William M. Thackeray
Die Geschichte von Pendennis / Band 2
William M. Thackeray

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Siebzehntes Kapitel

Ein romantisches Ereignis

In einem früheren Teile dieser Geschichte ist berichtet worden, wie Herr Pen während seines Aufenthalts zu Hause, nach seiner Niederlage in Oxbridge, sich mit verschiedenen literarischen Arbeiten beschäftigt und außer anderen Werken den größeren Teil einer Novelle geschrieben hatte. Dies Buch, unter dem Einfluß seines jugendlichen Mißgeschicks in der Liebe und auf pekuniärem Gebiete geschrieben, war von sehr stolzer, düsterer und leidenschaftlicher Art, – die byronische Verzweiflung, die werthersche Trostlosigkeit, die höhnische Bitterkeit des Mephistopheles im Faust, waren allesamt im Charakter des Helden wiedergegeben und entwickelt; denn unser Jüngling hatte eben erst die deutsche Sprache erlernt und ahmte, wie fast alle gescheidten Jünglinge tun, seine Lieblingsdichter und Schriftsteller nach. Stellen in den einst so geliebten, jetzt so selten gelesenen Bänden tragen noch die Merkzeichen des Bleistifts, mit denen er sie in jenen Tagen anzeichnete. Tränen fielen vielleicht auf das Blatt des Buches oder zogen Blasen auf den Seiten des Manuskripts, als der leidenschaftliche junge Mann seine Gedanken hinkritzelte. Wenn er später die Bücher zur Hand nahm, hatte er nicht die Fähigkeit oder den Wunsch mehr, die Blätter mit jenem Morgentau der vergangenen Tage zu beträufeln; sein Bleistift strebte nicht mehr eifrig, die Zeichen seiner Billigung 323 anzumerken, aber als er die Seiten seines Manuskripts überblickte, erinnerte er sich, welche überflutenden Gefühle ihn dereinst veranlaßt hatten, es zu entwerfen, und welcher Schmerz ihm die Zeilen eingegeben. Wenn die geheime Geschichte der Bücher geschrieben und die geheimen Gedanken und Meinungen des Autors am Rande seiner Geschichte notiert werden könnten, wie viel lederne Bände würden interessant werden und wie viele einfältige Erzählungen den Leser reizen. Manch bitteres Lächeln ging über Pens Gesicht, als er seine Novelle las und sich die Zeit und die Empfindungen zurückrief, die ihr das Leben gegeben. Wie bombastisch erschienen einige der großartigen Stellen, und wie schwach waren andere, in denen er sein volles Herz ausgedrückt zu haben meinte! Diese Seite war einem damaligen Lieblingsschriftsteller nachgeahmt, wie er jetzt klar und deutlich sehen und bekennen konnte, obgleich er damals originell zu schreiben geglaubt hatte. Als er über gewisse Zeilen nachsann, erinnerte er sich des Ortes und der Stunde, wo er sie geschrieben; der Geist des toten Gefühls kehrte wieder, als er so nachdachte, und er errötete beim Wiedererblicken des duftigen Bildes. Und was bedeuteten diese Flecke auf der Seite? Wie man weiß, daß dort einst Wasser war, wenn man in der Wüste an einen Ort kommt, wo Kamelhufe sich in dem Tone abgedrückt haben und Spuren verwelkter Pflanzenreste noch sichtbar sind, so war der Platz in Pens Gemüt nicht länger mehr grün, und die fons lacrimarum war vertrocknet.

Er brauchte dieses Gleichnis eines Morgens Warrington gegenüber, als letzterer über seiner Pfeife und 324 seinem Buche saß, und Pen mit viel Gestikulationen, wie dies bei Aufregungen seine Gewohnheit war, und mit bitterem Lachen sein Manuskript auf den Tisch warf, daß das Teegeschirr klirrte und die blaue Milch im Krug emporhüpfte. In der vergangenen Nacht hatte er das Manuskript aus einer lange vernachlässigten Kiste genommen, die alte Jagdjacken, alte Notizbücher von Oxbridge, seinen alten Ueberwurf, seine zerknüllte Mütze nebst Gewand, und andere Erinnerungen an seine Jugend, Schule und Heimat enthielt. Er las in dem Bande im Bette, bis er in Schlaf fiel, denn der Anfang der Erzählung war etwas langweilig, und er war müde von einer Londoner Abendgesellschaft nach Hause gekommen.

»Bei Jupiter«! sagte Pen, als er seine Papiere hinwarf, »wenn ich daran denke, daß dies erst vor ein paar Jahren geschrieben wurde, so schäme ich mich meines Gedächtnisses. Ich schrieb dies, als ich mich auf ewig in diese kleine Kokette, Fräulein Amory, verliebt glaubte. Ich pflegte ihr die Verse hinzutragen und in einem hohlen Baum zu verstecken und sie ›Amori‹ zu widmen.

