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2. Kapitel

In Sbarasch fanden Wolodyjowski und Sagloba sämtliche Kronstruppen versammelt; sie erwarteten den Feind. Es befanden sich dort der Kronsmundschenk, welcher von Konstantinow hergekommen war, und Landskron, der Burgvogt von Kamieniez, der dritte der Generalregimentarier, Firlej aus Dombrowize, der Burgvogt von Witsch, ferner Andreas Sierakowski, der Kronssekretär Koniezpolski, der Fahnenträger, und Prschyjemski, der General der Artillerie, welcher besonders in der Einnahme von Städten und in der Anordnung zur Verteidigung derselben erfahren war. Sie führten zehntausend Stammsoldaten mit sich, nicht eingerechnet die Fahnen des Fürsten Jeremias, welche schon vorher in Sbarasch gestanden hatten.

Prschyjemski hatte an den nördlichen Abhängen der Stadt und des Schlosses, hinter den zwei Teichen und dem Flüßchen Gniesna, ein mächtiges Lager errichtet, es nach fremdländischer Art befestigt, so daß dasselbe nur von vorn genommen werden konnte, da es im Rücken und von den Seiten durch die Teiche, den Fluß und das Schloß geschützt war.

In diesem Lager beabsichtigten die Regimentarier dem Chmielnizki Widerstand zu leisten und sein Vordringen so lange aufzuhalten, bis der König mit dem Rest seiner Heere und dem allgemeinen Aufgebot des gesamten Adels anlangen würde. Aber, war denn dieser Vorsatz angesichts der Macht Chmielnizkis ausführbar? Viele zweifelten daran und brachten berechtigte Gründe für diesen Zweifel vor, besonders den, – daß es im Lager selbst nicht rechtschaffen zuging. Zunächst gärte unter den Führern eine heimliche Zwietracht. Die Generalregimentarier waren nämlich nur gezwungen nach Sbarasch gekommen, da sie hier sich dem Willen des Fürsten Jeremias unterordnen mußten. Sie hatten anfangs Lust gehabt, sich bei Konstantinow zu verteidigen; aber sobald sich die Nachricht verbreitete, Fürst Jeremias wolle persönlich an dem Kampfe teilnehmen, für den Fall, daß Sbarasch zum Verteidigungsorte gewählt wurde, erklärten die Soldaten den königlichen Führern sogleich, daß sie nach Sbarasch gehen und nirgend anderswo kämpfen wollten, als dort. Es halfen weder Vorstellungen noch die Achtung vor der Feldherrnwürde, und bald genug erkannten die Regimentarier, daß, wenn sie länger Widerstand leisteten, das Heer, von den gewichtigen Fahnen der Husaren bis zum letzten Soldaten der ausländischen Rotten herab, desertieren und unter die Fahnen Wischniowiezkis eilen würde. Es fand hier wieder einmal ein in jener Zeit sich immer öfter wiederholendes Beispiel der Disziplinlosigkeit statt, welche gleichzeitig von der Unzulänglichkeit der Führer, der Zwietracht unter ihnen, dem beispiellosen Schrecken vor der Macht Chmielnizkis und den unerhörten Niederlagen, besonders derjenigen bei Pilawice, gezeitigt wurde.

So mußten denn die Regimentarier nach Sbarasch gehen, wo trotz der königlichen Bestätigung ihrer Würden die Obergewalt in aller Form in die Hände Wischniowiezkis übergehen mußte, da nur ihm das Heer gehorchen, unter ihm kämpfen und sterben wollte.

Kaum waren Sagloba und Wolodyjowski mit den Fahnen Kuschels angelangt, so gerieten sie gleich mitten in den militärischen Wirbel hinein. Auf dem Schloßhofe wurden sie von Waffenbrüdern der verschiedenen Zeichen umringt, die einer über den anderen nach Neuigkeiten fragten. Beim Anblick der gefangenen Tataren trat Zuversicht in die Herzen der Neugierigen: »Sie haben den Tataren zur Ader gelassen, Tataren in Gefangenschaft! Gott gab einen Sieg!« wiederholten die einen; »die Tataren sind da, und Burlaj mit ihnen!« riefen andere. »Zu den Waffen, ihr Herren! Auf die Wälle.« Die Nachricht lief durch das Lager, und der Sieg Kuschels wuchs ins Unendliche. Immer mehr Menschen sammelten sich um die Gefangenen. »Schlagt sie tot!« rief man, »was sollen wir mit ihnen machen?« Die Fragen fielen dicht wie Schneeflocken, aber Kuschel mochte nicht antworten und ging in das Quartier des Burgvogtes von Bitsch, um zu berichten. Wolodyjowski und Sagloba wurden inzwischen von Bekannten aus reußischen Fahnen begrüßt, aber sie machten sich frei von ihnen, so gut sie konnten, denn sie hatten es ebenso eilig, Skrzetuski zu sehen.

Sie fanden ihn im Schlosse mit dem alten Sazwilichowski, zwei dortigen Bernhardiner Mönchen und Herrn Longinus. Skrzetuski erbleichte ein wenig, als er sie erblickte, und zwinkerte mit den Augen, denn ihr Anblick brachte ihm zu viele traurige Erinnerungen, um ihn ohne Schmerz ertragen zu können. Er begrüßte sie jedoch ruhig, fast freudig – fragte, wo sie waren, und begnügte sich mit der erstbesten Antwort, da er, die Prinzessin für eine Tote haltend, nichts mehr begehrte, nichts mehr hoffte und nicht im mindesten den Gedanken hegte, daß die lange Abwesenheit der Freunde in irgend welchem Zusammenhange mit der Prinzessin stehen könne. Sie berührten auch mit keiner Silbe den Zweck ihrer Expedition, obgleich Longinus fragend von einem zum anderen sah und seufzend und unruhig auf seinem Platze hin- und herrückte, um wenigstens einen Schein von Hoffnung in ihren Gesichtern zu lesen. Aber beide waren ganz mit Skrzetuski beschäftigt, den Herr Michael alle Augenblicke umarmte, da ihm das Herz weich wurde beim Anblick dieses treuen und alten Freundes, der so viel durchgemacht, so viel verloren hatte, daß ihm das Leben fast wertlos erschien.

»Sieh,« sagte er zu Skrzetuski, »wir kommen alle wieder zusammen, wir alten Waffenbrüder, und es soll dir wohl werden unter uns. Wie ich sehe, stehen wir vor einem Kriege, wie wir noch keinen erlebt haben, und mit ihm kommt große Wonne in das Herz jedes echten Soldaten. Wenn dir Gott Gesundheit gibt, so wirst du noch oft deine Husaren führen.«

»Gott hat mir die Gesundheit schon zurückgegeben,« antwortete Skrzetuski, »und ich wünsche mir selbst nichts anderes, als zu dienen, so lange es nottut.«

Skrzetuski war, wie es schien, wirklich gesund, denn die Jugend und die mächtige Kraft, die ihm innewohnte, hatten die Krankheit besiegt. Der Gram hatte seine Seele zerfressen, aber nicht vermocht, den Körper zu zerstören.

