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Fünftes Kapitel.
Sangarelle

Er war ganz schwarz gekleidet und sah aus, wie in England Leichenbesorger auszusehen pflegen, er hatte nämlich ein glattrasiertes, geisterhaft bleiches Gesicht mit einer ziemlich langen, etwas rötlich angelaufenen Nase. Dazu trug er schwarze Handschuhe, hielt seinen hohen Hut in der einen, den Regenschirm in der andern Hand. Unaufgefordert, wie er eingetreten war, setzte er sich auf einen Stuhl, während Frisson zu Peters Verwunderung herbeistürzte und ihn mit Küssen auf beide Wangen begrüßte.

»Mein lieber Sangarelle,« rief er, »welch ein Glück! Wie ein Sommersonnenstrahl! Und haben Sie den ganzen weiten Weg zu Fuß gemacht oder mit dem Omnibus? Ein Gläschen Kognak … mein Gott, wir haben ja keinen, er wird aber gleich kommen … und Sie rauchen nicht einmal, wie schade! Hans kann jeden Augenblick zurück sein … wie steht's mit Ihrem Rheumatismus? Das ist Herr Peter Alabaster, ein sehr werter Freund von mir, der Ihnen auf den ersten Blick gefallen wird – Lacenaire kennen Sie ja. Wie merkwürdig, daß Sie mich gerade heute besuchen, wo ich eine Anzahl von Freunden eingeladen habe …«

»Freunde!« warf Sangarelle mit einer so schneidenden Bitterkeit und so tiefer Schwermut hin, daß der Ton dem jungen Amerikaner durch Mark und Bein ging.

»Jawohl Freunde, Catanet und Monnier und Fortuny und noch viele andre. Stellen Sie sich nur vor – wir laden elf Kameraden und einen Priester ein, natürlich um miteinander zu essen, zu trinken und fröhlich zu sein, und mit einem Male merken wir, daß wir kein Geld haben, keinen Kredit und nichts, was nur versetzen könnten, außer zerschlissenen Pantoffeln! Ein Paar Pantoffeln, die das Maul aufsperren, reichen nicht aus, um eine Gesellschaft von Zwölfen zu ernähren, also können Sie sich unsre Verzweiflung vorstellen. Da erscheint in tiefster Not ein Engel, ein Engel in Gestalt des Herrn Peter Alabaster …«

»Aber ich bitte Sie,« fiel ihm Peter errötend ins Wort, »ich bin …«

»Kein Engel? Einerlei! Wir haben ihn ins Vertrauen gezogen und er hat uns gerettet, gerettet durch ein Zwanzigfrankenstück, das Hans samt einem leeren Korb bei sich hat. Ich wollte, er wäre wieder da, denn mir ist nie recht wohl dabei, wenn Hans mit einem Goldstück ausgeht. Solch ein Ding ist gar zu anziehend; man nimmt es heraus und betrachtet es und es verschwindet, man kommt in Angst, durchstöbert all seine Taschen – es ist nirgends! Man macht sich auf den Rückweg, fragt landfremde Menschen, ja sogar Laternenpfähle: ›Wo ist mein Napoleon?‹ Und schließlich findet einen der Hausmeister auf der Treppe sitzend und vor sich hin murmelnd: ›Wo ist der Napoleon?‹ Ach, mein Gott – wo ist er? Ich wollte, Hans wäre wieder da!«

»Vor einer halben Stunde,« bemerkte Sangarelle in wehmütigem Ton, »war ich in der ›Schwarzen Katze‹, um ein Gläschen Absinth zu trinken. Dort sah ich, von einem halben Dutzend Deutscher umringt, die über das Perpetuum mobile stritten …«

»Was?« schrie Frisson, dem die Haare zu Berg standen.

»Und mit einem leeren Korb neben sich, Hans Carabin …«

Frissons Arme sanken schlaff herab; er schien die Fußtritte der elf Freunde und des Geistlichen schon auf der Treppe zu hören. Jetzt wußte er genau, was aus den zwanzig Franken werden würde. Wie in einem bangen Traum rechnete er aus, wieviel ›Bock‹ sechs Deutsche und Hans binnen drei Viertelstunden trinken konnten; an die Zigarren durfte er gar nicht denken. Dann sprang er auf.

»Machen wir uns eilig aus dem Staub! Kommt alle, Peter, Paul und Sie, mein lieber Sangarelle. In einem kleinen Café ganz in der Nähe habe ich Kredit, dort wollen wir speisen. Hier kann ich nicht bleiben, den andern Gästen nicht die Stirne bieten, Herr Prud'homme und van Raalte mögen sie allein empfangen. Dieser Elende, dieser unglückliche Hans, den das Perpetuum mobile verzehrt – einerlei, teure Freunde, machen wir, daß wir fortkommen.«

Im Hinausgehen trat Sangarelle an das Bett, hob das Taschentuch vom Gesicht des Schläfers und sagte – es klang, als ob ein Stein ins Wasser fiele – nur das einzige Wort: »Besoffen.«

Dann schloß er sich Frisson an, und Peter folgte mit Paul, der sich an der Haustüre darauf besann, daß er ja ohne Hut und Stock sei, und eilig in seinen vierten Stock hinaufging, um beides zu holen.

