, daß Sie mich mit Ihren Handnoten fangen können? Ich lache darüber und lache auch über Sie, und ich glaube, daß Sie ein Paar – –‹

›Ein Paar was –?‹ fragt Herr Bloundell. ›Sie wissen natürlich, daß wir ein paar Ehrenmänner sind, Kolonel Altamont, und nicht hierhergekommen, um Spaß zu machen oder zuzuhören, wie Sie schimpfen. Sie werden uns entweder bezahlen, oder wir werden Sie als Betrüger entlarven und Sie auch als Betrüger züchtigen,‹ sagte Bloundell.

Oui, parbleu,‹ schrie der Marquis, – aber aus dem machte ich mir nichts, denn ich hätte den kleinen Kerl aus dem Fenster schmeißen können; aber es war ein anderes Ding mit Bloundell, der war ein 369 großer starker Mann, der drei Stein mehr wiegt als ich, und sechs Zoll höher ist als ich, und ich glaube, der wäre mir über gekommen.

›Monsieur wird bezahlen oder Monsieur wird mir den Grund angeben, weshalb nicht. Ich glaube, Sie sind wenig besser als ein ›polisson, Kolonel Altamont,‹ – das war der Ausdruck, dessen er sich bediente« – sagte Altamont grinsend – »und ich kriegte noch die schwere Menge von solchen Reden von den zwei Kerls auf den Hals und war eben im dicksten Skandal mit ihnen, als noch einer von unserer Gesellschaft hereinkam. Es war ein Freund von mir – ein Herrchen, das ich zu Boulogne getroffen und selbst bei der Gräfin eingeführt hatte. Und da er die vergangene Nacht überhaupt nicht gespielt und mich wirklich vor Bloundell und den anderen gewarnt hatte, so erzählte ich ihm die Geschichte, und dasselbe taten die beiden anderen.

›Es tut mir sehr leid,‹ sagte er. ›Sie wollten mit Spielen fortfahren, obgleich die Gräfin Sie himmelhoch bat, aufzuhören. Diese Herren boten Ihnen zu wiederholten Malen an, aufzuhören. Sie waren es, der auf den hohen Sätzen bestand, nicht sie.‹ Kurz und gut, er gab mir vollends den Rest, und als die beiden anderen weggingen, sagte er mir, daß der Marquis mich totschießen würde, so wahr mein Name – hieße, wie er heißt. ›Ich verließ die Gräfin mit Tränen in den Augen‹, sagte er. ›Sie haßt diese beiden Menschen; sie hat Sie zu wiederholten Malen vor Ihnen gewarnt‹ (was sie wirklich getan und mir oft geraten hatte, nie mit ihnen zu spielen), ›und nun, Oberst, habe ich sie fast in Krämpfen verlassen, daß nicht ein Streit 370 zwischen Ihnen stattfinden und dieser vermaledeite Marquis Ihnen eine Kugel durch den Kopf jagen sollte. Ich glaube,‹ sagte mein Freund, ›daß dieses Weib verzweifelt in Sie verliebt ist.‹

›Glauben Sie das wirklich?‹ sagte ich, worauf mein Freund mir erzählte, wie sie wahrhaftig vor ihm auf die Knie gefallen wäre und geschrien hätte: ›Retten Sie Kolonel Altamont!‹

Sobald ich angezogen war, ging ich aus und machte meinen Besuch bei dieser liebenswürdigen Frau. Sie stieß einen Schrei aus und fiel fast in Ohnmacht, als sie mich sah. Sie nannte mich Ferdinand, – hol mich dieser und jener, wenn's nicht wahr ist.«

»Ich dachte, Ihr Name wäre Jack,« sagte Strong lachend, worauf der Oberst hinter seinem gefärbten Backenbarte tief errötete.

»Jemand kann mehr als einen Namen haben, nicht wahr, Strong?« fragte Altamont. »Wenn ich mit einer Dame zusammen bin, so nehme ich gern einen guten an. Sie nannte mich bei meinem Taufnamen. Sie schrie, daß es einem das Herz hätte brechen können. Ich kann's nicht ertragen, ein Frauenzimmer weinen zu sehen – ich konnt's nie – wenn ich ihr gut bin. Sie sagte, sie könnte den Gedanken nicht ertragen, daß ich soviel Geld in ihrem Hause verloren hätte. Ob ich nicht ihre Diamanten und ihr Halsband nehmen und einen Teil davon bezahlen wollte?