Er war nur sehr abgemagert und so gelb geworden, daß die Stirn, die Wangen und die Nase wie aus gelbem Kirchenwachs geformt erschienen. Die frühere steinerne Strenge war dem Gesicht verblieben, und es lag eine so eisige Ruhe über demselben, wie über dem Antlitz eines Toten. Noch mehr Silberfäden als früher durchzogen seinen schwarzen Bart; im übrigen unterschied er sich durch nichts von anderen Menschen, als etwa dadurch, daß er, entgegen dem Soldatenbrauch, den Lärm, das Gedränge und die Trinkgelage vermied und lieber mit Mönchen verkehrte, deren Unterhaltungen über das Klosterleben und das Leben im Jenseits er begierig lauschte. Dennoch versah er seinen Dienst gewissenhaft und befaßte sich gleich den anderen mit dem, was den Krieg oder die Belagerung betraf.

Am folgenden Morgen kehrte der Herr Kronsschreiber Sierakowski von seiner Streifpatrouille nach dem Tschothaner Stein zurück und brachte die Nachricht, daß der Feind sich etwa fünf Meilen vom Lager entfernt befinde. Er hatte einen Kampf mit der Übermacht der Tataren bestanden; in demselben waren zwei Herren Mankowski, Oleksitsch und mehrere andere Waffenbrüder gefallen. Die mitgebrachten Kundschafter bestätigten, daß hinter dieser Tatarenhorde Chmielnizki und der Khan mit der ganzen Streitmacht anrückten.

Der Tag verfloß in Erwartung und in Anordnungen zur Verteidigung. Der Fürst ordnete das Heer, bestimmte einem jeden seinen Standort, wies ihn an, wie er sich verteidigen, wie er anderen zu Hilfe kommen solle. Im Lager begann ein guter Geist Platz zu greifen; die Disziplin ward wieder eingeführt, und an Stelle des früheren Wirrwarrs, der sich kreuzenden Befehle, der Ungewißheit, war Ordnung und Gerechtigkeit getreten. Schon am Vormittag nahmen alle ihre Positionen ein. Die vor dem Lager ausgestellten Wachen meldeten alle Augenblicke, was in der Gegend vorging. Die in die nahen Dörfer ausgeschickten Diener brachten Lebensmittel und Futter, soviel sich irgend noch zusammenraffen ließ, und die Soldaten auf den Wällen plauderten und sangen fröhlich. Die Nacht wurde schlummernd an den Lagerfeuern, die Hand am Säbelgriff, in Kampfbereitschaft zugebracht, als ob jeden Augenblick der Sturm auf die Festung losbrechen sollte.

Mit der Dämmerung tauchte dann auch von Wischniowze her etwas Schwarzes auf. Die Glocken in der Stadt läuteten Alarm, und im Lager riefen die langen, melancholischen Töne der Trompeten die Soldaten zur Wachsamkeit. Die Fußregimenter zogen auf die Wälle, die Lücken wurden von der Reiterei ausgefüllt, die bei dem geringsten Anzeichen bereit war, zur Attacke vorzugehen, und auf der ganzen Länge der Verschanzung erhoben sich die kleinen Rauchwölkchen der brennenden Lunten in der Luft.

Im selben Augenblick erschien der Fürst auf seinem weißen Zelter. Er war mit einem Silberpanzer bekleidet, aber ohne Helm. Seine Augen blickten fröhlich; sein Gesicht und die Stirn waren von keiner Sorge beschattet.

»Wir bekommen Gäste, meine Herren! Wir bekommen Gäste!« wiederholte er, indem er längs der Wälle hinritt.

Es wurde still; man hörte nur das Flattern der Fahnen, welche der leichte Wind bald aufblähte, bald um ihre Stangen wickelte. Der Feind kam immer näher, so daß man seine Scharen mit dem Blick umfassen konnte.

Es war nur die erste Welle, die Vorhut, die daherkam, also nicht Chmielnizki mit dem Khan, sondern nur ein Vorschub von dreißigtausend auserlesenen Tataren, mit Bogen, Musketen und Säbeln. Nachdem sie eintausendfünfhundert Knechte aufgegriffen hatten, die nach Lebensmitteln ausgeschickt waren, kamen sie in dichten Reihen von Wischniowze herangezogen, und indem sie sich in lange Halbmonde verteilten, kamen sie auch von der entgegengesetzten Seite, von Alt-Sbarasch her, anmarschiert.

Unterdessen hatte der Fürst, nachdem er sich überzeugt, daß es sich nur um einen Vortrab handelte, den Befehl erteilt, daß die Reiterei die Verschanzungen verlassen solle. Die Kommandorufe ertönten, die Schwadronen setzten sich in Bewegung und kamen hinter den Wällen hervor, wie Bienen aus dem Bienenstock. Die Ebene füllte sich mit Menschen und Pferden. Von ferne sah man die Rittmeister, mit den Streitkolben in der Hand, wie sie die Schwadronen umritten und kampfbereit aufstellten. Die Pferde schnauften munter, und zuweilen durchlief ein Wiehern ihre Reihen. Dann schoben sich aus dieser Masse zwei Fahnen Tataren und Leibmannschaften des Fürsten hervor und gingen in kurzem Trabe vorwärts. Die Bogen klapperten auf ihren Rücken, die Mützen glänzten, – sie ritten schweigend, an ihrer Spitze der rote Wierschul, dessen Pferd sich wie toll gebärdete, indem es alle Augenblicke mit den Vorderhufen in die Luft stieg, als habe es Lust, die Fessel zu zerreißen und sich in den Strudel zu stürzen.

Kein Wölkchen stand am blauen Himmel, der Tag war hell und klar; man konnte den Feind sehen, als ob man ihn vor sich hätte.

In diesem Augenblick kam von Alt-Sbarasch her die kleine Wagenburg des Fürsten, welche nicht gleichzeitig mit dem Heere hatte ankommen können, in Sicht; sie beeilte sich, soviel es anging, Sbarasch zu erreichen, ehe die Tatarenhorde ihr den Weg verlegte. Sie entging auch den Blicken derselben nicht; bald bewegte sich ein langer Halbmond im Galopp auf sie zu. Die Rufe: »Allah!« drangen bis zu den Ohren der auf den Wällen stehenden Füsiliere. Die Fahnen Wierschuls flogen wie ein Wirbelwind zu Hilfe.

Aber der Halbmond erreichte die Wagenburg eher als er und umringte sie im Handumdrehen wie ein schwarzes Band. Gleichzeitig wandten sich einige Tausend Tataren mit tierischem Geheul Wierschul zu, um auch ihn zu umzingeln. Jetzt konnte man die Erfahrung Wierschuls und die Geschicklichkeit seiner Soldaten bewundern. Als er sah, daß die Tataren ihnen von zwei Seiten beikommen wollten, teilten sie sich in drei Teile, sprengten zur Seite, dann in vier und dann wieder in zwei Teile, – und jedesmal mußte der Feind mit der ganzen Linie Kehrt machen und seine Flügel zerteilen, da er niemanden vor sich hatte. Erst bei der vierten Wendung trafen sie Brust gegen Brust aufeinander, doch Wierschul griff sogleich die schwächste Seite des Feindes an, durchbrach dessen Linie schon beim ersten Anprall und befand sich somit im Rücken desselben. Jetzt eilte er im Sturm der Wagenburg zu, ohne darauf zu achten, daß jene ihm gleich nachkommen würden. Alte Praktiker, die von den Wällen aus das mit ansahen, schlugen die bewaffneten Fäuste gegen die Hüften, indem sie riefen:

»Da sollen doch gleich Kugeln dreinschlagen! Nur die fürstlichen Rittmeister verstehen so zu kommandieren!«

Wierschul hatte, in einem scharfen Keil auf den die Wagenburg umgebenden Ring losstürmend, denselben bald durchbrochen, ungefähr wie der Pfeil den Leib des Soldaten durchbohrt, und gelangte sogleich in die Mitte der Feinde. Jetzt fand statt zweier Gefechte nur eines, aber ein um so hartnäckigeres statt. Es war ein herrlicher Anblick! Die Wagenburg, mitten in der Ebene, warf wie eine bewegliche Festung lange Rauchwolken aus und spie Feuer. Rings um dieselbe wimmelte es schwarz; es rannte wie Ameisen, es tobte wie ein riesiger Wirbel; ein Sausen, Lärmen, Knattern der Musketen drang an die Ohren der Schauenden, während schon hier und da Pferde ohne Reiter umherliefen. Auf einer Seite wildes Drängen, auf der anderen verzweifelte Abwehr. Wie ein umzingelter Eber sich mit seinen weißen Keilern wehrt und die bissige Meute zerreißt, so wehrte sich jene Wagenburg verzweifelt gegen die sie umgebende Tatarenwolke, in der Hoffnung, daß ihr aus dem Lager stärkere Hilfe kommen würde als die Wierschuls.

Es dauerte auch nicht lange, da tauchten auf der Ebene die roten Koller der Dragoner Kuschels und Wolodyjowskis auf, wie rote Blüten, die der Wind vor sich herjagt. Sie erreichten die Tatarenwolke und fielen in sie ein wie in einen schwarzen Wald, so daß man nach einer Weile nichts mehr von ihnen sah; nur das Getöse wurde immer lauter. Die Soldaten wunderten sich, warum der Fürst nicht gleich mit einer genügenden Anzahl den Umringten zu Hilfe eilte; er verzögerte das aber mit Absicht, um den Soldaten zu zeigen, was für Streiter er ihnen zugeführt hatte, dadurch ihren Mut zu heben und sie auf größere Gefahren vorzubereiten. Das Feuer in der Wagenburg wurde aber schwächer, sie hatten wohl nicht mehr Zeit, zu laden, oder die Musketenläufe waren zu heiß geworden; dafür wurde das Geschrei der Tataren immer größer. So gab denn der Fürst das Zeichen, und sogleich rückten drei Fahnen Husaren, seine eigene unter Skrzetuski, diejenige des Burgvogtes von Krasnostaw und eine königliche unter Herrn Piglowski, aus dem Lager nach dem Schlachtfelde. Sie fielen dem Feinde in den Rücken, durchbrachen den Tatarenring, drängten ihn in die Ebene, trieben ihn den Wäldern zu, sprengten ihn dort auseinander und verfolgten ihn wohl eine Viertelmeile vom Lager fort, während die Wagenburg mit Freudengeschrei und Kanonendonner sicher in die Verschanzung einzog.

Die Tataren aber, welche wußten, daß Chmielnizki und der Khan nicht weit seien, blieben in der Nähe und meldeten sich bald wieder mit Allah-Rufen, umgingen das ganze Lager, und besetzten alle Wege, die Landstraßen und die umliegenden Dörfer, in denen bald schwarze Rauchwolken aufstiegen. Eine Menge Reiter kamen bis dicht vor die Schanzen, auf die sich sogleich einzelne oder ganze Haufen Soldaten warfen, besonders von den fürstlichen und regulären Fahnen der walachischen und tatarischen Reiterei und den Dragonern.

Wierschul konnte sich an diesen Hetzjagden nicht beteiligen; er lag an sechs Hiebwunden, welche er bei der Verteidigung der Wagenburg in den Kopf bekommen hatte, wie tot im Zelte danieder. Dafür konnte Wolodyjowski, der krebsrot von Blutflecken war, seine Kampflust noch immer nicht genug befriedigen, und war überall der erste. Die Plänkeleien dauerten bis zum Abend. Die Füsiliere und die höheren Fahnen blickten von den Wällen zu ihnen hernieder, wie auf ein Schauspiel. Sie ritten miteinander, trafen einzeln oder in Haufen mit den Feinden zusammen und machten lebende Gefangene. Und wenn Herr Michael einen Gefangenen abgeführt hatte, kehrte er gleich wieder zurück, seine rote Uniform flog auf dem ganzen Schlachtfelde umher, bis ihn endlich Skrzetuski dem Herrn Landskron als eine Merkwürdigkeit von ferne zeigte, denn so oft er einen Tataren anrannte, war es, als ob der Blitz in denselben schlüge. Sagloba stachelte ihn von den Wällen aus fortwährend zu neuen Taten an, obgleich Wolodyjowski ihn nicht hören konnte. Von Zeit zu Zeit wandte er sich an die umstehenden Soldaten und sagte:

»Seht, ihr Herren! So lehrte ich ihn den Säbel führen. Gut! Immer weiter! Bei Gott, er kommt mir bald gleich.«

Die Sonne ging indes unter, – der Feind zog sich allmählich vom Felde zurück; es blieben nur Menschen und Pferdeleichen. In der Stadt wurde zum »Ave Maria« geläutet.

Allmählich stieg die Nacht hernieder, aber es wurde nicht finster, denn ringsum leuchtete ein Feuerschein. Es brannten die Dörfer Saloschtschiz, Barschyniec, Lublanka, Stryjowka, Kretowiz, Sarudschie, Wachlowka, – die ganze Gegend, so weit das Auge reichte, stand in Flammen. Die Rauchwolken erschienen in der Nacht rot, die Sterne leuchteten auf rotem Grunde. Ganze Wolken von Vögeln, aufgescheucht aus den Wäldern, dem Dickicht und von den Deichen, kreisten in der von den Bränden geröteten Luft, wie fliegende Flammen. Das Vieh in der Wagenburg brüllte, von dem ungewöhnlichen Anblick erschreckt, kläglich.

»Unmöglich kann dieser Tatarenvortrab allein solche Brände angezündet haben,« sagten die alten Soldaten in den Verschanzungen zueinander; »gewiß ist Chmielnizki mit den Kosaken und der ganzen Horde in der Nähe.«

Und diese Vermutung war keine leere, da Herr Sierakowski schon am vorigen Tage die Nachricht gebracht hatte, daß Chmielnizki, der Hetman der Saporogen, samt dem Khan dem Vortrab auf dem Fuße folge; man erwartete sie also bestimmt. Die Soldaten waren bis zum letzten Mann auf den Wällen, das Volk auf den Dächern und Türmen. Alle waren in größter Unruhe. Die Weiber schluchzten in den Kirchen und erhoben die Hände zum allerheiligsten Sakrament.

Schlimmer als alles Elend, als Sorgen und Not, lastete diese Erwartung auf Stadt, Schloß und Lager, wie eine unerträgliche Last.