»Das war ein holdes Wortspielchen,« bemerkte Warrington paffend. »Amory – Amori. Es zeigte tiefe Gelehrsamkeit. Laß mal ein Stück aus dem Schund hören.« Und er streckte sich aus seinem Lehnstuhle vor und erwischte Pens Manuskript mit der Feuerzange, deren er sich eben bediente, um eine Kohle in seine Pfeife zu legen. So, im Besitz des Bandes, begann er aus den ›Blättern aus dem Lebensbuche Walter Lorraines‹ vorzulesen. 325

»›So falsch, als du schön bist! So herzlos, als du hold bist! Täuschender Traum der Leidenschaft!‹ rief Walter zu Leonora gewendet; ›welcher böse Geist hat dich gesendet, um mich so zu peinigen? O Leonora . . .‹«

»Laß dieses Stück aus,« schrie Pen, indem er einen hastigen Griff nach dem Buche tat, das sein Kamerad jedoch nicht loslassen wollte. »Nun, meinethalben, aber lies es wenigstens nicht laut vor. Das ist über meine andere Flamme gesagt, meine erste – die jetzt Lady Mirabel ist. Ich sah sie neulich abend bei Lady Whiston. Sie lud mich zu einer Gesellschaft bei sich ein und sagte, daß wir als alte Freunde öfter zusammen sein müßten. Sie hat mich jederzeit gesehen in diesen zwei Jahren hier und nie vorher daran gedacht, mich einzuladen; aber als sie Wenham mit mir reden sah und Herrn Dubois, den französischen Schriftsteller, der ein Dutzend Orden trug und für einen Marschall von Frankreich hätte gelten können, ließ sie sich herab, mich einzuladen. Die Claverings werden an demselben Abende dort sein. Wird es nicht reizend sein, zwei alte Flammen an demselben Tische zu treffen?«

»Zwei Flammen – zwei Haufen ausgebrannten Zunders,« meinte Warrington. »Sind beide Schönheiten in diesem Buche drin?«

»Beide, oder doch etwas dergleichen,« sagte Pen. »Leonora, die den Herzog heiratet, ist die Fotheringay. Ich zeichnete den Herzog nach Magnus Charters, mit dem ich in Oxford zusammen war, er ähnelt ihm ein bißchen, und Fräulein Amory ist Neare. Bei Gott, Warrington, ich liebte die erste! Ich dachte an sie, als ich von Lady Whiston im Mondlicht nach Hause ging; 326 und alle früheren Ereignisse kehrten mir in die Erinnerung zurück, als ob sie gestern geschehen wären. Und als ich nach Haus kam, zog ich die Geschichte hervor, die ich von ihr und der anderen vor drei Jahren geschrieben; weißt du, überschwänglich wie sie ist, hat sie doch einiges Gute in sich, und wenn Bungay sie nicht herausgeben will, so meine ich, daß Bacon es tun wird.«

»Das ist die Art dieser Poeten,« sagte Warrington. »Sie verlieben sich, führen eine an oder werden selbst angeführt; sie leiden und schreien es heraus, daß sie mehr leiden als alle anderen Sterblichen; und wenn sie genug Gefühle ausprobiert haben, so schreiben sie sie in einem Buche nieder und bringen das Buch auf den Markt. Alle Poeten sind Flausenmacher, alle Schriftsteller sind Flausenmacher; sowie ein Mensch seine Gefühle für Geld zu verkaufen beginnt, ist er ein Flausenmacher. Wenn ein Poet Seitenstechen bekommt von einem zu guten Schmause, so brüllt er sein ›Au, Au‹ lauter als Prometheus.«

»Ich meine, ein Dichter hat größere Sensibilität als irgendein anderer Mensch,« sagte Pen einigermaßen geistreich. »Das ist es doch, was ihn zum Dichter macht. Ich meine, daß er schärfer sieht und fühlt; das ist's, was ihn treibt, auszusprechen, was er fühlt und sieht. Du sprichst scharf genug in deinen Leitartikeln, wenn du bei einem Gegner eine falsche Beweisführung herauswitterst oder einen Dummkopf im Hause entdeckst. Paley, der sich sonst um nichts anderes in der Welt kümmert, wird eine Stunde lang über eine Rechtsfrage reden. Laß doch anderen Leuten das 327 Privilegium, das du dir selbst nimmst, und den freien Gebrauch ihrer Fähigkeiten und laß sie das sein, wozu die Natur sie gemacht hat. Warum soll nicht ein Mann seine gefühlvollen Gedanken ebenso gut veräußern, als du deine politischen Ideen, oder Paley sein Rechtswissen? ›Jedem das Seine‹ ist ein Ding der Erfahrung und Praxis. Es ist nicht das Geld, das dich veranlaßt, eine Täuschung zu bemerken, oder Paley veranlaßt, einen Beweis zu führen, sondern eine angeborene oder erworbene Geschicklichkeit zu dieser Art von Wahrheit, und ein Poet legt seine Gedanken und Erfahrungen auf Papier nieder, wie es ein Maler mit einer Landschaft oder einem Gesichte auf Leinwand macht, eben seinen besten Kräften und seinen natürlichen Gaben gemäß. Wenn ich je dächte, daß ich den Stoff in mir hätte, ein Epos zu schreiben, beim Zeus, so würd' ich's versuchen. Wenn ich aber nur fühle, daß ich geschickt genug bin, einen Witz zu reißen oder eine Geschichte zu erzählen, so werde ich eben das tun.«

