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3. Kapitel

Ehe noch am anderen Morgen die Sonne mit ihren goldenen Strahlen das Himmelsgewölbe übergoß, stand das polnische Lager schon von einem neuen Schutzwall umgeben da. Die früheren Wälle waren zu weitläufig; es war schwer, sie zu verteidigen und sich gegenseitig zu Hilfe zu kommen. Der Fürst und Prschyjemski hatten daher beschlossen, das Heer in engere Verschanzungen einzuschließen. Man hatte die ganze Nacht daran gearbeitet, die Husaren ebenso wie die anderen Abteilungen und das Gesinde. Erst nach drei Uhr in der Nacht schloß der Schlaf die Augen der müden Ritter, und alle, die Wachen ausgenommen, schliefen wie tot, denn auch der Feind arbeitete in der Nacht und machte nach der gestrigen Niederlage lange keine Bewegung nach außen hin. Man hoffte sogar, daß an diesem Tage gar kein Sturm erfolgen würde.

Skrzetuski, Longinus und Sagloba saßen im Zelte und genossen eine Biersuppe mit kleinen Würfeln von Käse, – und unterhielten sich über die überstandenen Mühen mit jener Genugtuung, mit welcher jeder Soldat von einem eben errungenen Siege spricht.

»Ich habe die Gewohnheit, mit dem Abendmelken mich schlafen zu legen und mit dem Morgenmelken wieder aufzustehen, wie es die »Alten« taten,« sagte Sagloba, »aber im Kriege geht das nicht! Man schläft, wenn man kann, und steht auf, wenn man geweckt wird. Es ärgert mich bloß, daß wir wegen solchen Lumpengesindels inkommodiert werden. Aber, was hilft's, die Zeiten sind nun einmal so! Wir haben es ihnen aber auch gestern gut heimgezahlt. Wenn sie noch ein paarmal so traktiert werden, möchten sie wohl die Lust, uns zu wecken, verlieren.«

»Wißt Ihr nicht, Herr, ob viele der Unsrigen gefallen sind?« fragte Longinus.

»Ei! Nicht viele, wie das ja immer so ist, daß von den Stürmenden mehr verloren gehen als von den Belagerten. Ihr versteht nicht so viel davon als ich, denn Ihr habt noch nicht so viele Kriege mitgemacht. Wir alten Praktiker brauchen die Toten nicht zu zählen, wir entnehmen das aus dem Verlaufe der Schlacht.«

»Ich werde das bei den Herren auch lernen,« sagte Longinus sanft.

»Gewiß, wenn nur Euer Witz dazu ausreicht, was ich nicht recht glaube.«

»Laßt ihn doch in Ruhe!« fiel hier Skrzetuski ein. »Herr Longinus macht doch nicht den ersten Krieg mit, und Gott vergönne es den besten Rittern, das zu leisten, was er gestern leistete.«

»Man tat, was man konnte,« antwortete der Litauer, »nicht, soviel man wollte.«

»Im Gegenteil! Im Gegenteil! Ihr habt Euch nicht schlecht gehalten,« sagte Sagloba im Tone eines Protektors, »und daß Euch andere übertrafen (hier fing er an seinen Schnurrbart in die Höhe zu drehen), das ist nicht Eure Schuld.«

Der Litauer hörte das mit gesenkten Wimpern an und seufzte, indem er von seinem Vorfahren Stowejko und den drei Türkenköpfen träumte.

In diesem Augenblick wurde der Vorhang des Zeltes aufgezogen, und Herr Michael trat ein, munter und fröhlich, wie ein Stieglitz am heiteren Morgen.

»Nun, da sind wir ja beisammen,« rief Sagloba. »Gebt ihm Bier.«

Der kleine Ritter drückte dem Gefährten die Hand und sagte:

»Wenn Ihr wüßtet, wie viele Kugeln im Schloßhofe liegen, Ihr könnt Euch keine Vorstellung davon machen! Man kann nicht ausschreiten, ohne zu stolpern.«

»Ich habe sie gesehen,« antwortete Sagloba, »denn nach dem Aufstehen ging ich ein bißchen im Lager umher. Sämtliche Hühner im ganzen Lemberger Kreise haben binnen zwei Jahren nicht so viele Eier gelegt, als dort Kugeln liegen. Ei, wenn das dort Eier wären, wie wollten wir uns am Rührei gütlich tun. Ihr müßt wissen, meine Herren, daß ich nämlich für eine Schüssel Rührei die größten Delikatessen hingebe. Ich habe eine Soldatennatur, gerade so wie ihr. Ich esse gern etwas Gutes, aber es muß viel sein. Deshalb bin ich kampfbegieriger wie die heutige Jugend, die Ofenhocker, die nicht einen Sperlingsbissen essen können, ohne sich gleich den Bauch zu halten.«

»Nun, Ihr habt auch gestern mit Burlaj gezeigt, was Ihr könnt,« sagte der kleine Ritter. »Den Burlaj so niederzuhauen; ich hätte das von Euch nicht erwartet. Er war ja einer der tapfersten Ritter in der Ukraine und der Türkei.«