»Sein Kopf ist so erfüllt von Jupiter,« erklärte Frisson, während die Gesellschaft auf ihn wartete, »daß er in Dingen unsres Planeten vergeßlich, sogar nachlässig ist. Gestern hörte ich den Papa Grognard auf der Treppe den Mietzins von ihm fordern. ›Ich werde Sie bezahlen, wenn ich bezahlt werde,‹ gab ihm Paul zur Antwort. ›Und, bitte, wann wird das geschehen?‹ fragte der Alte. ›Sobald ich einem angeblichen Irrtum in meinen Berechnungen auf die Spur gekommen sein oder nachgewiesen haben werde, daß es kein Irrtum ist. Es handelt sich nämlich um die Bewegung des Sirius …‹ ›Was schert mich der Sirius?‹ schrie unser Hausvater. ›Ich will meinen Zins zur Zeit haben …‹ ›Mein lieber Herr Grognard, kommen Sie mir nicht mit dem abgedroschenen Schlagwort Zeit. Zeit gibt es überhaupt nicht, es gibt nur Bewegung …‹«

»Gehen wir,« sagte der zurückkehrende Mathematiker. »Meinen Hut habe ich, aber Regenschirm und Handschuhe waren nicht aufzufinden.«

Frisson und Sangarelle gingen voran, Lacenaire hing sich träumerisch an Peters Arm. Die Dämmerung war angebrochen und die Straßenlaternen wurden angezündet.

»Wie interessant Ihre Arbeit sein muß!« sagte Peter, der sein Heimweh ganz vergessen hatte im Kreis dieser Männer, die so freundlich gegen ihn waren, und der den Mann an seiner Seite durch die Brillengläser förmlich anstrahlte.

»Meine Arbeit? O ja, sehr interessant, obwohl vielleicht – ach, jetzt fällt mir ein, daß ich meine Handschuhe gestern verloren habe. Ich fuhr gestern mit dem Omnibus in der Richtung nach der Sternwarte; an der Cassinstraße stieg ich aus, und als ich auf die Sternwarte kam, hatte ich steife Finger, und da fiel mir ein, daß ich meine Handschuhe im Omnibus gelassen hatte. Nun muß ich morgen aufs Fundamt der Omnibusgesellschaft gehen. Den Wagen zu bezeichnen wird leicht sein. Es waren vier Personen darin – ich selbst, eine Dame in einem roten Kleid, mit einer roten Feder auf dem Hut und einem Sonnenschirm mit goldenem Griff. Ein Herr mit einem breitkrempigen Hut, das Band der Ehrenlegion im Knopfloch, auf der Handtasche, die er neben sich stehen hatte, standen die Buchstaben G. B. Ein Kind war auch noch im Wagen, aber wie es gekleidet war, weiß ich nicht mehr. Es ist sehr verdrießlich, daß ich die Handschuhe verloren habe, aber viel schlimmer wär's, wenn ich die Mappe verloren hätte, die ich bei mir trug, denn in der befand sich eine Sternkarte, deren Verlust geradezu ein nationales Unglück zu nennen wäre, da sie die dreijährige Arbeit der Sternwarte enthielt, die Vermessungsarbeit nämlich … Mein Gott! Wenn mir doch die Handschuhe nicht eingefallen wären, denn nun wird mich die Sternkarte die ganze Nacht verfolgen!«

»Sie haben sie ja nicht verloren!«

»Nein,« sagte Lacenaire schaudernd, »aber ich hätte sie verlieren können.«

Diese Möglichkeit konnte Peter nicht bestreiten. Sie waren jetzt in die Clavisstraße gelangt und die Herren machten vor einem ganz einladenden kleinen Kaffeehaus halt.

»Bitte, wartet hier auf mich,« rief Frisson den Herankommenden zu. »Ich möchte zuerst nach dem Wirt fragen. Er ist mir befreundet und ich hörte heute früh, daß er die Halsbräune habe. Es wird nicht lange dauern …«

Und richtig, Frisson kam nach wenigen Sekunden mit bestürztem Gesicht wieder heraus.

»Es ist schlimmer geworden mit ihm,« erklärte er den Freunden. »Sie fürchten, es sei Diphtheritis …«

Er ging wieder mit seinem düstern, schweigenden Gefährten voran, indes die beiden andern folgten.

»Keinen Kredit!« murmelte Lacenaire in sich hinein.

Die Gesellschaft ging quer über den Pantheonsplatz, dann machte Frisson in der Soufflotstraße vor einem weit weniger einladenden Café abermals halt. Hier wollte er nur geschwind nach einem Bekannten sehen, der möglicherweise hier sei, nach einem Bekannten, der ihm Geld schuldig war.