»Keine üble Rede, junger Mensch,« sagte Warrington, »aber das hindert nicht, daß alle Dichter Flausenmacher sind.«

»Was – Homer, Aeschylus, Shakspeare und alle anderen?«

»Deren Namen dürfen nicht in den Mund genommen werden, wenn man über euch Pygmäen urteilt,« versetzte Warrington; »es ist ein Unterschied zwischen Leuten und Leuten, mein Herr.«

»So, aber Shakspeare war doch ein Mann, der ganz ebenso wie du und ich für Geld schrieb,« 328 antwortete Pen, worauf Warrington über seine Unverschämtheit fluchte und wieder zu seiner Pfeife und zu seinem Manuskript griff.

Es war also nicht im mindesten daran zu zweifeln, daß dieses Dokument einen großen Teil von Pens persönlichen Erfahrungen enthielt, und daß »Blätter aus dem Lebensbuche Walter Lorraines« nie geschrieben sein würde, wenn Arthur Pendennis nicht seinen eigenen Kummer, seine eigenen Leidenschaften und Torheiten gehabt hätte. Da wir mit diesen in einem früheren Teile dieser Biographie bekannt geworden, so wird es nicht notwendig sein, lange Auszüge aus der Novelle »Walter Lorraine« zu geben, in der der junge Herr diejenigen von ihnen abkonterfeit hat, von denen er glaubte, daß sie dem Leser interessant wären oder für den Zweck seiner Geschichte passend sein würden.

Nun hatte Herr Pen die Geschichte zwar ziemlich halb so lange in seinem Koffer verwahrt, als nach dem Grundsatze des Horaz ein Kunstwerk, um zu reifen, liegen muß (ein Grundsatz, dessen Wahrheit, beiläufig gesagt, ganz und gar in Zweifel gezogen werden kann), aber er hatte seine Novelle diese Zeit über nicht begraben, damit das Werk besser würde, sondern weil er nicht wußte, wo er's sonst hinlegen sollte, oder keinen besonderen Wunsch hatte, es zu sehen. Ein Mensch, der eine Arbeit zehn Jahre wegzulegen gedenkt, ehe er sie in die Welt schickt oder sein eigenes reiferes Urteil darüber sprechen will, muß durchaus von der originellen Kraft und Dauer seines Werkes überzeugt sein, sonst dürfte er beim Hervorziehen desselben aus seiner Gruft finden, daß es wie geringer Wein den 329 Wohlgeschmack, den es einst hatte, verloren hat und nur schales Zeug ist, wenn es geöffnet wird. Es gibt Werke sehr verschiedenen Geschmacks und Wesens, schwache und starke, welche, die mit dem Altwerden gewinnen, und solche, die sich überhaupt gar nicht aufbewahren lassen, aber beim allerersten Zuge gefallen, wo sie erfrischen und funkeln.

Nun dachte Pen selbst in der Zeit, wo er noch jugendlich unerfahren und von glühender Einbildungskraft war, nicht im entferntesten daran, daß die Geschichte, die er schrieb, ein Meisterstück der Komposition oder er den großen Schriftstellern, die er bewunderte, gleich wäre, und als er nun seine kleine Schöpfung durchsah, war er sich ihrer Fehler nur zu gut bewußt und ziemlich bescheiden hinsichtlich ihrer Verdienste. Es war nichts Außerordentliches, dachte er, aber es war doch so gut, wie die meisten Bücher dieser Art, die in den Leihbibliotheken ihren Umlauf machten und die Saison überlebten. Er hatte mehr als eine Modenovelle von den damals beliebten Schriftstellern kritisch geprüft und meinte, daß er soviel Geist hätte wie sie, und daß er die englische Sprache ebensogut schreiben könnte, wie diese Damen oder Herren; und als er nun diese Leistung seiner Jugendjahre überlief, freute er sich, hier und da Stellen zu finden, die sowohl Phantasie als Kraft zeigten und Spuren, wo nicht von Genie, so doch von echter Leidenschaft und echtem Gefühl zu finden. Dies war auch Warringtons Ansicht, als dieser strenge Kritiker, nachdem er das Manuskript eine halbe Stunde überflogen und ein paar Pfeifen Tabak vertilgt, Pens Buch mit unbändigem Gähnen hinlegte. 330 »Ich kann von diesem Geschreibsel jetzt nichts mehr lesen,« sagte er; »aber es scheint mir einiges gutes Zeug darin zu sein, Pen, mein Junge. Es ist eine gewisse Jugendlichkeit und Frische darin, die ich immerhin gern mag. Die Jugendblüte verschwindet vom Gesichte der Dichtkunst, sobald man sich zu rasieren beginnt. Man kann diese Natürlichkeit und diese kunstlos rosige Farbe in späteren Tagen nicht erhalten. Deine Backen sind bleich und dadurch, daß du sie Abendgesellschaften aussetztest, verwelkt, und du bist gezwungen, Brenneisen und Marassaröl und weiß der Teufel was noch zu deinem Backenbarte zu nehmen; er lockt sich allerdings ambrosisch, und du siehst sehr großartig und nobel aus usw.; aber ach, Pen, die Frühlingszeit war die beste.«