»Wie? Ha!« rief Sagloba stolz, »es war nicht meine erste Tat, nicht mein Probestück, Herr Michael. Ich sehe, wir suchten einander in einem Scheffel Mohnkörnchen, aber wir viere haben uns auch gefunden. Ein solches Kleeblatt findet sich nicht wieder in der Republik. Bei Gott! Mit euch, ihr Herren, und unserem Fürsten an der Spitze ginge ich ganz allein bis nach Stambul. – Denn merkt nur auf: Herr Skrzetuski erschlug den Burdabut und gestern den Tuhaj-Bey.«

»Tuhaj-Bey ist nicht tot!« unterbrach Skrzetuski. »Ich fühlte selbst, wie die Klinge abprallte, dann wurden wir gleich getrennt.«

»Das ist einerlei!« sagte Sagloba. »Unterbrecht mich nicht, Herr Johann. Herr Michael schlug in Warschau den Bohun, wie wir wissen ...«

»Ihr tätet besser, davon zu schweigen,« sagte der Litauer.

»Was gesagt ist, ist gesagt,« entgegnete Sagloba, »obgleich ich auch lieber davon schweige. Aber ich fahre fort. Also Herr Longinus aus Myschykischki erwürgte jenen Pulian und ich den Burlaj. Ich kann jedoch den Herren nicht verhehlen, daß ich jene alle für den einen Burlaj hingeben würde, und daß ich mit ihm wohl das schwerste Stück Arbeit hatte. Das war ein Teufel, kein Kosak, wie? Wenn ich rechtmäßige Söhne hätte, ich hinterließe ihnen einen schönen Namen. Ich bin nur neugierig, was des Königs Majestät und die Landtage dazu sagen, wie sie uns belohnen werden, uns, die wir mehr von Schwefel und Salpeter als von etwas anderem leben.«

»Es gab einen Ritter, der war größer als wir alle,« sagte Longinus. »Seinen Namen weiß und kennt aber niemand.«

»Ich bin neugierig, wer das wäre,« sagte Sagloba beleidigt. »Höchstens lebte er im Altertum.«

»Nicht im Altertum,« sagte der Litauer. »Es war der, Brüderchen, welcher den König Gustav Adolf bei Schönlanke mit dem Pferde hinwarf und ihn gefangen nahm.«

»Und ich hörte, daß das bei Putzig geschah,« warf Herr Michael ein.

»Doch entriß der König sich ihm und entfloh,« sagte Skrzetuski.

»So war es! Ich kann etwas davon erzählen,« erklärte, mit dem Auge blinzelnd, Sagloba. »Gerade damals diente ich unter dem Herrn Koniezpolski, dem Vater des Kronsfähnrichs. – Ich weiß etwas davon! Die Bescheidenheit erlaubt mir nicht, den Namen jenes Ritters zu nennen, daher kennt ihn niemand. Obgleich – glaubt es mir, was ich sage – Gustav Adolf ein großer Kriegsheld, fast so wie der Koniezpolski war, so war doch dos Zusammentreffen mit Burlaj allein eine viel schwerere Arbeit, – das sage ich euch!«

»Das soll wohl bedeuten, daß Ihr Gustav Adolf niedergeworfen habt?« fragte Wolodyjowski.

»Habe ich mich denn dessen gerühmt, Herr Michael? Möge das schon der Vergangenheit anheimgegeben sein; habe ich mich doch heute auch einer Tat zu rühmen, an die ich lange denken werde. Die Biersuppe gluckert doch gräßlich im Bauche, und je mehr Käse darin ist, desto mehr gluckert sie. Ich zieh' mir eine Weinsuppe vor, obgleich ich Gott auch für das danke, was da ist; wer weiß, ob auch das noch lange reicht. Der Probst Sabkowski sagte mir, daß die Lebensmittel knapp sind, und das beunruhigt ihn sehr, denn er hat einen Bauch, so groß wie einen Bansen. Er ist ein Bernhardiner, wie selten einer, ich habe ihn sehr liebgewonnen. In ihm steckt mehr Soldaten- als Mönchsblut. Wem der eine Ohrfeige schlägt, der mag nur den Sarg bestellen.«

»Aber!« sagte der kleine Ritter, »ich habe den Herren noch nicht erzählt, wie artig sich der Kaplan Jaskulski in dieser Nacht benahm. Er nahm Platz in jener Ecke, in dem grausigen Turm an der rechten Seite des Schlosses, und sah der Schlacht zu. Man muß aber wissen, daß er ein sehr guter Büchsenschütze ist. Er sagte zu Sabkowski: Ich werde nicht auf die Kosaken schießen, denn es sind immerhin Christen, wenn sie auch gegen Gottes Willen handeln, aber auf die Tataren, sagte er, das hielte ich nicht aus. Und als er anfing zu zielen, da soll er ein halbes Schock derselben während der ganzen Schlacht kampfunfähig gemacht haben!«

