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2. Kapitel

Die Sonne stand hoch am Himmel, als am anderen Morgen die Prinzessin vom Schlafe erwachte und die Augen öffnete. Ihr Blick fiel zuerst auf die Stubendecke und blieb dort haften, worauf er das ganze Gemach umschweifte. Das wiedererwachende Bewußtsein kämpfte in dem Mädchen noch mit den Resten des Schlafes und der Träume. Ihr Gesicht spiegelte Verwunderung und Unruhe wieder. Wo war sie? Wie kam sie hierher? In wessen Macht befand sie sich? Träumte sie noch oder wachte sie? Was sollte dieser Luxus bedeuten, der sie umgab? Was war bis jetzt mit ihr geschehen? In diesem Augenblick standen die schrecklichen Szenen der Einnahme von Bar plötzlich lebhaft vor ihren Augen. Sie erinnerte sich an alles, an das Niedermetzeln der Tausende von Adligen, Bürgern, Geistlichen, Mönchen und Kindern – an die blutbesudelten Köpfe des Pöbels, an die Köpfe und Hälse, mit noch dampfenden Eingeweiden umwickelt, den Lärm der Betrunkenen, an jenes letzte Gericht der vollständig zerstörten Stadt – zuletzt an das Erscheinen Bohuns und ihre Entführung. Sie erinnerte sich auch daran, daß sie im Augenblick der Verzweiflung sich mit eigener Hand das Messer in die Brust gestoßen, und kalter Schweiß perlte auf ihrer Stirn. Wahrscheinlich war das Messer an ihr abgeglitten, denn sie fühlte nur noch etwas Schmerz, zugleich fühlte sie, daß sie lebe, daß Gesundheit und Kraft ihr wiederkehre, endlich erinnerte sie sich noch, daß man sie lange, lange in einer Sänfte getragen hatte. Aber, wo war sie jetzt? War sie in einem Schloß, gerettet, befreit, in Sicherheit? Und wieder wanderten ihre Blicke in dem Gemache umher. Die Fenster darin waren, wie in einer Bauernhütte, klein, viereckig; man konnte durch sie nichts sehen, da sie statt des Glases mit dünner, durchsichtiger Haut überzogen waren. War das wirklich eine Bauernhütte? Aber das konnte nicht sein, denn dagegen sprach die Pracht im Innern. An Stelle der Decke sah das Mädchen über sich einen großen Behang aus purpurfarbener Seide mit goldenen Sternen und Monden, die nicht übermäßig geräumigen Wände bedeckte überall Stoff, auf dem Fußboden lag ein Teppich, verschiedenfarbig, wie mit frischen Blumen bestreut. Das Schleppdach des Kamins war mit persischem Tyfting bedeckt, überall Goldfranzen, Seide, Samt von der Decke und den Wänden bis auf die Kissen, auf denen ihr Kopf ruhte. Das helle Tageslicht, welches durch die Haut der kleinen Fensterchen drang, beleuchtete zwar das Innere, verlor sich aber in dem Purpur, dem dunklen Violett und dem Blau des Samts, eine regenbogenfarbige Dämmerung verbreitend. Die Prinzessin ist verwundert, sie traut ihren Augen nicht. Ist das Zauberei, oder haben die Heere des Fürsten Jeremias sie aus den Händen der Kosaken befreit und in fürstlichen Schlössern niedergelegt?

Das Mädchen faltete die Hände.

»Heilige Jungfrau! Gib, daß es geschieht, daß das erste Gesicht, welches in der Tür erscheint, das eines Beschützers und Freundes sei.«

Da, durch den schweren Goldlahn-Vorhang hindurch drangen wie aus der Ferne kommende Töne einer Laute an ihr Ohr, und gleichzeitig fing eine Stimme an ein ihr bekanntes Lied dazu zu summen.

Die Prinzessin richtete sich auf, aber je länger sie horchte, desto größeres Entsetzen öffnete ihre Augen immer weiter – zuletzt schrie sie gräßlich auf und fiel wie tot in die Kissen zurück.

Sie hatte die Stimme Bohuns erkannt.

Aber ihr Schrei hatte jedenfalls die Wände der Gaststube durchdrungen, denn nach einer Weile rauschte der schwere Vorhang, und der Hauptmann selbst erschien auf der Schwelle.