Ich schwor, daß ich keines Hellers Wert von ihren Juwelen nehmen wollte, die ich vielleicht auch nicht für sehr wertvoll hielt, – aber was kann ein Frauenzimmer mehr tun, als einem ihr Alles geben? Das ist die 371 Sorte, die ich gerne habe, und ich weiß, es gibt davon eine Menge. Und ich sagte ihr, sie möchte sich über das Geld beruhigen, denn ich würde nicht einen einzigen Heller bezahlen.

›Dann werden sie Sie aber erschießen,‹ sagte sie; ›dann werden sie meinen Ferdinand töten.‹«

»Sie werden meinen Jack töten, würde auf Französisch nicht gut geklungen haben,« sagte Strong lachend.

»Ach, lassen Sie doch die Namen aus dem Spiele,« meinte jener verdrießlich, »ein Mann von Ehre kann jeden Namen annehmen, der ihm beliebt, glaub' ich.«

»Nun, so fahren Sie mit Ihrer Geschichte fort,« sagte Strong. »Sie meinte, sie würden Sie töten.«

»›Nein,‹ sagte ich, ›das werden sie nicht tun, denn ich will mich von diesem Lump von einem Marquis nicht aus der Welt schicken lassen; und wenn er Hand an mich legt, so schlag' ich ihm das Gehirn ein, so wahr er Marquis ist.‹

Darauf fuhr die Gräfin vor mir zurück, als ob ich etwas ganz Entsetzliches gesagt hätte. ›Verstehe ich den Obersten Altamont recht?‹ sagte sie, ›und daß ein britischer Offizier sich weigert, einem jeden entgegenzutreten, der ihn aufs Feld der Ehre herausfordert?‹

›Ach, zum Henker mit dem Feld der Ehre, Gräfin!‹ sagte ich. ›Sie werden doch nicht mögen, daß ich der Geschicklichkeit dieses kleinen Schurken im Pistolenschießen als Zielscheibe diente?‹

›Kolonel Altamont,‹ sagte die Gräfin, ›ich glaubte, Sie wären ein Mann von Ehre – ich glaubte, ich – aber lassen wir das auf sich beruhen. Gott befohlen, 372 mein Herr.‹ – Und sie schwebte hinaus aus der Stube und weinte zum Steinerweichen in ihr Taschentuch.

›Gräfin!‹ sagte ich, indem ich ihr nachrannte und ihre Hand ergriff.

›Lassen Sie mich, Monsieur le Kolonel,‹ sagte sie und stieß mich zurück, ›mein Vater war General in der Großen Armee. Ein Soldat sollte wissen, wie er all seine Ehrenschulden zu bezahlen hat.‹

Was konnte ich tun? Alle Welt war gegen mich. Karoline sagte, ich hätte das Geld verloren, obwohl ich mich keine Spur dieses Geschäfts entsann. Ich hatte ebenso Deuceaces Geld genommen, aber das kam, weil er mir's anbot, wie Sie wissen, und das ist doch ein anderes Ding. Jeder dieser Kerls war ein Mann von Stand und Ehre, und der Marquis und die Komtesse von den ersten Familien Frankreichs. Und, beim Jupiter, Herr, ehe ich sie beleidigte, bezahlte ich lieber das Geld, fünfhundertundsechzig goldene Napoleons, beim Jupiter, und außerdem dreihundert, die ich verlor, als ich Revanche hatte.

Und ich kann Ihnen bis diese Minute nicht sagen, ob ich geleimt worden war oder nicht,« schloß der Oberst nachdenklich. »Manchmal denke ich, daß ich es war, aber dann war Karoline mir doch so gut. Dies Weib hätte mich nie betrogen sehen können, nie, davon bin ich fest überzeugt, wenigstens, wenn sie es gekonnt hätte, täusche ich mich in den Weibern.«

Alle weiteren Erzählungen über sein vergangenes Leben, die Altamont vielleicht geneigt gewesen wäre, seinem wackeren Hausgenossen, dem Chevalier, anzuvertrauen, wurden durch ein Pochen an die äußere 373 Zimmertür unterbrochen, die, als sie von Grady, dem Aufwärter, geöffnet wurde, keine geringere Person als Sir Francis Clavering zu den beiden würdigen Herren eintreten ließ.

»Der Prinzipal, beim Jupiter,« rief Strong, der die Ankunft seines Gönners mit Staunen bemerkte. »Was brachte Sie hierher?« brummte Altamont, indem er unter seinen tiefherabhängenden Augenbrauen hervor einen finsteren Blick auf den Baronet warf. »Es ist nichts Gutes, das möchte ich behaupten.« Und tatsächlich war es sehr selten Gutes, das Sir Francis Clavering an diesen oder irgendeinen anderen Ort brachte.