»Wenn doch die ganze Geistlichkeit so wäre!« seufzte Sagloba. »Aber unser Muchowiezki faltet nur die Hände und weint darüber, daß so viel Christenblut vergossen wird.«

»Laßt das!« sagte Skrzetuski ernst. »Der Probst Muchowiezki ist ein Heiliger; den besten Beweis seht Ihr darin, daß jene ehrfurchtsvoll ihr Haupt vor ihm neigen, obgleich er nicht älter ist als sie.«

Hier wurde der weitere Gang der Unterhaltung durch ein Summen unterbrochen, welches von außen her kam. Die Ritter gingen hinaus, um zu sehen, was vorging. Eine Menge Soldaten standen auf dem Walle und sahen hinaus in die Gegend, welche sich während der Nacht bedeutend verändert hatte und noch veränderte. Die Kosaken waren seit dem letzten Sturme auch nicht müßig gewesen. Sie hatten Schanzen aufgeschüttet und Geschütze aufgezogen, so lange und weittragend, wie im polnischen Lager keins zu finden war, und Laufgräben angefangen, die sich bald quer, bald in Schlangenlinien durch das Feld zogen. Von ferne sahen diese Aufschüttungen wie Tausende großer Maulwurfshaufen aus. Die ganze schiefe Ebene war mit ihnen bedeckt, überall sah zwischen dem Grün die frisch aufgeworfene, dunkle Erde hervor, und überall wimmelte es von Erdarbeitern. Auf den ersten Wällen schimmerten sogar die bunten Mützen der Kriegsknechte.

Der Fürst stand in Begleitung des Starosten von Krasnostaw und des Herrn Prschyjemski auf der Verschanzung. Etwas tiefer unten blickte der Burgvogt von Bitsch durch ein Fernrohr auf die Arbeiten der Kosaken und sagte zum Kronsmundschenk:

»Der Feind beginnt die reguläre Belagerung. Ich sehe, wir werden die Verteidigung in den Schanzen aufgeben und in das Schloß übersiedeln müssen.«

Diese Worte hörte der Fürst Jeremias, und, sich zu dem Burgvogt niederbeugend, sagte er:

»Davor soll uns Gott beschützen, wir würden uns freiwillig in eine Falle begeben. Hier heißt es siegen oder fallen.«

»Das ist auch meine Ansicht, und müßte ich täglich einen Burlaj erschlagen,« warf Sagloba ein. »Ich protestiere im Namen des ganzen Heeres gegen die Ansicht des Burgvogts von Bitsch.«

»Das ist nicht Eure Sache!« sagte der Fürst.

»Seid doch still!« flüsterte Wolodyjowski, indem er Sagloba am Ärmel zupfte.

»Wir erwürgen sie in diesen Verdeckungen wie die Maulwürfe,« sagte Sagloba, »und ich bitte Ew. Fürstliche Gnaden, mir zuerst einen Ausfall zu erlauben. Sie kennen mich schon gut, aber sie sollen mich noch besser kennen lernen.«

»Einen Ausfall!« sprach der Fürst mit gerunzelter Stirn, »wartet damit, bis die Nächte finster zu werden beginnen ...«

Darauf wandte er sich an den Starosten von Krasnostaw, an Herrn Prschyjemski und die Regimentarier.

»Ich bitte die Herren zur Beratung!« sagte er.

Er stieg von der Schanze, und ihm nach gingen auch sämtliche Ältesten.

»Um Gottes willen, was tut Ihr?« sagte Wolodyjowski zu Sagloba, »was soll das heißen? Kennt Ihr den Dienst und die Disziplin nicht, daß Ihr Euch in das Gespräch der Ältesten mischt; der Fürst ist ein gnädiger Herr, aber in Kriegszeiten versteht er keinen Spaß.«

»Nichts da! Herr Michael!« antwortete Sagloba. »Herr Koniezpolski, der Vater, war gewiß ein grausamer Löwe, und doch lag ihm viel an meinem Rate, und – die Wölfe sollen mich auffressen, wenn er nicht gerade deshalb zweimal den Gustav Adolf schlug. Ich verstehe mit den Herren zu reden! Aber auch jetzt! Habt Ihr bemerkt, wie der Fürst überlegte, als ich ihm zum Ausfall riet? – Wenn Gott einen Sieg gibt, wem wäre dann das Verdienst, wie? Das Eure?«

In diesem Augenblick trat Sazwilichowski dazu.

»Nun seht! Wie sie wühlen! Sie wühlen wie die Schweine!« sagte er, auf das Feld zeigend.