Das Fräulein bedeckte die Augen mit den Händen, und ihre bleichen Lippen wiederholten wie im Fieber:

»Jesus, Maria! Jesus, Maria!«

Und dennoch hätte der Anblick, der sie so erschreckte, manches Mädchens Auge erfreut, denn von dem Anzuge und dem Angesicht dieses Jünglings ging förmlich ein Glanz aus. Die Diamantknöpfe seines Oberrocks blitzten wie die Sterne am Himmel, das Messer und der Säbel strahlten von Kleinodien, der Rock aus Silberlahn und der rote Oberrock mit geschlitzten Ärmeln verdoppelten die Schönheit seines braunen Gesichtes, und so stand er vor ihr, schlank, schwarzäugig, prächtig, der schönste von allen Jünglingen der Ukraine.

Aber seine Augen waren wie trübe, von Staubwolken verhüllte Sterne; er blickte fast demütig auf sie, und da er sah, daß der Ausdruck der Furcht ihr Angesicht nicht verließ, fing er mit gedämpfter, trauriger Stimme an zu sprechen:

»Fürchtet Euch nicht, Prinzessin!«

»Wo bin ich? Wo bin ich?« fragte sie, ihn durch die Finger ansehend.

»An sicherem Ort, entfernt vom Kriege. Fürchte nichts, du meine liebe Seele. Ich habe dich aus Bar hierher gebracht, damit dir dort die Menschen oder der Krieg kein Leid tun. Die Kosaken haben wohl keinen am Leben gelassen, du allein kamst lebend davon.«

»Was tut Ihr hier? Weshalb verfolgt Ihr mich?«

»Ich dich verfolgen? Mein lieber Gott!« Und der Krieger faltete die Hände auseinander und schüttelte den Kopf, wie ein Mensch, welchem ein großes Unrecht widerfährt.

»Ich habe eine fürchterliche Angst vor Euch.«

»Weshalb fürchtest du dich? Wenn du befiehlst, rühre ich mich nicht von der Tür, ich bin dein Sklave. Mir genügt es, hier auf der Schwelle zu sitzen und dir in die Augen zu sehen. Ich habe nichts Böses vor mit dir; warum hassest du mich? Hej! mein lieber Gott! Du hast dich in Bar mit dem Messer gestochen bei meinem Anblick, obgleich du mich lange kanntest und wußtest, daß ich gekommen war, um dich zu retten. Ich bin doch kein fremder Mensch für dich, sondern ein dir herzlich zugetaner Freund, und Ihr stacht Euch mit dem Messer, Prinzessin!«

Die bleichen Wangen der Prinzessin wurden plötzlich blutrot ...

»Denn ich wollte lieber den Tod als die Schande,« sagte sie, »und ich schwöre, daß ich mich töte, wenn Ihr mich nicht in Ehren haltet, und wenn ich auch mein Seelenheil verlieren sollte.«

Die Augen des Mädchens schossen Blitze – der Krieger sah, daß mit diesem fürstlich Kurzewitschschen Blute nicht zu scherzen war; es würde halten, was es in der Erregung drohte, und das zweite Mal würde das Mädchen das Messer besser führen, das wußte er. Er antwortete also nichts; er ging nur ein paar Schritte vorwärts bis unter das Fenster, und, sich auf eine mit Goldlahn bedeckte Bank setzend, ließ er den Kopf hängen.

Eine Weile herrschte tiefes Schweigen.

»Du kannst ruhig sein,« sagte er dann. »Solange ich nüchtern bin, solange mir der Branntwein nicht den Kopf erhitzt, so lange bist du für mich wie ein Heiligenbild in der Kirche. Und von der Zeit an, wo ich dich in Bar fand, hörte ich auf zu trinken. Vorher habe ich getrunken, getrunken, mein Elend im Branntwein ersäuft! Was sollte ich tun! Aber jetzt kommt weder süßer noch gebrannter Wein über meine Lippen.«

Die Prinzessin schwieg.

»Ich werde dich anschauen,« sagte er weiter, »die Augen an der roten Wange erfreuen, dann gehen.«

»Gib mir die Freiheit zurück,« sagte das Mädchen.