Wenn er nach Shepherds Inn kam, es mochte sein, wann es wollte, so war es stets Geld, das den unseligen Baronet in diese Umgebung führte, und gewöhnlich wartete ein Herr aus der mit Geld handelnden Welt in Strongs oder unten in Campions Wohnung auf ihn, um ein Wechselgeschäft abzumachen oder zu erneuern. Clavering war ein Mann, der seinen Schulden nie offen ins Gesicht geblickt hatte, so vertraut er mit ihnen auch sein ganzes Leben hindurch gewesen war; so lange er einen Wechsel erneuern konnte, war sein Gemüt ruhig darüber, und er pflegte alles mögliche auf morgen zu unterzeichnen, vorausgesetzt, daß er für heute unbelästigt blieb. Er war ein Mann, dem kaum irgendein bedeutendes Vermögen für immer geholfen haben würde und der zum Ruiniertwerden geschaffen war, geschaffen, um kleine Handelsleute zu betrügen und dann das Opfer schlauerer Gauner zu werden; er war einerseits filzig und doch dabei das Geld wegwerfend und aller Rechtlichkeit so bar, wie 374 die Leute, die ihn betrogen, und außerdem auch noch ein Gimpel, hauptsächlich deshalb, weil er zu gemein war, um ein erfolgreicher Schurke zu sein. Er hatte in seinem Leben mehr gelogen und niederträchtigere Winkelzüge vollführt, um eine kleine Schuld abzuwickeln oder einen armen Gläubiger zu beschwindeln, als für einen kühneren Schuft hingereicht haben würde, sich ein Vermögen zu erwerben. Er war selbst auf dem Gipfel seines Glückes ein verworfener Ränkeschmied. Wäre er selbst ein Kronprinz gewesen, er hätte nicht schwächer, nichtsnutziger, unentschlossener oder undankbarer sein können. Er konnte nicht durchs Leben gehen, außer wenn er sich auf jemandes Arm lehnte, und doch hatte er nie einen Agenten, dem er nicht mißtraut hätte, und er störte alle Pläne, die zu seinen Gunsten hätten ausgeführt werden können, dadurch, daß er insgeheim gegen die Leute handelte, die er beschäftigte. Strong kannte Clavering und beurteilte ihn ganz richtig. Dieses Paar hielt nicht als Freunde zusammen, aber der Chevalier arbeitete für seinen Prinzipal, wie er in der Armee einen Marsch verfolgt oder seinen Anteil an der Gefahr und der Beute bei einer Belagerung auf sich genommen haben würde, weil es seine Pflicht war und weil er sich damit einverstanden erklärt hatte. »Was braucht er wohl?« dachten die beiden Offiziere der Besatzung von Shepherds Inn, als der Baronet zu ihnen kam.

Sein bleiches Gesicht drückte ungemeine Angst und Bestürzung aus. »So sind Sie also wieder auf Ihre alten Streiche ausgewesen, mein Herr,« wendete er sich zu Altamont. 375

»Was für welche?« fragte Altamont mit spöttischer Miene.

»Sie sind beim Rouge et Noir gewesen, Sie waren gestern abend dort,« rief der Baronet.

»Woher wissen Sie das – waren Sie etwa dort?« antwortete der andere. »Ich war im Klub, aber ich spielte nicht auf Couleurs, – fragen Sie den Kapitän, – ich hab' ihm davon erzählt. Wir spielten Würfel. Es war Hazard, Sir Francis, auf mein Ehrenwort, das war es«; und er sah den Baronet mit pfiffiger, launiger, verstellter Unterwürfigkeit an, die den anderen nur noch mehr zu reizen schien.

»Was den Teufel scher' ich mich drum, wie ein Mensch wie Sie sein Geld verliert und ob es Hazard oder Roulette ist, Herr?« kreischte der Baronet mit einer Menge von Flüchen und in der höchsten Höhe seiner Stimme. »Was ich nicht haben will, ist, daß Sie sich meines Namens bedienen, mein Herr, oder ihn mit dem Ihrigen in Gemeinschaft bringen. – Hol ihn der Teufel, Strong, was halten Sie ihn nicht besser in Ordnung? Ich sage Ihnen, da ist er hingegangen und hat sich wieder meines Namens bedient, – einen Wechsel auf mich gezogen und das Geld am grünen Tische verloren – ich kann das nicht mehr ertragen – ich werd's auch nicht mehr ertragen. Fleisch und Blut wollen das nicht mehr ertragen – Wissen Sie, wieviel ich für Sie bezahlt habe, Herr Altamont?«