»Man muß das Eisen schmieden, solange es heiß ist,« bemerkte er. »Mein Freund ist Gravierer und hat heute Zahltag, da hat er die Taschen voll Geld, und diesen günstigen Augenblick will ich benützen.«

Aber der Freund mit den gefüllten Taschen mußte nicht in dem Café gewesen sein – dem Gesicht nach zu urteilen, womit Frisson alsbald wieder herauskam. Er zog jetzt den schwermütigen Sangarelle etwas abseits, worauf dieser die Hand in die Tasche steckte und Frisson etwas gab, was dieser wieder in seine Tasche steckte, worauf er zu Lacenaire und Peter gelaufen kam.

»Wir haben unsre Pläne geändert,« rief er, »und entsagen der Ehrbarkeit! Sangarelle ist auf den Einfall gekommen! Wir werden in den ›Drei Groschen‹ speisen! Peter soll die schmackhafte Seite von Paris kennen lernen. – Haben Sie je Kohlsuppe gegessen, Peter?«

»Kohlsuppe?« wiederholte Peter, alle Suppen seiner Vergangenheit im Geist an sich vorüberziehen lassend. »Nein, soviel ich weiß, niemals.«

»Wie glücklich sich das trifft!« rief Frisson. »Die erste Kohlsuppe im Leben ist ein Ereignis und die erste Kohlsuppe in den ›Drei Groschen‹ ein Abenteuer – vorwärts!«

Er trieb die Gesellschaft eilig durch einen langen dunklen Durchgang in ein Lokal, das halb Kneipe, halb Keller war. Mehrere lange hölzerne Tafeln standen darin und ein paar Männer in Arbeiterblusen saßen, aus Tonpfeifchen rauchend, mit breit aufgestützten Ellbogen an den Tischen. Löffel und Gabeln aus Zinn waren aufgelegt, und niemand kam in Versuchung, einen Löffel oder eine Gabel mitlaufen zu lassen, denn sie waren mit Ketten an den Tischen befestigt. Die Decke war schwarz, schwarz wie eine alte Pfeife, die fünfzig Jahre lang Tabak geschluckt hat. Von Möbeln war kein Stück vorhanden, das man hätte zerschmettern oder einander an den Kopf werfen oder als Waffe gegen den Schutzmann gebrauchen können. Die Sitze bestanden aus viereckigen, fest in den Boden eingerammten Klötzen, und wer einen solchen verschmähte, hatte keine andre Wahl als stehen zu bleiben, denn an den Wänden stand deutlich angeschrieben: ›Das Sitzen auf den Tischen ist verboten.‹

Ein starker Geruch erfüllte den Raum, ein Duft, über den nicht einmal der Tabaksqualm Meister wurde, der Duft von Kohlsuppe.

Das war das Lokal zu den ›Drei Groschen‹, das als von der Polizei in Ehren gehaltener Überrest der Vergangenheit sehr heimlich an dem dunklen Durchgang lag, eine Art von Austerbank, die man in diesem stillen Altwasser angelegt hatte mit Kohlsuppe als Köder, und die sich nächtlicherweile mit sehr fraglichem Publikum zu füllen pflegte, mit Herren in Gesellschaftsanzügen, die viel zu schmierig waren, um Vertrauen einzuflößen, oder in Arbeiterblusen, die viel zu reinlich waren, um zu überzeugen.

Als Frisson mit seinen Freunden das Lokal betrat, bemerkte Peter, daß verschiedene von den Blusenmännern – echte Blusen, denn sechs Uhr war die Stunde des anständigen Publikums in den »Drei Groschen« – die Ankömmlinge musternd, einander anstießen und sich leise zuraunten: »Sangarelle … jawohl, er ist's … das ist Sangarelle!«

Die Männer schoben sich von Sitz zu Sitz näher an den Tisch heran, an dem die neu Angekommenen Platz genommen hatten, und fuhren fort, Sangarelle anzustarren, der unbekümmert um die Neugier, die er erregte, in wehmütige Betrachtung des klobigen Tisches versenkt zu sein schien.

»Wer dieser Herr Sangarelle nur sein mag?« überlegte Peter bei sich. »Warum blinzeln die Leute einander zu, stoßen sich an und grinsen, wenn sie ihn ansehen? Wo würde sich ein Handwerker in den Vereinigten Staaten eine solche Taktlosigkeit zu schulden kommen lassen!«

Er gab sich alle Mühe, den schlecht erzogenen Arbeitern durch seine Brillengläser entrüstete Blicke zuzuwerfen, die indessen sehr mild ausfielen. Der Kellner stellte einen großen Korb mit Broten und zwei ungeheure Flaschen mit Rotwein auf den Tisch und dann erschien, dampfend und sehr stark riechend, die Suppe! Solch ein Wein! Solch eine Suppe! Der eine so unverfälscht, die andre so –!!