»Es wäre mir lieber, wenn es Schweine wären,« antwortete Sagloba, »dann hätten wir billige Bratwürste. Ihrer sind so viele gefallen, aber die Hunde selbst verschmähen ihr Fleisch. In den Quartieren des Herrn Firlej mußten die Soldaten Brunnen graben, denn im östlichen Teiche sieht man vor Leichen kein Wasser mehr. Gegen Morgen platzte der Hundebrut die Galle. Jetzt kommen sie nach oben. Wir werden Freitags keine Fische mehr essen können, weil sie mit Fleisch gefüttert sind.«

»Es ist wahr,« sagte Sazwilichowski; »ich bin ein alter Soldat, aber so viele Leichen habe ich lange nicht gesehen, höchstens bei Chozim, bei dem Sturme der Janitscharen auf unser Lager.«

»Ihr werdet ihrer noch mehr zu sehen kriegen, – das sage ich Euch! – Ich denke, daß sie heute abend oder noch vor dem Abend zum Sturme vorgehen werden.«

»Und ich sage Euch, sie lassen uns bis morgen in Ruhe.«

Kaum hatte Sagloba aufgehört zu sprechen, als auf den feindlichen Schanzen weißer Rauch aufstieg und sausend die Kugeln über den Wall flogen.

»Da habt Ihr es!« sagte Sazwilichowski.

»Bah! Sie verstehen die Kriegskunst nicht!« antwortete Sagloba.

Der alte Sazwilichowski hatte recht.

Chmielnizki begann eine regelrechte Belagerung, schnitt alle Wege, alle Ausgänge ab, nahm ihnen das Futter für das Vieh fort, ließ Laufgräben graben und Schanzen aufschütten, führte Feldschlangen unter das Lager hin, aber unterließ das Stürmen dennoch nicht. Er hatte beschlossen, den Belagerten keine Ruhe zu lassen, sie zu ermüden, zu erschrecken, sie in fortwährender Schlaflosigkeit zu erhalten und sie so lange zu quälen, bis die Waffe den steifgewordenen Händen entfiele. Abends griff er also wieder die Quartiere Wischniowiezkis mit kaum besserem Erfolge an als den Tag vorher, um so mehr, da seine Krieger nicht mehr mit solcher Lust vorgingen. Am folgenden Tage hörte das Feuer nicht einen Augenblick auf. Die Feldschlangen waren so nahe, daß schon eine Handbüchse bis zu den Wällen trug; die Erdbedeckungen rauchten wie kleine Vulkane vom Morgen bis zum Abend. Es kam zu keiner entscheidenden Schlacht, sondern es war ein unaufhörliches Schießen. Die Belagerten fielen mitunter aus, dann kam es zum Kampf auf Säbel, Dreschflegel, Sensen und Lanzen. Aber kaum hatte man die einen niedergehauen, so füllten sich die Bedeckungen gleich mit neuer Besatzung. Die Mannschaft hatte den ganzen Tag über nicht einen Augenblick Ruhe, und als der Abend herankam, begann ein neuer Hauptsturm, – an einen Ausfall war nicht zu denken.

In der Nacht zum 16. Juli griffen zwei tapfere Hauptleute die Quartiere des Fürsten an und erlitten eine gräßliche Niederlage. Dreitausend der besten Kriegsknechte blieben auf dem Platze, – der Rest floh, verfolgt vom Starosten von Krasnostaw, im größten Schrecken der Wagenburg zu und warf Waffen und Pulverhörner fort. Ein ebenso unglückliches Ende nahm Fedorenka, welcher, den dichten Nebel benutzend, in der Morgendämmerung fast die Stadt genommen hätte. Herr Korf schlug ihn an der Spitze der Deutschen zurück, und der Starost nebst dem Fahnenträger Koniezpolski vernichteten auf der Flucht alle.

Aber das alles war nichts im Vergleich zu dem fürchterlichen Andrange, welcher am 19. Juli an den Schanzen begann. Die Nacht vorher hatten die Kosaken geradeüber vor den Quartieren Wischniowiezkis einen hohen Wall aufgeschüttet, der aus schweren Geschützen unaufhörlich Feuer spie; als aber der Tag zu Ende war und die ersten Sterne am Himmel blitzten, da rückten Tausende zum Sturme vor. Gleichzeitig erschienen in der Ferne gräßliche Maschinen, die Türmen ähnlich waren und sich langsam den Wällen näherten. An ihren Seiten erhoben sich gespensterhafte Flügel, Brücken, welche über die Laufgräben geworfen werden sollten; die Giebel aber rauchten, leuchteten und sausten im Feuer kleiner Geschütze, Büchsen und Musketen. Diese Türme kamen im Gewimmel der Menge von Köpfen vorwärts wie riesenhafte Laternen, im Feuer der Geschütze bald rot leuchtend, bald in Dunkelheit und Rauch verschwindend. Die Soldaten zeigten sie sich gegenseitig in der Ferne, indem sie flüsterten:

»Das sind Teufelsmaschinen! Chmielnizki will uns auf diesen Mühlen mahlen.«

»Seht nur, wie sie sich polternd heranwälzen, wie Gewitter!«

»Feuert aus den Kanonen auf sie! Aus den Kanonen!« riefen andere.

Die Feuerwerker des Fürsten schickten Kugel auf Kugel, Granate auf Granate auf die gräßlichen Maschinen, aber weil man sie nur dann zu sehen bekam, wenn die Schüsse die Finsternis teilten, so fehlten dieselben meist.

Inzwischen kam die gedrängte Masse der Kosaken immer näher, wie eine dunkle Welle, die nachts der weiten Meeresfläche entströmt.