»Das war ja nur ein ganz kleiner, Sir Francis – nur fünfzehn Pfund, Kapitän Strong, Sie wollten sich sonst nicht zufriedengeben, und ich durfte Sie nicht ärgern, Herr Prinzipal. Ei, es ist solch 'ne Lumperei, 376 ich erwähnte es nicht einmal gegen Strong, – nicht wahr, Kapitän? Ich bedaure, daß es mir ganz aus dem Gedächtnis entschlüpft war und zwar alles wegen des verdammten Schnapses, den ich zu mir genommen.«

»Schnaps oder kein Schnaps, mein Herr, das geht mich gar nichts an. Ich kümmere mich nicht drum, was Sie trinken oder wo Sie es trinken – nur in meinem Hause soll's nicht sein. Und ich will nicht, daß Sie des Nachts in mein Haus einbrechen und daß ein Kerl wie Sie sich in meine Gesellschaft drängt; wie konnten Sie sich's unterstehen, sich gestern abend in Grosvenor Place zu zeigen, mein Herr, – und – und was meinen Sie wohl, was meine Freunde von mir denken müssen, wenn sie einen Menschen von Ihrer Art in meinen Speisesaal kommen sehen, uneingeladen, betrunken und nach Getränk schreiend, als ob Sie der Herr des Hauses wären?«

»Sie werden denken, Sie kennen eine sehr wunderliche Art Leute, meine ich,« sagte Altamont mit unerschütterlich guter Laune. »Sehen Sie hier, Baronet, ich bitte um Entschuldigung; auf meine Ehre, ich bitte darum, und ist eine Entschuldigung nicht genug zwischen zwei Gentlemen? Ich gestehe, es war ein starkes Stück, in Ihre Kajüte hinabzuspazieren und nach einem Trunk zu schreien, als ob ich der Kapitän wäre; aber, sehen Sie, ich hatte vorher zuviel getrunken, das ist's, warum ich noch mehr wollte, nichts kann einfacher sein, – und weil sie mir beim Rouge et Noir auf Ihren Namen kein Geld mehr geben wollten, dachte ich, ich wollte hingehen und mit Ihnen darüber sprechen. Mich zurückzuweisen war nichts, aber einen Wechsel 377 zurückzuweisen, der auf Sie gezogen war, der Sie der Kneipe so befreundet und ein Baronet und Parlamentsmitglied und ohne Zweifel ein Gentleman sind – verdamm' mich, das ist undankbar!«

»Beim Himmel, wenn Sie es jemals wieder tun – wenn Sie es jemals wagen, sich wieder in meinem Hause zu zeigen oder meinen Namen in einer Spielhölle oder sonst in irgendeinem anderen Hause zu brauchen, Donnerwetter – ja, in irgendeinem anderen Hause – oder sich überhaupt irgendwie auf mich beziehen oder zu mir auf der Straße reden, bei Gott, oder irgendwo anders, bis ich Sie anrede – so sag' ich mich ganz und gar von Ihnen los – dann geb' ich Ihnen keinen Schilling mehr!«

»Prinzipal, werden Sie nicht provozierend,« entgegnete Altamont mürrisch. »Reden Sie mir nicht von wagen dies oder jenes zu tun; wenn meine Geduld alle ist, ist dies gerade die richtige Art, mich eklig zu machen. Ich hätte gestern Abend nicht zu Ihnen kommen sollen; das weiß ich, daß ich es nicht hätte tun sollen, aber ich sagte Ihnen schon, daß ich betrunken war, und das müßte zwischen Gentleman und Gentleman genügen!«

»Sie ein Gentleman! Donnerwetter, Herr,« sagte der Baronet, »wie kann sich ein Bursche wie Sie unterstehen, sich selbst einen Gentleman zu nennen?«

»Ich bin kein Baronet, das weiß ich,« grollte der andere; »und ich habe auch jetzt fast vergessen, ein Gentleman zu sein, aber – aber ich war einmal einer, und mein Vater war einer, und ich will derartiges Geschwätz von Ihnen nicht haben, Sir Francis 378 Clavering, das ist Geplapper! Ich will wieder ins Ausland. Warum rücken Sie mit dem Gelde nicht heraus und lassen mich fort? Wie zum Teufel haben Sie das Recht, sich in Reichtümern zu wälzen, während ich nichts habe? Warum sollen Sie ein Haus und einen Tisch mit Silbergeschirr bedeckt haben, während ich in einem Dachstübchen hier in diesem bettelhaften Shepherds Inn stecke? Wir sind doch Kameraden, nicht? Ich habe ebenso gut das Recht, reich zu sein, wie Sie es haben, oder etwa nicht? Erzählen Sie die Geschichte dem Kapitän Strong hier, wenn Sie Lust dazu haben, und bitten Sie ihn, den Unparteiischen zwischen uns zu machen. Ich mache mir nichts daraus, mein Geheimnis einen Mann wissen zu lassen, der es nicht ausplappern wird. Horchen Sie her, Strong – vielleicht erraten Sie die Geschichte schon – die Sache ist die, daß ich und der Prinzipal« –