»Das war wirklich eine Eingebung, daß ich euch hierher gebracht habe!« rief Frisson begeistert. »In einem Café kann jeder speisen, da ist nichts Originelles dabei, und überdies ist's anständig, wenigstens sagt es Hans … Anständigkeit ist mir ein Greuel, die überlasse ich Hans. Der hat mitunter Anfälle von Ehrbarkeit, da rührt sich sein Gewissen, und dann liest er alles bare Geld in der Wohnung zusammen, stülpt all meine Taschen um und geht ins Café. Gerade wie andre Leute in die Kirche gehen, wenn sie die Ehrbarkeit anwandelt, so geht Hans ins Café. Ich für mein Teil bin lieber unanständig und koche mir mein Essen daheim … Peter, Sie rühren ja den Wein nicht an!«

»Ich trinke nie Wein, danke sehr,« sagte Peter, dessen Gesicht von der heißen Suppe glühte. »Aber diese Suppe ist wirklich vortrefflich. Ich hätte mir nicht träumen lassen, daß man Kohl derart zu einer Suppe verarbeiten könnte – wenn ich nach Haus komme, muß ich die Adresse dieser Wirtschaft in mein Tagebuch eintragen.«

»Sie führen ein Tagebuch?« fragte Sangarelle.

»Ja, mein Herr,« erwiderte Peter, ganz erleichtert, daß der finstere Mann endlich sein finsteres Schweigen gebrochen hatte.

»Sehr verfehlte Sache,« bemerkte Sangarelle. »Ich kenne einen, der durch sein Tagebuch an den Galgen kam. Er hatte ein altes Weib um etlicher tausend Franken willen, die sie in einem Strumpf verwahrt hatte, erdrosselt und die Sache in sein Tagebuch geschrieben. Dieses wurde aufgefunden und er wurde gehenkt. So ist der Mensch, dieser gesegnete Esel mit dem Mörderherzen.«

Die Blusenmänner kicherten und nickten einander zu, als ob sie sagen wollten: »Hört doch nur, was dieser Sangarelle für ein drolliger Kauz ist!«

Peter schielte wieder vorwurfsvoll zu ihnen hinüber und schickte sich dann an, Sangarelle zu erklären, daß er nur Orte und Menschennamen, keine Mordtaten, in sein Tagebuch eintrage, aber Frisson ließ ihn nicht zu Wort kommen.

»Sangarelle hat vollkommen recht,« sagte er. »Ein Bekannter von mir hatte eine Liebschaft mit einem reizenden Mädchen. Sie verzeichnete auch die kleinsten Einzelheiten dieser Liebschaft in ihrem Tagebuch; dieses verwahrte sie in einer Schublade und den Schlüssel zu dieser Schublade trug sie in der Tasche. Eines Tages aber durchsuchte ihre Tante, die eine Betschwester war – nebenbei, haben Sie je beobachtet, wie völlig den frommen Frauenzimmern um die Fünfzig herum der Ehrbegriff abgeht? – diese Betschwester von einer Tante also kramte in den Taschen der Nichte, fand den Schlüssel, machte die Schublade auf, fand das Tagebuch, machte das Tagebuch auf und fand – die Liebschaft. Die Folge davon war, daß mein unglücklicher Freund das Mädchen heiraten mußte. Schließlich wurde das Tagebuch aber doch noch seine Rettung! Ein Jahr nach seiner Verheiratung wurde er nämlich auch fromm, und haben Sie je einen Frommen gesehen, der in der Eifersucht nicht der größten Gemeinheit fähig wäre? Er durchsuchte die Taschen seiner Frau, fand einen Schlüssel, machte mit dem Schlüssel eine Schublade auf und fand das Tagebuch, das nämliche alte Tagebuch, und in dem Tagebuch eine Liebschaft, aber nicht die alte, sondern eine nagelneue, kaum vier Wochen alte. Daraufhin erlangte er die Scheidung, sie aber konnte ein Blatt umschlagen in ihrem Tagebuch.«

»Wie merkwürdig!« sagte Peter. »Ich hätte nie gedacht, daß die Leute so töricht sein könnten, Derartiges in ihre Tagebücher zu schreiben – ich meine Verbrechen und solche Geschichten. Es muß doch reichlich genug sein, sie auf dem Gewissen zu haben.«

»Das ist's ja, irgendwo muß man ein Verbrechen doch unterbringen. Hat einer nun kein Gewissen, so bleibt ihm nichts übrig, als es in sein Tagebuch zu stecken. Nur Leute, die ein Gewissen haben, können ihre Verbrechen bei sich behalten, weshalb so viele gewissenhafte Leute für vortrefflich gelten.«

»Ich hab's!« rief Lacenaire, der seit einer Viertelstunde in tiefem Nachdenken schweigend dagesessen hatte.