»Uff!« sagte Sagloba, welcher mit der Reiterei bei Skrzetuski stand, »mir ist heiß wie noch nie im Leben! Die Nacht ist schwül, ich habe keinen trockenen Faden an mir. Die Teufel gaben ihnen die Maschinen! Gott gebe, daß die Erde die Halunken verschlinge, denn ich habe sie satt bis an den Hals, – Amen! Nicht essen, nicht schlafen, – die Hunde leben besser wie wir! Uff! – Wie schwül!«

Die Luft war wirklich schwer und schwül, und dazu gesättigt von den Ausdünstungen der Leichen, welche seit einigen Tagen auf dem ganzen Schlachtfelde faulten. Der Himmel war mit einer schwarzen, tiefhängenden Wolkendecke bezogen. Ein Gewitter hing über Sbarasch. Den Soldaten floß unter den Waffenröcken der Schweiß am Körper herab, und ihre Brust atmete mühsam.

Jetzt rasselten die Trommeln in der Finsternis.

»Sie stürmen gleich los!« sagte Skrzetuski. – »Hört Ihr die Trommeln?«

»Ich höre. Wenn doch der Teufel auf ihnen trommelte. Es ist zum Verzweifeln.«

»Stecht! Stecht!« tönte es aus der heranströmenden Menge.

Auf der ganzen Linie des Wallgrabens brach der Kampf los. Wischniowiezki, Landskron, Firlej und Ostrorog wurden gleichzeitig angegriffen, damit einer dem anderen nicht zu Hilfe kommen konnte. Die mit Branntwein getränkten Kosaken drangen noch ergrimmter auf die Belagerten ein wie bei den früheren Stürmen, trafen aber auf noch tapfereren Widerstand. Der Heldengeist des Führers beseelte die Soldaten. Die grimmigen Grenzsoldaten, bestehend aus masowischen Bauern, hatten sich derartig mit den Kosaken verbissen, daß sie sich mitten in ihre Reihen mischten. Man kämpfte dort mit Kolben, Fäusten und Zähnen. Unter den Schlägen der ergrimmten Masowier erlagen mehrere Hundert der herrlichen saporogischen Füsiliere, aber bald wurden sie durch neue ersetzt. Der Kampf wurde auf der ganzen Linie immer verbissener. Die Röhren der Musketen sengten die Hände der Soldaten, der Atem ging ihnen aus; den Offizieren schnappte die Stimme über vom Geschrei der Kommandorufe. Der Starost von Krasnostaw und Skrzetuski fielen wieder mit der Reiterei aus, brachen dem Feinde in die Flanke, indem sie, ganze Abteilungen unter die Füße tretend, sich in Blut badeten.

Eine Stunde verrann nach der anderen, der Sturm nahm kein Ende, denn die in den Reihen entstandenen Lücken wurden im Augenblick von Chmielnizki mit frischen Kräften ausgefüllt. Die Tataren halfen mit Geschrei nach, indem sie gleichzeitig Massen Pfeile auf die sich verteidigenden Soldaten losließen. Einige, die hinter dem Gesindel standen, trieben dasselbe mit Geißeln aus rohem Leder zum Sturm. Tollwut kämpfte mit Tollwut, Brust traf an Brust, der Mann umklammerte im Todeskampfe den Mann. So kämpften sie wie die brandenden Meereswogen mit einer Felseninsel.

Plötzlich bebte die Erde unter den Füßen der Krieger, der ganze Himmel stand in bläulichem Feuer, als könne Gott nicht länger die Greueltaten der Menschen mit ansehen. Ein gräßliches Gepolter übertönte das Geschrei der Menschen und den Donner der Kanonen. Die Artillerie des Himmels begann ihre schreckliche Kanonade. Von Osten und Westen her zogen sich die Gewitter zusammen. Es war, als ob das Himmelsgewölbe samt den Wolken auseinanderspringen und auf die Köpfe der Kämpfenden herabstürzen solle. Auf Augenblicke sah die Gegend aus wie eine einzige große Flamme, dann wieder versank alles in der tiefen Finsternis, und dann wieder teilten die roten Zickzacklinien der Blitze den schwarzen Vorhang. Ein-, zweimal kamen Windstöße; sie rissen Tausende von Mützen, Speeren und Fahnen herunter und fegten sie über das Schlachtfeld fort. Die Schläge folgten einer dem anderen, dann entstand ein Chaos von Donner, Sturm, Blitzen, Feuer und Finsternissen, – der Himmel raste wie die Menschen.