Aber das dauerte nicht lange. Die Nacht war noch nicht ganz verflossen, als am Horizont bereits die ersten Kosaken- und Tatarenlinien sich zeigten. Ihnen folgten andere, zehnte, hunderte, tausende. Es schien, als ob alle Bäume der Wälder, der Dickichte, aus dem Boden gesprungen wären und auf Sbarasch zu marschierten. Umsonst schaute das Auge nach dem Ende dieser Reihen. So weit der Blick reichte, nichts als ein Gewimmel von Menschen und Pferden, dessen Ende sich in der Ferne in Rauch und Flammen verlor. Wie Wolken oder wie Heuschrecken zog es heran, die ganze Gegend mit einer schrecklichen, beweglichen Menschenmasse überziehend. Ihnen voraus zog das drohende Gemurmel menschlicher Stimmen, wie das leise Brausen des Windes in den Wipfeln der alten Kiefern im Walde. Etwa eine Viertelmeile vom Lager entfernt hielten sie an, breiteten sich aus und zündeten die Lagerfeuer an.

Wischniowiezki blickte von der Schanze auf die Unmasse Tataren und Kosaken hin und bemühte sich umsonst, sie mit dem Blick zu umfassen. Chmielnizki sah vom Felde auf das Schloß und das Lager und dachte im stillen: dort ist mein Todfeind: wenn ich diesen zertrete, wer widersteht mir dann?

Es war leicht zu erraten, daß der Kampf zwischen diesen beiden Männern ein langer und ergrimmter werden würde, aber auch das Resultat konnte nicht zweifelhaft sein. Jener, Fürst auf Lubnie und Wischniowze, stand an der Spitze von fünftausend Mann, die Lagerknechte mit eingerechnet, während hinter dem Bauernführer alle Völker vom Asowschen Meer und dem Don bis zur Mündung der Donau standen. Der Khan an der Spitze der Horden aus der Krim, von Bialogrod, von Nahajsk und der Dobrudscha, das Volk, das an allen Ufern des Dniestr und Dniepr wohnte, die Männer aus den Niederungen und eine unzählbare Menge gemeinen Volkes aus den Steppen, den Schluchten, den Wäldern, den Städten und Städtchen, den Dörfern und Höfen, und alle diejenigen, welche früher in höfischen oder Kronsfahnen gedient hatten, sie alle waren mit Chmielnizki. Außerdem hatten sich ihm die Tscherkessen, walachische Sträflinge, silistrische und rumelische Türken angeschlossen, ja sogar serbische und bulgarische Banden waren mit ihm gezogen. Es war, als ob eine neue Wanderung der Völker stattfinde, die ihre düsteren Steppensitze verlassen hatten, gen Westen zogen, um neue Ländereien in Besitz zu nehmen, ein neues Reich zu gründen.

So war das Verhältnis der streitenden Kräfte zu einander ... eine Handvoll gegen Hunderttausende, eine Insel im Meere! Es war daher kein Wunder, daß manches Herz ängstlich schlug, daß nicht nur die Stadt, nicht nur dieser Winkel des Reiches, sondern die ganze Republik auf diese einsame Schanze, die umgeben von einer Flut wilder Krieger war, wie auf ein Grabmal edler Ritter und ihres großen Führers blickt.

Im Lager erwartete man allgemein, daß am Morgen der Sturm beginnen würde. Es rückten denn auch schon von früh an eine Menge gemeinen Volkes, Kosaken, Tataren und anderer wilder Krieger gegen die Schanzen los, wie schwarze Wolken, die den Gipfel des Berges zu erklimmen strebten. Die Soldaten, welche schon am vorigen Tage sich bemüht hatten, die Lagerfeuer zu zählen, erstarrten jetzt beim Anblick dieses Meeres von Köpfen. Doch das war noch kein Stürmen, nur gewissermaßen ein Prüfen des Feldes, der Schanzen, der Laufgräben, der Wälle und des ganzen nahen Lagers. Und wie eine sich blähende Meereswoge, welche der Wind aus der fernen Tiefe heranweht, kommt, sich auftürmt, schäumt, tosend brandet und wieder zurückrieselt in die Ferne, so prallten diese hier und dort an, wichen zurück und kamen wieder, als ob sie die Widerstandsfähigkeit versuchen, als ob sie sich überzeugen wollten, daß schon der bloße Anblick ihrer Zahl den Mut des Feindes erdrücke, ehe sie dessen Leiber zermalmen konnten.

Sie schossen auch aus den Geschützen, die Kugeln fielen dicht in das Lager, aus welchem die Achtpfünder und die Handbüchsen das Feuer beantworteten. Gleichzeitig erschien auf den Wällen eine Prozession mit dem allerheiligsten Sakrament, um das schreckerstarrte Heer zu ermutigen. Probst Muchowiezki trug die goldene Monstranz, sie mit beiden Händen in Gesichtshöhe haltend und dieselbe zuweilen in die Höhe hebend. Mit geschlossenen Augen, asketischem Gesichtsausdruck, mit dem Meßgewande angetan, schritt er unter dem Baldachin dahin. Neben ihm gingen zwei Geistliche, ihn unter den Armen führend; Jaskulski, der Kaplan der Husaren, seinerzeit ein berühmter Soldat und in den Kriegskünsten erfahren wie ein Feldherr, und Sabkowski, ebenfalls ein Ex-Soldat, ein riesengroßer Bernhardinermönch, welcher im ganzen Lager an Stärke einzig nur dem Herrn Longinus weichen mußte. Die Stützen des Baldachins wurden von vier Adligen getragen, unter denen auch Sagloba sich befand, vor demselben aber schritten liebliche Mädchen, welche Blumen streuten. Die Prozession bewegte sich die ganze Länge der Wälle hindurch, ihr schlossen sich die Offiziere des Heeres an, den Soldaten aber kehrte beim Anblick der wie eine Sonne glänzenden Monstranz, der Ruhe der Geistlichen und der weißgekleideten Mädchen der Mut in die Herzen zurück, und Begeisterung ergriff sie. Der Wind zerstreute den stärkenden Duft der in den Rauchgefäßen brennenden Myrrhe weit in die Luft, die Häupter aller waren demütig gesenkt.

Probst Muchowiezki erhob von Zeit zu Zeit die Monstranz und die Augen zum Himmel empor und intonierte das Lied: »Vor dem großen Sakramente!« Die mächtigen Stimmen Jaskulskis und Sabkowskis griffen die Melodie im Fluge auf, indem sie weiter sangen: »Laßt uns auf das Antlitz fallen!« und das ganze Heer fiel ein: »Laßt die alte Satzung weichen diesem neuen Testamente!« Der tiefe Baß der Geschütze begleitete diesen Gesang, und zuweilen flog sausend eine Kanonenkugel über den Baldachin und den Geistlichen hinweg oder schlug tiefer in den Wall ein, sie mit Erde überschüttend, so daß Sagloba oft zusammenzuckte und sich an die Baldachinstange schmiegte. Besonders wurde er von Angst befallen, wenn die Prozession, um zu beten, eine Weile stillstand. Dann war alles still, und man hörte die Kugeln, welche scharenweise wie große Vögel daherflogen, deutlich pfeifen. Sagloba wurde immer röter, und Kaplan Jaskulski schielte seitwärts nach dem Felde hinüber und konnte sich nicht enthalten, zu brummen: »Die dort taugen zum Hühneraufsetzen, aber nicht zu Kanonenschützen!« – In der Tat, die Kosaken hatten schlechte Feuerwerker, und der Kaplan Jaskulski, als alter Soldat, konnte diese Ungeschicklichkeit und Pulververschwendung nicht ruhig mit ansehen. Die Prozession ging weiter, bis sie am anderen Ende der Wälle anlangte, wo von seiten des Feindes kein großer Andrang stattfand. Nachdem sie hier und da, namentlich vom westlichen Teiche her, versucht hatten, die Belagerten in Schrecken zu jagen, zogen sich endlich die Kosaken und Tataren in ihre Stellungen zurück und blieben dort sogar, ohne Plänkler zurückzulassen. Unterdes hatte die Prozession die Herzen der Belagerten erquickt.