»Was zum Teufel hat mein Backenbart mit dem in Rede stehenden Gegenstande zu tun?« fragte Pen (der vielleicht den Stich fühlte, der in Warringtons Anspielung auf diese Zierde lag, die der junge Mann, um die Wahrheit zu gestehen, in ziemlich abgeschmackter Weise pflegte, lockte, einölte, parfümierte und hätschelte). »Denkst du, daß wir mit ›Walter Lorraine‹ etwas anfangen können? Sollen wir ihn zum Buchhändler tragen oder ein Autodafé mit ihm machen?«

»Ich sehe nicht ein, was wir von dieser Verbrennung haben,« sagte Warrington, »obwohl ich große Lust habe, ihn ins Feuer zu stecken, um deine entsetzliche Flausenmacherei und Heuchelei zu bestrafen. Soll ich ihn wirklich verbrennen? Du hältst ihn doch viel zu hoch, um auch nur ein Haar auf seinem Haupte zu versengen.« 331

»So, wirklich? Da fliegt er hin,« sagte Pen, und ›Walter Lorraine‹ flog wirklich vom Tische und wurde auf die Kohlen geschleudert. Aber das Feuer hatte seine Pflicht getan, indem es den Inhalt des Frühstückskessels des jungen Mannes gekocht hatte, und es sodann aufgegeben, diesen Tag noch zu arbeiten, und war ausgegangen, wie Pen sehr wohl wußte; und Warrington nahm mit spöttischem Lächeln das Manuskript mit der Zange wieder aus der harmlosen Asche.

»O Pen, was für ein Flausenmacher du doch bist!« sagte Warrington, »und, was das schlimmste von allem ist, ein plumper Flausenmacher. Ich sah dich, ehe du ›Walter Lorraine‹ hinter die Eisenstäbe schicktest, nachsehen, ob das Feuer aus wäre. Nein, wir wollen ihn nicht verbrennen, wir wollen ihn zu den Aegyptern tragen und ihn verkaufen. Wir wollen ihn um Geld, ja, für Silber und Gold, für Rindfleisch und Branntwein, für Tabak und Kleider eintauschen. Dieser Jüngling wird etwas gelten auf dem Markte, denn er ist ein netter Bursche, wenn auch nicht allzustark, aber wir wollen ihn auffüttern, ihm ein Bad geben, sein Haar locken und ihn für hundert Piaster an Bacon oder Bungay verkaufen. Der Schund ist verkäuflich genug, junger Herr, und mein Rat für dich ist, daß du das nächstemal, wenn du Ferien hast und nach Hause gehst, ›Walter Lorraine‹ in deine Reisetasche nimmst – ihm ein mehr modernes Aussehen gibst, einige, aber nicht zu viele, von den allzu jugendlichen Stellen wegschneidest, ein bißchen Komödie, Heiterkeit, Satire u. dgl. hinzufügst, und dann wollen wir ihn auf den Markt schaffen und verkaufen. 332 Das Buch ist kein Wunder aller Wunder – aber es wird sich recht gut verkaufen lassen.«

»Meinst du das wirklich, Warrington?« sagte Pen entzückt, denn das war wirklich ein großes Lob von seinem zynischen Freunde.

»Du einfältiger junger Narr! Ich halte es für ungewöhnlich geistreich,« sagte Warrington mit freundlicher Stimme. »Und du hältst es ebenso dafür, mein Junge.« Damit klopfte er Pen mit dem Manuskript, das er in seiner Hand hielt, scherzhaft auf die Wange. Dieser Teil von Pens Antlitz wurde so rot, wie er jemals in der frühesten Zeit seines Errötens geworden war; er ergriff die Hand des anderen und sagte mit aller Macht: »Danke dir, Warrington,« zog sich darnach mit seinem Buche auf sein eigenes Zimmer zurück und verbrachte den größten Teil des Tages auf seinem Bette, indem er sein Werk wieder durchlas; und er tat, wie Warrington ihm geraten hatte, änderte ziemlich viel und fügte sehr viel hinzu, bis er endlich ›Walter Lorraine‹ so ziemlich in die Form gebracht hatte, in der er, wie der geschätzte Leser weiß, später erschien.