»Was? Den Irrtum in deinen Berechnungen?«

»Nein, aber ich weiß jetzt, wo mein Regenschirm ist.«

»Wo hast du ihn denn entdeckt?«

»Hans Carabin hat ihn. Vorgestern – nein gestern habe ich ihm den Schirm geliehen. Fünfzehn Minuten nach drei Uhr kam er in meine Stube. Er hatte den Hut auf und aß ein belegtes Brötchen mit Schnittlauch darauf; er trug die grüne Weste und einen Rock mit Samtkragen, auf der linken Klappe war ein Fleck, und er entlehnte meinen Schirm mit der Begründung, daß er zum Schuhmacher gehen müsse, um ein Paar Stiefel abzuholen. Er zeigte mir die linke Schuhsohle, und allerdings waren die Schuhe, die er trug, durchsichtig. Dann begann er die Vorsehung zu lästern und ich beschwor ihn, in Gottes Namen zu nehmen, was er wolle, aber mich in Ruhe zu lassen, da ich sehr beschäftigt sei. Da nahm er den Schirm und ging – dreiundzwanzig Minuten nach drei Uhr verließ er mein Zimmer, und den Schirm habe ich seitdem nicht wiedergesehen.«

»Aha!« dachte Frisson für sich. »Jetzt begreife ich doch, woher er gestern das Geld für die neuen Schuhe nahm.«

»Wollt ihr noch etwas haben?« fragte er laut. »Wenn ja, so bitte ich's mir zu sagen; es gibt hier nämlich nur eine Schüssel, Peter. Das Menu ist Suppe – Kohlsuppe, Fisch – Kohlsuppe, Braten – Kohlsuppe, Salat – Kohlsuppe, Nachtisch – Kohlsuppe. Was mich betrifft, so gehe ich nie über die Suppe hinaus, aber so viel ich weiß, hat einer einmal das ganze Menu durchgegessen. Er hatte sich in den Kloaken vor der Polizei verborgen gehalten – es war noch im Paris von ehedem – und acht Tage gefastet. Dann trieb ihn der Hunger aus seinem Versteck, er stürzte hierher und aß das ganze Menu durch. Als er beim Nachtisch angelangt war, erschien die Polizei, die ihn verfolgt hatte, fiel über ihn her und im Ringen ist er zerplatzt. Sie schafften seine Überreste in einem Korb nach dem Beaujon. Nehmen Sie Fisch, Peter?«

»Nein, ich danke,« sagte Peter, über Frisson und seine Geschichte lächelnd. »Diese Suppe ist so verführerisch, daß ich leicht auch bis zum Nachtisch gelangen könnte, und das wäre denn doch bedenklich. Übrigens ist es ja schon sieben Uhr. Wie die Zeit verfliegt!«

»Finden Sie?« fragte Sangarelle in weltschmerzlichem Ton, indem er die schwarzen Handschuhe anzog, aufstand, den schwarzen Hut aufsetzte und den schwarzen Rock zuknöpfte.

»Müssen Sie denn schon fort?« fragte Frisson traurig, wie ein Mensch, der den fröhlichsten Kameraden scheiden sehen muß.

»Ich habe kaum noch Zeit, mich anzukleiden …«

»Das ist allerdings richtig,« gab Frisson zu, und Sangarelle verließ das Lokal, wobei die Blusenmänner in die Hände klatschten und mit den Füßen stampften, als ob sie im Theater wären.

»Wie entsetzlich roh diese Leute sind,« bemerkte Peter.

»Roh – wer denn?«

»Diese Männer, die über Herrn Sangarelle lachen, und mit den Füßen stampfen, wenn er geht.«

»Roh nennen Sie das? Sie vergöttern ihn ja!«

»Vergöttern ihn? Ja kennen sie ihn denn?«

»Ob sie ihn kennen! Wer in Paris kennt Sangarelle nicht! Ach, ich vergaß, daß Sie ja noch fremd hier sind …«

»Ja, wer ist er denn?«

»Sangarelle? Mein Gott, der Clown vom Trocadero! Sie haben ihn noch nicht gesehen? Sie werden sich totlachen, wenn Sie ihn sehen! Leute, die in ihrem ganzen Leben nicht gelacht haben, lachen dort! Man erzählt sich, daß einmal ein Engländer, der nie gelacht hatte, Sangarelle gesehen habe. Steif, wie wenn er einen Ladstock im Leib hätte, saß er auf seinem Parkettplatz, dann kam eine Unruhe über ihn, als ob er auf Nadeln säße, in ihm wuchs wie eine Geschwulst ein Gelächter an, aber es fand keinen Ausweg, seine Lachmuskeln versagten den Dienst. Schließlich stand er auf und machte den Versuch, das Theater zu verlassen, da wurde der Lachzwang unerträglich, er schlug wie vom Schlag gerührt der Länge nach hin, uns als man ihn aufhob, war er von den Mundwinkeln bis zum Halswirbel geplatzt. Aber gelacht hatte er nicht. Das war der einzige Mensch, der sich, ohne zu lachen, totgelacht hat.