Ein nie dagewesenes Unwetter ging über der Stadt, dem Schlosse, den Wällen und dem Lager nieder. Die Schlacht wurde unterbrochen. Zuletzt öffneten sich die Himmelsschleusen, und nicht Ströme, sondern Sturzbäche von Wasser stürzten auf die Erde hernieder. Eine Sturmflut überströmte die Gegend; man konnte keinen Schritt weit sehen. Die Kosakenabteilungen ließen vom Sturm ab, liefen eine nach der anderen nach der Wagenburg; sie liefen blindlings davon, stießen auseinander, und in der Meinung, der Feind verfolge sie, zerstreuten sie sich in der Finsternis. Hinter ihnen her flüchteten die Kanonen und die Munitionswagen, in den eingeweichten Boden einsinkend und stürzend. Das Wasser zerriß die Erdarbeiten der Kosaken, brauste in den Gräben und Feldschlangen, drang unter die Erdbedeckungen, obwohl man sie mit Gruben versichert hatte, und rannte brausend über die Ebene, als wollte es die fliehenden Krieger verfolgen.

Allmählich fing das Wetter an sich zu verziehen; nach Mitternacht hörte endlich der Regen auf. Zwischen den zerrissenen Wolken blinkte hier und dort ein Stern. Es verfloß noch eine Stunde – das Wasser war etwas gefallen. Da erschien ganz unvermutet der Fürst selbst bei der Fahne Skrzetuskis.

»Meine Herren,« fragte er, »sind eure Patronentaschen nicht naß geworden?«

»Sie sind trocken, durchlauchtigster Fürst!« antwortete Skrzetuski.

»Das ist gut! Sitzt ab, geht durch das Wasser zu jenen Belluarden Belluarde = ein mit Geschützen besetzter fahrbarer Turm., schüttet Pulver unter sie und sprengt sie in die Luft.«

»Zu Befehl!« antwortete Skrzetuski.

Jetzt sah der Fürst den durchnäßten Sagloba.

»Ihr habt um einen Ausfall gebeten, – macht jetzt, daß Ihr fortkommt!« sagte er.

»Das hole aber der Teufel!« murrte Sagloba. »Das hat noch gefehlt.«

Eine halbe Stunde später liefen zwei Abteilungen Krieger zu je zweihundertfünfzig Mann bis unter die Arme im Wasser, die Säbel in den Händen, auf jene schrecklichen »Höllenmaschinen« der Kosaken zu, die etwa ein halbes Gewende weit von den Verschanzungen standen.

Die eine Abteilung führte der »Löwe der Löwen«, der Starost von Krasnostaw, Herr Marcus Sobieski, welcher nichts davon hören wollte, daß er im Lager zurückbleiben solle, – die andere Skrzetuski. Das Gesinde trug den Rittern Teertonnen, trockene Fackeln und Pulver nach. Sie gingen still wie Wölfe, die in finsterer Nacht in einen Schafstall brechen wollen.

Der kleine Ritter hatte sich als Freiwilliger Skrzetuski angeschlossen, denn Herr Michael liebte solche Expeditionen über alles; er trippelte also jetzt im Wasser, im Herzen die Freude, in der Hand den Säbel. Neben ihm schritt Longinus, den blanken Ohnehut in der Hand, vor allen sichtbar, denn der Größte der anderen war noch um zwei Köpfe kürzer als er.

Zwischen ihnen suchte Sagloba keuchend mitzukommen und brummte unzufrieden, die Worte des Fürsten nachäffend:

»Du wolltest einen Ausfall, – jetzt geh! Ein Hund hätte nicht Lust, zur Hochzeit durch dieses Wasser zu gehen. Wenn ich einen Ausfall zu solcher Zeit angeraten habe, so will ich mein Leben lang nichts als Wasser trinken. Ich hatte immer einen Abscheu vor dem Wasser, und um wieviel mehr gegen solches, in welchem Bauernaas wässert.«

»Seid still!« sagte Herr Michael.

»Selbst still! Ihr seid nicht größer als ein Gründling und könnt schwimmen, da ist es leicht. Ich muß sagen, es ist undankbar vom Fürsten, daß er mir nach dem Siege über Burlaj nicht Ruhe gönnt. Sagloba hat genug getan; mag nur jeder so viel tun, aber dem Sagloba gebt Ruhe, denn es wird schlecht um euch beschaffen sein, wenn er nicht mehr ist. Bei Gott! Wenn ich in irgend ein Loch falle, so müßt Ihr mich an den Ohren herausziehen, weil ich gleich ersaufe!«

»Seid still!« sagte Skrzetuski. »Dort hinter diesen dunklen Verdecken sitzen Kosaken, sie hören Euch noch.«

»Wo? Was sprecht Ihr?«

»Nun, dort, in jenen Haufen unter dem Rasen.«

»Das hat noch gefehlt. Da schlage doch ein helles Donnerwetter drein!«

Die letzten Worte erstickte Herr Michael, indem er seine Hand auf Saglobas Mund legte, denn die Erdbedeckungen waren kaum fünfzig Schritte mehr entfernt. Zwar gingen die Ritter lautlos, aber das Wasser plätscherte ihnen unter den Füßen. Glücklicherweise fing es wieder an zu regnen, und das Rauschen übertönte das Geräusch.

Bei den Erdhaufen waren keine Wachen. Wer hätte wohl auch nach dem Sturm und einem solchen Unwetter noch einen Ausfall erwartet, nach einem solchen Unwetter, das die Kämpfenden wie durch einen See trennte.