Während er über dieser Arbeit saß, erfüllte der gutmütige Warrington die beiden Herren, die für die Herren Bacon und Bungay ›lasen‹, schlauerweise mit der größten Neugier auf ›Walter Lorraine‹ und deutete auf die ganz besonderen Verdienste seines Verfassers hin. Es war zu der Zeit, wo die Novelle ›Der Modeherr‹ bei uns im Schwunge war, und Warrington verfehlte nicht, wie früher anzudeuten, daß Pen selbst ebenfalls ein in Modekreisen hochangesehener Mann 333 wäre, der Zutritt zu den Häusern einiger der ersten Persönlichkeiten des Landes hätte. Der einfache und gutherzige Percy Popjoy wurde zu einem Besuche bei Frau Bungey bewogen, welche er davon unterrichtete, daß sein Freund Pendennis mit einem Werke von überraschendster Art beschäftigt wäre, einem Werke, nach dem die ganze Stadt gelaufen kommen würde, voller Witz, Geist, Satire, Pathos und jeder nur erdenklichen guten Eigenschaft. Wir haben schon gesagt, daß Bungay von Novellen nicht mehr verstand, als von Hebräisch und Algebra, und die Bücher, die er herausgab und für die er bezahlte, weder las noch begriff; er entnahm vielmehr seine Meinungen seinen professionellen Ratgebern oder Frau Bungay und bat, augenscheinlich im Hinblick auf ein kaufmännisches Geschäft, Pendennis und Warrington wieder zu Tisch.

Als Bacon fand, daß Bungay auf dem Wege zum Unterhandeln war, begann er natürlich ängstlich und neugierig zu werden und wünschte, seinen Nebenbuhler zu überbieten. War schon irgendwie zwischen Herrn Pendennis und dem widerwärtigen Hause »über der Straße drüben« hinsichtlich des neuen Buches ein Abschluß erfolgt? Herr Hack, der vertraute Beurteiler, wurde beauftragt, Erkundigungen einzuziehen und zu sehen, ob sich etwas tun ließe, und das Resultat der Erkundigungen dieses Diplomaten war, daß eines Morgens Herr Bacon selbst die Treppe in Lamb Court und zu der Tür, an welcher die Namen des Herrn Warrington und Herrn Pendennis angeschrieben waren, heraufgekeucht kam.

Für einen Herrn vom Stande, wie man den 334 armen Pen dargestellt hatte, waren zugestandenermaßen die Gemächer, die er und sein Freund bewohnten, nicht sehr passend. Der zerrissene Teppich war während der zwei Jahre ihrer gemeinsamen Benutzung nur noch zerrissener geworden; ein beständiger Geruch von Tabak durchduftete das Wohnzimmer, Bacon stolperte über die Wassereimer der Wäscherin in dem Gange, den er zu passieren hatte, Warringtons Jagdjacke war an den Ellenbogen so zerrissen, wie gewöhnlich, und der Stuhl, auf den man Bacon bei seinem Eintritt sich zu setzen genötigt hatte, krachte mit dem Buchhändler zusammen. Warrington brach in ein Gelächter aus, sagte, daß Bacon den Spielstuhl bekommen hätte, und brüllte Pen zu, er möchte einen heilen aus seinem Schlafzimmer holen. Und als Warrington den Verleger mit einer Miene tiefsten mit Verwunderung gemischten Mitleids sich in dem räuchrigen Zimmer umschauen sah, fragte er ihn, ob er die Gemächer nicht für elegant hielte, und ob er wohl einen Artikel der Gerätschaften für Frau Bacons Putzzimmer haben möchte. Herrn Warringtons humoristischer Charakter war Herrn Bacon bekannt. »Ich kann nie aus diesem Burschen klug werden und nie sagen, ob er es im Ernste meint oder einen nur für einen Narren hält,« hörte man den Buchhändler murren.

Es ist sehr möglich, daß Herr Bacon die beiden Herren als falsche Propheten ganz und gar beiseite gesetzt haben würde, aber es lagen zufällig auf dem Frühstückstische gewisse Einladungskarten, die die Morgenpost für Pen gebracht hatte und die gerade von einigen sehr hochgestellten Persönlichkeiten der 335 beau-mondekamen, in die der junge Mann eingeführt war. Als Bacon einen Blick auf diese warf, sah er, daß die Marquise von Steyne auf einen bestimmten Tag für Herrn Arthur Pendennis zu Hause sein würde, und daß eine andere Dame von Distinktion ihn benachrichtigte, daß sie an einem der kommenden Abende einen Ball in ihrem Hause veranstalten würde. Warrington sah den staunenden Buchhändler diese Dokumente mit den Augen verschlingen. »Ah,« sagte er leichthin, »Pendennis ist einer der liebenswürdigsten jungen Leute, die ich je kennen lernte, Herr Bacon. Er ist ein junges Herrchen, das mit allen großen Leuten Londons speist, und doch wird er ganz zufrieden einwilligen, seine Hammelkeule mit Ihnen und mir zu verzehren. Es geht doch nichts über die Leutseligkeit eines echten englischen Gentlemans.«

»O nichts,« sagte Herr Bacon.

»Und Sie wundern sich, warum er immer noch drei Treppen hoch mit mir zusammenwohnt, nicht wahr? Nun, das ist ein närrischer Geschmack. Aber wir haben einander gern, und da es mir meine Mittel nicht erlauben, in einem vornehmen Hause zu wohnen, so kommt er und bleibt bei mir in diesem wüsten alten Neste. Er ist ein Mann, der überall leben könnte.«

»Ich meine, hier kostet's ihm eben nicht viel,« dachte Herr Bacon; und gleich darauf trat der Gegenstand dieser Lobpreisungen aus seinem anstoßenden Schlafzimmer in die Stube.