»Ein andrer Engländer sah Sangarelle ebenfalls, und zwar hatte er für einen Engländer ausnehmend viel Humor. Nachdem er während der ganzen Vorstellung den Mund nicht verzogen hatte, ging er in seinen Gasthof und vier Wochen darauf heim nach London. In der ersten Nacht daheim, setzte er sich an Madame Roastbeefs Seite im Bett plötzlich auf und fing an zu lachen. Sie können sich das Entsetzen der Dame vorstellen, denn Lachen gilt in England für schamlos.

»›Mein Gott! Hans Thomas,‹ rief sie, ›was ist dir?‹

»›Ich lache über etwas,‹ erwiderte Hans Thomas, ›was ich in Paris gesehen habe.‹

»›O mein Gott, was hast du denn in Paris gesehen?‹

»›Das weiß ich nicht mehr, ich weiß nur, daß es rasend komisch war.‹

»Andern Tags geht Frau Roastbeef zu ihrem Notar, der, als er die Geschichte hört, bedenklich den Kopf schüttelt.

»›Es gibt in Paris mancherlei zu sehen,‹ sagt der Herr Notar. ›Die Frage ist nur, was er gesehen hat und wie und wo und wann – ich werde nach Paris gehen und den Fall untersuchen.‹

»Er geht, kundschaftet jeden Schritt aus, den der unglückliche Hans Thomas gemacht hat, und das Ergebnis, mein lieber Peter – war eine Ehescheidung. Was, Lacenaire, du gehst auch?«

»Ich muß auf die Sternwarte,« sagte Lacenaire und entschwand in dem dunkeln Gang, während Frisson noch die Rechnung bezahlte.

»Das ist wirklich sehr merkwürdig,« sagte Peter, als sie auf die Straße traten und Frisson sich an seinen Arm hing, »daß dieser Herr Sangarelle auf der Bühne so lustig sein soll und im Privatleben so schwermütig ist. Wenn ich ihn nicht kennen gelernt hätte, würde ich's nicht glauben.«

»Die Leute zum Lachen bringen, ist sein Handwerk. Daß er sich in seiner freien Zeit den Spaß macht, schwermütig zu sein, ist also ganz natürlich, gerade wie ein Leinenweber sich mit Angeln vergnügt oder ein Abstinenzler Wein trinkt … Ach Lacenaire, du Lump!«

»Wieso?« fragte Peter.

»Da geht er, gerade vor uns, mit einem Mädchen, und zwar in entgegengesetzter Richtung von der Sternwarte. Sternwarte! Hat sich was!«

»Richtig, das ist er,« rief Peter, der eben Lacenaires schäbigen Rücken zu Gesicht bekommen hatte, und zwar an der Seite eines Mädchens, das einen großen, über und über mit Federn beladenen Hut trug.

»Man sehe die beiden!« bemerkte Frisson, langsamer gehend. »Der Mann ganz Unschuld, sie ganz Federn! Ich stehe Ihnen gut dafür, Peter, daß in ganz Paris kein größerer Heiliger lebt, als Lacenaire, und dabei läuft er jeder Schürze nach. Das klingt paradox und ist doch die reine Wahrheit, er ist lasterhaft und doch ein Heiliger. Mit einer großen Mappe voll Berechnungen zieht er nach der Sternwarte ab, trifft ein Mädchen – jede kennt ihn im ganzen Stadtviertel – vergißt alle Sterne und geht mit ihr in ein Café. Dort merkt er, daß er kein Geld bei sich hat, geht nach Hause, um seine Börse zu holen, vergißt die Börse, das Mädchen und das Café und denkt wieder an seine Berechnungen, steigt in den Omnibus, fährt ein paar hundert Schritte weit und ruft: ›Lassen Sie mich aussteigen! Ich habe ja kein Geld!‹ steigt aus, greift in die Tasche, findet die Börse, besinnt sich auf das Café und das Mädchen, stürzt in das Café, aber das Mädchen ist fort und er trifft nur die Rechnung, die das Fräulein hinterlassen hat. Die bezahlt er, kratzt sich den Kopf und fragt: ›Wo mag nur das Mädchen sein?‹ Atmet erleichtert auf, daß er die Mappe mit den Berechnungen nicht verloren hat, und geht wieder auf die Sternwarte, wobei ihm ein Lehrsatz und eine Berechnung zur Rechten und zur Linken gehen wie zwei Schutzengel. Sie entlehnen immer Geld bei ihm, die Mädels nämlich, und was er an Jupiter verdient, gibt er für Venus aus. Einmal nahm er ein Mädchen auf die Sternwarte mit und – man denke sich – ließ sie im Vor- oder Wartezimmer stehen, weil er sie rein vergessen hatte. Als er nach Hause kam, sprach er bei uns vor um eine Zigarette und vertiefte sich mit Carabin in ein Gespräch über die Ringe des Saturn.