Jetzt konnte man deutlich sehen, daß Chmielnizki auf die Ankunft seiner Wagenburg wartete. Andererseits schien er so sicher, daß die Festung dem ersten wirklichen Sturm erliegen würde, daß er kaum einige wenige Schanzen bei den Kanonen aufschütten ließ und keinerlei andere Erdarbeiten unternahm, um sich gegen die Belagerten zu schützen. Die Wagenburg kam am nächsten Tage an und stand Wagen an Wagen in ungezählten Reihen von Werniakow bis Dembin, eine Meile Weges lang. Mit ihr war noch Verstärkung gekommen, besonders die stolzen Saporogischen Fußsoldaten, die sich fast den türkischen Janitscharen gleichstellen konnten, und zum Sturme oder zum Angriffe viel geeigneter waren als die Tataren und das Gesindel. Der denkwürdige 13. Juli, ein Dienstag, verstrich unter beiderseitigen fieberhaften Vorbereitungen. Es blieb kein Zweifel, der Sturm wurde vorbereitet, denn die Trompeten und Pauken schlugen vom Morgen an Lärm im Kosakenlager, und bei den Tataren grollte wie Donner die große heilige Trommel, » Balt« geheißen. Der Abend wurde still und heiter; nur aus den Teichen und der Gniesna erhoben sich leichte Nebel – endlich blinkte der erste Stern am Himmel.

In diesem Augenblick brüllten sechzig Kosakengeschütze wie aus einem Munde. Unabsehbare Mengen rückten mit fürchterlichem Geschrei gegen die Wälle, – der Sturm begann.

Die Belagerten standen auf den Wällen, die Erde schien unter ihren Füßen zu beben. Die ältesten Soldaten erinnerten sich nicht, ähnliches gesehen zu haben.

»Jesus, Maria! Was ist das?« fragte Sagloba den neben ihm stehenden Skrzetuski, welcher die Husaren in einer Bresche des Walles befehligte, »das sind doch nicht Menschen, was dort auf uns losmarschiert.«

»Gerade, als ob Ihr wüßtet, daß das keine Menschen sind; der Feind treibt Ochsen vor sich her, damit wir unser Pulver erst an ihnen verschießen.«

Der alte Edelmann wurde rot wie eine Rübe, die Augen traten ihm aus dem Kopfe, und seinem Munde entrang sich ein Wort, welches alle Wut, allen Schrecken und alles, was er in diesem Augenblick denken mochte, in sich schloß, das Wort:

»Halunken! ...«

Die Ochsen, welche von den Herdentreibern wie toll mit Peitschen und brennenden Fackeln getrieben wurden, waren vor Angst wild geworden. Sie rannten unter fürchterlichem Gebrüll vorwärts, bald in Haufen sich drängend, bald jagend, bald auseinanderstiebend, oder rückwärts laufend, gehetzt durch Geschrei, gesengt durch die Fackeln und mit der Peitsche geschlagen, kamen sie auf die Wälle zu. Erst als Wurzels Kanonen Feuer und Eisen spieen, da hüllte Rauch die ganze Gegend ein – der Himmel wurde blutrot, – das erschreckte Vieh zerstreute sich, wie vom Blitz auseinandergetrieben, die Hälfte fiel, und der Feind schritt über die toten Körper vorwärts.

Voraus, mit Spießen und Feuerbränden vorwärts getrieben, liefen die Gefangenen mit Sandsäcken, mit welchen sie die Laufgräben zuschütten sollten. Es waren dies Bauern aus der Gegend von Sbarasch, die nicht mehr Zeit gehabt hatten, vor dem Feinde in die Stadt zu flüchten, junge Männer wie Greise und Weiber. Sie kamen mit Weinen und Wehklagen, händeringend und Gott um Barmherzigkeit anrufend, daher. Die Haare standen ihnen zu Berge bei dem Geheul, aber das Mitleid war zu jener Zeit ausgestorben; von hinten durch die Spieße der Kosaken bedroht, von vorn durch die Kanonen Wurzels zermalmt, von den Kartätschen, welche große Furchen in die Reihen dieser Unglücklichen zogen, in Stücke zerrissen, rannten sie vorwärts, im Blute watend, fielen hin, erhoben sich wieder und rannten weiter, denn die Unmasse der Kosaken, Türken und Tataren drängte hinterdrein.

Bald war der Laufgraben mit Leichen, Blut und Sandsäcken angefüllt, bald war er dem Boden gleich, und der Feind stürzte sich heulend über denselben.

Wie viele von ihnen fielen, ehe sie endlich an dem mit den Leichen der Gefangenen zugeschütteten Laufgraben anlangten, wer weiß es, wer vermöchte sie zu zählen. Aber sie erreichten, überschritten ihn und fingen an, an den Wällen hinaufzuklettern. Es war, als sei diese sternenhelle Nacht die Nacht des jüngsten Gerichtes. Die Geschütze, welche die Näherstehenden nicht zu treffen vermochten, warfen ihr Feuer unaufhörlich in die ferneren Reihen. Die Granaten flogen, feurige Bogen beschreibend, mit Höllengerassel durch die Finsternis, sie taghell erleuchtend. Die deutschen und polnischen Füsiliere und daneben die flinken fürstlichen Dragoner gossen den stürmenden Kriegsknechten Feuer und Blei fast unmittelbar in das Gesicht und auf die Brust.

Die vorderen Reihen wollten zurückweichen, konnten es aber, von hinten gedrängt, nicht. So mußten sie auf der Stelle fallen. Das Blut spritzte unter den Tritten der Nachfolgenden auf. Die Wälle wurden aufgeweicht; die Füße, Hände und Körper glitten an ihnen ab. Die Feinde krochen hinauf, fielen hinunter und kletterten wieder in die Höhe, eingehüllt in Rauchwolken, rußgeschwärzt, gestochen, geschlagen, den Tod und die Wunden nicht achtend. Stellenweise wurde mit der blanken Waffe in der Hand gefochten. Man sah Menschen, sinnlos vor Wut, zähnefletschend, mit blutüberströmtem Gesicht. Die Lebenden kämpften auf den zuckenden Leibern der Sterbenden und Verwundeten. Man vernahm keine Kommandoworte mehr, nur Geschrei hörte man, ein allgemeines, fürchterliches Geschrei, welches alles verschlang, das Knattern der Gewehre, das Röcheln der Verwundeten, sogar das Heulen und Zischen der Granaten.