Nun begann Herr Bacon von dem Zwecke seines Besuches zu sprechen; er sagte, er hätte gehört, daß Herr Pendennis eine Novelle im Manuskript liegen 336 hätte, bekannte, daß er gern einen Einblick in das Werk tun würde, und zweifelte nicht daran, daß sie sich miteinander verständigen würden. Was würde der Preis sein, den er verlangen würde? Würde er es Bacon abschlagen? Er würde finden, daß sein Haus liberal zahlte usw. Der entzückte Pen nahm eine Miene der Gleichgültigkeit an und sagte, er stände schon mit Bungay in Unterhandlung und könnte keine endgültige Antwort geben. Dies stachelte den anderen zu solchen liberalen, wenn auch unbestimmten Geboten an, daß Pen sich einzubilden anfing, das Eldorado öffnete sich ihm, und daß von diesem Tage an sein Glück gemacht wäre. Ich werde nicht erwähnen, welches die Geldsumme war, die Herr Arthur Pendennis schließlich für die erste Auflage seiner Novelle ›Walter Lorraine‹ empfing, damit nicht andere junge literarische Streber erwarten, daß sie ebenso glücklich wie er sein würden, und unberufene Personen nicht ihre Stellung, sie sei wie sie wolle, aufgeben, um die Welt mit Novellen zu versorgen, von denen es bereits genügend gibt. Mögen sich junge Leute nicht verleiten lassen und zu ihrem Verhängnis sich aufs Romanschreiben stürzen, denn auf ein Buch, das Erfolg hat, mögen sie sich die vielen vergegenwärtigen, die – ich sage weder verdienter- noch unverdienterweise – Fiasko machen und klugerweise davon abstehen, oder, wenn sie's wagen wollen, so mögen sie es wenigstens auf ihre eigene Gefahr hin tun. Was diejenigen betrifft, die bereits Novellen geschrieben haben, so ergeht diese Warnung natürlich an sie nicht. Mögen sie ihre Waren zu Markte bringen, mögen sie sich an Bacon und Bungay und alle 337 Verleger in der Row oder der Hauptstadt wenden, und mögen sie glücklich sein in ihren Unternehmungen! Die Welt ist groß und der Geschmack der Menschen glücklicherweise so verschieden, daß jedermann stets eine Möglichkeit vor sich hat, und er entweder durch sein Genie oder sein Glück den Preis gewinnen kann. Aber was ist eine Möglichkeit zwischen Erfolg oder Fehlschlagen, was bloße Aussicht auf Erreichung von Beliebtheit oder auf das Festhalten derselben, wenn sie erreicht ist? Der eine geht über das Eis, und es trägt ihn, und ein halbes Schock, die ihm folgen, brechen ein. Kurz und gut, Herrn Pendennis' Fall war eine Ausnahme und gilt nur für ihn selbst, und ich behaupte feierlich und will bis ans Ende daran festhalten, daß es ein Ding ist, eine Novelle zu schreiben, und ein anderes, Geld dafür zu bekommen.

Durch Verdienst also oder durch Glück oder auch durch das geschickte Hetzen Bungays gegen Bacon, das Warrington besorgte (und das ein Anfänger in der Novellistik ganz leicht mit jeden beliebigen zwei Buchhändlern versuchen kann), wurde Pens Novelle wirklich für eine gewisse Summe Geld an einen der beiden berühmten Patrone der Schriftstellerei verkauft, die wir unseren Lesern vorgestellt haben. Die Summe war so beträchtlich, daß Pen daran dachte, sich ein Bankkonto eröffnen zu lassen, oder sich Wagen und Pferde zu halten, oder in die erste Etage von Lamb Court, in neu möblierte Gemächer, hinabzuziehen oder in das fashionable Ende der Stadt auszuwandern.

Major Pendennis riet sehr zur letzteren Aenderung; er riß seine Augen vor Verwunderung auf, als 338 er von dem großen Glücksfalle hörte, der Pen zuteil geworden war, und den der letztere, sobald er stattgefunden hatte, seinem Onkel mitzuteilen sich beeilte. Der Major war fast böse, daß Pen soviel Geld verdient haben sollte. »Wer zum Teufel liest nur derartiges Zeug?« dachte er bei sich selbst, als er von dem Handel hörte, den Pen abgeschlossen.