Herr Michael sprang mit Longinus vorwärts, und sie erreichten zuerst einen Haufen. Der kleine Ritter ließ den Säbel an der Schnur heruntergleiten, legte beide Hände an den Mund und rief:

»He! Männer!«

»Was gibt's,« riefen von innen die Stimmen der Kriegsknechte, überzeugt, daß jemand vom Lager der Kosaken herübergekommen sei.

»Gelobt sei Gott!« antwortete Wolodyjowski, »laßt uns ein!«

»Und weißt du nicht, wie man hereinkommt?«

»Ich weiß schon,« antwortete Wolodyjowski, und nachdem er den Eingang ertastet hatte, sprang er ins Innere; Longinus und einige andere folgten ihm.

In demselben Augenblick ertönte das Innere der Erdbedeckung von einem durchdringenden, menschlichen Geheul. Gleichzeitig warfen sich die Ritter mit einem Ausruf der Wut auf andere Haufen. In der Dunkelheit erschallte Stöhnen, Schwertklirren; hier und da schlüpften dunkle Gestalten vorüber, andere fielen zur Erde, mitunter knallte ein Schuß; aber alles zusammen dauerte keine Viertelstunde. Die größtenteils im tiefen Schlafe überraschten Kriegsknechte wehrten sich nicht einmal; sie wurden alle erwürgt, ehe sie zu den Waffen greifen konnten.

»Zu den Teufelsmaschinen! Zu den Höllenmaschinen!« ertönte die Stimme des Starosten von Krasnostaw.

Die Ritter wandten sich den Türmen zu.

»Zündet sie im Inneren an, außen sind sie naß!« donnerte Skrzetuski.

Aber der Befehl war nicht leicht auszuführen. In die aus Kiefernholz erbauten Türme führte weder eine Tür noch eine andere Öffnung. Die Kosakenschützen bestiegen sie auf Leitern, die Geschütze aber wurden, da nur kleinere Platz dort hatten, an Stricken hinaufgezogen. Die Ritter liefen also eine Zeitlang um dieselben herum, umsonst die Balken mit den Säbeln zerhauend und mit den Händen an den Bändern zerrend.

Zum Glück hatte das Gesinde Äxte mitgenommen; man fing an zu hacken. Der Starost von Krasnostaw ließ auch die Pulverkasten, welche zu diesem Zwecke vorbereitet waren, unterlegen. Die Teerfässer und die Fackeln wurden angezündet – die Flammen leckten an dem nassen, aber kienigen Holze empor, ehe dasselbe aber in Brand geriet, ehe das Pulver aufflammen konnte, bückte sich Herr Longinus und hob einen ungeheuren Stein, den die Kosaken ausgegraben hatten, in die Höhe.

Vier der stärksten Männer hatten ihn nicht vom Fleck gebracht, er aber wiegte ihn in den mächtigen Händen, und beim Lichte der Pechtonnen sah man nur sein gerötetes Gesicht. Die Ritter starrten vor Staunen.

»Das ist ja Herkules selbst! Daß die Kugeln dreinschlagen!« riefen sie mit erhobenen Händen.

Herr Longinus hatte sich inzwischen einer noch nicht in Brand gesteckten Belluarde genähert, bog sich rückwärts und warf den Stein in die Mitte der Wand.

Die Anwesenden duckten die Köpfe, so sauste der Stein. Von dem Schlage sprangen sogleich die Bänder; ein Krachen ließ sich hören, der Turm öffnete sich wie eine zerbrochene Flügeltür und stürzte polternd zusammen. Der Holzstoß wurde mit Pech begossen und augenblicklich in Brand gesteckt.

Nach einiger Zeit brannten die meisten Türme; wie riesengroße Fackeln beleuchteten sie die Ebene. Es regnete noch immer, aber das Feuer war stärker und – nun brannten diese Belluarden zur Verwunderung beider Heere an einem so nassen Tage.

Aus dem Kosakenlager sprangen Stepka, Kulak und Mrosowizki mit einigen tausend Mann zu Hilfe und versuchten zu löschen – umsonst! Die Feuersäulen und die roten Rauchwolken stiegen immer höher zum Himmel empor und spiegelten sich in den Seen und Pfützen, welche das Unwetter auf dem Schlachtfelde zurückgelassen hatte.

Unterdessen kehrten die Ritter in geschlossenen Reihen zu den Verschanzungen zurück, von denen man sie schon aus der Ferne mit Freudenrufen begrüßte.

Plötzlich blickte Skrzetuski um sich, warf einen Blick in die Mitte der Reihen und schrie mit Donnerstimme: »Halt!«

Longinus und der kleine Ritter fehlten unter den Zurückkehrenden, wahrscheinlich hatten sie sich in übergroßem Eifer zu lange bei der letzten Belluarde aufgehalten, oder noch irgendwo versteckte Kriegsknechte gefunden, genug, sie hatten den Rückzug versäumt.

»Vorwärts!« kommandierte Skrzetuski.