»Bei den Ringen fiel ihm plötzlich das Mädchen ein, das Ringe trug und das er auf der Sternwarte gelassen hatte. Abzuholen brauchte er sie nicht mehr, denn sie kam schon pfauchend und kreischend die Treppe herauf und wollte ihm die Augen auskratzen – irgend ein Sterngucker hatte sie entdeckt und herausgelassen. Wenn er je stirbt, so ist die Todesursache gewiß, daß er das Weiterleben vergessen hat, denn er ist sehr schwächlich und nur noch am Leben, weil er vergessen hat, daß er eigentlich schon tot sein sollte.

»Ich kann mir lebhaft vorstellen, was der heilige Petrus sagen wird, wenn Lacenaire an die Himmelspforte klopft.

»›Wer ist da?‹

»›Ich, Lacenaire von der Pariser Sternwarte. Mein Gott, machen Sie doch auf, es regnet ja und Hans Carabin hat meinen Schirm!‹

»›Was, Lacenaire, du Lump, du hast dich so weit vergessen, daß du am Himmelstor zu erscheinen wagst … (beiseite): Ich werde ihn doch hereinlassen müssen, so sündhaft er ist, denn er ist der Sünde immer entronnen, wenn auch nicht aus Tugend, so doch aus Vergeßlichkeit … Also herein, Mann, was ficht Euch an?‹

»›O mein Gott! Laßt das Tor einen Augenblick offen, heiliger Petrus, denn ich muß noch einmal hinunter, ich habe ja meine Handschuhe und meine Berechnungen vergessen …‹«

»Und dabei scheint er doch ein ausgezeichnetes Gedächtnis zu haben,« bemerkte Peter, »denn er erinnert sich ja haarklein aller Leute, die mit ihm in einem Omnibus fahren, kann ihren Anzug beschreiben und auf die Minute angeben, wann Herr Carabin sein Zimmer betreten und verlassen hat.«

»O ja, sein Gedächtnis für Einzelheiten ist erstaunlich, aber es ist damit derselbe Fall wie mit Merovaks Bildern, wo man Türme und Dachreiter in die Luft ragen sieht, ohne daß sie irgend welchen Zusammenhang mit dem Erdboden hätten. Alles schwebt in der Luft – ach, sehen Sie, jetzt steigt er in den Omnibus nach der Sternwarte! Da ist ihm der Jupiter wieder eingefallen, und die Venus hat er auch nicht vergessen, denn so viel ich sehe, steckt das Mädchen etwas in ihre Börse! Kommen Sie, Peter, diese Straße führt heimwärts und ich muß doch nachsehen, ob der unselige Carabin indessen nach Hause gekommen ist.«

»Auf welche Weise haben Sie eigentlich meinen Vater kennen gelernt?« fragte Peter, als sie jetzt die Richtung nach der Rollinstraße eingeschlagen hatten. »Er erwähnt die Begegnung in seinem Brief, erzählt mir aber nichts Näheres darüber!«

»Ihren Vater?« sagte Frisson, der die Bekanntschaft mit Herrn Peter Alabaster dem Älteren gänzlich vergessen hatte.

Ein Streit zwischen dem Amerikaner und einem Fremdenführer hatte sie vermittelt. Der Führer hatte den Fremden um fünf Franken betrügen wollen, Frisson hatte sich darein gelegt und für den ältlichen Herrn Partei genommen, weil dieser ihn an seinen eigenen Vater erinnerte, und Carabin hatte auf dem Fußsteig zugesehen. Das Erlebnis hatte eine Einladung ins Café zur Folge gehabt, wo viel getrunken, ewige Freundschaft geschworen und die Carabin-Frissonsche Adresse in Herrn Alabasters Notizbuch eingetragen worden war.

»Ihren Vater? Ach, in einem Omnibus lernten wir uns kennen! Er war sehr liebenswürdig, eigentlich ganz wie Sie, Peter, nur älter, das versteht sich, aber die Ähnlichkeit ist unverkennbar …«

»Das überrascht mich! Ich kann gar keine Ähnlichkeit bemerken, denn mein Vater hat einen schwarzen Bart und eine große Hakennase, sieht immer furchtbar mürrisch darein, obwohl er die beste Seele von der Welt ist … doch man sagt ja, daß Fremde oft Familienähnlichkeiten entdecken, deren man sich gar nicht bewußt ist.«

