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Kapitel 16.

Armer Georg!

»Mein Vater!« rief der junge Mann. »Mein Vater! Leichenblaß starrte er Justus an. »Mein Vater ist ja aber tot.«

»Sind Sie dessen sicher?«

»Ich habe das immer gedacht. Ich habe meinen Vater nie gekannt, habe aber stets gehört – ach nein, der Mann kann mein Vater nicht sein. O Gott, jetzt fällt mir ein, Sie erzählten mir, daß er mich suchen lassen wollte –«

Wise blickte ihn an und errötete. »Ja,« sagte er leise.

Millbank führte seine Hand an den Kopf und setzte sich so plötzlich hin, daß es aussah, als sei er gefallen. »Mein Gott – dann ist mein Vater ja – und oben Sophie – meine Verlobte beraubt und vielleicht gemordet – und der andere Mann auch! O, Herr Wise. es ist nicht war, es kann nicht wahr sein, es wäre zu schrecklich. Und gerade ich habe die Polizei auf ihn gehetzt! Um Himmelswillen, lassen Sie mir etwas Hoffnung. Ich kann das Schreckliche noch nicht glauben! Sagen Sie, daß irgend ein Irrtum möglich ist, ich glaube, ich werde sonst verrückt.«

Wise erhob sich und durchschritt einige Male das Zimmer. »Betreffs Ihres Vaters muß ich leider annehmen, daß ein Irrtum ausgeschlossen ist, wegen der anderen Dinge hege ich aber noch Hoffnung. Vielleicht sind wir doch mit unseren Schlußfolgerungen zu schnell gewesen. Was ich heute nachmittag hörte, bringt mich zu dieser Meinung.« And nun erzählte er Millbank schnell von seinen Erlebnissen dieses Nachmittags.

Millbank hörte gespannt zu und schien etwas erleichtert. »Es sieht wirklich so aus, als ob Sie Recht hätten. Weshalb sollte er auch nach mir suchen, weshalb sollte er auch in solcher Weise und solcher Beziehung von seinem Sohn sprechen, weshalb sollte West nach ihrem Streit zwischen Sophie und mir einen Krach herbeizuführen suchen, wenn er nicht mein Vater wäre. Ach, das erklärt so vieles. Doch der Mord, der Raub, der Angriff auf Sophie, das ist etwas anderes. Würde er davon sprechen, nicht länger warten zu wollen, alles zu sagen, was er weiß, wenn er wirklich der Schuldige wäre? Und doch, o, mein Gott, er ist es doch, der das Schriftstück forderte.«

Justus nickte. »Es war West, der wegen der Ermordung Duntons verhaftet wurde und in Wyvills Bureau traf Dunton die Verabredung und Millbank senior drohte Wyvill. Das kann den Alten von dem Mord an Dunton entlasten, doch ich weiß es nicht, wer von den Dreien es gewesen ist, oder waren es alle Drei zusammen.« Diese Gedanken, die Justus nicht aussprach, waren ihm vom Gesicht abzulesen. Millbank starrte ihn an mit leeren, hoffnungslosen Augen, mit den Augen, die Justus an den Kunden erinnerten der seinen Namen nicht hatte nennen wollen.

Millbank vergrub den Kopf in seinen Händen und stöhnte laut: »Es ist entsetzlich, ich glaube wirklich, ich werde wahnsinnig, sagen Sie nur um Gotteswillen, was wir tun müssen, Herr Wise.«

»Vor allem müssen wir den Kopf hochhalten,« entgegnete Justus schnell und knöpfte sich den Rock zu.

»Und Sie, Herr Millbank, bleiben einstweilen hier und tun weiter nichts. Aber warten Sie auf den ersten Augenblick, in dem Fräulein West sprechen kann, das wird ein kritischer Moment sein, von dem alles abhängt.« Als er sich außerhalb des Hauses wieder auf dem Platze befand, sagte er sich: »Hängt ist ein häßliches Wort, ich möchte wohl wissen, wer hängen wird, wenn sie gesprochen hat.«


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