»Ich lese nie eure Novellen und solch Geschmier. Mit Ausnahme von Paul de Kock, der mich allerdings lachen macht, glaube ich nicht, daß ich diese dreißig Jahr in ein Buch von der Sorte geguckt habe. Weiß Gott! Dieser Pen hat Glück. Ich sollte meinen, er könnte jetzt alle Monat eins von diesen Dingern schreiben, – eins im Monat, macht zwölf im Jahr. Donnerwetter, er kann fortfahren, diesen Unsinn die nächsten vier oder fünf Jahre auszuspinnen und sich ein Vermögen erwerben. Inzwischen, würde ich wünschen, sollte er anständig leben, eine respektable Wohnung beziehen und einen eigenen Wagen halten.«

Arthur erzählte Warrington lachend, was der Rat seines Onkels gewesen, aber er hatte glücklicherweise einen viel verständigeren Ratgeber als den alten Gentleman in der Person seines Freundes und in seinem eigenen Gewissen, das zu ihm sagte: »Sei dankbar für diesen großen Glücksfall, stürze dich nicht in irgendwelche Extravaganzen. Zahle Laura ab!« Und er schrieb ihr auch einen Brief, in dem er ihr seinen Dank und seine Erkenntlichkeit bezeigte, und machte ihr eine solche Zurückzahlung auf seine Schuld, daß dieselbe fast ganz ausgeglichen war. Die Witwe und Laura selbst mußten sehr angenehm berührt werden von 339 diesem Briefe. Er war mit echter Zärtlichkeit und Bescheidenheit geschrieben, und der alte Dr. Portman, der eine Stelle des Briefes gelesen hatte, in der Pen mit einem wackeren Herzen voll Dankbarkeit demütig dem Himmel für sein gegenwärtiges Glück dankte, und dafür, daß er ihm so liebe und gütige Freunde gesandt, die ihn in seinem Unglück unterstützten – als, sagen wir, Dr. Portman diesen Teil des Briefes las, zitterte seine Stimme und seine Augen blinzelten hinter seinen Brillengläsern. Und als er mit dem Durchlesen desselben ganz fertig war, seine Brille von der Nase genommen und das Papier wieder zusammengefaltet und es der Witwe zurückgegeben hatte, bin ich gezwungen zu sagen, daß der Doktor, nachdem er Frau Pendennis' Hand eine Minute in der seinen gehalten, die Dame dann an sich zog und sie sanft küßte, auf welchen Gruß natürlich Helene an des Doktors Schulter in lautes Weinen ausbrach, denn ihr Herz war zu voll, um irgendeine andere Antwort zu geben; und der Doktor, der nach seiner Heldentat sehr errötete, führte die Dame mit einer Verbeugung nach dem Sofa, auf welches er sich neben sie setzte, und er murmelte mit leiser Stimme etliche Worte von einem großen Poeten, den er sehr liebe, und welcher beschriebe, wie er in den Tagen seines Glücks »der Witwe Herz vor Freude jauchzen ließ.«

»Der Brief macht dem Jungen sehr große Ehre, sehr große Ehre, meine Liebe,« sagte er, indem er sanft auf Helenes Knie klopfte – »und ich glaube, wir haben alle Ursache, dankbar dafür zu sein – sehr dankbar. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen wem, meine 340 Liebe, denn Sie sind eine fromme Frau, ja Laura, meine Liebe, Ihre Mutter ist eine fromme Frau. Und, Madame, Frau Pendennis, ich werde ein Exemplar von dem Buche für mich selbst und ein anderes für den Leseklub bestellen.«

Wir dürfen überzeugt sein, daß die Witwe und Laura der Post entgegengingen, die ihnen ihr Exemplar von Pens köstlicher Novelle brachte, sobald dies Werk gedruckt und zur Auslieferung an das Publikum fertig war, daß sie es miteinander lasen und daß sie es jede für sich und geheim noch einmal lasen; denn als die Witwe in ihrem Schlafrock morgens um ein Uhr mit Band zwei, den sie vollendet, aus ihrem Zimmer kam, fand sie Laura, die eben Band drei im Bette zu verschlingen im Begriffe stand. Laura sagte nicht viel über das Buch, aber Helene nannte es eine glückliche Mischung von Shakspeare und Byron und Walter Scott, und war ganz sicher, daß ihr Sohn ebenso das größte Genie, wie der beste Sohn der Welt wäre.

Dachte denn Laura, wenn sie auch noch so wenig sagte, nicht über das Buch und den Verfasser nach? Wenigstens dachte sie an Arthur Pendennis. So freundlich als sein Ton war, so verletzte er sie doch. Sie fand keinen Gefallen an seiner Hast, ihr das Geld wiederzugeben. Sie hätte es lieber gehabt, wenn ihr Bruder das Geld von ihr als Geschenk angenommen hätte, wie sie beabsichtigte, und es tat ihr weh, daß Geldbeziehungen zwischen ihnen stattfanden. Seine Briefe aus London, geschrieben in der gutherzigen Absicht, seiner Mutter eine Freude zu machen, waren voller Beschreibungen der vornehmen Leute und ihrer Feste und der 341 Pracht der großen Stadt. Jeder schmeichelte ihm und verdarb ihn, dessen war sie sicher. Sah er sich nicht nach einer vornehmen Heirat um, mit jenem schlauen Mentor von einem Onkel (zwischen dem und Laura stets eine Antipathie herrschte), diesem eingefleischten Weltling, dessen ganzes Dichten und Trachten nur auf Vergnügen, Rang und Vermögen gerichtet war? Er spielte nie auf die alten Zeiten an, wenn er von ihr sprach. Er hatte vielleicht diese und sie ganz vergessen, hatte er nicht auch andere Dinge und Menschen vergessen?