»Bist du denn gefangen? Du bist hier Herrin. Und wohin willst du zurück? Die Kurzewitsch sind ausgestorben, die Dörfer und Ansiedelungen sind durch Brände zerstört, der Fürst ist nicht in Lubnie, er zieht gegen Chmielnizki, und Chmielnizki gegen ihn, überall ist Krieg, Blutvergießen, überall sind Kosaken, Söldlinge und Soldatenvolk. Wer wird dich schützen? Wer sich deiner annehmen, wenn nicht ich?«

Die Prinzessin richtete die Augen nach oben, denn es fiel ihr ein, daß doch noch jemand auf der Welt sei, welcher sie zu sich nehmen und schützen möchte, aber sie wollte seinen Namen nicht nennen, um den grausamen Löwen nicht zu wecken, gleichzeitig preßte eine tiefe Trauer ihr Herz. Ob wohl der noch lebte, nach dem ihre Seele sich sehnte? Solange sie noch in Bar war, wußte sie, daß er lebte, denn gleich nach der Abreise Saglobas kam ihr der Name Skrzetuskis zu Ohren, zugleich mit den Nachrichten von den Siegen des fürchterlichen Fürsten. Aber wie viele Tage und Nächte waren seitdem verflossen, wie viele Schlachten, wie viele Gefahren mochten ihn getroffen haben! Nachrichten über ihn konnten ihr jetzt nur durch Bohun zukommen, welchen sie nicht fragen wollte und durfte.

Der Kopf sank ihr in die Kissen.

»So soll ich eine Gefangene hier bleiben?« fragte sie stöhnend. »Was habe ich Euch getan, daß Ihr mich verfolgt wie das Unglück?«

Der Kosak erhob den Kopf und fing an so leise zu reden, daß man ihn kaum verstand.

»Was du mir getan hast? – Ich weiß es nicht, aber das weiß ich, daß, wenn ich dein Unglück bin, so bist du auch das meinige. Wenn ich dich nicht liebte, wäre ich so frei wie der Wind im Felde, sorglos im Herzen, sorglos in der Seele und berühmt wie Konarschewitsch Sahajdar selbst. Deine Wange ist mein Unglück, deine Augen sind mein Unglück; weder das Freigut noch die Kosakenehre sind mir mehr lieb! Was waren mir Rotwangige, ehe du vom Kinde zur Jungfrau heranwuchsest. Einmal eroberte ich eine Galeere mit den schönsten Jungfrauen, die für den Sultan bestimmt waren, und keine hat mein Herz gewonnen. Die Kosaken-Brüder spielten mit ihnen, dann ließ ich jeder einen Stein an den Hals binden und sie in das Wasser werfen. Ich fürchtete niemanden, nichts focht mich an, ich ging in den Krieg gegen die Heiden, machte Beute, und was der Fürst im Palast ist, das war ich in der Steppe. Und heute? – Hier sitze ich – ein Sklave, bettele ich um ein gutes Wort von dir, und kann keines erbetteln – und habe es nie gehört, auch damals nicht, als die Muhme und die Vettern dich mir kuppelten. O, wenn du, Mädchen, anders zu mir wärest, wenn du anders gewesen wärest, so wäre das nicht geschehen, was geschehen ist; ich hätte deine Verwandten nicht erschlagen, hätte mich mit den aufständischen Bauern nicht verbrüdert, aber durch dich habe ich den Verstand verloren. Du könntest mich leiten, wohin du wolltest, dir gäbe ich mein Leben, meine Seele. Jetzt bin ich ganz mit adligem Blut befleckt, früher erschlug ich nur Tataren und brachte Beute für dich, damit du in Gold und Kleinodien einhergehen solltest, wie ein Cherub Gottes; warum liebtest du mich damals nicht? O, schwer, o, schwer drückt die Reue mein Herz! Mit dir darf ich nicht leben, ohne dich kann ich es nicht, nicht fern, nicht nahe, nicht auf dem Berge, nicht im Tal – du mein Liebling, mein Herzchen du! – Nun, verzeihe du mir, daß ich um dich nach Roslogi gekommen bin nach Kosakenart, mit Schwert und Feuer, aber ich war trunken vom Zorn gegen die Prinzen, unterwegs trank ich Branntwein – ich unglückseliger Mörder. Und dann, als du mir entflohest, da heulte ich wie ein Hund, und meine Wunden schmerzten – ich wollte nicht essen und rief die Mutter, den Tod, daß er mich holen solle – und du willst, daß ich dich jetzt fortgebe, dich aufs neue verliere, mein Liebling du, mein Herzchen du!«