Der Starost von Krasnostaw wußte nicht, worum es sich handelte, und eilte eben danach zu fragen, als in dem Augenblick die beiden Vermißten, wie aus der Erde emporgestiegen, auf der Mitte des Weges zwischen den Rittern und den Belluarden erschienen. Herr Longinus, mit dem blitzenden Ohnehut in der Hand, machte Riesenschritte; neben ihm her galoppierte Herr Michael. Beide hatten die Köpfe nach den Kosaken zurückgewendet, die sie wie eine losgelassene Meute verfolgten. Bei dem roten Schein der Brände konnte man deutlich die ganze Hetzjagd sehen. Es sah aus, als fliehe ein Riese mit seinem Jungen vor einer Schar Jäger, jeden Augenblick bereit, sich den Verfolgern entgegenzuwerfen.

»Sie sind verloren! Um Gottes willen, schneller!« schrie mit markerschütternder Stimme Sagloba, »sie erschießen sie mit Bogen oder Schleudern. Bei den Wunden Jesu, schneller!«

Und ohne darauf zu achten, daß im nächsten Augenblick ein neuer Kampf entbrennen könne, rannte er, den Säbel in der Hand, mit Skrzetuski und anderen zu Hilfe, blieb stecken, stolperte, erhob sich wieder, schnaufte, schrie, zitterte am ganzen Leibe und jagte dahin mit dem letzten Rest seiner Kräfte.

Doch schossen die Kosaken nicht, ihre Musketen waren durchnäßt, die Sehnen der Bogen waren aufgeweicht, sie kamen nur näher und näher. Etliche waren vorausgeeilt und schon, – schon hatten sie die Fliehenden erreicht, – da wandten sich die Ritter ihnen zu, wie Eber, und, einen fürchterlichen Schrei ausstoßend, erhoben sie die Säbel. Die Kosaken standen wie angewurzelt, Herr Longinus mit seinem Riesenschwert erschien ihnen wie ein überirdisches Wesen.

Und wie zwei braune Wölfe, denen die Jagdhunde zu nahe kommen, sich wenden und die blitzenden, weißen Zähne zeigen, während die Hundemeute lechzend von ferne steht und den Angriff nicht wagt, so wendeten sie sich wiederholt zurück, und jedesmal blieben auch die zusammen Vorauseilenden stehen. Nur einmal lief einer von ihnen, der dreister war, mit der Sense in der Hand entgegen, aber Herr Michael sprang wie eine wilde Katze auf ihn los und verwundete ihn zum Tode. Der Rest wartete auf die anderen, welche eilig in dichten Massen nachkamen.

Aber auch die Reihe der Ritter kam näher, und Sagloba rannte mit, den Säbel über dem Kopfe schwingend, wie ein Tier brüllend:

»Schlagt! Schlagt tot!«

Da donnerte es von den Wällen, und eine Granate flog rasselnd wie eine Nachteule daher, beschrieb einen roten Bogen am Himmel und fiel in den dichten Kosakenhaufen. Ihr folgte bald eine zweite, eine dritte, eine zehnte. Es schien, daß die Schlacht von neuem beginnen solle.

Bis zur Belagerung von Sbarasch war den Kosaken diese Art Wurfgeschosse unbekannt geblieben. Sie fürchteten dieselben im nüchternen Zustande am meisten, weil sie in ihnen die Zauberkünste Jaremas erblickten. Daher hielten die Verfolger im Augenblick still und teilten sich, zugleich aber auch platzten die Granaten, Schrecken, Tod und Vernichtung säend.

Die Schreckensrufe: »Flieht! Flieht!« wurden laut, und alles stob auseinander, während Herr Longinus und der kleine Ritter den rettenden Husaren zueilten.

Sagloba umarmte bald den einen, bald den anderen, küßte sie auf Wangen und Augen. Die Rührung übermannte ihn, aber er suchte sie zu unterdrücken, um sein weiches Herz nicht zu zeigen, und rief:

»He! Ihr Büffel! Ich will nicht behaupten, daß ich euch liebe, aber ich fürchtete für euch. Wenn sie euch nun erschlagen hätten! Kennt ihr so den Dienst, daß ihr zurückbleibt? Ihr habt verdient, daß man euch mit den Füßen an Pferdeschwänze bindet und über den Schloßhof schleift. Gehen wir jetzt schlafen. Gott sei auch dafür gedankt. Ich bin der erste, der dem Fürsten sagt, daß er euch eine Strafe zudiktiere. Es ist ein Glück für die Hundebrut, daß die Granaten sie vertrieben haben; ich hätte sie zu Sauerkraut zusammengehobelt. Lieber schlage ich mich, als daß ich ruhig mit ansehe, wie Bekannte umkommen. Wir müssen heute eins darauf trinken! Gott sei Dank dafür! Ich dachte schon, wir müßten morgen ein »Requiem« singen. Aber, es ist schade, daß kein Gefecht stattfand; die Hand juckte mir fürchterlich, obgleich ich den Kerls in den Erdbedeckungen Saubohnen mit Zwiebeln zu kosten gab.«


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