Diese Gedanken mögen durch Fräulein Lauras Kopf gegangen sein, obwohl sie sie Helene nicht anvertraute, nicht anvertrauen konnte. Sie hatte vor dieser Dame noch ein Geheimnis, das sie nicht verlauten lassen konnte, vielleicht weil sie wußte, wie die Witwe gejauchzt haben würde, wenn sie es erfahren hätte. Das betraf einen Vorfall, der sich während jenes Besuches bei Lady Rockminster zugetragen, den Laura in den letzten Weihnachtsfeiertagen abgestattet hatte, wo Pen bei seiner Mutter zu Hause war, und wo Herr Pynsent, der für so kalt und ehrgeizig galt, in aller Form Fräulein Bell seine Hand angetragen hatte. Kein Mensch außer ihr selbst und ihrem Bewunderer wußte von diesem Antrag, oder vielmehr daß sie Pynsent ausgeschlagen hatte, und wahrscheinlich waren die Gründe, die sie dem gekränkten jungen Manne angab, nicht die, welche ihre Weigerung veranlaßten, oder die, welche sie vor sich selbst anerkennen wollte. »Ich kann,« sagte sie Pynsent, »nie ein solches Anerbieten annehmen, wie Sie es mir machen, das, wie Sie selbst 342 zugestehen, Ihrer Familie unbekannt ist und ihr sicherlich auch unwillkommen sein würde. Der Rangunterschied zwischen uns ist zu groß. Sie sind so freundlich zu mir – zu gütig und freundlich, lieber Herr Pynsent – aber ich bin wenig mehr als ein von anderen abhängiges Mädchen.«

»Abhängig! Wer hat jemals von Ihnen so gedacht? Sie stehen jedermann in der Welt gleich,« fuhr Pynsent heraus.

»Ich bin auch von Hause abhängig,« sagte Laura sanft, »und möchte auch wirklich nichts anderes sein. Frühzeitig als arme Waise in der Welt zurückgelassen, habe ich die gütigste und zärtlichste der Mütter gefunden und gelobt, sie niemals zu verlassen – niemals. Bitte, sprechen Sie nicht wieder davon – weder hier noch unter dem Dache Ihrer Verwandten oder irgendwo anders. Es ist unmöglich.«

»Wenn Lady Rockminster Sie selbst fragt, werden Sie dann auf sie hören?« rief Pynsent eifrig.

»Nein,« erwiderte Laura. »Ich bitte Sie, nie wieder davon zu sprechen. Ich muß fortgehen, wenn Sie es tun.« – Und damit verließ sie ihn.

Pynsent bat nie um die Vermittlung der Lady Rockminster; er wußte, wie eitel es gewesen wäre, sich danach umzusehen, und er sprach auch nie wieder zu Laura oder irgendeiner anderen Person über diesen Gegenstand.

Als endlich die berühmte Novelle erschien, fand sie nicht nur bei den unparteiischeren Kritikern als Frau Pendennis Beifall, sondern sie sagte auch, zum Glücke für Pen, dem Geschmacke des Publikums zu 343 und erlangte schnelle und beträchtliche Popularität. Noch ehe zwei Monat vergangen waren, hatte Pen die Genugtuung und Ueberraschung, die zweite Auflage von ›Walter Lorraine‹ in den Zeitungen angekündigt zu sehen, und genoß das Vergnügen, die Kritiken verschiedener literarischer Journale und Revüen über dieses Buch zu lesen und nach Hause zu schicken. Ihr Urteil kümmerte ihn nicht viel; denn der gutmütige junge Mann war geneigt, die absprechenden Urteile der anderen mit beträchtlicher Demut hinzunehmen. Auch ihr Lob erhob ihn nicht gar zu sehr, denn, wie die meisten wackeren Menschen, hatte er seine eigene Meinung über seine Leistungen, und wenn ein Kritiker ihn an falscher Stelle lobte, war er über das Kompliment eher verletzt als erfreut. Aber wenn eine Revüe sich über sein Werk sehr lobend aussprach, so war es ein großes Vergnügen für ihn, dies seiner Mutter nach Fairoaks zu schicken und an die Freude zu denken, die es dort bereiten werde. Es gibt einige Naturen, und vielleicht war, wie wir schon gesagt haben, Pendennis' Natur eine solche, die durch Glück und Freundlichkeit des Geschicks besser und sanfter werden, wie es Leute von anderer Anlage gibt, die durch Glücksfälle hochmütig und hart werden. Glücklich der, der das eine wie das andere mit Bescheidenheit und guter Laune ertragen kann! Glücklich, wer so erzogen worden ist, daß er sein Schicksal, wie es auch immer sein mag, ertragen kann, erzogen durch frühzeitig ihm vor die Augen gestelltes Beispiel von Aufrichtigkeit und eine Führung in ehrenhaften Grundsätzen von Jugend auf! 344



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