Dieser unbarmherzige Riesenkampf dauerte stundenlang. Rings um die Wälle hatte sich ein zweiter Wall von Leichen gebildet, welcher die Stürmenden hemmte. Die Sitscher waren fast vollständig niedergemetzelt, die Perejeslawer lagen in Reihen rings um die Wälle hingestreckt, die Karwowskischen, die Brazlawer und Humaner-Abteilungen waren zehnfach gelichtet, – aber andere drangen vorwärts, von hinten gedrängt und gestoßen durch die Garde des Hetman, die rumelischen Türken und die Tataren. Schon trat Verwirrung in den Reihen der Stürmenden ein, da ringsum die polnischen Hufensoldaten, die Deutschen und die Dragoner, auch nicht einen Fuß breit wichen. Erschöpft, blutüberströmt, fortgerissen von Kampfesraserei, durchschwitzt und halb blödsinnig vom Geruche des Blutes, stürzten sie einer über den anderen dem Feinde entgegen, wie toll gewordene Wölfe auf eine Herde Schafe stürzen. In diesem Augenblick drang Chmielnizki mit den Resten der ersten Abteilungen und seiner noch vollzähligen Schar von Bialazerkiew, der Tataren, Türken und Tscherkessen, nach.

Die Geschütze hörten auf zu donnern, die Granaten pfiffen nicht mehr, nur die Handwaffen knirschten auf der ganzen Länge des westlichen Walles. Aufs neue erhob sich Geschrei. Zuletzt verstummte auch das Gewehrfeuer. Finsternis umgab die Kämpfenden.

Kein Auge konnte sehen, was dort vorging; – es wälzte sich in der Dunkelheit nur ein riesengroßer, scheußlicher Körper in krampfhaften Zuckungen. Sogar die Schreie verrieten nicht mehr, ob es Triumphrufe oder der Schrei der Verzweiflung war.

Da erschien Fürst Jeremias selbst zu Pferde auf der Schanze. Man konnte ihn deutlich erkennen, denn die Fahne und der Roßschweif, die Abzeichen der Hetmanswürde, wehten über seinem Haupte, und vor ihm und hinter ihm wurden etliche blutrot brennende Fackeln getragen. Bald richteten sich die feindlichen Geschütze auf ihn, aber die Feuerwerker zielten ungeschickt; die Kugeln flogen weit über ihn hinweg, bis hinter die Gnisna, er aber stand unberührt und blickte ruhigen Auges auf die sich nähernden Wolken.

Als ob dieser Anblick sie blendete, verlangsamten die Kosaken ihren Schritt.

Durch ihre Reihen flog, wie das Brausen des Windes, ein leises Murmeln: »Jarema! Jarema!«

Dort auf der Schanze, von blutrotem Licht umflutet, erschien ihnen dieser Fürst wie ein Riese im Volksmärchen. Ein Schauer durchlief ihre ermüdeten Glieder, und die Hände machten das Kreuzeszeichen. Er stand noch immer dort. Er neigte den goldenen Feldherrnstab; sogleich sauste eine Schar unheilsäender Granaten durch die Luft und fiel in die anstürmenden Reihen. Wie ein zum Tode getroffener Drache wand sich die Linie des Feindes – ein Schrei des Entsetzens lief von einem Ende zum anderen: »Sturmschritt! Sturmschritt!« ertönten die Stimmen der Kosakenhauptleute.

Die schwarze Querlinie eilte mit voller Vehemenz den Wällen zu, wo sie Schutz gegen die Granaten zu finden hoffte. Noch aber hatte sie nicht die Hälfte des Weges zurückgelegt, als der Fürst, überall hin sichtbar, sich ein wenig nach Westen zu wandte und wieder den Feldherrnstab neigte.

Auf dieses Zeichen rückte von der Seite des Teiches, aus der Lücke zwischen seinem Spiegel und dem Walle die Reiterei hervor und breitete sich im Augenblick an der Grenzlinie der Ebene aus.

Sofort gaben die Trompeten in den Reihen der Kriegsknechte das Zeichen zum Schwenken. »Macht Front gegen die Reiterei! Macht Front gegen die Reiterei!« riefen erschreckte Stimmen. Gleichzeitig bemühte sich Chmielnizki mit seinen Truppen, die Front zu ändern und Reiter gegen Reiter zu stellen. Aber es war zu spät. Ehe er noch vermochte, seine Reiterei zu informieren, sprengten die Fahnen des Fürsten mit Windeseile und dem Schlachtruf: »Schlagt, schlagt!« herbei. Die Lanzen rasselten, die Federbüsche wehten, und die eisernen Waffen klirrten. Die Husaren drangen mit den Spitzen ihrer Lanzen in die Mauer der Feinde und bahnten sich einen Weg durch dieselbe, alles um sich her zertrümmernd.

Unterdes drang der wilde Tuhaj-Bey, unterstützt von Subhagasi und Urum Mirza, wie rasend auf die Husaren ein. Zwar hoffte er nicht, ihre Macht zu brechen, er wünschte nur, sie, wenn auch nur kurze Zeit, aufzuhalten, damit die silistrischen und rumelischen Janitscharen Zeit gewannen, sich in Karrees zu formieren und die Bialazerkiewer zu schützen. Wie ein gewöhnlicher Tatar, und nicht wie ein Führer, drang er an der Spitze seiner Tataren auf den Feind und schlug darauf los, sich gleich den anderen der höchsten Gefahr aussetzend.

Da stürzte sich Skrzetuski auf den rasenden Tuhaj-Bey und versetzte ihm mit dem Rapier einen Hieb über den Kopf. Aber hatte der Ritter nach der Krankheit die verlorenen Kräfte noch nicht vollständig wiedererlangt, oder der Damaszener Helm den Hieb geschwächt, – genug, die Klinge bog sich bei dem Schlag, und indem sie nur mit der breiten Seite den Kopf traf, zerschmetterte sie in kleine Stücke.

Tuhaj-Bey aber schloß die Augen, riß das Pferd in die Höhe und stürzte dann in die Arme der Nohajer, welche, ihren Führer fortschleppend, unter ungeheurem Lärm nach beiden Seiten hin die Flucht ergriffen. Sie verschwanden, wie der Nebel vor dem Sturmwind zerrinnt. Die gesamte Reiterei des Fürsten sah sich jetzt den rumelischen und silistrischen Janitscharen und den serbischen Moslemiten gegenüber, welche zusammen mit den Janitscharen ein ungeheures Viereck gebildet hatten.

Die schweren Fähnlein der Dragoner und Leibmannschaften jagten wie der Sturm auf das Viereck zu; ihnen voran ritt lärmend und klappernd die Husarenfahne Skrzetuskis. Dieser selbst jagte blindlings in der ersten Reihe dahin, neben ihm Longinus auf seiner livländischen Stute, den fürchterlichen Ohnehut Spitznamen für den langen, schweren Familiensäbel Podbientas. in der Hand.

Wie der Adler auf ein Volk Schneehühner stößt, und diese erschreckt, sich zu Haufen sammelnd, ihm zur Beute fallen, die er mit dem Schnabel und den Krallen zerreißt, so wütete Longinus in der Mitte des Feindes mit seinem Ohnehut. Und niemals kann eine Windhose in einem jungen, dichten Walde größere Verwüstung anrichten, als Longinus im Gedränge der Janitscharen. Er war fürchterlich. Umsonst strecken die stärksten Männer die Hände aus, halten die Spieße vor, sie sterben bald hin, wie vom Blitz getroffen. Er tritt sie unter die Füße, zwängt sich in das dichteste Gedränge, und so oft er den Arm bewegt, scheint es, als ob Ähren unter der Sense fallen.

