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Veraltete Eidesleistung in der Armee

Eine andere Angelegenheit bedarf der gleichzeitigen Erörterung. Wir haben hierzulande eine große Anzahl Atheisten, und obwohl die meisten derselben sich, wie der Kaiser, für devote Christen halten, sind die besten intellektuell ehrlich genug, keinen Glauben bekunden zu wollen, den sie nicht haben, besonders im feierlichen Akt, sich im Dienst ihres Landes dem Tod zu verschreiben. Die Armeeform E 501 A (September 1912) sicherte diesen Männern den Vorteil des Bradlaugh Affirmation Aktes 1888, wonach der angeworbene Soldat einfach sagte: »Ich, so und so, leiste Eid usw.« Doch heute wird den Rekruten eine andere Form vorgelegt (E 501, Juni 1914), die lautet: »Ich, so und so, schwöre bei Gott dem Allmächtigen usw.« Am 1. September, auf Lord Kitcheners Aufruf hin, erhielt ein Privatbediensteter Urlaub, Dienst zu nehmen und der eidnehmende Offizier legte ihm den Eid in dieser Form vor. Er machte sich anheischig, in der Form von 1912 zu schwören. Das wurde ihm verweigert, und so verloren wir einen Rekruten von jener steifnackig gewissenhaften Veranlagung, welche die gewaltigsten Soldaten der Geschichte hervorgebracht hat. Ich muß hinzufügen, daß der eidnehmende Offizier, als man ihm sagte, der vorgeschriebene Eid würde für das Gewissen des Rekruten eine lästerliche Phrase sein, hierin keine Schwierigkeit erblickte und durchaus bereit war, ihn anzunehmen, wenn er seinerseits so freundlich sein wollte, zu beteuern, was er nicht glaubte. So wird das religiöse Gewissen eines Ghurka respektiert; das eines Engländers wird beleidigt und verletzt.

Doch in der Tat, jegliche Eidleistung ist hinderlicher und nutzloser Aberglaube. Kein Rekrut wird zögern, sein Ehrenwort zu geben, bis zum Tode zu kämpfen für sein Land oder für eine Sache, für die er fühlt. Und das ist alles, was wir brauchen. Es besteht keine Notwendigkeit, Gott den Allmächtigen hineinzuziehen, und keine, den König hineinzuziehen. Mancher Irländer, mancher Republikaner aus den Kolonien, mancher amerikanische Freiwillige, der Schulter an Schulter mit dem französischen Republikaner gegen die preußische Monarchie kämpfen würde, wird lieber nicht behaupten, dies aus Ergebenheit gegen den britischen Thron zu tun. Um Preußen in diesem Krieg zu überwinden, brauchen wir die tätige Mithilfe oder Zustimmung jedes Republikaners der Welt. Amerika zum Beispiel sympathisiert mit England, betrachtet aber den König wie den Kaiser als veraltete Einrichtung. Überdies, selbst vom höfischen Standpunkt ist die Situation heikel. Warum die Tatsache unterstreichen, daß es sozusagen ein Krieg ist zwischen zwei Enkeln Alberts des Guten, dieses reinrassigen Deutschen, dessen Standbild in London so viel größer ist als das Cromwells.


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