Bohun unterbrach sich, denn die Stimme stockte ihm im Halse und wurde fast ächzend, und das Gesicht Helenens war bald blaß, bald rot. Je mehr unermeßliche Liebe in den Worten Bohuns lag, ein um so größerer Abgrund öffnete sich vor dem Mädchen, bodenlos, ohne Hoffnung auf Rettung.

Und der Kosak ruhte eine Weile, er faßte sich, dann sprach er weiter:

»Verlange, was du willst. Sieh, wie diese Stube geschmückt ist – das alles ist mein, das ist Beute aus Bar; auf sechs Pferden habe ich das für dich hergebracht – verlange, was du willst, – gelbes Gold, glänzende Kleider, bunte Kleinodien, demütige Sklaven. Ich bin reich, habe viel Eigentum, Chmielnizki wird mit Gütern nicht geizen, auch Krschywonos wird nicht geizen; du wirst wie die Fürstin Wischniowiezki leben, ich werde dir Paläste erobern und die halbe Ukraine schenken, denn bin ich auch ein Kosak, kein Edelmann, so bin ich ein Attaman vom Roßschweif, zehntausend Kriegsknechte stehen unter mir, mehr als unter dem Fürsten Jarema. Begehre, was du willst – wenn du nur bei mir bleibst, Liebling, und mich lieben lernst!«

Die Prinzessin erhob sich sehr bleich von den Kissen – aber ihr süßes, wunderschönes Gesicht trug den Ausdruck eines so unbeugsamen Willens, des Stolzes und der Kraft, daß diese Taube in diesem Augenblick einem jungen Adler glich.

»Wenn Ihr meine Antwort erwartet,« sagte sie – »so wißt, sollte ich auch ein Menschenalter hindurch in Eurer Gefangenschaft ächzen, nie, niemals werde ich Euch lieben, so wahr mir Gott helfe!«

Bohun rang eine Weile mit sich selbst.

»Rede mir nicht solche Dinge,« sagte er mit heiserer Stimme.

»Und sprich du mir nicht von deinem Lieben, denn ich schäme mich dessen. Es erzürnt und beleidigt mich. Ich bin nicht für dich.«

Der Krieger stand auf.

»Und für wen sonst, Prinzessin Kurzewitsch? Wem gehöret Ihr in Bar, wenn ich nicht wäre?«

»Wer mir das Leben gerettet, um mir Schande und Gefangenschaft zu geben, der ist mein Feind und nicht mein Freund.«

»Und du denkst, die Bauern hätten dich erschlagen? Es ist fürchterlich, daran zu denken, was sie getan hätten!«

»Das Messer hätte mich getötet, du hast es mir entrissen.«

»Und ich gebe es dir nicht zurück, denn du mußt mein werden,« rief der Kosak in einem Ausbruch von Wut.

»Niemals, ich ziehe den Tod vor.«

»Du mußt und wirst!«

»Nimmermehr!«

»Nun, wenn du nicht verwundet wärest, so würde ich, nach dem, was du mir gesagt hast, heute noch die Kriegsknechte nach Raschkow schicken und einen Mönch an den Haaren herbeiführen lassen, und morgen wäre ich dein Gatte. Was dann? Es ist eine Sünde, den Gatten nicht zu lieben und nicht mit ihm zu kosen. Huh! Du gnädiges Fräulein, dich beleidigt und erzürnt Kosakenliebe. Wer bist du denn, daß ich dir als Bauer gelte? Wo sind deine Paläste, Bojaren, Soldaten? Warum bist du beleidigt, warum erzürnt? Ich habe dich im Krieg gewonnen, du Sklavin! O, wenn ich ein Bauer wäre, ich würde dich mit der Geißel auf deinem weißen Rücken Verstand lehren, und ohne Geistlichen mich an deiner Schönheit sättigen – wenn ich ein Bauer wäre, kein Ritter!«

»Himmlische Heerscharen, rettet mich!« flüsterte die Prinzessin.