»Ein Wunder! Ein Wunder!« riefen entsetzte Stimmen.

In diesem Augenblick drang die eiserne Husarenwelle, Skrzetuski an der Spitze, durch das Tor, welches der litauische Ritter gehauen hatte. Die Wände des Vierecks sprangen wie die Wände eines einstürzenden Gebäudes; die Menge der Janitscharen stob nach allen Seiten auseinander, und allgemeine Verwirrung trat ein. Kosaken, Moslemiten, Janitscharen flohen im größten Schrecken und in Unordnung, ganz widerstandslos, der Wagenburg zu. Die Reiterei trieb sie vor sich her, blindlings alles niederschlagend. Wer im ersten Anlauf nicht gefallen war, der fiel jetzt. Die Verfolgung war eine so hartnäckige, daß die Fahnen die hinteren Reihen der Fliehenden hinter sich ließen, den Soldaten ermüdeten die Hände vom Dreinschlagen. Die Massen warfen die Waffen, Fahnen, Mützen, ja sogar die Kittel von sich. Die weißen Kapuzen der Janitscharen bedeckten wie Schneeflocken das Feld.

Die Fliehenden atmeten erst auf, als sie sich zwischen den Wagen ihrer Wagenburg befanden, und die Trompeten der Reiterei des Fürsten zum Rückzug riefen.

Die Ritter zogen mit Freudenrufen und Gesang zurück, unterwegs mit den rauchenden Säbeln die Leichen des Feindes zählend. Wer aber war imstande mit einem Blicke die ganze Niederlage zu umfassen? Wer, alle Gefallenen zu zählen, da an der Schanze allein die Leiber mannshoch aufgetürmt lagen? Die strengen Soldaten waren von dem Geruch des Blutes und Schweißes ganz benommen. Glücklicherweise wehte von den Teichen her ein ziemlich kräftiger Wind und trug die Dünste den feindlichen Zelten zu.

So endete das erste furchtbare Zusammentreffen des schrecklichen Jarema mit Chmielnizki.

Aber der Sturm war noch nicht beendet, denn während Wischniowiezki die Attacken abwehrte, die auf den rechten Flügel des Lagers gerichtet waren, wurde Burlaj beinahe Herr des linken Flügels. Er hatte in aller Stille die Stadt und das Schloß mit seinen Kriegern aus dem Dnieprlande umgangen, war bis zur östlichen Tiefe vorgedrungen und griff kräftig Firlejs Quartiere an. Die dort stehende ungarische Abteilung zu Fuß konnte den Anprall nicht aushalten, da die Wälle am Teich noch nicht vollendet waren und der erste Fähnrich mit dem Banner davonlief, ihm folgte auch bald das ganze Regiment. Burlaj sprengte in die Mitte, ihm folgten die Krieger wie ein unaufhaltsamer Strom. Das Siegesgeschrei drang bis zu dem entgegengesetzten Ende des Lagers. Die Kosaken, welche die fliehenden Ungarn verfolgten, zerschlugen eine kleine Abteilung Reiterei, nahmen einige Geschütze und waren fast bis zu den Quartieren des Burgvogtes von Bitsch vorgedrungen, als Prschyjemski an der Spitze mehrerer deutscher Rotten zu Hilfe herbeieilte. Indem er mit einem Stoß den Fähnrich durchbohrte, ergriff er die Fahne und warf sich damit auf den Feind, noch ehe die Deutschen recht mit den Kosaken aneinander geraten waren. Ein furchtbarer Faustkampf entbrannte, in welchem einerseits Grimm und die erdrückende Zahl der Krieger Burlajs, andererseits die Tapferkeit und der Heldenmut der alten Löwen aus dem Dreißigjährigen Kriege miteinander stritten. Umsonst stürzte sich Burlaj wie ein verwundeter Eber in die dichtesten Reihen der Kämpfenden. Weder die Todesverachtung, noch die Ausdauer, mit welcher die Kriegsknechte kämpften, vermochten die wie eine Mauer unaufhaltsam vorgehenden Deutschen aufzuhalten. Sie drangen mächtig auf die Saporogen ein, drängten sie aus ihren Stellungen, von den Wällen, zersprengten den Feind und warfen ihn nach halbstündigem Kampfe hinter die Verschanzungen zurück. Prschyjemski, blutüberströmt, war der erste, welcher seine Fahne auf der noch nicht vollendeten Schanze aufpflanzte.

Burlajs Lage war jetzt fürchterlich. Er mußte sich auf demselben Wege zurückziehen, auf dem er gekommen war; da aber Fürst Jeremias die auf dem rechten Flügel Attackierenden schon vernichtet hatte, so konnte er mit Leichtigkeit Burlajs Abteilung den Rückzug abschneiden. Zwar kam ihm Mrosowizki an der Spitze der Korsuner Reiterei zu Hilfe, aber in demselben Augenblick erschienen die Husaren Koniezpolskis, denen sich die von der Attacke auf die Janitscharen zurückkehrenden Skrzetuskis anschlossen, und diese schnitten dem sich noch in voller Ordnung zurückziehenden Burlaj den Weg ab.

Eine einzige Attacke zersprengte die Abteilung desselben in alle vier Winde, und jetzt entstand ein entsetzliches Gemetzel. Den Kosaken, welchen der Weg zur Wagenburg abgeschnitten war, blieb nur der Tod. Es entspann sich eine förmliche Hetzjagd, ein Suchen nach Feinden, die sich in Erdspalten oder hinter Unebenheiten des Bodens versteckt hatten, Einzelkämpfe und Verfolgungen fanden abwechselnd statt. Um das Schlachtfeld zu erleuchten, fing man an, brennende Teerfässer von den Wällen herabzuwerfen, welche wie feurige Meteore mit flammender Mähne aussahen. Bei diesen roten Leuchten vernichtete man die Reste der Männer aus dem Dnieprlande. Burlaj sah also, daß alles verloren war. Aber Burlaj liebte seine Kosakenehre mehr als sein Leben, deshalb suchte er die Rettung nicht! Herr Dombek, Herr Ruschiezki und der junge Löwe Aksak, welcher sich bei Konstantinow mit unsterblichem Ruhm bedeckt hatte, fielen noch von seiner Hand. Dann nahm er den Herrn Sawizki gefangen, streckte zugleich zwei Flügelmänner der Husaren zu Boden, und endlich jagte er, wie eine leuchtende Flamme, hinter einem großen Edelmanne her, der, wie ein Bisonochse brüllend, das Schlachtfeld durchstrich, und den er eben erblickt hatte.