»Ganz richtig,« sagte Frisson, dem daran lag, den Gesprächsstoff zu wechseln. »Man behauptet ja auch, daß Menschen, die lange zusammen leben, einander ähnlich würden. Es gibt Leute, die zum Beispiel eine Ähnlichkeit zwischen mir und Hans herausfinden, die ich nicht sehe: er soll, sagt man, in mich, ich in ihn hineinwachsen. Wäre eigentlich ein Lustspielstoff! Zwei Freunde, Hans Carabin und Karl Frisson lieben zwei Mädchen und heiraten sie. Nun ist aber das Mädchen, das Carabin heiratet, in Frisson verliebt, und das andre, das Frisson heiratet, in Carabin, während Frisson nichts nach der fragt, die Carabin heiratet und Carabin nichts nach Frissons Flamme. Frau Carabin und Frau Frisson hassen einander überdies gründlich. Frau Frisson hat eine reiche Tante, die einmal in Carabins Vater, und Frau Carabin hat einen Onkel, der einmal in Frissons Mutter verliebt war … ist Ihnen die Verwicklung klar?«

»Ja, das heißt …«

»Gut! Am Tag nach der Hochzeit geht Frau Frisson mit einem Herzog und Frau Carabin mit einem englischen Mylord durch, die beiden verlassenen Ehemänner aber beziehen miteinander eine Dachstube und wachsen ineinander hinein! Zwanzig Jahre vergehen, und aus Carabin ist Frisson, aus Frisson Carabin geworden. Da stirbt Frau Carabins reicher Onkel und hat sein ganzes Vermögen Frisson vermacht, zu Ehren der Jugendliebe, die seine Mutter war. Frau Frissons reiche Tante stirbt auch und hat Carabin zum Erben eingesetzt, weil sein Vater ihre Jugendliebe gewesen ist. Im dritten Akt erfahren die beiden durchgebrannten Weiber, daß ihre Männer zu Geld gekommen sind, und kehren bußfertig zurück, um ihren Anteil an diesem Glück zu fordern. Und nun denke man sich die Freude der Frau Carabin, wenn sie entdeckt, daß ihr widerwärtiger Gatte sich in den geliebten Frisson verwandelt hat – nur im Gesicht natürlich, aber das genügt ja den Weibern – und die Wonne der Frau Frisson, wenn der unausstehliche Frisson genau aussieht wie Hans Carabin.

»Oder wir könnten den Stoff auch in einem Märchenspiel behandeln: Die beiden Männer werden einander teilweise ähnlich, jeder bleibt zu einer Hälfte er selbst, zur andern wird er der andre. Frisson-Carabin stirbt und sein Hab und Gut fällt Carabin-Frisson zu samt den Weibern, denn beide kommen und machen ihre Ansprüche an ihn geltend. Der Fall kommt vors Gericht, das Gericht entscheidet, daß Carabin-Frisson entzweigeschnitten werden müsse, damit jede Frau eine Hälfte von ihm bekomme. Das paßt den Frauen nicht, weil jede den Ganzen will, und so heiratet er schließlich beide und richtet zwei Haushaltungen ein, ohne zu bedenken, daß er damit Bigamie begeht. Die Polizei bedenkt es zwar, aber sie kann ihn nicht fangen, denn wenn sie den Hans Carabin verhaften will, so ist er im Haus der Frau Frisson, und kommt sie mit einem Haftbefehl für Frisson, so erfährt sie, daß er bei Frau Carabin zu finden sei – zwischen beiden Häusern ist ein unterirdischer Gang, worin er fortwährend hin und her läuft, bis es ihm endlich schwindlig wird und er sich aufknüpft. Dann bringt Frau Frisson Frau Carabin um und vergiftet sich selbst, worauf die ganze Bande auf den Père-Lachaise im Frisson-Carabinschen Familiengrab beigesetzt wird. Das heißt also, daß jetzt wieder alle vier beisammen sind – begreifen Sie? Nun aber behält sie der Père-Lachaise nicht, sie sind ihm zu unruhig und stören die andern, deshalb schmeißt er sie hinaus. Sie gehen darum zum heiligen Petrus und versuchen, ihm klar zu machen, wer sie sind. Der steht, mit den Schlüsseln klimpernd und frierend, unterm Tor und sucht sie wieder los zu werden. Aber alle vier reden auf ihn ein und er kratzt sich den Kopf, der ihm von all den Erklärungen ganz dumm wird.

»›Meiner Seel,‹ ruft er endlich, ›daraus könnte niemand klug werden als ein Mathematiker. Ich erwarte jeden Augenblick einen gewissen Lacenaire von der Sternwarte; er mußte nur noch einmal nach Paris zurück, um seine Handschuhe und Rechnungen zu holen, der wird's ja herauskriegen! Setzt euch einstweilen und schwatzt einander den Kopf voll!‹

»Damit schlägt er ihnen die Tür vor den Nasen zu und sie setzen sich und warten auf Lacenaire. Sie haben noch nie auf Lacenaire gewartet, Peter, ich aber … ach mein Gott, was ist denn das?«

Sie hatten Frissons Haustür erreicht, wo Carabin mit seinem leeren Korb auf der Schwelle saß. Mit einem verdutzten Gesicht fuhr er bald in die eine, bald in die andre Tasche, als ob er sich selbst die Frage vorlegte: »Wo ist der Napoleon?«


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