»Donnerwetter, halten Sie Ihr Maul,« brüllte der Baronet wie ein Rasender. »Sie sollen das Geld haben, sobald ich's nur bekommen kann. Ich bin nicht aus Geld gemacht. Ich bin so bedrängt und belagert, daß ich nicht weiß, wo aus noch wo ein. Ich werde noch verrückt werden, beim Jupiter, ich werd's. Ich wünschte, ich wäre tot, denn ich bin das allererbärmlichste Vieh im Leben. Hören Sie, Herr Altamont, seien Sie mir nicht böse. Wenn ich mich nicht wohl fühle – und ich bin heut morgen höllisch von der Galle geplagt – hol mich der Henker, so schimpf' ich auf alle Welt und weiß nicht, was ich sage. Entschuldigen Sie, wenn ich Sie beleidigt habe. Ich – ich will's versuchen, das kleine Geschäft in Ordnung zu bringen. Strong wird's 379 versuchen. Auf mein Wort, er wird's. Und nun hören Sie mal, Strong, mein Junge, ich muß mit Ihnen reden. Kommen Sie eine Minute in die Expedition.«

Fast alle Angriffe Claverings endeten in dieser schmählichen Weise und mit einem schmachvollen Rückzuge. Altamont grinste dem Baronet nach, als er das Zimmer verlassen hatte und in die Expedition getreten war, um mit seinem Faktotum insgeheim zu sprechen.

»Was ist jetzt los?« fragte ihn der letztere. »Wieder die alte Geschichte, vermute ich.«

»Hol's der Teufel, ja,« sagte der Baronet. »Ich verlor zweihundert Pfund bares Geld gestern Nacht im Little Coventry und gab einen Check auf weitere dreihundert. Ebenfalls bei dem Bankier Ihrer Ladyschaft, auf morgen, und ich muß es decken, denn sonst ist der Teufel los. Als sie das letztemal meine Spielschulden bezahlte, schwur ich's ihr zu, daß ich keinen Würfelbecher wieder anrühren wollte, und sie wird ihr Wort halten, Strong, und die Gütergemeinschaft aufheben, wenn ich so fortfahre. Ich wünschte, ich hätte dreihundert Pfund jährlich und wäre fort. In einem deutschen Badeorte kann man mit dreihundert Pfund jährlich höllisch gut leben. Aber meine Gewohnheiten sind so verd– leichtsinnig; ich wünschte, ich wäre tot, bei Gott, das wünschte ich. Ich wünschte, ich hätte diese verdammten Würfel nie berührt. Ich hatte solch Glück gestern Abend, in einem fort, mit fünf auf den Wurf, und sieben gegen fünf die ganze Nacht, bis diese Schurken mich mit Altamonts Wechsel auf mich bezahlen wollten. Von dieser Minute an wandte sich das Glück. Ich kriegte 380 den Becher nie wieder zu drei Würfen und ging mit leeren Taschen heim und ließ noch dazu den höllischen Check da. Wie soll ich ihn bezahlen? Blackland wird ihn nicht lange bei sich behalten. Hulker und Bullock werden sofort darüber an Ihre Ladyschaft schreiben. Beim Jupiter, Ned, ich bin das allererbärmlichste Vieh in ganz England.«

Es war notwendig für Ned, irgendeinen Plan zu entwerfen, um den Baronet in dieser Bedrängnis und diesem Kummer zu trösten; und ohne Zweifel fand er ein Mittel, seinem Gönner ein Darlehen zu verschaffen, denn er war diesen Tag eine geraume Zeit in Herrn Campions Kontor eingeschlossen. Altamont hatte wieder ein paar Guineen in der Tasche und das Versprechen, daß weiter für ihn gesorgt werden solle; und der Baronet hatte es, wenigstens für die nächsten zwei oder drei Monate, nicht nötig, sich tot zu wünschen. Und Herr Strong, der sich das, was er von dem Obersten und Sir Francis gehört, zusammensetzte, begann sich in seinem Gemüte eine ziemliche deutliche Meinung von der Natur des Bandes zu bilden, das die beiden Männer aneinander fesselte.



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