Sagloba – denn er war es – brüllte vor Angst noch kräftiger und wandte sein Pferd zur Flucht. Der Rest seiner Haare stand ihm zu Berge; aber er verlor die Geistesgegenwart nicht, im Gegenteil, er sann, wie er eine List, einen Einfall, der ihm eben wie ein Blitz gekommen war, ausführen könne. Er jagte wie ein Wirbelwind einem dichteren Haufen Reiter zu und schrie dabei aus vollem Halse: »Meine Herren, wer an Gott glaubt!« Burlaj aber lief ihn von der Seite an, wie im Durchschnitt eines Bogens. Sagloba schloß die Augen; es sauste ihm im Kopfe: »Ich krepiere, ich und meine Flöhe!« sagte er sich. Er hörte hinter sich das Schnaufen des Pferdes, sah, daß niemand ihm zu Hilfe komme, daß ein Entrinnen unmöglich war, und daß keine andere Hand als seine eigene ihn den Klauen Burlajs entreißen würde.

Aber in diesem Augenblick höchster Lebensgefahr verwandelte sich plötzlich sein Schrecken und seine Verzweiflung in Raserei. Er brüllte so gräßlich, wie kein Büffel es vermocht hätte, und indem er sein Pferd auf dem Fleck umwandte, kehrte er sich dem Gegner zu.

»Ich bin Sagloba!« schrie er, mit dem erhobenen Säbel auf Burlaj eindringend.

In diesem Augenblick warf man wieder eine Menge Teertonnen von den Wällen. Burlaj sah das Gesicht Saglobas und stutzte.

Er stutzte nicht vor dem Namen, den er hörte, diesen hatte er nie zuvor im Leben gehört, sondern, weil er den Mann erkannte, welchen er als Bohuns Freund in Jampol bewirtet hatte.

Dieser unglückselige Augenblick des Stutzens aber wurde dem tapferen Führer der saporogischen Krieger zum Verderben, denn ehe er zur Besinnung kommen konnte, versetzte ihm Sagloba einen solchen Hieb über die Schläfe, daß er tot zur Erde fiel.

Das war angesichts des gesamten Heeres geschehen. Dem Freudenschrei der Husaren folgten die Schreckensrufe der Saporogen, welche, da sie den Tod dieses alten Löwen vom Schwarzen Meere sahen, vollends die Geistesgegenwart verloren und jeden Widerstand aufgaben.

Der Sturm war auf der ganzen Linie abgeschlagen – nur bei der Wagenburg tobte noch die zur Verfolgung ausgeschickte Reiterei.

Triumph- und Freudengeschrei erschütterte das ganze Lager, das mächtige Rufen erhob sich hoch in die Luft bis zum Himmelsgewölbe. Die blutbedeckten, schweißtriefenden, staubigen und vom Pulver geschwärzten Soldaten standen, auf ihre Waffen gelehnt, mit aufgedunsenen Gesichtern, gerunzelter Stirn, keuchend nach Luft ringend und dennoch bereit, noch einmal zum Kampfe zu gehen, wenn die Notwendigkeit das erheischte. Allmählich kehrte auch die Reiterei von ihrer heutigen Ernte an der Wagenburg zurück. Dann kam der Fürst selbst auf das Schlachtfeld geritten, und mit ihm die Regimentarier, der Kronsfähnrich, Herr Marcus Sobieski, und Herr Prschyjemski. Dieser ganze glänzende Zug bewegte sich langsam längs der Wälle hin.

»Es lebe Jeremias!« schrie das Heer. »Es lebe unser Vater!«

Und der Fürst neigte das unbedeckte Haupt und den Feldherrnstab nach allen Seiten hin.

»Ich danke euch, meine Herren! Ich danke euch!« rief er laut mit seiner wohlklingenden Stimme.

So durchritten die Sieger die ganze Linie vom westlichen bis zum östlichen Ende des Teiches, das Schlachtfeld, den Schaden, welchen der Feind auf den Wällen angerichtet hatte, und die Wälle selbst untersuchend.

Unterdes hatten die begeisterten Soldaten im Rücken des fürstlichen Zuges Sagloba als den größten Sieger des heutigen Tages auf den Händen in das Lager getragen. An zwanzig starke Hände hoben die stattliche Gestalt des Kriegers in die Höhe; er selbst, rot, durchschwitzt und mit den Händen fuchtelnd, um das Gleichgewicht zu erhalten, schrie aus vollem Halse:

»Ha! Ich habe ihn gepfeffert! Ich habe absichtlich die Flucht fingiert, um ihn mir nachzulocken. Dieser Hundebruder wird uns nichts mehr vormachen! Meine Herren! Es mußte den Jüngeren ein Beispiel gegeben werden! Um Gottes willen! vorsichtig, denn ihr stoßt und verletzt mich. Haltet mich fest. Ihr sollt mich festhalten!«

»Er lebe hoch! Er lebe hoch!« schrien die Edelleute.

»Zum Fürsten mit ihm!« wiederholten andere.

»Er lebe! Er lebe!«

Unterdes brüllte der Hetman der Saporogen bei seiner Wagenburg wie ein verwundeter Stier; er riß sich den Oberrock von der Brust und verwundete sich im Gesicht. Die Offiziere, welche sich aus dem Schlachtgewühl gerettet hatten, umstanden ihn in düsterem Schweigen, ohne ihn durch ein Wort zu trösten. Er war fast sinnlos. Seine Lippen waren schaumbedeckt, die Hacken stampften den Boden, mit beiden Händen raufte er sich die Haare.

»Wo sind meine Schwadronen, meine Krieger?« wiederholte er mit heiserer Stimme. »Was wird der Khan, was Tuhaj-Bey sagen! Liefert mich dem Jeremias aus! Mag er mich an den Pfahl heften lassen!«

Die Offiziere schwiegen.

»Warum haben mir die Hexen den Sieg verkündet?« brüllte der Hetman weiter. »Schneidet ihnen den Hals ab, – warum sagten sie, daß ich den Jarema bekomme?«

Wenn bisher das Gebrüll des Löwen das Lager erschüttert hatte, so schwiegen die Hauptleute gern still.

Jetzt war der Löwe besiegt, zertreten, das Glück schien ihn zu verlassen, jetzt machte sein Unglück die Offiziere frech.

»Den Jarema zwingst du nicht!« brummte Stepka düster.

»Du stürzest dich und uns ins Verderben!« bemerkte Mrosowizki.

Der Hetman sprang auf ihn los wie ein Tiger.

»Und wer siegte bei den gelben Wassern? Wer bei Korsun und Pilawice?«

»Du!« sagte Worontschenko herb, »aber dort stand dir kein Wischniowiezki gegenüber.«

Chmielnizki raufte sich die Haare.

»Ich habe dem Khan heute ein Nachtlager im Schlosse versprochen!« heulte er verzweifelt.

Darauf entgegnete Kulak:

»Was du dem Khan versprachst, geht deinen Kopf an. Hüte ihn, daß du ihn nicht verlierst. Aber zum Sturme treibe uns nicht wieder, vernichte nicht Streiter Gottes! Richte Wälle gegen die Lechen auf, schütte Schanzen vor die Pulverkasten, – sonst – wehe dir!«

»Wehe dir!« wiederholten düstere Stimmen.

»Wehe euch!« wiederholte Chmielnizki.

Sie grollten sich gegenseitig an wie Gewitterwolken ... Dann wankte Chmielnizki und fiel auf ein Bündel mit Teppichen bedeckter Schaffelle in der Ecke des Zeltes.

Die Hauptleute umstanden ihn mit gesenkten Häuptern, lange stillschweigend; endlich hob der Hetman den Kopf in die Höhe und rief heiser: »Branntwein! Branntwein!«


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