Und unterdessen malte sich immer deutlicher die Wut in dem Gesicht des Kosaken – Zorn sträubte ihm die Haare.

»Ich weiß, warum es dich beleidigt, warum ich dir zuwider bin! Für einen anderen sparst du deine Mädchenehre – aber daraus wird nichts, so wahr ich lebe, so wahr ich Kosak bin! Dieser Lumpen-Edelmann, der falsche, feige Leche! Tod und Verderben ihm! Kaum sah er sie, kaum drehte er sich im Tanze mit ihr, da nahm er sie ganz, und du, Kosak, leide und schlage dir den Kopf ein! Aber ich werde ihn finden, und das Fell lasse ich ihm über die Ohren ziehen, ihn mit Zwecken spicken. Wisse, Chmielnizki zieht gegen die Lechen, und ich ziehe mit ihm – und deinen Liebling werde ich finden, und wäre es unter der Erde, und wenn ich zurückkehre, so werde ich dir auf der Stelle seinen Kopf auf der Landstraße zu Füßen werfen.«

Helene hatte die letzten Worte des Attaman nicht mehr gehört. Schmerz, Zorn, die Wunde, die Aufregung, der Schrecken hatten sie der Kraft beraubt. Eine unendliche Schwäche befiel alle ihre Glieder, das Augenlicht, die Gedanken erloschen – sie wurde ohnmächtig.

Bohun stand eine Zeitlang blaß vor Zorn, Schaum auf den Lippen, vor ihr, da erblickte er diesen leblosen, kraftlos hintenüber hängenden Kopf, und seinem Munde entrang sich ein fast unmenschliches Gebrüll.

»Es ist vorbei mit ihr! Horpyna! Horpyna! Horpyna!«

Und er fiel zur Erde.

Die Riesin kam sofort in die Gaststube.

»Was ist mit dir!«

»Rette! Rette!« rief Bohun. »Ich habe sie getötet – meine Seele, mein Licht.«

»Bist du toll?«

»Ich habe sie erschlagen, erschlagen!« stöhnte der Krieger, und rang die Hände über dem Kopf.

Aber Horpyna, sich der Prinzessin nähernd, entdeckte bald, daß es nicht der Tod, sondern nur eine schwere Ohnmacht sei, die sie befallen, und nachdem sie Bohun hinter die Tür geschafft hatte, fing sie an ihr zu helfen.

Nach einer Weile öffnete die Prinzessin die Augen.

»Nun, Liebchen; es ist dir nichts,« sagte die Zauberin. »Man sieht, du bist vor ihm erschrocken, und Bewußtlosigkeit befiel dich – aber die Bewußtlosigkeit geht vorüber, und die Gesundheit wird kommen. Du bist ein Mädchen wie eine Nuß, du wirst noch lange in der Welt leben und Glück genießen.«

»Wer bist du?« fragte mit schwacher Stimme die Prinzessin.

»Ich? – Deine Dienerin, denn er hat es befohlen.«

»Wo bin ich?«

»In der Teufelsschlucht. Die reinste Wüste ist hier, du bekommst hier niemanden zu sehen, außer ihn.«

»Wohnst du auch hier?«

»Hier ist unser Gehöft. Ich bin die Donzowna, mein Bruder führt unter dem Bohun eine Schwadron, gute Kriegsknechte führt er an, und ich sitze hier – und werde dich bewachen in diesem goldenen Gemach. Aus der Hütte ist ein Zauberschloß geworden! – Es strahlt förmlich! Das hat er alles für dich hergebracht.«

Helene sah scharf in das frische Gesicht der Magd, es schien ihr voll Aufrichtigkeit.

»Und wirst du gut zu mir sein?«

Die weißen Zähne der Seherin blitzten beim Lachen.

»Ich werde es sein! Was sollte ich denn nicht,« sagte sie, »aber auch du mußt gut sein zum Attaman. Er ist ein Falke, ein ruhmbedeckter Jüngling, er wird dir ...«

Hier neigte die Seherin sich zu Helenens Ohr und flüsterte ihr etwas hinein, zuletzt brach sie in ein Gelächter aus.

»Fort!« schrie die Prinzessin.


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